Niedersächsischer Landtag −−−− 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2041 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Thela Wernstedt, Holger Ansmann, Marco Brunotte, Immacolata Glosemeyer, Dr. Christos Pantazis, Andrea Schröder-Ehlers und Uwe Schwarz (SPD), eingegangen am 15.09.2014 Haben Ärztinnen und Ärzte in Niedersachsen gleiche berufliche Karrierechancen? Das Medizinstudium ist weiblich geworden. 2014 waren mehr als die Hälfte der Medizinstudierenden Frauen. Der Trend steigt seit Jahren kontinuierlich an. Fast alle Medizinstudentinnen legen erfolgreich das Staatsexamen ab und beginnen die Weiterbildung als Assistenzärztinnen in verschiedenen fachärztlichen Bereichen. Die Zahl der abgeschlossenen Promotionen in der Humanmedizin von Frauen lag im Jahr 2012 noch bei knapp 60 %, bei Habilitationen nur bei 25 %. In W-3-Professuren gelangen sogar nur insgesamt 9 % der Ärztinnen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Frauen und Männer haben in den Jahren 1970, 1980, 1990, 2000 und 2010 in Nie- dersachsen das Studium der Humanmedizin erfolgreich beendet, und wie viele Ärztinnen und Ärzte haben 1970, 1980, 1990, 2000 und 2010 die Facharztanerkennung erhalten (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht)? 2. Wie viele approbierte Ärztinnen und Ärzte unter 65 Jahren waren mit und ohne Facharztanerkennung (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht) in den Jahren 2003 und 2013 in Niedersachsen registriert? 3. Wie viele Ärztinnen und Ärzte haben in den Jahren 2003 und 2013 in niedersächsischen Kliniken als Assistenzärztinnen und -ärzte, als Oberärztinnen und Oberärzte und als leitende Ärztin und leitender Arzt gearbeitet (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht sowie gesondert ausgewiesen für die Universitätskliniken, Zentren für Psychiatrie und ärztliche Direktorinnen und Direktoren)? 4. Wie viele Ärztinnen und Ärzte (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht ) haben in den Jahren 2003 und 2013 an den medizinischen Fakultäten in Niedersachsen habilitiert, wie viele hatten eine Professur inne, und wie viele waren als Dekane und Dekaninnen tätig (aufgeschlüsselt nach W 1,W 2,W 3 und Geschlecht)? 5. Wie viele Ärztinnen und Ärzte (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht ) waren in den Jahren 2003 und 2013 Mitglied im Vorstand bzw. in der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Niedersachsen im Vorstand? 6. Wie viele Ärztinnen und Ärzte (in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung nach Geschlecht ) waren in den Jahren 2003 und 2013 Mitglied im Vorstand bzw. in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen im Vorstand? 7. Gibt es einen signifikanten Unterschied der oben erhobenen Zahlen zu anderen Bundesländern ? 8. Welche Unterschiede sind der Landesregierung in den beruflichen Karrieren von Ärztinnen und Ärzten bekannt? 9. Welche Ursachen sieht die Landesregierung für diese Unterschiede? 10. Mit welchen Instrumenten wollen die Landesregierung, die Landesärztekammer und Kranken- hausträger in Niedersachsen die Benachteiligungen von Ärztinnen in Beruf und Karriere abbauen ? (An die Staatskanzlei übersandt am 24.09.