Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2083 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Ernst-Ingolf Angermann, Martin Bäumer, Karin Bertholdes-Sandrock, Christian Calderone, Helmut Dammann-Tamke, Dr. Hans-Joachim Deneke- Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen, Clemens Große Macke, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU), eingegangen am 07.08.2014 Wann wird die im April 2013 angekündigte personelle Verstärkung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Oldenburg umgesetzt? Im April 2013 kündigte die Staatsanwaltschaft Oldenburg im Zusammenhang mit Ermittlungen we- gen überbelegter Hühnerställe an, dass die Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen von zwei auf sechs Staatsanwälte aufgestockt werden solle. So schrieb FOCUS online am 18. April 2013: „Die Staatsanwaltschaft Oldenburg will ihre Zentral- stelle für Landwirtschaftsstrafsachen deutlich ausbauen. Wenn das nötige Geld zu Verfügung ge- stellt werde, sei eine Ausweitung der Zentralstelle, die für ganz Niedersachsen zuständig ist, von zwei auf sechs Staatsanwälte vorgesehen.“ In der 24. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages am 12. Dezember 2013 erklärte Land- wirtschaftsminister Christian Meyer ausweislich des endgültigen Plenarprotokolls: „Weiterhin wird die neue Landesregierung sozusagen on top - Sie wissen, dass die Justizministerin das angekündigt hat - die Zentralstelle zu einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Oldenburg aus- bauen und dazu das bisher in der Zentralstelle tätige Personal spürbar verstärken, um Strafanzei- gen schneller nachgehen und nachgewiesene Verstöße noch zügiger ahnden zu können.“ In der Broschüre „1 Jahr Rot-Grün“/Grüne Erfolge! vom Januar 2014 findet sich unter der Über- schrift „Rot-Grün nimmt den Tierschutz ernst“ folgender Hinweis: „Wir haben die Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Oldenburg personell deutlich verstärkt und in ih- ren Kompetenzen erweitert, um den zahlreichen Skandalen und kriminellen Machenschaften in der Agrarindustrie angemessen zu begegnen. Zukünftig wird die Zentralstelle auch für die Verfolgung von Tierschutzverstößen im Agrarbereich zuständig sein. Damit gewährleisten wir auch in diesem Bereich eine konsequente und gerechte Strafverfolgung.“ Anfang Mai 2014 musste der Leiter der Zentralstelle, der leitende Oberstaatsanwalt Roland Herr- mann, einräumen, dass die in öffentlichen Publikationen der Landesregierung und Koalitionsfrakti- onen bereits als vollzogen gemeldete personelle Verstärkung nicht umgesetzt sei. So schrieb die Oldenburger Online Zeitung am 5. Mai 2014: „Die Staatsanwaltschaft Oldenburg sagt kriminellen Landwirten den Kampf an. So soll die Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen von zwei auf sechs Staatsanwälte aufgestockt werden. ‚Eigentlich sollte das längst schon passiert sein‘, berichtet Oberstaatsanwalt Roland Herrmann. Doch seine Behörde kämpfe mit personellen Engpässen. Bis zum Sommer solle die Personalstärke jedoch erreicht sein. Das ist auch notwendig angesichts der Zahlen, die er bekannt gab. Demnach sind 28 Strafbefehle allein wegen Überbele- gung von Hühnerstellen ausgestellt, 15 Verfahren gegen zum Teil hohe Geldauflagen bis in den sechsstelligen Bereich eingestellt worden und 125 Verfahren laufen derzeit noch.“ Der hannoversche rundblick berichtete in seiner Ausgabe vom 5. Mai 2014 wie folgt: „Die Staats- anwaltschaft Oldenburg hat angekündigt, dass die dort ansässige Zentralstelle für Landwirtschafts- strafsachen in Kürze von zwei auf sechs Staatsanwälte aufgestockt wird. Nach Angaben der Be- hördenspitze sind allein wegen Überbelegungen von Hühnerställen zurzeit noch 125 Verfahren an- hängig. 28 Strafbefehle seien ausgestellt und 15 Verfahren gegen zum Teil hohe finanzielle Aufla- gen eingestellt worden, heißt es.“ Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2083 2 Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung 1. Aus welchen Gründen kam es bei der angekündigten personellen Verstärkung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen zu den erwähnten Verzögerungen? 