Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Bley (CDU), eingegangen am 13.08.2014 Immer mehr Unfälle - was tut der Verkehrsminister? Angesichts der zahlreichen schweren Unfälle auf niedersächsischen Autobahnen, gerade zu Be- ginn der Sommerferien, diskutieren die Menschen, aber auch die Medien über die Erhöhung der Verkehrssicherheit. In anderen Bundesländern wie z. B. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern laufen Modellprojekte mit beispielsweise größeren Schildern oder einer effektiveren Verkehrslen- kung. Der niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies jedoch wird in der Hannoverschen Allge- meinen Zeitung vom Samstag, dem 02.08.2014 mit den Worten: „Mehr Schilder helfen nicht“ zitiert. Auf die Frage, was sein Ministerium unternehme, um Gefahrenstellen auf der A 2 zu entschärfen, spricht der Minister nur davon, dass in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Verkehrsmanage- mentzentrale die Situation laufend analysiert würde. Als Lösungsansatz nennt der Minister nur elektronische Fahrerassistenzsysteme wie Abstandsradar und Notbremssysteme. Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Unfallgefahr auf niedersächsischen Straßen frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass es sich bei den Unfällen auf niedersächsi- schen Autobahnen, wie sie sich in den letzten Wochen ereignet haben, um gravierende Er- eignisse handelt, die mit allen Mitteln verhindert werden müssen? 2. Was unternimmt die Landesregierung, damit es insbesondere auf den vielbefahrenen Auto- bahnen A 1, A 2 und A 7, aber auch auf den Ausweichstrecken zukünftig zu weniger Unfällen kommt? 3. Sind der Landesregierung Modellprojekte bekannt, die die Unfallgefahr auf vielbefahrenen Bundesautobahnen, Bundes- oder Landstraßen beseitigen helfen sollen? Wenn ja, welche sind das? 4. An welchen dieser Modellprojekte nimmt das Land Niedersachsen oder eine Kommune in Niedersachsen teil? 5. Welche Pläne gibt es im Verkehrsministerium, die vom Verkehrsminister zitierten elektroni- schen Fahrerassistenzsysteme wie Abstandsradar oder Notbremssysteme verbindlich einzu- führen? 6. Gibt es hierzu bereits Stellungnahmen von Interessenvertretungen oder einzelnen Unterneh- men? 7. Wie beabsichtigt die Landesregierung, elektronische Fahrerassistenzsysteme in ausländi- schen Fahrzeugen (Kraftfahrzeugen oder Lkw) einzuführen? 8. Die Verkehrsdichte ist eine für Unfallereignisse und Unfallhäufigkeit relevante Größe. Wie steht vor diesem Hintergrund die Landesregierung zu dem von den Grünen in Niedersachsen und dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig geforderten Neubaumo- ratorium für Fernstraßen? (An die Staatskanzlei übersandt am 25.08.2014 - II/725 - 920) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 22.09.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/920/Unfälle - Die Erhöhung der Verkehrssicherheit ist schon seit langem ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung. Die Verkehrssicherheitsarbeit des Landes Niedersachsen ist wie folgt aufgebaut: Eine ressortübergreifende Einbindung aller relevanten Landesministerien und Träger der Verkehrs- sicherheitsarbeit hat zum Arbeitskreis des MW, MI, MK und der Landesverkehrswacht Niedersach- sen e. V. (LVW) geführt. Letztere ist hierbei die Zentrale Geschäftsstelle zur Koordination, Erweite- rung und Optimierung der Verkehrssicherheitsarbeit und wird zum weit überwiegenden Teil mit Landesmitteln finanziert. Sie ist Ansprechpartner für alle Ebenen der Verkehrssicherheitsarbeit. Ziel ist die Vernetzung der Unfallpräventionsarbeit aller Beteiligten. Im Rahmen des Nds. Verkehrssi- cherheitsprogramms „Forum: Innovativ und verkehrssicher in Niedersachsen“ führt die LVW in Ab- stimmung und unter Federführung der beteiligten Ministerien MW, MI und MK unter Einbindung der kommunalen Spitzenverbände und der Polizeidirektionen sowie der Niedersächsischen Landesbe- hörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) Verkehrssicherheitsaktionen und Verkehrssicher- heitsprogramme durch. In verschiedenen Werkstätten arbeiten die eben genannten Beteiligten zusammen, um Probleme und Risiken zu erkennen und Maßnahmen zu entwickeln. Hier gibt es z. B. die Werkstatt „Sichere Landstraße“, die sich dieses Jahr speziell der Bekämpfung von sogenannten Baumunfällen, also Unfällen mit einem Anprall an einen Baum, widmet sowie die Werkstatt „Autobahnen“ oder die Werkstatt „Junge Fahrer“ usw. Die LVW bietet bereits landesweit zahlreiche Projekte, u. a. für Se- nioren, junge Fahrer, Radfahrer etc. an. Das Spektrum reicht von Verkehrssicherheitstagen über Rollatortraining, Fahrrad- und Pedelec- Training bis hin zu Informationen über Fahrerassistenzsysteme, Bahnhofführungen, begleitetes Fahren mit 17 etc. Die Werkstatt „Sichere Landstraße“ hat die Aufgaben einer Landesunfallkommission übernommen. Dabei konzentriert sich die Werkstatt sichere Landstraße u. a. auf die Koordinierung von baulichen, verkehrsbehördlichen und polizeilichen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsunfallsituation auf Bundes- und Landstraßen. Ein weiteres Beispiel ist die Verkehrssicherheitsinitiative 2020 (VSI 2020) des MI, an der das MW u. a. beispielhaft im Rahmen der „Werkstatt Sichere Landstraße“ beteiligt ist. Die Initiative hat sich das Ziel gesetzt, die Zahl der Straßenverkehrsunfälle in Niedersachsen bis zum Jahre 2020 um ein Drittel zu reduzieren. Hierfür sind diverse Maßnahmen vorgesehen. Seitens der Landesregierung wird schon seit geraumer Zeit die Auffassung vertreten, dass eine Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Nutzfahrzeuge mit innovativer Ausrüstung erreichbar erscheint. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Nutzung hochwertiger Fahrerassis- tenzsysteme sinnvoll und begrüßenswert ist. Fahrerassistenzsysteme können erheblich zur Vermeidung von Verkehrsunfällen beitragen. Wäh- rend ihre Verwendung in Personenkraftwagen erfreulich zunimmt, ist die Ausstattungsrate in Nutz- fahrzeugen (Omnibusse, Lastkraftwagen und Anhänger) noch gering. Gerade angesichts der Schwerstunfälle mit Nutzfahrzeugen vor allem auf Autobahnen mit Toten, Verletzten und hohen volkswirtschaftlichen Schäden kommt der Ausrüstung solcher Fahrzeuge mit verkehrssicherheits- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 3 höhenden Fahrerassistenzsystemen als Standard-Ausstattung neuer Fahrzeuge besondere Bedeu- tung zu. Durch die Verordnung (EG) Nr. 661/2009 werden wichtige, verkehrssicherheitsrelevante Fahrer- assistenzsysteme europaweit für neue Fahrzeugtypen in zeitlichen Staffelungen bis zum Jahr 2016 vorgeschrieben. Eine frühere Durchdringung der sicherheitsfördernden Systeme im Bereich des Straßenverkehrs, gegebenenfalls auch für nicht vorgeschriebene Nachrüstungen des Fahrzeugbestandes, ist daher grundsätzlich anzustreben. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Ja. Zu 2: Verkehrssicherheitsarbeit/Unfallkommission: Im Rahmen der Verkehrssicherheitsarbeit der regionalen Geschäftsbereiche (rGB) finden regelmä- ßige Sitzungen der Unfallkommissionen statt. Im Rahmen von besonderen Ereignissen werden Ortstermine durchgeführt. Durch die Unfallkommission werden gegebenenfalls verkehrsbehördliche Maßnahmen sowie Planung und Umsetzung kleinerer baulicher Maßnahmen veranlasst. Darüber hinaus sind die Verkehrsbehörden BAB auch unabhängig von der Unfallkommission in Zu- sammenarbeit mit den streckenwartenden Autobahnmeistereien tätig und greifen durch verkehrs- behördliche Anordnungen in Abstimmung mit der Polizei - bei Erfordernis verkehrsregelnd - ein. Darüber hinaus werden seitens der Polizei verstärkt Verkehrsüberwachungsmaßnahmen durchge- führt. Planung: Das Land Niedersachen hat für die Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 verschie- dene Ausbauprojekte für die A 1, A 2 und A 7 und kapazitätsrelevante Umbaumaßnahmen an Au- tobahnkreuzen (AK) und Autobahndreiecken (AD) an das BMVI gemeldet (vgl. auch Maßnahmen- liste unter http://www.strassenbau.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=34397&article _id=122288&_psmand=135). Die A 2 ist aufgrund der extrem hohen Verkehrsbelastung mit überdurchschnittlichem Schwerver- kehrsanteil (in Spitzenzeiten über 33 %) auch in der Vergangenheit immer wieder sehr unfallauffäl- lig gewesen. MW hatte daraufhin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine um- fassende interdisziplinäre Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie beinhaltete ein umfangreiches Konzept („Konzept zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit auf der A 2“) für die Erhöhung der Verkehrssicherheit auf der A 2. Von den dort enthaltenen Maßnahmen wurden be- reits etliche umgesetzt. In diesem Kontext ist auch der Ausbau der durchgehenden Verflechtungs- fahrbahn zu sehen. Hinzu kommen Aufklärungskampagnen in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht (z. B. „Tippen tötet“, Plakate o. ä.). Seitens der NLStBV ist vorgesehen, im Rahmen von Untersuchungen vorhandene und zu erwar- tende Kapazitätsengpässe und Sicherheitsmängel für die weiteren Autobahnanschlussstellen in Niedersachsen zu ermitteln und Maßnahmen zu deren Beseitigung zu entwickeln. Erhaltungsprogramme: Die Zustandserfassung einschließlich Griffigkeit (ZEB) erfolgt regelmäßig alle vier Jahre. Die Ergebnisse der ZEB bilden die Grundlage für die Erstellung der Erhaltungsprogramme im Rahmen eines Pavement Management System (PMS) (Datenbank, die zur systematischen Erfas- sung aller für die Straßenunterhaltung notwendigen Informationen eines Straßennetzes genutzt wird). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 4 Baustellen: Im Bereich von Baustellen ist es grundsätzlich das Ziel der NLStBV, die vorhandene Anzahl der Fahrstreifen aus Gründen der Leistungsfähigkeit zu erhalten. Die anzuordnenden Maßnahmen werden im Vorfeld der Baumaßnahme mit anderen zuständigen Behörden (z. B. Polizei) abge- stimmt. Da dies nicht immer realisierbar ist, werden Maßnahmen ergriffen, um die Verkehrsteilnehmer mög- lichst frühzeitig über Rückstauungen zu informieren. So werden z. B. Umleitungsempfehlungen und Stauwarnungen über die Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) und über Verkehrsmeldungen im Rundfunk gegeben. Darüber hinaus kommen ca. 200 m vor Beginn der Baustelle nach Möglichkeit CB-Funk-Stauwarnanlagen zum Einsatz und es werden dreisprachige Hinweis-Banner angebracht. Die A 2 ist mit einer durchgängigen dynamischen Streckenbeeinflussungsanlage (SBA) ausgerüs- tet, diese ist aus technischen Gründen in einzelnen Abschnitten zurzeit außer Betrieb. Auf der A 1 befindet sich eine SBA im Bereich Bremen und auf der A 7 gibt es eine SBA im Bereich Hannover. Auf der BAB A 2 werden Stauwarnanlagen mit LED-Tafeln und dynamischer Staudetektion einge- setzt. Dabei kommen je drei Tafeln im Abstand von jeweils 3 km vor Baustellenbeginn zum Einsatz. Die Tafeln bieten die Möglichkeit zur Anzeige zusätzlicher Informationen. Diese Maßnahmen gehen über die Inhalte der Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen (RSA) hinaus. Zur Reduzierung der Behinderungen und zur Verkürzung der Bauzeiten werden die Baumaßnah- men nach Möglichkeit unter voller Ausnutzung des Tageslichts an allen Werktagen und auch am Wochenende angeordnet und gegebenenfalls auch nachts durchgeführt. Im letzten und in diesem Jahr wurden Sonderverkehrsschauen an den Anschlussstellen im Rah- men der Untersuchungen zur Verhinderung von Falschfahrten nach besonderen Checklisten der Bundesanstalt für Straßenwesen durchgeführt. Im Ergebnis wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit festgelegt und sollen zeitnah umgesetzt werden. Zu 3: Zur Verhinderung von Falschfahrten sind in Bayern zwei Pilotprojekte zur Falschfahrerprävention näher konkretisiert worden: – ein auf Basis von LED Unterflurbeleuchtung arbeitendes System bei Nürnberg, – ein Radar gesteuertes Warnsystem bei Würzburg. Beide Projekte werden im Bereich einer Rastanlage mit entsprechender Unfallbilanz in Aussicht genommen. Aufgrund der relativ geringen Anzahl von Falschfahrten wird eine wissenschaftlich fundierte Analy- se der Wirkungsweise erschwert. Aktuell gibt es keine Systeme, die Falschfahrten nachweislich verlässlich reduzieren oder verhindern können. Unter der Überschrift „Baustelle des 21. Jahrhunderts“ initiiert der Bund in Begleitung der Bundes- anstalt für Straßenwesen (BASt) ein Forschungsvorhaben zur Erprobung und Anwendung neuer Kommunikationstechnologien zwischen straßenseitiger Infrastruktur und Fahrzeugen (Car2X) in Baustellenbereichen. Als intelligenter Transportsysteme(ITS)-Testkorridor ist die Achse Rotterdam– Frankfurt/Main–Wien genannt. Im Zuge der Vorbesprechungen ist u. a. auch Niedersachsen zum Thema „Baustellenwarner“ eingebunden. Unter derselbigen Überschrift hat Hessen Lösungen für eine intelligente Steuerung des Verkehrs in Baustellen getestet. Im Rahmen dieses Piloten sind die vorhandenen telematischen Anlagen, wie beispielsweise Streckenbeeinflussungsanlagen und dynamische LED-Großanzeigen, durch Inte- gration komplexer Sonderschaltprogramme in einen Baustellenbetrieb auf der A 5 eingebunden worden. Diese Projekte befinden sich in der Erprobung. Danach kann über eine Übertragung auf Nieder- sachsen nachgedacht werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 5 Es gibt weiter eine Reihe von Projekten in Niedersachsen, um auf vielbefahrenen Bundesautobah- nen, Bundes- oder Landstraßen die Verkehrsunfallgefahr zu reduzieren. Dies sind Projekte, die die teilweise auch Modellcharakter haben wie: Die Kampagne: Tippen tötet, eine Kampagne gegen Ablenkung im Verkehrsalltag durch Handys und Smartphones. Projektpartner sind MW, MI, Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung e. V. und die LVW. Im Rahmen dieser Kampagne sind inzwischen 60 000 city cards mit Aufkleber für die Autoscheibe bzw. das Armaturenbrett von der Bevölkerung abgerufen worden. 250 Plakate wurden über die Städtewerbung an exponierten Stellen in Hannover, Braunschweig, Göttingen, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Wolfsburg geschaltet. Die niedersächsischen Fahrschulen können sowohl Karten wie auch DIN A1 Plakate abfordern, um Fahranfänger davon zu überzeugen, das Handy beim Fahren ausgeschaltet zu lassen. Ein weiteres Modellprojekt betrifft die Verhütung von Wildunfällen. Aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit in Wildwechselzonen kommt es in wildreichen Gebie- ten fast täglich zu Verkehrsunfällen. In den Landkreisen Nienburg, Oldenburg und Diepholz wird deshalb die Kampagne gegen Wild- unfälle durchgeführt. Die LVW hat in Kooperation mit den jeweiligen Kreisjägerschaften, den zuständigen Polizeiinspek- tionen, den