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 18.11.2014 für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - 405.12 - 4100 - Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage kann nur auf vorhandenes Datenmaterial zurückgegriffen werden. Für das Jahr 1970 können generell keine Angaben gemacht werden, weshalb auf die Darstellung verzichtet wird. Im Hinblick auf die European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) ist anzumerken, dass diese ihren Lehrbetrieb an der Universität Oldenburg erst zum Wintersemester 2012/2013 mit 40 zusätzlichen Studienanfängerplätzen pro Jahr aufgenommen hat, sodass hier noch kein verwertbares Datenmaterial im Sinne der Anfrage vorliegt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: In Niedersachsen kann das Studium der Humanmedizin in den Universitätskliniken Medizinische Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und der European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) absolviert werden. Die Tabelle 1 und die Tabelle 2 bieten eine Übersicht über die Frauen und Männer, die das Studium erfolgreich abgeschlossen haben. Tabelle 1: Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Jahr Gesamt Weibl. %-Anteil Männl. %-Anteil 1980 156 49 31,4 107 68,6 1990 338 162 47,9 176 52,1 2000 360 176 48,9 184 51,1 2010 289 174 60,2 115 39,8 Quelle: MHH Tabelle 2: Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Jahr Gesamt Weibl. %-Anteil Männl. %-Anteil 2004 435 251 57,7 184 42,3 2010 451 263 58,3 188 41,7 2013 425 249 58,6 176 41,4 Quelle: UMG Für die UMG sind aktuell Daten nur von 2004 bis 2013 verfügbar. Daher wurden abweichend von der Anfrage neben dem Jahr 2010 auch die Jahre 2004 und 2013 dargestellt. Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) kann die Frage nach der Facharztanerkennung nur für die Jahre 2000 und 2010 beantworten; für die angefragten früheren Jahre wurde keine entsprechende Statistik geführt. Tabelle 3: Ärztekammer Niedersachsen Jahr Gesamt Ärztinnen % Ärzte % 2000 1 019 380 37,3 639 62,7 2010 870 384 44,1 486 55,9 Quelle: ÄKN Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 3 Zu 2: Bei der Ärztekammer Niedersachsen waren nachstehende Ärztinnen und Ärzte in den Jahren 2003 und 2013 registriert: Tabelle 4: Ärztekammer Niedersachsen Gesamt <65 Jahre Ärztinnen % Ärzte % Mitglieder gesamt 2003 28 376 10 844 38,2 17 532 61,8 32 216 2013 30 335 13 095 43,2 17 240 56,8 37 112 Quelle: ÄKN Zu 3: Grundlage der Beantwortung ist die Statistik des Statistischen Bundesamtes zu den Krankenhäusern . Die Daten für 2013 werden erst im Dezember 2014 eingestellt und stehen noch nicht zur Verfügung . Es wird auf die letzten verfügbaren Daten aus 2012 zurückgegriffen. Diese Statistik nimmt keine Differenzierung nach Universitätskliniken, Zentren für Psychiatrie oder ärztlichen Direktorinnen und Direktoren sowie nach Geschlecht für Niedersachsen vor. Tabelle 5: Hauptamtliche Ärztinnen und Ärzte 2003 zusammen Leitende Ärztinnen und Ärzte Oberärztinnen und -ärzte Assistenzärztinnen und -ärzte Niedersachsen 9 362 1 067 2 030 6 265 Davon: Öffentliche Krankenhäuser 5 383 526 1 111 3 746 Freigemeinnützige Krankenhäuser 3 160 426 747 1 987 Private Krankenhäuser 819 115 172 532 Quelle: Statistisches Bundesamt Tabelle 6: Hauptamtliche Ärztinnen und Ärzte 2012 zusammen Leitende Ärztinnen und Ärzte Oberärztinnen und -ärzte Assistenzärztinnen und -ärzte Niedersachsen 13 355 1 326 3 209 8 820 Davon: Öffentliche Krankenhäuser 6 654 535 1 528 4 591 Freigemeinnützige Krankenhäuser 4 616 546 1 136 2 934 Private Krankenhäuser 2 085 245 545 1 295 Quelle: Statistisches Bundesamt Zu 4: European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) – Es haben sich keine beschäftigten Ärztinnen oder Ärzte als medizinische Professorinnen oder Professoren habilitiert oder sind zurzeit im Habilitationsverfahren. – Zurzeit gibt es insgesamt sechs medizinische W3-Professuren (Rufannahme 2013/2014, Dienstantritt 2014), davon vier Ärztinnen (67 %) und zwei Ärzte (33 %). Die Zahlen zur MHH werden in den Tabellen 7 und 8 dargestellt. Keine Ärztin bzw. Arzt ist bzw. war Dekanin bzw. Dekan. