Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2075 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Otto Deppmeyer, Dr. Stephan Siemer und Thomas Adasch (CDU), eingegangen am 19.08.2014 Plant die Justizministerin, die Küchen der Justizvollzugsanstalten zu privatisieren? Die Küche in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta ist sanierungsbedürftig. So sagte Jus- tizministerin Antje Niewisch-Lennartz laut Oldenburgischer Volkszeitung vom 15.08.2014 bei ihrem Antrittsbesuch beim Justizvollzug in Vechta am 29.01.2014, der Neubau habe eine „hohe Priorität“ für den Landeshaushalt 2015. Auf eine schriftliche Anfrage (Drs. 17/1833), wann die Landesregierung Mittel für die Sanierung der Küche in der Justizvollzugsanstalt für Frauen im Landeshaushalt bereitstellen werde, antwortete die Justizministerin: „Die Erstellung der landesweiten Konzeption zur Verpflegung der Gefangenen hat im Bereich des Justizvollzugs hohe Priorität. Über eine Mittelbereitstellung kann erst nach Vorlage des Konzepts entschieden werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.“ In den Vorbemerkungen der Antwort heißt es: „Die Konzeption betrachtet neben Neubaumaßnah- men alternativ auch die Errichtung eines zentralen Versorgungs- und Logistikzentrums und die Verpflegung durch externe Dienstleister.“ Die Oldenburgische Volkszeitung berichtete am 15.08.2014 über verschiedene Optionen, die ihr ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mitgeteilt habe. So könnten von einem zentralen Standort aus andere Gefängnisse im Land versorgt werden. Mittels einer Technik namens „Cook and Chill“ könn- ten zubereitete Essen herabgekühlt werden, für vier Tage haltbar und damit transportierbar ge- macht werden. Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen heißt es auf Seite 77: „Die rot-grüne Koalition lehnt eine weitere Privatisierung des Justizvollzuges ab.“ Im Landtagswahlprogramm 2013 von Bündnis 90/Die Grünen heißt es auf Seite 144: „Justizvollzug ist für uns eine rein staatliche Aufgabe. Bisherige Projekte mit privater und öffentlicher Beteiligung (PPP) im Bereich von Gefängnissen waren stets teurer als vergleichbare staatliche Gefängnisse. Wir lehnen Privatisierungen im Bereich des Justizvollzuges ab.“ Wir fragen die Landesregierung: 1. Zieht die Landesregierung in Erwägung, für einen Teil oder alle Justizvollzugsanstalten Nie- dersachsens die Verpflegung an externe Dienstleister zu vergeben? 2. Stimmt die Landesregierung zu, dass es sich bei der Vergabe der Verpflegung der Justizvoll- zugsanstalten um eine Privatisierung in Form des sogenannten Outsourcings handelte? 3. Schließt die Landesregierung die Privatisierung von weiteren Aufgaben der Justizvollzugsan- stalten aus? 4. Sieht die Landesregierung in der Prüfung der Vergabe der Verpflegung der Justizvollzugsan- stalten an externe private Dienstleister einen Widerspruch zu ihrem Koalitionsvertrag? 5. An welchen Standorten des niedersächsischen Justizvollzuges werden gegenwärtig Mahlzei- ten für Insassen und/oder Beschäftigte zubereitet? 6. Wie viele Bedienstete und Insassen sind gegenwärtig an welchen Standorten mit der Zuberei- tung von Mahlzeiten beschäftigt? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2075 2 7. Ist die Beschäftigung von Häftlingen in den Küchen der Justizvollzugsanstalten ein wichtiges Instrument zur Vorbereitung der Haftentlassung und Beschäftigung der Gefangenen? 8. Wie viele Häftlinge absolvieren gegenwärtig eine gastronomische Ausbildung in den nieder- sächsischen Justizvollzugsanstalten? 9. Welche Ausbildungen könnten in den Justizvollzugsanstalten nicht mehr absolviert werden, wenn die Verpflegung an einen zentralen externen Dienstleister vergeben würde? 10. Waren der Justizministerin bei ihren Äußerungen zur „hohen Priorität“ eines Neubaus der Küche der JVA für Frauen in Vechta bereits Überlegungen zur externen Vergabe der Verpfle- gung bekannt? 