Straßenverkehrsbehörden der Landkreise und der NLStBV die Kampagne geplant und durchgeführt. Im Zentrum der Kampagne stehen auffällige orangefarbene Dreibeine, die überall dort an den Stra- ßen aufgestellt wurden, wo es einen Unfall mit Wild gegeben hat. Dazu kommen großflächige Stra- ßenplakate mit dem Appell an die Autofahrer langsamer zu fahren. Auf die Bedeutung der sogenannten Dreibeine wird mit Faltblättern und DIN A4 Plakaten in Tank- stellen, Geschäften und öffentlichen Gebäuden hingewiesen. Ein weiteres Element der Aktion sind mobile Displays, die die Verkehrsteilnehmer auf die jeweils aktuelle Geschwindigkeit hinweisen. Ein weiterer Schwerpunkt der Landesregierung bei der Senkung der Verkehrsunfallzahlen auf Außerortsstraßen ist die Bekämpfung der sogenannten Baumunfälle. Von 2007 bis 2011 wurden als Maßnahme des Forums innovativ und verkehrssicher in Nieder- sachsen die zwölf niedersächsischen Strecken mit den höchsten Baumunfallzahlen durch eine Vielzahl von Maßnahmen erfolgreich entschärft. Die Landesregierung hat mit Erlass vom 25.04.2014 einen neuen Modellversuch für verschiedene Maßnahmen, die zeitgleich in sechs Landkreisen umgesetzt werden, gestartet. Auswertungen der Daten zu den Baumunfällen im Land Brandenburg durch den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. haben ergeben, dass sich die größte Zahl der Baum- unfälle an Straßen mit einer Breite von weniger als 6 m ereignet. Die zweitgrößte Unfallrate ist auf Straßen zwischen 6 m und 6,50 m Straßenquerschnittsbreite zu verzeichnen. Auf breiteren Straßen sinken die Unfallzahlen im Verhältnis deutlich. Demnach ist ein erhöhtes Gefährdungspotenzial bei vergleichsweise schmalen Straßen mit einem angrenzenden Baumbestand, der sich neben den Fahrbahnen ohne vorgelagerte Fahrzeugrückhaltesysteme be- findet, gegeben. Neben der Straßenbreite ist die gefahrene Geschwindigkeit ein wichtiger Faktor sowohl bei der Un- fallentstehung als auch bei den Unfallfolgen. Eine geringere Geschwindigkeit bedeutet immer auch geringere Unfallfolgen. So reduziert sich beispielsweise die Aufprallenergie des Fahrzeuges an ei- nen Baum bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 50 %. Weiterhin wird die Gefahr eines Abkommens von der Fahrbahn bei einer geringeren Geschwindigkeit vermindert und zusätz- lich die Reaktionszeit verlängert, um einem Anprall an einen Baum entgegenzuwirken. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 6 Die Maßnahmen sind: Sonderverkehrsschauen, Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen bei Straßen unter 6,50 m Fahrbahnbreite auf eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 80 km/h und bei Straßen un- ter 6 m Fahrbahnbreite auf eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 70 km/h. Bei diesen Geschwindigkeitsbeschränkungen wird unter dem Verkehrszeichen 274 StVO ein Zu- satzzeichen „Baum mit aufprallendem Auto“ angebracht. Des Weiteren können an Unfallhäufungsstellen, vor Kreuzungen und Einmündungsstellen und im Bereich von Kurven und unübersichtlichen Kuppen Fahrstreifenbegrenzungen/Fahrbahnbegren- zungen und Überholverbote angeordnet werden. Der Modellversuch ist auf drei Jahre angelegt. Eine Maßnahme zur Reduzierung der Verkehrsunfallzahlen bei jungen Fahrern und Fahranfängern: Im Rahmen der VSI 2020 wird das Projekt „Abgefahren - wie krass ist das denn“ umgesetzt. Es ist ein Bühnenprogramm, das von verschiedenen Akteuren wie Polizisten, Feuerwehrleuten, Ret- tungssanitätern, Notfallseelsorgern und gegebenenfalls Unfallbeteiligten in Schulen (Sek. I und II) vorgetragen wird. Die Vorbereitung erfolgt durch Lehrer in den jeweiligen Schulen. Die Nachbereitungsphase durch Moderatoren