Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2359 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2022 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegan- gen am 12.09.2014 Beantwortung eines Fragenkatalogs des FA Atomanlagen und öffentliche Sicherheit im Kreistag des Landkreises Lüchow-Dannenberg In einem Schreiben vom 4. Juli an den Landrat des Landkreises Lüchow-Dannenberg beantwortet das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz einen umfassenden Fragenkatalog des Fachausschusses Atomanlagen und öffentliche Sicherheit im Kreistag des Landkreises Lüchow- Dannenberg, der im Rahmen eines Gesprächs mit dem Herrn Minister am 15. Mai in Hannover überreicht wurde. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist es zutreffend, dass Minister Wenzel im Hinblick auf die im Transportbehälterlager Gorleben und im Abfalllager Gorleben eingelagerten Abfälle davon ausgeht, dass von diesen keine Ge- fährdung ausgeht, die einen Katastrophenschutz-Sonderplan erforderlich machen würden? 2. Auf welchen konkreten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht die Auffassung der Landes- regierung, dass der Salzstock in Gorleben geologisch ungeeignet sei? 3. Würde die Landesregierung es akzeptieren, wenn der Salzstock Gorleben auch nach ab- schließender Festlegung der Kriterien für ein HAW-Endlager als Standort in Betracht käme? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.09.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 10.11.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/08-0019 - Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hat mit Schreiben vom 29.04.2014 einen Fragenkatalog zum Besuch des Fachausschusses Atomanlagen und öffentliche Sicherheit im Kreistag des Landkreises Lüchow-Dannenberg am 15.05.2014 in Hannover übermittelt. Das MU hat diese Fragen mit Schrei- ben vom 04.07.2014 beantwortet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Auf die Erstellung eines Katastrophenschutz-Sonderplanes kann verzichtet werden, wenn die rech- nerischen Dosen im Falle eines Unfalls in der Umgebung unterhalb der Störfallplanungswerte ge- mäß §§ 49 und 50 Strahlenschutzverordnung liegen. Diese Prüfungen wurden jeweils im Rahmen der Genehmigungsverfahren für den Standort durchgeführt. Die Betrachtungen zeigten, dass für den Standort kein Katastrophenschutz-Sonderplan vorgeschrieben war. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg als zuständige Katastrophenschutz-Behörde berücksichtigt in seinem allgemeinen Katastrophenschutz-Plan trotzdem den Fall der Freisetzung von Radioaktivität. Durch diese Maßnahme bereitet sich der Landkreis in eigener Zuständigkeit auf dieses mögliche Ereignis vor. Die Katastrophenschutzbehörde kann nach § 7.2 NKatSG von dem Eigentümer einer Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2359 2 Anlage Auskünfte verlangen, die zur Vorbereitung der Katastrophenbekämpfung erforderlich sind, und sie hat nach § 10.1 die Möglichkeit jenseits der vorgeschriebenen Pläne für besondere Gefah- renlagen weitere Sonderpläne zu erstellen. Zu 2: Die Ergebnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Asse (Drs.16/5300) und die Erkenntnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Gorleben (BT-Drs.17/13700) le- gen Kritik an der geologischen Eignung des Standortes Gorleben dar. Wesentliche Kritikpunkte können auszugsweise wie folgt dargestellt werden. Demnach – bestehe Einigkeit darüber, dass bei einem Endlager in tiefen geologischen Formationen ein Mehrbarrierensystem ausgebildet sein müsse. Wegen der spezifischen Eigenschaften von Salzgesteinskörpern (Salzstöcken), insbesondere der starken Wasserlöslichkeit von Steinsalz, sei es nicht ausreichend, den Salzgesteinskörper (oder gar nur den einschlusswirksamen Ge- birgsbereich) als geologische Barriere zu berücksichtigen. Vielmehr müsse zusätzlich das Deckgebirge günstige, d. h. den Salzgesteinskörper schützende Eigenschaften aufweisen. Wenn man die Anforderungen an ein Deckgebirge mit einem möglichst hohen Isolationspoten- zial und die bisherigen Ergebnisse der Erkundung Gorleben zusammenführe, dann ergebe sich, dass das Deckgebirge Gorleben keine ausreichende Barriere darstelle. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass Grundwasser leitende Schichten den Salzstock teilweise überlagern und damit weder die Sicherheitskriterien von 1983 (RdSchr. d. BMI v. 20.04.1983) noch die Kriterien der Salzstudie der BGR erfüllt werden könnten. – gebe es mehrere Hinweise auf eine aktive Störungszone. So ziehe sich mitten durch den Salz- stock Gorleben mit dem Elbe-Lineament eine bedeutende Störungszone Mitteleuropas. Neuere geophysikalische Arbeiten würden die Bedeutung des Elbe-Lineaments unterstreichen. – befänden sich im jüngeren und älteren Steinsalz in Gorleben wesentlich mehr große Inhomoge- nitäten, Verunreinigungen und Verfaltungen als in Salzstöcken üblich. Diese könnten Anhydrit und Carnallit aufweisen, die für Wasser und Gas und damit auch für Radionuklide durchlässige Wegsamkeiten bereitstellen. Darüber hinaus sind nicht für alle auftretenden salinaren Lösungen die Wegsamkeiten genau bekannt. – sei die besondere Lage des Gorlebener Salzstocks in einer Senkungszone mit tief reichenden eiszeitlichen Rinnen ein eindeutiger Standortnachteil des Salzstocks Gorleben gegenüber ande- ren Salzstöcken. So habe die Existenz der tief reichenden eiszeitlichen Gorleben-Rinne über dem Salzstock zur Verletzung der schützenden Tonschicht geführt. – sind die Folgen von Strahlenschäden und möglichen explosiven Rückreaktionen im Steinsalz nie abschließend erforscht worden. Entsprechende Versuche in der Asse wurden abgebrochen. – sei der Salzstock Gorleben-Rambow von Gasvorkommen geprägt, die eine Eignung als Endla- gerstandort ausschlössen. Gas komme dabei nicht nur unter, sondern auch im Salzstock vor. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der gesamte Kern des für die Endlagerung der Wärme produzierenden hoch radioaktiven Abfälle vorgesehenen und aus den Salzgestei- nen der Staßfurt-Folge bestehenden Salzstocks von einer nicht bestimmbaren Anzahl von Ga- seinschlüssen (Gasbläschen) in nicht vorhersehbarer Anordnung durchsetzt sei. – ist die Aussage der BGR, dass im Salz entstehende Risse oder Klüfte schnell wieder ausheilen, zumindest im Fall des Salzbergwerks Asse widerlegt. Daher sind auch die Folgen spontaner Bruchverformungen durch Wärmeausdehnung und anderer geomechanischer Wirkungen infol- ge von Druckaufbau im Salz nicht abschließend geklärt. – ist nicht nachvollziehbar, welche Schlüsse in Deutschland aus amerikanischen Versuchen gezogen wurden, die dazu führten, dass hoch radioaktive, Wärme entwickelnde Abfälle in der Salzformation des WIPP (Carlsbad, New Mexico) offenbar nicht eingelagert wurden. Möglich- erweise spielt dabei das in unerwarteter Menge auftretende Kristallwasser eine entscheidende Rolle. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2359 3 Zudem ist zur willkürlichen Auswahl dieses Ortes auf die Drs. 17/1999 und die dort aufgeführten Li- teraturquellen hinzuweisen. Zu 3: Die Landesregierung ist unverändert der Auffassung, dass der Standort Gorleben geologisch un- geeignet ist und endgültig aufgegeben werden muss. Die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ ist der Suche nach einem Standort für ein Endlager für hoch radioaktive, Wärme entwickelnde Abfälle vorgeschaltet. Es ist Aufgabe der Kommission, Vorschläge u. a. für die Entscheidungsgrundlagen (allgemeine Sicherheitsanforde- rungen an die Lagerung hoch radioaktiver Abfälle, Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen im Hinblick auf geologische Formationen, wirtsgesteinsspezifische Ausschluss- und Auswahlkrite- rien für die möglichen Wirtsgesteinstypen Ton, Salz und Kristallin, wirtsgesteinsunabhängige Ab- wägungskriterien und eine Methodik für vorläufige Sicherheitsuntersuchungen) zu erarbeiten. Die Kommission hat am 22.05.2014 ihre Arbeit aufgenommen und soll bis spätestens zum 30.06.2016 einen Bericht vorlegen. Die Landesregierung setzt auf einen Neubeginn, der die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt. Sie ist daher davon überzeugt, dass der Standort Gorleben die von der Kommission erarbeiteten Anforderungen an einen Endlagerstandort für hoch radioaktive, Wärme entwickelnde Abfälle nicht erfüllen wird. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 20.11.2014) Drucksache 17/2359 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2022 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 12.09.2014 Beantwortung eines Fragenkatalogs des FA Atomanlagen und öffentliche Sicherheit im Kreistag des Landkreises Lüchow-Dannenberg Antwort der Landesregierung