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 4 MHH: Tabelle 7: Habilitationen Ärzte/Ärztinnen Jahr ges. weiblich %-Anteil männlich %-Anteil 2003 23 2 8,7 21 91,3 2013 32 9 28,1 23 71,9 Tabelle 8: Anzahl Ärzte/Ärztinnen auf Professuren 2003 Denom. Gesamt Weibl. %-Anteil Männl. %-Anteil W3/C4 39 2 5,1 37 94,9 W2/C3 20 3 15,0 17 85,0 C2 30 4 13,3 26 86,7 W1 8 2 25,0 6 75,0 Summen 97 11 11,3 86 88,7 2013 Denom. Gesamt Weibl. %-Anteil Männl. %-Anteil W3/C4 66 4 6,1 62 93,9 W2/C3 36 8 22,2 28 77,8 C2 2 0 0,0 2 100,0 W1 5 3 60,0 2 40,0 Summen 109 15 13,8 94 86,2 Quelle Tabelle 7 und 8: MHH Die Zahlen zur UMG werden in den Tabellen 9, 10 und 11 dargestellt: UMG: Tabelle 9: Habilitationen Jahr Uni ges. weiblich %-Anteil Ärztinnen/Ärzte weiblich %-Anteil 2003 25 2 8 16 1 6 2013 22 4 18 15 3 20 Quelle: UMG Anzahl Ärzte/Ärztinnen auf Professuren In 2003 hatten insgesamt 76 Ärztinnen und Ärzte eine Professur inne, darunter sechs Frauen. In 2013 hatten insgesamt 64 Ärztinnen und Ärzte eine Professur inne, darunter vier Frauen. Tabelle 10: Ärzte/Ärztinnen auf Professuren W1/C2 davon Frauen % W2/C3 davon Frauen % W3/C4 davon Frauen % 2003 10 3 30% 26 1 3,8% 40 2 5% 2013 0 0 0% 20 0 0% 44 4 9,1% Quelle : UMG Tabelle 11: Dekanin/Dekane männl. weibl. 2003 1 0 2013 1 0 Quelle : UMG Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 5 Zu 5: Die Zusammensetzung des Vorstandes und der Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen wird nachstehend für 2003 und 2013 dargestellt: Tabelle 12: Ärztekammer Niedersachsen Ärztinnen % Ärzte % Gesamt 2003 Vorstand 3 42,9 4 57,1 7 Kammerversammlung 16 15,4 88 84,6 104 2013 Vorstand 2 28,6 5 71,4 7 Kammerversammlung 10 16,7 50 83,3 60 Quelle ÄKN Zu 6: Die Zusammensetzung der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) für 2003 und 2013 ist nachfolgend aufgeführt. Im Vorstand der KVN waren 2003 und 2013 ausschließlich männliche Personen vertreten. Tabelle 13: Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen Ärztinnen % Ärzte % Gesamt 2003 Vertreterversammlung 10 17,54 47 82,46 57 2013 Vertreterversammlung 6 12 44 88 50 Quelle KVN Zu 7: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Zu 8 und 9: Eine wesentliche Ursache für die Unterschiede in den beruflichen Karrieren von Ärztinnen und Ärzten sieht die Landesregierung weiterhin in der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 86 % der Ärztinnen und Ärzte wünschen sich Kinder, 79 % halten es jedoch für schwierig bis sehr schwierig, den Kinderwunsch mit dem Beruf zu vereinbaren. Dies hat umso mehr Gewicht, als der Frauenanteil in medizinischen Berufen kontinuierlich steigt. Ein großes Problem - insbesondere in Krankenhäusern - sind die langen Arbeitszeiten mit Schichtund Wochenenddiensten, eine oft fehlende Flexibilität in der Arbeitszeit- und Organisationsgestaltung sowie ein Mangel an passgenauen Betreuungsangeboten für Kinder. Angesichts der demografischen Entwicklung gewinnt zudem für viele Beschäftigte die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger immer mehr an Bedeutung. Um eine Vollzeittätigkeit zur vollen Zufriedenheit zu erfüllen, bedarf es unterstützender Maßnahmen. Diese Assistenzen betreffen zwar auch Männer, werden aber vornehmlich von Frauen zur erfolgreichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf benötigt. Mit Teilzeitarbeit wird nach wie vor oftmals in den Köpfen ein mangelndes Engagement für den Beruf suggeriert. Da überwiegend Ärztinnen in Teilzeit