2. Waren dem Landwirtschafts- und dem Justizministerium diese Zeitverzögerungen bekannt? 3. Ist die vom Oberstaatsanwalt Hermann Anfang Mai 2014 in Aussicht gestellte personelle Ver- stärkung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen inzwischen umgesetzt worden? 4. Wenn nein: Aus welchen Gründen verzögert sich die personelle Verstärkung der Zentralstelle weiterhin? 5. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es wegen der verspäteten personellen Verstär- kung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen bei Ermittlungsverfahren im sogenannten Gammelfleischskandal Bad Bentheim zu Verzögerungen gekommen ist? 6. Wenn nein: Aus welchen Gründen hat das zuständige Justizministerium davon abgesehen, die Abgeordneten bei der Unterrichtung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbrau- cherschutz und Landesentwicklung und im Unterausschuss Verbraucherschutz darüber zu un- terrichten? 7. Warum hat die Landesregierung die Verstärkung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsa- chen als Erfolg bezeichnet, obwohl sie wusste, dass dieser Erfolg nicht eingetreten war? (An die Staatskanzlei übersandt am 25.08.2014 - II/725 - 908) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 29.09.2014 - 7036 I – 401.122 - In Niedersachsen existiert bereits seit 2002 eine Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen. Diese ist mit AV vom 19. August 2002 bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg mit Wirkung zum 1. Novem- ber 2002 eingerichtet worden, um eine möglichst intensive Bekämpfung der von Verstößen gegen Futtermittel-, Fleischhygiene- und Lebensmittelvorschriften im Agrarbereich ausgehenden besonde- ren Gefahren für den Verbraucher zu gewährleisten. Diese Zentralstelle ist seitdem für ganz Nie- dersachsen u. a. in den Fällen zuständig, in denen tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat ge- mäß der §§ 28, 28 a Fleischhygienegesetz, der §§ 28, 29 Geflügelfleischhygienegesetz und gemäß der §§ 51, 52, 56, 57 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz, jeweils in Verbindung mit dem Gesetz über den Übergang auf das neue Lebensmittel- und Futtermittelrecht, und gemäß den §§ 58, 59 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch bestehen. Dies gilt je- weils auch in Verbindung mit auf die jeweilige Vorschrift verweisenden Verordnungen, soweit die Tat in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Inverkehrbringen und dem Vertrieb landwirtschaftlicher Erzeugnisse steht sowie im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von erhebli- cher Bedeutung ist. Die Zentralstelle hat sich bei der Bewältigung von größeren Krisen im Lebensmittel- und Futtermit- telbereich wie z. B. im Zusammenhang mit der Überbelegung in Legehennenställen und in der Fol- ge falsch deklarierter Eier in jeder Hinsicht bewährt. Die Bearbeitung von Zentralstellenverfahren, bei denen es sich häufig um komplexe Verfahren handelt, stellt eine anspruchsvolle Tätigkeit dar, und die Bewältigung größerer Komplexe mit einer Vielzahl von Einzelverfahren innerhalb dieser ist eine zusätzliche Herausforderung. Den Anforderungen ist die Zentralstelle durch den überobligatorischen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeweils gerecht geworden. Sowohl komplexe Großverfahren als auch Komplexe mit zahlreichen Einzelverfahren konnten effektiv bewältigt werden. Eine wirksame Strafverfolgung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2083 3 Da jedoch absehbar war, dass die Zentralstelle mit der Bearbeitung der Fälle an die Grenzen ihrer Kapazität stoßen würde und zugleich eine Konzentration auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Tierschutzes geboten erschien, hat die Landesregierung rechtzeitig reagiert und 2013 in der Folge der sogenannten Fälle der Überbelegung von Hühnerställen und weiterer sogenannter Lebensmit- telkrisen beschlossen, die Zuständigkeit der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg zu erweitern und dem Landtag mit dem Haushaltsplanentwurf 2014 eine deutliche personelle Verstärkung der Zentralstelle vorzuschlagen. Auf diesen Umstand wurde in der Broschüre „1 Jahr rot-grün in Niedersachsen. Grüne Erfolge!