Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2289 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2021 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegan- gen am 12.09.2014 Wie geht’s weiter mit der Deichertüchtigung an der Hase? Pressemitteilungen zufolge plant der NLWKN die Ertüchtigung der Deiche an der Hase auf einem 6,5 km langen Abschnitt zwischen Quakenbrück und Gehrde. Nach ersten Schätzungen rechnet der Landesbetrieb für Planung, Bauarbeiten und Grunderwerb mit Kosten von rund 16 Mio. Euro. Anwohner kritisieren, dass durch die geplanten Flutmulden bei Badbergen „bei einem Hochwasser unnötig wertvolles Ackerland und auch weitere Häuser unter Wasser gesetzt werden“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit der Deichertüchtigung an der Hase zwi- schen Quakenbrück und Gehrde? 2. Wurden Alternativen zur ausschließlichen Überflutung des Artländer Beckens im Fall eines Hochwassers geprüft? 3. Wie viele Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche werden für diese Deichertüchtigung be- nötigt, und wie vielen Landwirten gehören diese Flächen? 4. Wie werden betroffene Landwirte und Grundstückseigentümer entschädigt? Wie gestaltet sich die Beschaffung geeigneter Ersatzflächen? 5. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr der Überflutung von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Häusern durch die Errichtung der Flutmulden ein? 6. Wie bewertet sie die Notwendigkeit des „Langen Damms“ in Badbergen für den Hochwasserschutz ? 7. Inwieweit ist sie der Auffassung, dass eine Neuberechnung des HQ100 notwendig ist? 8. Wann rechnet sie mit der Fertigstellung der Ertüchtigung dieses Deichabschnitts? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.09.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 29.10.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/02-0065 - Die Gehobene Hase oberhalb des Schützenhofwehres/der Wehrschleuse III (auch Hase oder frü- her Große Hase genannt) sowie die Überfallhase sind Gewässer II. Ordnung und liegen gemäß § 67 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes in der Unterhaltungspflicht des Landes Nie- dersachsen, beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Natur- schutz (NLWKN). Die NLWKN-Betriebsstelle Cloppenburg hat mit Antrag vom 14.10.2013 die Fest- stellung des Plans zur Erneuerung der Dämme und Deiche an der Gehobenen Hase zwischen Quakenbrück und Gehrde bei der Direktion des NLWKN beantragt. Der Antrag hat mit den Plan- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2289 2 unterlagen in der Zeit vom 21.11.2013 bis 20.12.2013 bei den Samtgemeinden Artland und Ber- senbrück zur Einsichtnahme ausgelegen. Zusätzlich wurden die ortsübliche Bekanntmachung, der Planfeststellungsantrag und in Auszügen die Planunterlagen auch auf der Internetseite des NLWKN veröffentlicht, worauf in der Bekanntmachung hingewiesen wurde. Die vorgenannten Un- terlagen sind derzeit (Stand: 15.10.2014) für jedermann unter dem Link http://www.nlwkn. niedersachsen.de/startseite/wasserwirtschaft/zulassungsverfahren/hochwasserschutz/dammerneue rung_gehobene_hase/dammerneuerung-gehobene-hase-119774.html einzusehen. Es wurden von 16 Trägern öffentlicher Belange und sechs anerkannten Naturschutz-/Umweltver- einigungen (Umweltforum auch für BUND und NABU) Stellungnahmen abgegeben. Des Weiteren liegen 39 Einwendungen vor. Der Erörterungstermin erfolgte zum Sachverhalt am 11.06.2014. Ein Planfeststellungsbeschluss wird zum heutigen Zeitpunkt Anfang 2015 erwartet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Wie in den o. g. Planfeststellungsunterlagen ausführlich dargelegt, sind die vorhandenen Dämme an der Gehobenen Hase nicht mehr standsicher und entsprechen daher nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Ein Dammbruch kann bei entsprechender Hochwasserbelastung nicht ausgeschlossen werden. Im Sinne des Hochwasserrisikomanagements wurden daher umgehend Sofortmaßnahmen (Ge- hölzentfernung, Ausbesserung von Schadstellen) durchgeführt. Nunmehr ist eine Anpassung der Dämme an die allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich, um einen zuverlässigen Hochwasserschutz für die Region dauerhaft herzustellen. Zu 2: Ja, diese sind in den o. g. Unterlagen ausführlich dargestellt. Grundsätzlich sind die hydrologischen Verhältnisse und das bestehende wasserwirtschaftliche Sys- tem im Planungsbereich sehr komplex. Das Artländer Becken ist der natürliche Überschwem- mungsraum der Hase, in dem die mit Dämmen eingefasste Gehobene Hase und auch die Wrau liegen. Das Becken ist in seiner geschichtlichen Entstehung durch wiederkehrende Überschwem- mungsereignisse geprägt. Oberstrom des Artländer Beckens werden heute bereits Hochwasserentlastungsanlagen an der Hase betrieben (Flutmulde Bramsche, Hochwasserrückhaltebecken Alfhausen-Rieste), die den Ab- fluss in der Hase und damit die natürliche Überschwemmungshäufigkeit in dem in Rede stehenden Planungsbereich senken. Der