arbeiten, haben sie häufig nicht die gleichen Aufstiegschancen wie Ärzte. Hier bedarf es eines Bewusstseinswandels bei Arbeitgebern, in der Öffentlichkeit und bei jeder und jedem Einzelnen. Vielen Arbeitgebern ist die Bedeutung einer familienbewussten Unternehmenskultur noch nicht ausreichend bewusst. Besonders in Krankenhäusern bedarf es meist erst eines Kulturwandels, um eine familienbewusste Personalpolitik zu implementieren. Viele Häuser sind von berufsethischen Vorstellungen geprägt, in denen einer hohen zeitlichen Präsenz und Verfügbarkeit eine große Bedeutung zukommt. Gerade im ärztlichen Bereich treffen klassische und moderne Berufsvorstellungen mitunter aufeinander. Zu 10: Neben dem kontinuierlichen Ausbau einer guten strukturellen Kinderbetreuung und ergänzenden an den Bedürfnissen ihrer Beschäftigen orientierten Angeboten der Unternehmen, wie z. B. Kinderbetreuungszuschüsse , die betriebseigene Kita oder Notfall- und Randzeitenbetreuung, ist eine fa- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 6 milienbewusste Arbeitswelt ein wichtiger Baustein, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzubringen . Es muss selbstverständlich sein, dass Mütter berufstätig und in Führungspositionen vertreten sind, aber auch, dass Väter in Elternzeit gehen und ihre Berufsarbeit für die Familie reduzieren . Führungskräfte und Personalverantwortliche müssen vom Nutzen familienfreundlicher Maßnahmen überzeugt sein, ihnen muss aber auch die unternehmerische Bedeutung nahe gebracht werden. Ein familienfreundliches Klima lebt von Vorbildern und davon, dass Führungskräfte das Thema aktiv auf die Tagesordnung setzen. Nicht selten erfährt das Thema dadurch eine besondere Legitimation und damit auch eine höhere Akzeptanz. Maßnahmen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie stehen deshalb auch für die Landesregierung ganz vorn auf der politischen Agenda: – Niedersachsenweit werden mittlerweile 23 Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft geför- dert, die Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg beraten und qualifizieren und darüber hinaus gemeinsam mit inzwischen über 1 100 Betrieben eine familienbewusste Personalpolitik befördern . Mit dem Programm zur Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt können regionale Bildungsträger passgenaue Projekte zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation für Frauen durchführen. – Die vom Land initiierte Fachkräfteinitiative Niedersachsen hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu fördern und die Arbeitswelt familienbewusster zu gestalten . In der gemeinsamen Arbeit sollen mit den wesentlichen Wirtschaftsverbänden und Arbeitsmarktakteuren geeignete Maßnahmen entwickelt, initiiert und umgesetzt werden. Für die medizinischen Hochschulen ist festzuhalten, dass die Zielvereinbarungen mit dem Land generell auch Gleichstellungsziele mit einbeziehen. Die European Medical School nimmt nach eigenen Angaben in den Bereichen Gleichstellung und Gender Mainstreaming im bundesweiten Vergleich eine Spitzenstellung ein. Sie verfolgt u. a. konsequent die „Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der Deutschen Forschungsgemeinschaft “ (DFG)1 und beteiligt sich aktiv an der Dialoginitiative Geschlechtergerechte Hochschulkultur mit dem Ziel, strukturelle und habituelle Barrieren für eine ausgewogene Beteiligung und Teilhabe von Frauen und Männern in Lehre, Forschung und Management abzubauen. Bei der Besetzung von Professuren sowie von Stellen für wissenschaftliches Personal werden Wissenschaftlerinnen explizit zur Bewerbung aufgefordert