Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2071 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 01.08.2014 Duldet das Institut ISPA der Universität Vechta den Versand von E-Mails der Partei Bündnis 90/Die Grünen über seine E-Mail-Verteiler? Eine Mitarbeiterin des Instituts für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (ISPA) der Universität Vechta hat am Mittwoch, 2. Juli 2014, über ihre Universitäts-E-Mail-Adresse eine Einladung zu einer Parteiveranstaltung der Partei Bündnis 90/Die Grünen versandt. Im E-Mail- Text schreibt die Mitarbeiterin: „Anbei leite ich Ihnen eine Einladung des Kreisverbandes Bündnis 90/Die Grünen zum Thema ,Interkommunale Gewerbegebiete‘ weiter.“ Wie aus der angehängten Einladung zu sehen ist, handelt es sich um eine Veranstaltung des Kreisverbandes Vechta der Par- tei Bündnis 90/Die Grünen. Autor der Einladung ist Josef Diersen, der Vertreter der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Visbek. Der Versand erfolgte an den großen sogenannten ‚ispa’_all-Verteiler des Instituts. Die Parteieinladung hat über die Universitäts-E-Mail-Adresse bzw. den Universitäts- E-Mail-Verteiler auch außeruniversitäre Verbreitung gefunden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Ist die Nutzung universitärer E-Mail-Konten für die Verbreitung von Einladungen und Schrift- stücken von politischen Parteien rechtlich zulässig? 2. Wie ist es arbeitsrechtlich zu werten, wenn Universitätsmitarbeiter dienstliche E-Mail- Adressen während ihrer Arbeitszeit für die Verbreitung parteipolitischer Informationen nutzen? 3. Hat das ISPA der Universität Vechta auch für andere Parteien als Bündnis 90/Die Grünen Ein- ladungsschreiben über seinen Instituts-E-Mail-Verteiler versandt? 4. Wann und zu welchen Veranstaltungen hat das Institut parteipolitische Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen als Referenten/Diskutanten eingeladen? 5. Welche Vertreter anderer Parteien waren als Referenten zeitgleich mit Vertretern der Partei Bündnis 90/Die Grünen anwesend? 6. Bestehen zwischen dem im Einladungsschreiben von Bündnis 90/Die Grünen genannten Ver- fasser Josef Diersen persönliche Beziehungen zu Mitarbeitern des Instituts? 7. Wann hat Dr. Marion Rieken, die Vize-Präsidentin der Universität Vechta, ihre Bewerbung für das Oberbürgermeisteramt in Oldenburg als Kandidatin von Bündnis 90/Die Grünen erklärt und wann wurden erstmalig Schreiben dieser Partei über E-Mail-Konten der Universität Vechta versandt? 8. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, damit die Nutzung der E-Mail- Konten von Hochschulen für parteipolitische Zwecke künftig ausgeschlossen wird und Univer- sitätsmitarbeiter künftig keine Einladungen der Partei Bündnis 90/Die Grünen mehr über ihre Dienst-E-Mails versenden? 9. Wird die Universität Vechta bzw. das ISPA gegenüber den Empfängern dieser E-Mail klarstel- len, dass der Versand zu Parteiveranstaltungen von Bündnis 90/Die Grünen unzulässig war und künftig nicht mehr im Namen der Universität Vechta erfolgt? (An die Staatskanzlei übersandt am 06.08.2014 - II/725 - 882) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2071 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 24.09.2014 für Wissenschaft und Kultur - M - 01 420-5/882 - Das Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten, im Folgenden ISPA genannt, ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Universität Vechta. Das ISPA wurde 1990 ge- gründet, um vor dem Hintergrund zunehmender sektoraler und regionaler Konzentration der Agrar- produktion die damit verbundenen Fragestellungen und Probleme im sozioökonomischen und öko- logischen Bereich zu erforschen und praxisorientiert Lösungsvorschläge für bestehende Herausfor- derungen zu entwickeln. Schwerpunkte sind dabei insbesondere vergleichende Strukturforschung, Geo- und Agrarökologie sowie Lernen in ländlichen Räumen und Umweltbildung. Analog zu diesen Schwerpunkten gliedert sich das Institut in drei Abteilungen, die jeweils von einer Professorin/einem Professor geleitet werden. In der Abteilung Vergleichende Strukturforschung werden verschiedene Forschungsschwerpunkte verfolgt, die sich beispielsweise mit Steuerungsprozessen auf kommuna- ler und regionaler Ebene in ländlichen Räumen oder dem Regionalmonitoring Agrar- und Ernäh- rungswirtschaft im Oldenburger Münsterland befassen. Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage erwähnte Mitarbeiterin des ISPA hat am 01.07.2014 seitens des Kreisverbands Vechta von Bündnis 90/Die Grünen per E-Mail eine Einladung zu des- sen Veranstaltung „Zukunftsorientierte Nutzungsmöglichkeiten interkommunaler Gewerbegebiete am Beispiel ecopark - Kooperation der Landkreise und Gemeinden als Antwort auf aktuelle Heraus- forderungen?“ am 28.07.2014 in Emstek mit der Bitte um Weiterleitung an Kolleginnen und Kolle- gen erhalten. Ausweislich der E-Mail des Kreisverbands Vechta von Bündnis 90/Die Grünen richte- te sich die Veranstaltung an ein möglichst breit gefächertes Publikum. Im Rahmen der vorgenann- ten Veranstaltung sollte insbesondere über die zunehmenden Flächennutzungskonkurrenzen zwi- schen Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Wohnungsbau sowie Infrastrukturprojekten und die Rolle interkommunaler Gewerbegebiete diskutiert werden. Zu dem oben genannten Forschungsprofil des ISPA zählen gerade solche Steuerungsprozesse auf kommunaler und regionaler Ebene in ländlichen Räumen. Auch die Lehre in der Geographie, die an der Universität Vechta vom ISPA durchgeführt wird, behandelt kommunale Gewerbegebiete als wichtiges Instrument der Wirtschaftsförderung im Rahmen der Siedlungsgeographie. Die inter- kommunale Kooperation gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung als Instrument der Regionalent- wicklung. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ISPA ist es somit in Forschung und Lehre bedeutsam, aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich zur Kenntnis zu nehmen, insbesondere im Oldenburger Münsterland, das einen regionalen Forschungsschwerpunkt des ISPA darstellt. Am Institut sind daher auch Bachelor- und Master-Abschlussarbeiten zu den Gewerbegebieten entlang der Bundesautobahn 1 entstanden. In diesem Zusammenhang hat die besagte Mitarbeiterin des ISPA die Einladung am 02.07.2014 im dienstlichen Kontext, das heißt im fachlichen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben, an den soge- nannten ispa_all Verteiler des Instituts weitergeleitet. Dieser Verteiler umfasst ausschließlich Per- sonen, die Angehörige des ISPA sind. Bei diesen Personen kann ein dienstliches Interesse an der angekündigten Veranstaltung angenommen werden. Eine Weiterleitung der Einladung an Personen außerhalb der Universität Vechta ist seitens der Mitarbeiterin des ISPA nicht erfolgt. Gemäß der In- formationssicherheitsrichtlinie über die Nutzung von Informationstechnik durch Anwenderinnen und Anwender und der Web-Richtlinie der Universität Vechta hat sich die Mitarbeiterin des ISPA korrekt verhalten, da sie den E-Mail-Dienst der Universität Vechta nicht privat zur Verbreitung von Parteiin- formationen genutzt, sondern in einem dienstlichen Kontext gehandelt hat. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2071 3 Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1: Ausweislich der Anlage 1 „Musterdienstanweisung über die Nutzung von Informationstechnik durch Anwenderinnen und Anwender“ zur Informationssicherheitsrichtlinie über die Nutzung von Informationstechnik durch Anwenderinnen und Anwender (ISRL-IT-Nutzung), gemäß RdErl. d. MI, d. StK u. d. übr. Min. v. 23. 10. 2013 -CIO-02850/0110-0001- und unter Bezugnahme auf den RdErl. v. 11.06.2013 ist gemäß Nummer 5.1 eine private Nutzung der IT-Systeme des Landes Niedersach- sen durch die Anwenderinnen und Anwender untersagt. Dies gilt insbesondere auch für die private Nutzung von Web-Angeboten und des E-Mail-Dienstes. Alternativ richtet sich die private Nutzung der IT-Systeme des Landes Niedersachsen nach der Dienstvereinbarung über die private Nutzung von dienstlichen IT-Systemen. In der vom Präsidium der Universität Vechta beschlossenen Web-Richtlinie, die seit dem 15.03.2011 in Kraft ist, wird die Nutzung aller von der Universität zur Verfügung gestellten elektro- nischen Kommunikationssysteme (Internetzugang und E-Mail-Dienst) geregelt. Demnach ist es nicht gestattet, privaten E-Mail-Verkehr über den E-Mail-Dienst der Universität Vechta abzuwickeln. Dies gilt sowohl für das Senden als auch Empfangen privater E-Mails. Ggs. ist im Rahmen der pri- vaten Internet-Nutzung eine Abwicklung über die kostenlosen Webmail-Dienste möglich. Der E-Mail-Dienst steht den Beschäftigten der Universität Vechta als Arbeitsmittel im Rahmen der Auf- gabenerfüllung zur Verfügung und dient insbesondere der Verbesserung der internen und externen Kommunikation, der Erzielung einer höheren Effizienz und der Beschleunigung der Informationsbe- schaffung