Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2070 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Aygül Özkan und Burkhard Jasper (CDU), eingegangen am 16.07.2014 Wie geht es weiter mit dem Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück? Das Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück besteht seit 2011 und wurde in der Vergangenheit durch Fördergelder des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter- stützt. Bundesweit gibt es lediglich vier solcher Institute. Damit ist das IIT ein Aushängeschild für den Wissenschaftsstandort Niedersachsen. Nach Expertenmeinung leistet das IIT einen wertvollen Beitrag in den Bereichen der Ausbildung von Lehrern, Theologen und Imamen. Zudem fungiert es als Zentrum des Dialoges über religiöse und gesellschaftliche Fragestellungen. Dabei ist das Insti- tut ein anerkannter Partner. Die Universität Osnabrück konnte einen theologischen Beirat etablie- ren, der bei den muslimischen Vertretern in Niedersachsen breite Akzeptanz findet. Dies ist deutschlandweit einmalig. Trotz dieser bundesweiten Vorreiterrolle und der hohen Bedeutung für das gesellschaftliche Mitei- nander steht eine Vielzahl der Angebote des Instituts für Islamische Theologie unter Finanzie- rungsvorbehalt. So sind die Forschungs- und Juniorprofessuren nicht dauerhaft gesichert und be- dürfen einer Finanzierung durch den Landeshaushalt 2015. Die Landesregierung muss sich folglich für deren Erhalt einsetzen, damit die zukünftigen Herausforderungen bewältigt werden können. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die personellen Ressourcen des Insti- tuts für Islamische Theologie zu verstetigen? 2. Wird die Landesregierung die Mittel für die Forschungs- und Juniorprofessuren am Institut für Islamische Theologie entfristen? 3. Wenn ja, wann ist damit zu rechnen? 4. Wenn nein, welche anderweitigen Maßnahmen plant die Landesregierung, um der durch die befristete Finanzierung entstehenden Verunsicherung bei den Professorinnen und Professo- ren sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu begegnen? 5. Das dreijährige Programm zur Ausbildung von Imamen ist ausgelaufen. Wird die Landesregie- rung dieses wichtige Angebot weiterführen, und, wenn ja, welche Maßnahmen plant sie dazu? 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung zur Steigerung der Zahl von muslimischen Studentinnen und Studenten im Lehramtsstudium? 7. Wie begegnet die Landesregierung dem Problem, dass der Numerus Clausus des notwendi- gen Erstfaches ein Lehramtsstudium am Institut für Islamische Theologie oftmals verhindert? 8. Das Institut für Islamische Theologie möchte zur Radikalisierungsprävention beitragen. Wel- che Maßnahmen plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang zur Unterstützung des Instituts, insbesondere hinsichtlich der Prävention salafistischer Bestrebungen? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.07.2015 - II/725 - 849) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2070 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.09.2014 für Wissenschaft und Kultur - M - 01 420-5/849 - Basierend auf einer Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2010 entschied das Bun- desministerium für Bildung und Forschung (BMBF), an vier Standorten in Deutschland die Einrich- tung von Zentren für Islamische Theologie finanziell zu fördern. Damit sollte auf der einen Seite die Chance zum wissenschaftlichen Umgang mit dem Islam als drittgrößter Theologie in Deutschland und auf der anderen Seite die Ausbildung von Theologinnen und Theologen bzw. Religionspäda- goginnen und -pädagogen zur Einführung eines flächendeckenden bekenntnisorientierten schuli- schen Religionsunterrichts in Deutschland eröffnet werden. Aufgrund ihrer langjährigen Expertise in der theologischen Aus- und Weiterbildung konnte sich die Universität Osnabrück mit Unterstützung des Landes erfolgreich um die Bundesmittel bewerben. Insbesondere das bereits in 2008 gegründete Zentrum für interkulturelle Islamstudien (ZIIS) mit seiner interdisziplinären Vernetzung der Fachgebiete Islamische Studien, Islamische Religionspä- dagogik, Evangelische und Katholische Theologie, Interkulturelle Pädagogik, kulturgeschichtliche Frühneuzeitforschung sowie der Migrationsforschung (über das IMIS - Institut für Migrationsfor- schung und Interkulturelle Studien) erfüllte die vom Bund geforderten Voraussetzungen eines an- spruchsvollen theologischen Umfeldes zur fundierten Ausbildung in Islamischer Theologie und Re- ligionspädagogik. Aufgrund der räumlichen Nähe und der komplementären Ausrichtung zur Universität Münster wur- de