und bei gleichwertiger Qualifikation bevorzugt berücksichtigt. Im Bereich der Medizin wird die wissenschaftliche Karriere von Ärztinnen außerdem durch folgende gezielte Maßnahmen unterstützt: – Im Rahmen der fakultätsinternen Nachwuchsförderprogramme werden insbesondere Ärztinnen zur Antraggestellung aufgefordert und bei gleicher Qualifikation bevorzugt gefördert. – Ein zentrales Element im Zusammenhang mit der Förderung von Gleichstellung bildet die Ver- einbarkeit von Familie und Beruf. Neben den bereits bestehenden zentralen Angeboten der Universität befindet sich eine infrastrukturelle Unterstützung zur besseren Vereinbarkeit von Klinikaufgaben , Wissenschaft und Familie aktuell im Aufbau. Dazu zählen ein verbesserter Zugang zur Kinderbetreuung (insbesondere für unter einjährige Kinder), flexible Angebote bei kurzzeitigen Betreuungsengpässen sowie die bedarfsgerechte Unterstützung von schwangeren Wissenschaftlerinnen und sich in Elternzeit befindenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei der Weiterführung ihrer Labortätigkeiten. – Die Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften hat die dezentrale Gleichstellungsarbeit in Ergänzung der zentralen Gleichstellungsbeauftragten professionalisiert. Hierfür stellt sie die gewählte Fakultätsgleichstellungsbeauftragte zur Wahrnehmung ihrer vielfältigen Aufgaben, insbesondere in den zahlreichen Berufungs- und Besetzungsverfahren der Aufbauphase der Fakultät, mit 50 % ihrer Arbeitszeit frei. 1 http://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedingungen/chancengleichheit/forschungsorientierte _standards/ (06.11.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 7 Die Medizinische Hochschule Hannover hat mitgeteilt, die Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der DFG zu verfolgen. – Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf/Studium und Familie sind an der MHH seit 2005 im audit familiengerechte Hochschule verankert. Begleitet wird die Umsetzung durch einen Beirat, dem u. a. der Vizepräsident und Vorstand für Wirtschaftsführung und Administration angehört. – Die Förderung und Vernetzung der Geschlechterforschung ist organisatorisch im Kompetenzzentrum für geschlechtersensible Medizin angesiedelt. Sprecherin ist die Gleichstellungsbeauftragte . Gleichstellung und Familienorientierung sind in den Grundsatz- und Zielvereinbarungstexten der Hochschule verankert. – Die MHH unterstützt Nachwuchswissenschaftlerinnen seit 2004 kontinuierlich durch ein Mentoring - und durch ein Habilitationsförderprogramm. Habilitandinnen des Ellen-Schmidt-Habilitationsprogramms werden für die Förderdauer von Routineaufgaben frei gestellt. Ihnen werden ein Arbeitsplatz und weitere Unterstützung zur Verfügung gestellt und - sofern erforderlich - befristete Stellen entsprechend verlängert. Mit den von den Klinken eingeworbenen Mitteln der leistungsorientierten Mittelvergabe (Familien-LOM) finanzieren diese Coachings für Wissenschaftlerinnen , Tagungsreisen oder Kinderbetreuung. Kliniken und Institute setzen selbstständig Modelle der Arbeitszeitgestaltung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf um. – Das im Kontext des Best Practice-Clubs „Familie in der Hochschule“ und einer damit verbundenen externen Förderung entwickelte Modul zur Familien- und Genderkompetenz ist seit 2009 Bestandteil der modular aufgebauten Führungskräfteentwicklung. Das parallel dazu eingeführte Familien-LOM, ein Anreizsystem zur Erleichterung des Wiedereinstiegs von Ärztinnen nach der Elternzeit, wurde verstetigt. – In den vergangenen Jahren hat sich die MHH bemüht, den