“ hingewiesen, nachdem der Landtag am 13. Dezember 2013 den Landeshaushalt 2014 beschlossen hatte. Mit diesem wurden zur Verstärkung der bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg ansässigen Zentralstelle zur Bekämp- fung von Landwirtschaftsstrafsachen zusätzlich vorgesehen: – 1 Planstelle der Besoldungsgruppe R 2 - Oberstaatsanwältin/Oberstaatsanwalt -, – 3 Planstellen der Besoldungsgruppe R 1 - Staatsanwältin/Staatsanwalt -, – 0,5 Planstellen der Besoldungsgruppe A 10 - Rechtspfleger - und – 0,5 Beschäftigungsmöglichkeiten der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) - Buchhalterin/Buchhalter -. Für die Planstelle der Besoldungsgruppe R 2 war eine Vorwegfreigabe für die Stellenbesetzung be- reits durch Erlass vom 19. Dezember 2013 erfolgt. Diese Stelle war am 15. Januar 2014 in der Nie- dersächsischen Rechtspflege landesweit ausgeschrieben und am 28. April 2014 durch einen haus- internen Bewerber der Staatsanwaltschaft Oldenburg besetzt worden. Das Besetzungsverfahren für die drei R 1-Stellen wurde nach Zulegung der neuen Stellen durch Haushaltserlass des Justizministeriums vom 27. Januar 2014 bei der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg in Gang gesetzt. Die Dauer des Einstellungsverfahrens von Proberichterinnen/-richtern hielt sich dabei im üblichen Rahmen. Die Zentralstelle wurde zum 1. Juli 2014 voll besetzt. Die Erweiterung der Zuständigkeit der Zentralstelle erfolgte durch AV vom 27. Juli 2014 mit Wir- kung zum 1. August 2014, nachdem die personelle Verstärkung zuvor tatsächlich sukzessive voll- zogen worden war. Die Zentralstelle ist für die Ermittlungen nunmehr auch in den Fällen von Tier- schutzverstößen, in denen sich die Straftaten auf § 2 Nr. 1 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beziehen, zuständig. Hierbei handelt es sich um Straftaten zum Nachteil landwirtschaftlicher Nutz- tiere sowie anderer warmblütiger Wirbeltiere, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häu- ten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden oder deren Nach- zucht zu diesen Zwecken gehalten werden soll. Die personelle Verstärkung dient dazu, sämtlichen Strafanzeigen noch schneller nachgehen und nachgewiesene Verstöße noch zügiger ahnden zu können. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Bei der Verstärkung der Zentralstelle kam es zu keinen Verzögerungen. Sie arbeitet seit dem 1. Ju- li 2014 mit voller Personalstärke. Der zeitliche Ablauf der Besetzung entspricht den üblichen Gege- benheiten. Zu 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Zu 3: Ja. Zu 4: Entfällt. Siehe Antworten zu den Fragen 1 und 3. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2083 4 Zu 5: Ja. Für das genannte Verfahren „Gammelfleischskandal Bad Bentheim“ wurde ein Staatsanwalt der Zentralstelle so weit freigestellt, wie dies erforderlich war. Das Verfahren ist daher zu jedem Zeit- punkt mit der gebotenen Intensität betreut worden, weshalb es seitens der staatsanwaltschaftlichen Bearbeitung zu keiner Verzögerung gekommen ist. Zu 6: Siehe Vorbemerkung und Antwort zu Frage 5. Zu 7: Siehe Vorbemerkung. Bereits die Schaffung der zusätzlichen Planstellen und Beschäftigungsmög- lichkeiten stellt einen Erfolg der Landesregierung dar. Durch die Umsetzung wird dieser Erfolgskurs fortgesetzt. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 10.10.2014) Drucksache 17/2083 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Ernst-Ingolf Angermann, Martin Bäumer, Karin Bertholdes-Sandrock, Christian Calderone, Helmut Dammann-Tamke, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen, Clemens Große Macke, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU), eingegangen am 07.08.2014 Wann wird die im April 2013 angekündigte personelle Verstärkung der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Oldenburg umgesetzt? Antwort der Landesregierung