geplante Abschlag über die Überlaufstrecken stellt die Hochwasser- sicherheit wieder her und führt zudem nicht zu einer grundsätzlichen Verschlechterung des Über- schwemmungsregimes. Ohne den Abschlag über die Überlaufstrecken wären im Hochwasserfall höhere Abflüsse zwischen den Dämmen der Hase abzuleiten, was eine zusätzliche Dammerhöhung um rund 1 m erfordern würde. Ob die Tragfähigkeit des Bodens ausreicht, um die Last eines höheren Damms zu tragen, ist zweifelhaft. Außerdem würde ein entsprechender Damm auf jeder Seite 6 m breiter werden, was mit einem weiteren Flächenbedarf von ca. 4 ha einherginge. Eine höhere Abflusskapazität im Be- reich der Gehobenen Hase würde über den zusätzlich erforderlichen Flächenerwerb und das höhe- re Kostenrisiko hinaus auch zu weiteren baubedingten Kostensteigerungen führen (u. a. Neubau von drei Straßenbrücken) und stellt daher keine Alternative dar. Zu 3: Neben der bestehenden Dammfläche werden ca. 12 ha zusätzliche Acker-, Grünland-, Wald- und Gewässerflächen benötigt, die sich in Besitz von 34 Anliegern befinden. Zu 4: Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wird gegebenenfalls über die grundsätzliche Zulässig- keit der Inanspruchnahme von Flächen für den Damm-/Deichbau zu entscheiden sein. Diese ist bei Vorhaben zum Hochwasserschutz in der Regel gegeben. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2289 3 Über Inhalt und Umfang einer Entschädigung wird aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen eines Enteignungsverfahrens entschieden, wenn und soweit zwischen dem Vorhabenträger und den Flächeneigentümern keine Einigung erzielt werden kann. Es wird allerdings angestrebt, die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Bereit- stellung von gleichwertigem Ersatzland in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang auszuglei- chen und eine Betroffenheit in geringem Umfang durch Erstattung des Marktwertes zu entschädi- gen. Tauschflächen werden durch die hierzu beauftragte Niedersächsische Landgesellschaft am Markt beschafft und an Betroffene weiterveräußert. Zu 5: Die vorgesehenen Überlaufstrecken schlagen bei außergewöhnlichen Ereignissen mit sehr hohen Wasserständen Wasser aus der Gehobenen Hase in das natürliche Überschwemmungsgebiet der Wrau ab. Zusätzliche Überschwemmungen ergeben sich bei sehr hohen Wasserständen im We- sentlichen nur auf Flächen in unmittelbarer Umgebung der Überlaufstrecken selbst. Für Wohnbe- bauungen ergibt sich nach Durchführung der angedachten Maßnahme keine zusätzliche Betroffen- heit durch Überschwemmung, die nicht bereits heute bei gleicher Hochwassersituation einträte. In- sofern tritt keine Verschlechterung ein. Zu 6: Der Lange Damm wurde vor der Inbetriebnahme des Hochwasserrückhaltebeckens Alfhausen- Rieste errichtet. Er befindet sich in Privateigentum, wird nicht unterhalten und ist zum Teil abgetra- gen worden. Durch das heute praktizierte Hochwassermanagement (vgl. Antwort zu Frage 2) ist der Lange Damm für Hochwasserereignisse der Gehobenen Hase und damit für die in Rede ste- hende Planung ohne Bedeutung. Zu 7: Die Frage stellt sich so nicht, da dieser Bereich als Gewässer benannt wurde, in dem bei Hoch- wasser nicht nur geringfügige Schäden entstanden oder zu erwarten sind und daher in der Verord- nung vom 26.11.2007 (Nds. GVBl. Nr. 38/2007) aufgeführt ist. Der NLWKN ist derzeit dabei, das Überschwemmungsgebiet der Hase oberhalb von Quakenbrück auf der Basis eines HQ100 neu zu berechnen und vorläufig zu sichern. Im Nachgang erfolgt dann die Festsetzung durch die zuständi- gen unteren Wasserbehörden. Unabhängig davon hat das Land in Umsetzung der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie auch für den Planungsbereich Risiko- und Gefahrenkarten erstellt und im Internet veröffentlicht. Die nie- dersächsischen Karten sind über den Kartenserver des MU für die Öffentlichkeit zugänglich und können sowohl über die interaktive Karte des Umweltkartenservers als auch über eine Linkliste aufgerufen werden (www.hwrm-rl.niedersachsen.de). Der Zugang erfolgt auch über die Bund- Länder-Informations- und Kommunikationsplattform „WasserBLIcK“ (www.wasserblick.net). Dar- über hinaus hat der NLWKN im Jahr 2013 insgesamt sechs Informationsveranstaltungen in den verschiedenen Regionen Niedersachsens durchgeführt, auf denen auch die Risiko- und Gefahren- karten vorgestellt wurden, davon eine zu den Einzugsgebieten Hase/Deltarhein, Ems und Leda- Jümme in Meppen. Zu 8: Es ist abzuwarten, wann der Planfeststellungsbeschluss Bestandskraft erlangt hat. Nach dem Vor- liegen der Zulassung kann ein belastbarer Zeit- und Finanzierungplan erstellt und veröffentlicht werden. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 05.11.2014) Drucksache 17/2289 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2021 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 12.09.2014 Wie geht’s weiter mit der Deichertüchtigung an der Hase? Antwort der Landesregierung