Anteil von Frauen auf Lehrstühlen zu steigern, indem in Berufungsverfahren überproportional Bewerberinnen zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden. Darüber hinaus werden flexible Arbeitszeitmodelle und in den drei Kindertagesstätten Kinderbetreuungsplätze (insgesamt 380, davon 150 Krippenplätze) angeboten . Die Universitätsmedizin Göttingen hat folgende Projekte mit der Zielsetzung „Gleiche berufliche Karrierechancen an der UMG für Ärztinnen und Ärzte“ benannt: – Erstellung eines Gleichstellungsplans mit einem Leitfaden und einer Vorlage für die jährliche Berichterstattung, die im Fakultätsrat erfolgt. Der Gleichstellungsplan erfasst alle Statusgruppen der UMG. Die Ergebnisse sind auch Grundlage für strukturelle Entscheidungen. – Einsetzen einer Kommission für Gleichstellung durch den Fakultätsrat. Hier sind alle Statusgruppen mit je mindestens zwei Mitgliedern vertreten. – Forschungsförderprogramme mit dem Ziel, gerade Frauen für die Forschung - da sind sie unterrepräsentiert - zu gewinnen. – Mentoring-Programm der UMG mit dem Ziel, Nachwuchswissenschaftlerinnen die Chance zum erfolgreichen Karrieremanagement mit Mentoring zu bieten. Es besteht aus einer Kombination aus persönlicher Begleitung einer Mentorin oder eines Mentors, Qualifizierung zur Führungspersönlichkeit , Coaching in Kleingruppen und Vernetzung. – Karriereberatung Frauennetzwerk für Führung und Forschung in der Medizin an der UMG - MedF3. – Das Audit Beruf und Familie der Hertie-Stiftung mit dem Ziel, Defizite bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie an der UMG zu erkennen und Maßnahmen zu entwickeln, die beides besser ermöglichen. – Ferienbetreuung für Kinder von Beschäftigten der UMG: Ziel ist die Entlastung der Beschäftigten bei der Organisation der Kinderbetreuung in den sechswöchigen Sommerferien. Die UMG beteiligt sich an den Kosten. Geplant ist für 2015 eine weitere Woche bzw. Betreuung an den Brückentagen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2373 8 – Not- und Randzeitenbetreuung für Kinder von Beschäftigten der UMG: Ziel ist ein Kinderbetreuungsangebot außerhalb der regulären Kita- und Schulzeiten bei Abend-, Wochenendterminen oder Tagungen, welches von der UMG finanziell unterstützt wird (bis zu vier Mal im Jahr). – Zielvereinbarungen mit Klinikleitungen, die eine Berichtspflicht zu gleichstellungsfördernden Maßnahmen beinhalten. – Bei der Auswahl, Einstellung, Entfristung von Beschäftigten im ärztlichen Dienst ist die Dokumentation der Verfahren wichtig. Ziel ist die Erhöhung der Transparenz und Zugangsmöglichkeiten zu personellen Ressourcen - gerade für Frauen. Die Ärztekammer Niedersachsen unterstützt nach eigenen Angaben Ärztinnen, die Benachteiligungen in Beruf und Karriere erfahren, in ihren elf Bezirksstellen auf Wunsch jeweils individuell dabei, solche Benachteiligungen abzubauen und zwischen ihnen und den Entscheidern zu vermitteln. Auf Personalentscheidungen der Krankenhausträger hat sie allerdings keinen unmittelbaren Einfluss, berät jedoch Kammermitglieder auf Nachfrage durch einen auf arbeitsrechtliche Fragen spezialisierten Juristen in der Landesgeschäftsstelle. Die Ärztekammer Niedersachsen begrüßt es im Übrigen außerordentlich, dass bei Nachfolgeentscheidungen im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit gemäß § 103 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)2 Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist, ebenso wie eine ärztliche Tätigkeit berücksichtigt werden. Cornelia Rundt 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1346) (Ausgegeben am 25.11.2014)