11. Wird die Landesregierung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Justizvollzugsanstal- ten, die gegenwärtig im Bereich der Verpflegung beschäftigt sind, nach der Vergabe der Ver- pflegung an einen externen Dienstleister angemessene andere Beschäftigungen garantieren? 12. Wie hoch sind die täglichen Ausgaben für die Verpflegung je Häftling (Sach- und Personalkos- ten)? 13. Möchte die Landesregierung durch die Vergabe der Verpflegung im Justizvollzug Kostenein- sparungen erreichen, und wie hoch wäre das Potenzial dazu? 14. Bis wann möchte die Landesregierung ihre Konzeption zur Verpflegung der Gefangenen er- stellen? (An die Staatskanzlei übersandt am 26.08.2014 - II/725 - 924) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 23.09.2014 - 4540 I – 304. 113 - Bereits seit dem Jahr 2002 ist im Justizministerium bekannt, dass die Hauptküche in der Justizvoll- zugsanstalt für Frauen in Vechta sanierungsbedürftig ist. Mittel standen über die Jahre nicht zur Verfügung. Der heutige Sanierungsstau lässt nun nur noch die Option eines Neubaus zu. Hinzu kommen die aktuellen Anforderungen an Großküchenbetriebe und Großküchenorganisation. Im Jahr 2013 wurde der Kostenrahmen für einen Neubau erhoben und auf 10,1 Mio. Euro beziffert. Nachdem hohe Sanierungsbedarfe in Küchen weiterer Justizvollzugseinrichtungen bekannt gewor- den sind, erarbeiten Justizministerium und Staatliches Baumanagement derzeit eine landesweite Konzeption zur Verpflegung der Gefangenen der niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen. Die Konzeption erfasst alle dringend sanierungsbedürftigen Liegenschaften, darunter auch den Kü- chenbetrieb der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta. Die Konzeption betrachtet neben Neu- baumaßnahmen alternativ auch die Errichtung eines zentralen Versorgungs- und Logistikzentrums und die Verpflegung durch externe Dienstleister. Dies ist in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Stephan Siemer (CDU) vom 28. Juli 2014 (Drs. 17/1833) bereits ausgeführt. Rechtlicher Rahmen für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist die Landeshaushaltsordnung (LHO). Nach § 7 LHO sind bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Für Maßnahmen von finanzieller Bedeutung sind als Instrument zur Umsetzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit angemessene Wirt- schaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Dies gilt auch für Beschaffungen und Organisations- veränderungen. Das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz (NJVollzG), das mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP im Landtag am 12. Dezember 2007 verabschiedet worden ist, enthält für den Justiz- vollzug eine Öffnungsklausel, die im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu beachten Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2075 3 ist. Nach § 178 NJVollzG können „fachlich geeignete und zuverlässige natürliche Personen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder sonstige Stellen … beauftragt werden, Aufgaben für die Vollzugsbehörde wahrzunehmen“, soweit damit keine Tätigkeiten mit Eingriffs- rechten gegenüber Inhaftierten verbunden sind. Die Gefangenenverpflegung fällt in den Anwen- dungsbereich der Vorschrift. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist das Justizministe- rium damit auch gehalten zu prüfen, ob die Gefangenenverpflegung durch eine Dienststelle des Landes durchgeführt werden muss. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Siehe Vorbemerkung. Zu 2: Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, können nach § 178 NJVollzG „fachlich geeignete und zuver- lässige natürliche Personen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder sons- tige Stellen … beauftragt werden, Aufgaben für die Vollzugsbehörde wahrzunehmen“, soweit damit keine Tätigkeiten mit Eingriffsrechten gegenüber Inhaftierten verbunden sind. Die Herstellung und Bereitstellung des Essens für Gefangene gehört zu diesen Aufgaben. Zu 3: Die Landesregierung strebt keine Privatisierung von weiteren Aufgaben der Justizvollzugsanstalten an. Sie ist allerdings aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen gehalten, in die Wirtschaft- lichkeitsuntersuchung für eine landesweite Gefangenenversorgung auch die Beauftragung eines externen Dienstleiters einzubeziehen. Zu 4: Nein. Zu 5: Celle (Hauptanstalt und Abteilung Salinenmoor), Hameln, Hannover, Lingen (Hauptanstalt und Abteilungen Groß-Hesepe und Osnabrück), Meppen (Hauptanstalt und Abteilung Aurich), Oldenburg (Hauptanstalt und Abteilungen Nordenham und Wilhelmshaven), Rosdorf (Hauptanstalt und Abteilungen Duderstadt und Einbeck), Sehnde (Hauptanstalt und Abteilung Burgdorf), Uelzen (Hauptanstalt und Abteilung Lüneburg), Vechta (JVA für Frauen und Abteilungen Falkenrott und Hildesheim), Wolfenbüttel (Hauptanstalt und Abteilungen Goslar und Helmstedt). Zu 6.: Justizvollzugseinrichtungen/ Abteilungen Arbeitskraftanteile für in Küchen eingesetzte Bedienstete Beschäftigte Gefangene in Küchen für die Gefangenenverpflegung JVA Bremervörde 0,00 11 JVA Celle 2,00 5 Abt. Salinenmoor 2,00 3 JA Hameln 7,00 12 Abt. Göttingen 0,00 0 JAA Göttingen 0,00 0 JVA Hannover 4,00 17 JVA Lingen 8,00 22 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2075 4 Abt. Gr. Hesepe 3,00 7 Abt. JV-Krankenhaus 0,00 0 Abt. Osnabrück 1,00 3 Abt. Damaschke 4,00 12 JVA Meppen 2,00 10 Abt. Aurich 0,10 1 JVA Oldenburg 2,56 9 Abt. Nordenham 1,03 2 Abt. Wilhelmshaven 1,28 4 JVA Rosdorf 3,00 11 Abt. Duderstadt 0,25 1 Abt. Einbeck 0,25 1 JVA Sehnde 4,56 13 Abt. Burgdorf 2,56 0 JVA Uelzen 2,56 7 Abt. Lüneburg 1,28 2 JVA Vechta 0,00 0 Abt. Delmenhorst 0,00 0 JAA Verden 0,00 0 JAA Emden 0,35 0 JAA Nienburg 0,00 0 JAA Neustadt 0,00 0 JVA für Frauen 3,00 14 Abt. Hildesheim 1,00 2 Abt. Zitadelle 0,00 1 JVA Wolfenbüttel 3,50 9 Abt. Goslar 0,25 1 Abt. Braunschweig 2,00 4 Abt. Helmstedt 0,25 1 Zu 7: Bei den Bemühungen um die soziale Wiedereingliederung der Gefangenen kommt der Hinführung zu einer geregelten Arbeit entscheidende Bedeutung zu. Der niedersächsische Justizvollzug bietet den Gefangenen eine Vielzahl unterschiedlicher Beschäftigungsmöglichkeiten. Arbeitsplätze in den Küchen sind einige von vielen und verfügen über kein Alleinstellungsmerkmal im Hinblick auf die soziale Wiedereingliederung. Zu 8: 66 Gefangene. Zu 9: Keine. Die Anzahl der landesweiten Ausbildungsangebote soll erhalten bleiben. Zu 10: Die Äußerung der Justizministerin vom 29. Januar 2014, auf die die Kleine Anfrage Bezug nimmt, entsprach dem Sachstand. Die zuständige Fachabteilung des Justizministeriums erhob zum dama- ligen Zeitpunkt erst den Sachstand hinsichtlich der Sanierungsbedarfe in den Küchen der Justiz- vollzugsanstalten und hatte die in der Vorbemerkung dargestellte Reichweite der Wirtschaftlich- keitsuntersuchung noch nicht festgelegt. Zu 11: Die Frage unterstellt unzutreffenderweise, dass die Vergabe der Verpflegung an einen externen Dienstleister bereits beschlossen ist. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2075 5 Zu 12: Im Jahr 2013 wurden 4,55 Euro pro Hafttag für die Verpflegung der Gefangenen (Sach- und Perso- nalkosten) ausgegeben. Zu 13: Auf die Antwort auf Frage 11 wird verwiesen. Im Übrigen bleibt das Ergebnis der Wirtschaftlich- keitsuntersuchung abzuwarten. Zu 14: Die Konzeption wird im 2. Quartal 2015 vorliegen. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 06.10.2014) Drucksache 17/2075 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Otto Deppmeyer, Dr. Stephan Siemer und Thomas Adasch (CDU), eingegangen am 19.08.2014 Plant die Justizministerin, die Küchen der Justizvollzugsanstalten zu privatisieren? Antwort der Landesregierung