Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2252 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 24.07.2014 Herrscht auch in Niedersachsen Professorenmangel? In der Süddeutschen Zeitung vom 15. Juli 2014 heißt es: „Deutschlands Universitäten benötigen deutlich mehr Professoren, um angesichts steigender Studentenzahlen ihre Aufgaben bewältigen zu können. Dies forderte der Wissenschaftsrat am Montag in Berlin.“ In dem Artikel ist zudem von 7 500 Professoren die Rede, die in den nächsten 10 Jahren fehlen sollen. Dem Wissenschaftsrat zufolge müssen vor allem mehr attraktive, unbefristete Stellen geschaffen werden, um im Wettbewerb mit Unternehmen um die besten Köpfe bestehen zu können. Dem Arti- kel zufolge kommen auf einen Professor im Durchschnitt 64 Studierende. Aus der Antwort auf die Anfrage „Beschäftigungsverhältnisse an den Universitäten und Hochschu- len in Niedersachsen“ von Abgeordneten der FDP-Fraktion (Drucksache 17/1690) geht hervor, dass mit Stand vom 1. Dezember 2012 insgesamt 18 027 Personen im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich hauptberuflich eingestellt waren. Davon waren insgesamt 5 693 Stellen un- befristet und 12 334 Stellen befristet. Darüber hinaus heißt es im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung „Die rot-grüne Koali- tion wird die Juniorprofessur als Karriereweg stärken und die Option des Tenure Track ausbauen, damit unbefristete Weiterbeschäftigung an der eigenen Hochschule möglich ist“ sowie „Die rotgrüne Koalition wird sich für die Aufhebung der Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz einsetzen, damit es mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse im Wissenschaftsbereich gibt“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Studierende kommen in Niedersachsen durchschnittlich auf eine Professorin bzw. einen Professor? 2. Wie setzen sich im Vergleich zu Frage 1 die Zahlen in den anderen Bundesländern zusam- men? 3. Wie haben sich die Zahlen in den letzten zehn Jahren entwickelt? 4. Kann die Landesregierung die Aussagen des Wissenschaftsrats für Niedersachsen bestäti- gen, und, wenn ja, wie hoch ist der Professorenmangel in Niedersachsen? 5. Wie will die Landesregierung die beruflichen Perspektiven für den wissenschaftlichen Nach- wuchs vor dem Hintergrund ihres Leitsatzes aus ihrem Koalitionsvertrag - „Gute Arbeit auch in der Wissenschaft“ - verbessern und die Attraktivität von Wissenschaft als Beruf erhöhen? 6. Verfolgt die Landesregierung ein bestimmtes Konzept zur Verbesserung der beruflichen Per- spektiven und der Steigerung der Attraktivität von Wissenschaft als Beruf, und, wenn ja, wie ist dieses ausgestaltet? 7. Wie viele der oben angeführten 12 334 befristeten Stellen können vor dem Hintergrund der Aussagen aus dem Koalitionsvertrag nach Meinung der Landesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode in unbefristete Stellen transformiert werden? (An die Staatskanzlei übersandt am 01.08.2014 - II/725 - 874) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2252 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 16.10.2014 für Wissenschaft und Kultur - M - 01 420-5/882 - Der Wissenschaftsrat stellt in seinen Empfehlungen zu Karrierewegen und Personalstrukturen im Wissenschaftssystem vom 11. Juli 2014, Drs. 4009 - 14, (nachfolgend: „Empfehlungen“) dar, dass Karrierewege und Personalstrukturen im deutschen Wissenschaftssystem nach seiner Auffassung insgesamt als weder hinreichend wettbewerbsfähig noch international anschlussfähig, effizient oder transparent zu bewerten sind. Er entwickelt deshalb Vorschläge, mit deren Realisierung die festge- stellten Missstände abgestellt werden sollen. Inhaltlich sind die Empfehlungen in erster Linie auf die Karrierephasen nach der Promotion sowie auf Universitäten und gleichgestellte Hochschulen ge- richtet. Einen erheblichen Raum nehmen dabei Empfehlungen zur Gestaltung der Qualifizierungsphase für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ein. Die Empfehlungen des Wissenschaftsra- tes können nicht isoliert von diesen Ausführungen bewertet werden. Festzuhalten ist insofern, dass die Landesregierung gemeinsam mit den niedersächsischen Hochschulen im Hochschulentwick- lungsvertrag bereits viele der Anregungen des Wissenschaftsrates als