und der Arbeitsprozesse. Soweit fachlich relevante Veranstaltungshinweise dem wissen- schaftlichen Informationsinteresse dienen, ist eine - zumindest wie vorliegend erfolgte interne - Weiterleitung von Einladungen und Schriftstücken, auch von politischen Parteien, im Sinne der grundgesetzlich garantierten Freiheit von Wissenschaft und Forschung zulässig. Zu 2: Dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen liegen in der Zuständigkeit der Hochschulen. Sollte ent- gegen der rechtlichen Vorgaben der Universität Vechta ein in einem Arbeitsverhältnis stehendes Mitglied oder ein Angehöriger der Universität Vechta über den E-Mail-Dienst der Universität partei- politisch werbende Informationen verbreiten, wären dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen in einer dem Einzelfall angemessenen Weise zu ergreifen. In vorliegendem Fall handelt es sich je- doch nicht um die Verbreitung parteipolitisch werbender Informationen, sondern um den Hinweis auf eine Veranstaltung, die im fachlichen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ISPA steht. Zu 3: Fachlich relevante Veranstaltungshinweise aller verfassungskonformen Parteien werden zur Kenntnis genommen und gegebenenfalls ISPA-intern weitergeleitet, sofern diese für die For- schungsarbeit relevant sind. Dies gilt auch für Einladungen von Fraktionen. Am 25.01.2010 hat eine Mitarbeiterin des Niedersächsischen Kompetenzzentrums Ernährungswirtschaft (NieKE), welches der Abteilung Vergleichende Strukturforschung des ISPA angegliedert ist, einen Einladungsflyer der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zur Veranstaltung „Der Ländliche Raum - Gratwanderung zwischen Agribusiness, demografischem Wandel und Kuhstallverklärung“ am 03.03.2010 in der Aula der (damaligen) Hochschule Vechta an Angehörige des ISPA weitergeleitet. Zu 4 und 5: Das Präsidium der Universität Vechta pflegt mit allen verfassungskonformen Parteien, insbesonde- re mit den regionalen Vertretern im Niedersächsischen Landtag, regelmäßige und gute Kontakte. In diesem Sinne können sie seitens der Universität und ihrer Institute zu Veranstaltungen eingeladen werden. Nach Erinnerung der Angehörigen des ISPA wurden in der Vergangenheit keine parteipoli- tischen Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen als Referenten/Diskutanten eingeladen. Zu 6: Herr Josef Diersen ist mit Frau Dr. Gabriele Diersen verheiratet. Frau Dr. Diersen ist Leiterin des Kompetenzzentrums für regionales Lernen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2071 4 Zu 7: Die Bekanntgabe für die Kandidatur von Frau Dr. Marion Rieken erfolgte im Februar dieses Jahres. Frau Dr. Rieken tritt als unabhängige Kandidatin an. Alle Aktivitäten, die im Kontext der Kandidatur stehen, erfolgen über eine eigene Homepage und eine eigene E-Mail-Adresse von Frau Dr. Rieken. Frau Dr. Rieken trennt ihre Kandidatur vom Amt der Vizepräsidentin strikt. Eine Versendung von Schreiben politischer Parteien über den E-Mail-Dienst der Universität Vechta erfolgt nur dann, wenn diese in einem fachlichen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben der Mitglieder bzw. Angehöri- gen der Universität Vechta stehen. Seitens der Universität ist nicht nachvollziehbar, ob in der Ver- gangenheit, abgesehen von dem oben genannten Einladungsschreiben, Schreiben von der Partei Bündnis 90/Die Grünen über den E-Mail-Dienst der Hochschule versendet worden sind. Zu 8: Wie in der Antwort auf Frage 1 dargelegt, existieren verbindliche rechtliche Regelungen zur priva- ten Nutzung der IT-Systeme des Landes Niedersachsen durch die Anwenderinnen und Anwender. Diese bestehenden Regelungen werden für ausreichend erachtet. Insofern besteht keine Notwen- digkeit, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Fachlich relevante Veranstaltungshinweise aller verfas- sungskonformen Parteien dürfen auch weiterhin den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Kenntnis gegeben werden. Zu 9: Die Mitarbeiterin des ISPA hat den E-Mail-Dienst der Universität Vechta in zulässiger Weise ge- nutzt. Entsprechend besteht keine Veranlassung für eine Klarstellung. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić (Ausgegeben am 06.10.2014) Drucksache 17/2071 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 01.08.2014 Duldet das Institut ISPA der Universität Vechta den Versand von E-Mails der Partei Bündnis 90/Die Grünen über seine E-Mail-Verteiler? Antwort der Landesregierung