entschieden, ein gemeinsames Zentrum Münster/Osnabrück zu fördern, sodass unter dem Dach des in 2012 gegründeten gemeinsamen Zentrums für Islamische Theologie Münster/Osnabrück (ZIT M/O) das Institut für Islamische Theologie (IIT) in Osnabrück und das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) in Münster gegründet wurden. In Osnabrück übernahm das IIT die interdisziplinären Strukturen und Verknüpfungen in der Nach- folge des Osnabrücker ZIIS. Die Aufbauarbeit, die die Universität Osnabrück seitdem geleistet hat, kann - auch im bundesweiten Vergleich - als beispielgebend bezeichnet werden. Das gilt vor allem hinsichtlich der Berufung der beiden Forschungsprofessuren „Islamisches Recht und Glaubenspra- xis (Fiqh)“ und „Koranexegese (Tafsir)“, des Aufbaus zweier interdisziplinärer Nachwuchsgruppen nebst Besetzung der Post-doc-Stellen sowie der Einrichtung der theologischen und lehramtsbezo- genen grundständigen Studiengänge Islamische Theologie als 1-Fach-Bachelor und Islamische Religion (BEU) als 2-Fach-Bachelor mit Lehramtsoption Grund-, Haupt- und Realschule. Summer Schools, Fachtagungen, Weiterbildungen, Vorträge und Publikationen runden das Bild einer exzel- lenten Universitätsausbildung ab. Die Berufungen der drei Juniorprofessuren Haditwissenschaft, Sira, Islamische Geschichte und Arabistik, Literatur sowie Tasawwuf befinden sich derzeit noch im Verfahren. Der weitere Ausbau des Lehramtsbereichs ist in Planung und wird für das Wintersemester 2015/2016 konkretisiert. Darüber hinaus ist es der Universität Osnabrück gelungen, den besonderen staatskirchenrechtli- chen Erfordernissen eines solchen konfessorischen Angebots zu entsprechen. Die Bildung des Konfessorischen Beirats erfolgte auf Grundlage einer vertraglichen Regelung mit den beiden gro- ßen in Niedersachsen vertretenen Verbänden der Muslime DiTiB und Schura Niedersachsen. Die Zusammenarbeit mit dem Konfessorischen Beirat gestaltet sich sehr konstruktiv und hat dazu ge- führt, dass sowohl die bisherige Besetzung der Professuren als auch das Lehrangebot einvernehm- lich abgestimmt werden konnten. Bis zum Jahr 2016 werden der Bund und das Land Niedersachsen den Standort Osnabrück über einen Zeitraum von fünf Jahren mit jeweils 3,3 Mio. Euro, also insgesamt 6,6 Mio. Euro als Projekt gefördert haben. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2070 3 Angesichts der erzielten Erfolge des IIT, seiner wissenschafts- und integrationspolitischen Bedeu- tung und der nationalen und internationalen Aufmerksamkeit für das Projekt war es der Landesre- gierung ein besonderes Anliegen, die dauerhafte Verankerung im Haushalt der Universität Osnab- rück vorzusehen. Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1 und 2: Mit der Aufstellung des Haushaltsplanes 2015 und der Mittelfristigen Finanzplanung 2014 bis 2018 (Mipla) hat das Land die erforderlichen Schritte unternommen, um das Institut für Islamische Theo- logie dauerhaft und finanziell ausreichend abzusichern. Für die Jahre 2016 bis 2018 sind in der Mipla 1,202 / 1,328 / 1,354 Mio. Euro vorgesehen. Ab dem Jahr 2019 ist von einem Bedarf von 1,430 Mio. Euro auszugehen. Mit der Entscheidung, die dauer- hafte finanzielle Absicherung des Instituts für Islamische Theologie in die Finanzplanung aufzu- nehmen, ist die höchstmögliche finanzielle Planungssicherheit erreicht. Die o. a. Projektfördermittel von Bund und Land laufen sukzessive aus. Die jetzigen Planungen stellen die unmittelbare An- schlussfinanzierung im Landeshaushalt sicher. Zu 3: Mit der Veranschlagung der Mittel in der Mittelfristigen Finanzplanung ist die politische Entschei- dung, das Institut für Islamische Theologie dauerhaft finanziell abzusichern, getroffen. Es ist davon auszugehen, dass die vorgesehenen Beträge in den jeweiligen Haushaltsjahren über den Haus- haltsgesetzgeber zur Verfügung gestellt werden. Zu 4: Es wird auf die Vorbemerkungen und die Antworten auf die Fragen 1 und 3 verwiesen. Zu 5: Das zum Wintersemester 2010/2011 an der Universität Osnabrück begonnene zweisemestrige Weiterbildungsprogramm für Imame und das seelsorgerische und religionspädagogische Betreu- ungspersonal in den Moscheegemeinden ist nach einer dreijährigen Förderperiode zum Ende des Sommersemesters 2013 ausgelaufen. Mit den Schwerpunkten deutsche Sprache, Landeskunde und Pädagogik war die Zielsetzung verbunden, den Imamen und dem Personal in den Moschee- gemeinden Kenntnisse über die Rahmenbedingungen der deutschen Gesellschaft und Kultur zu vermitteln und über deren Multiplikatorenfunktion in den Moscheegemeinden den Integrationsge- danken weiterzutragen. Insgesamt haben rund 100 Personen an der Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen. Das Projekt war damit über die Grenzen Niedersachsens hinaus sehr gut nachge- fragt und hat deutschlandweit insgesamt hohe Anerkennung erfahren. Als Ergebnis einer einjährigen Evaluationsphase des Projektes hat die Universität Osnabrück aktu- ell zum Start für das Wintersemester 2014/2015 einen Antrag auf Förderung eines auf drei Jahre angelegten zweisemestrigen Weiterbildungsangebots mit den Schwerpunkten Jugendarbeit in den Moscheegemeinden und Extremismusprävention eingereicht. Zielgruppe sind wiederum die Imame und das religionspädagogische und seelsorgerische Personal in den Moscheegemeinden. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat eine Anschubfinanzierung in Höhe von zunächst 100 000 Euro gewährt und weitere 50 000 Euro in Aussicht gestellt. Zu 6 und 7: Aufgrund des in den nächsten Schuljahren bestehenden großen Bedarfs im Unterrichtsfach Islami- sche Religion soll es im Erlasswege dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Quali- tätsentwicklung (NLQ) als der zuständigen Behörde ermöglicht werden, auf Antrag der oder des Studierenden ab dem Wintersemester 2014/2015 eine Ausnahme von den Fächerverbindungsvor- schriften nach der Verordnung über Masterabschlüsse für Lehrämter in Niedersachsen (Nds. Mas- terVO-Lehr) zu erteilen. Das bedeutet, dass das Unterrichtsfach Islamische Religion künftig in der Regel mit jedem anderen Unterrichtsfach der § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 3 Abs. 2 Nds. MasterVO- Lehr studierbar wäre; ausgenommen davon bleiben die Unterrichtsfächer Evangelische Religion, Katholische Religion sowie Werte und Normen, letzteres als Unterrichtsfach des Sekundarbe- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2070 4 reichs I. Durch diese Ausnahmepraxis wird Studierenden die Auswahl des Teilstudiengangs Islami- sche Religion in größerer Zahl als bisher ermöglicht. Zu 8: Mit der im Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück durchgeführten wissen- schaftlichen Ausbildung von überwiegend in Deutschland aufgewachsenen und sozialisierten jun- gen Menschen zu kompetenten religiös-reflektierten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in den bedeutenden gesellschaftlichen Räumen wie Schulen und Moscheegemeinden wird ein ver- lässlicher und dauerhafter Weg der Teilhabe an und in der Gesellschaft und damit auch der Prä- vention von Radikalisierungstendenzen beschritten. Darüber hinaus haben sich die Lehrpersonen aus dem Institut für Islamische Theologie als wissenschaftlich kompetente und anerkannte An- sprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die islamischen Verbände in Niedersachsen und im norddeutschen Raum etabliert. Das Institut für Islamische Theologie hat bereits mehrere öffentlichkeitswirksame Fachveranstal- tungen zum Thema Salafismus und Prävention durchgeführt, darunter ein Symposium im März 2014 „Neo-salafistische Mobilisierung - Prävention in Schule, Jugendhilfe und Gemeinde“ unter Be- teiligung der Landesregierung und der Polizeidirektion Osnabrück. Das Institut für Islamische Theologie stellt eine wesentliche wissenschaftliche Ressource zu ge- genwartsbezogenen Islamthemen dar. Angesichts dessen wird zurzeit eine formalisierte Zusam- menarbeit mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung angestrebt. Ziel ist es, das Institut für Islamische Theologie insbesondere als islamwissenschaftliche und religionspsycho- logische Ressource bei der Ausgestaltung des Konzeptes sowie später bei der fachlichen Betreu- ung und Qualitätssicherung der durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung einzurichtenden zivilgesellschaftlichen Beratungsstelle zur Prävention neo-salafistischer Radikali- sierung einzubeziehen. Darüber hinaus soll die beabsichtigte Zusammenarbeit eine wissenschaftli- che Begleitung der Projektevaluierung und gegebenenfalls begleitende wissenschaftliche For- schung zum Themenfeld (De-)Radikalisierung ermöglichen. Zudem wird auf die Ausführungen zu Frage 5 verwiesen. Mit dem Weiterbildungsprogramm wird der Multiplikatorenfunktion der Imame und des Personals in den Moscheegemeinden als An- sprechpartnerinnen und Ansprechpartner und Vertrauenspersonen in ihren Moscheegemeinden Rechnung getragen. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić (Ausgegeben am 06.10.2014) Drucksache 17/2070 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Aygül Özkan und Burkhard Jasper (CDU), eingegangen am 16.07.2014 Wie geht es weiter mit dem Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück? Antwort der Landesregierung