Zielvorstellungen formuliert hat. Die Realisierung dieser Zielvorstellungen wird in den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, die sich derzeit im Prozess der Abstimmung befinden, näher ausgeformt. Zu der sogenannten Tenure-Track-Professur ist vor dem Hintergrund des niedersächsischen Lan- desrechts im Einzelnen zu prüfen, welche konkreten Veränderungen oder Vorteile diese bewirken kann. Die Feststellungen und Empfehlungen des Wissenschaftsrates beruhen insbesondere auf internati- onalen Vergleichen, bei denen stets sämtliche im Hochschulbereich gegebenen Rahmenbedingun- gen zu bewerten sind. Es ist deshalb zu untersuchen, ob die Betreuungsrelationen zwischen Pro- fessorinnen und Professoren und Studierenden durch zusätzliche Professuren verändert werden sollten oder ob die letztlich angestrebte Verbesserung der Lehre an den Universitäten durch den verstärkten Einsatz von Mitgliedern anderer Personalkategorien des wissenschaftlichen und künst- lerischen Personals zu erreichen ist. Dabei sind auch Faktoren wie die Finanzierungsmöglichkeiten und -quellen zusätzlicher Professuren, die beabsichtigte Stärkung des wissenschaftlichen Mittel- baus und die demografische Entwicklung mit in die Überlegungen einzubeziehen. Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1 bis 3: Hierzu wird auf die als Anlage beigefügte Tabelle verwiesen. Zu 4: Die Aussagen des Wissenschaftsrates können für Niedersachsen so nicht bestätigt werden. Es ist vielmehr festzustellen, dass die Betreuungsrelation von 1:48 zwischen Professorinnen und Profes- soren und Studierenden im Ländervergleich neben der des Landes Thüringen mit 1:47 einen klaren Spitzenwert darstellt. Zu 5 und 6: Die klaren Zielsetzungen der Landesregierung im Zusammenhang mit der Verbesserung der Ar- beitsbedingungen im akademischen Mittelbau sind im Hochschulentwicklungsvertrag einvernehm- lich mit den Hochschulen definiert worden und werden in den Zielvereinbarungen mit den Hoch- schulen sowie im Verwaltungsvollzug umgesetzt. Insbesondere haben sich die Hochschulen ver- pflichtet, hochschulbezogen Standards für „Gute Arbeit“ zu entwickeln. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2252 3 Im Einzelnen sind insbesondere folgende Zielsetzungen zu nennen: – Daueraufgaben sollen grundsätzlich in unbefristeten Arbeitsverhältnissen wahrgenommen wer- den. – Die Hochschulen sollen auf längere durchschnittliche Befristungszeiten hinwirken und die Anzahl der unbefristeten Beschäftigungsmöglichkeiten im akademischen Mittelbau erhöhen. – Die Regelbefristungszeit für Promovierende sollte an der Laufzeit des Promotionsvorhabens orientiert und grundsätzlich auf drei Jahre festgelegt werden. – Die Befristungszeiten bei sogenannten Projektbefristungen sollen an die jeweilige Laufzeit des Projekts gekoppelt werden. – Für die Promotionsförderung sind insbesondere Beschäftigungsverhältnisse als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mindestens einem Arbeitszeitanteil von 75 % geeignet. Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch zu ihrer Weiterqualifikation be- schäftigt werden, ist schon nach geltender Rechtslage - vgl. § 31 Abs. 4 NHG - im Rahmen der Dienstaufgaben Gelegenheit zu selbstständiger vertiefter wissenschaftlicher Arbeit zu geben. Die Hochschulleitungen sollen dieser gesetzlichen Vorgabe auch innerhalb der Hochschule praktische Geltung verschaffen. Zu 7: Wie zu Frage 6 ausgeführt, befindet sich das Ministerium für Wissenschaft und Kultur in einem Prozess der Zielvereinbarung mit den Hochschulen. Um hier konkrete Vereinbarungen mit den Hochschulen treffen zu können, sind - nicht nur bezogen auf die Anzahl der unbefristeten Beschäf- tigungen - zunächst die Daten zur Ausgangslage zu erheben. Erst wenn diese vorliegen, kann im Zusammenwirken mit den Hochschulen über eine Ausweitung der unbefristeten Beschäftigungs- möglichkeiten verhandelt werden. Positive Effekte sind in diesem Zusammenhang auch von der Umsetzung des Fachhochschulentwicklungsprogramms zu erwarten. Gabriele Heinen-Kljajić Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2252 4 (Ausgegeben am 29.10.2014) Drucksache 17/2252 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 24.07.2014 Herrscht auch in Niedersachsen Professorenmangel? Antwort der Landesregierung