der LVW im Programm „Personale Kommunikation“. Ein exemplarisches Seniorenprojekt: Im Rahmen des Zukunftsforums Niedersachsen (Federführung: StK), AG Mobilität, UAG Mobilität für alle Generationen haben MW, MI und die LVW Ende Juli ein Best-Practice-Projekt aus dem LK Diepholz vorgestellt, das zusammen mit dem Fahrlehrerverband landesweit aufgesetzt werden soll. Im Rahmen dieses Projektes wird jeweils einer Gruppe von zwölf Seniorinnen und Senioren eine Kombination aus theoretischer Wissensvermittlung, Fahrsicherheitstraining und Fahrten in ei- nem Fahrschulwagen mit einer Fahrlehrerin/einem Fahrlehrer angeboten mit anschließendem Er- fahrungsaustausch. Zu 4: An allen der für Niedersachsen beispielhaft aufgezählten Projekte sind über die Werkstatt Autobahn und die Werkstatt Landstraße die Vertreter von MW, MI, der kommunalen Spitzenverbände, der Landesbehörde für Straßenbau und -verkehr und die LVW eingebunden. Die Umsetzung erfolgt unter Beteiligung der Landkreise, der zuständigen Polizeiinspektionen, den Straßenverkehrsbehörden der Landkreise sowie Vertretern der Geschäftsstellen der Landesbehör- de für Straßenbau und -verkehr sowie den örtlichen Verkehrswachten. Zu 5: Zugelassene Fahrzeuge dürfen innerhalb Europas uneingeschränkt verkehren, daher sind durch europarechtliche Vorgaben die technischen Ausrüstungsverpflichtungen einheitlich abzustimmen. Für eine nationale Regelung zur Ausrüstungspflicht fehlt die rechtliche Grundlage. Dies begründet sich darin, dass technische Anforderungen an die Fahrzeugausrüstung, die über die geltenden EG-rechtlichen Ausrüstungsvorschriften hinausgehen, einen Verstoß gegen den freien Wettbewerb begründen könnten. Sie unterliegen daher zuvor einer Notifizierungspflicht bei der EU-Kommission (98/34/EG). Auch unterscheidet die Richtlinie nicht zwischen Vorschriften, die „de jure“ oder „ de facto“ (wie z. B. freiwillige Vereinbarungen) festgelegt werden, sodass etwa auch eine von der Politik eingeforderte ausnahmslose Selbstverpflichtung zum Einbau von Assistenz- systemen andere Unternehmer nicht davon abhalten könnte, ihre Fahrzeuge ohne diese zu betrei- ben. Im Ergebnis ist es Deutschland daher verwehrt, rechtlich verbindlich oder im Wege einer ver- pflichtenden Vereinbarung mit dem deutschen Gewerbe Fahrerassistenzsysteme vorzuschreiben. Damit bleibt nur der Weg einer Appellierung zur frühzeitigen Anschaffung oder Nachrüstung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2069 7 Der Verkehrsminister appelliert daher in Richtung Speditionsgewerbe, vorhandene Systeme bei Neubeschaffungen schon zu ordern, auch wenn diese noch nicht verpflichtend vorgeschrieben sind. Zu 6: Ja, es liegen Stellungnahmen von der Europäischen Kommission, dem Bundesverkehrsministeri- um, der Bundesanstalt für Straßenwesen, dem Verband der Versicherer (GDV), dem ADAC, diver- sen Fachmedien sowie unterschiedlichen Unternehmen vor. Die Äußerungen gehen übereinstim- mend dahin, aus Gründen der Verkehrssicherheit die Ausstattungstiefe von sicherheitstechnischen Systemen in Fahrzeugen zu erhöhen. Zu 7: Siehe Antwort zu Frage 5. Zu 8: Eine erfolgreiche Wirtschaft braucht eine gute Infrastruktur. Ebenso darf keine Region durch ver- nachlässigte oder nicht vorhandene Straßenanbindungen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab- gehängt werden. Die Landesregierung bringt deshalb neben dem Erhalt des Bestandes auch den Ausbau und den Neubau von Infrastruktur weiter voran. Olaf Lies (Ausgegeben am 06.10.2014) Drucksache 17/2069 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Bley (CDU), eingegangen am 13.08.2014 Immer mehr Unfälle - was tut der Verkehrsminister? Antwort der Landesregierung