Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2393 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/1962 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Ernst-Ingolf Angermann (CDU), eingegangen am 08.09.2014 Wird die Landesregierung die von der Konversion betroffenen Kommunen finanziell unter- stützen? Die britischen Streitkräfte haben nach Kriegsende zur Sicherheit unseres Landes beigetragen. Un- ter ihrem Schutz konnten sich Demokratie und eine florierende Wirtschaft entwickeln. Die Standort- kommunen haben sich den Bedürfnissen der Streitkräfte auch durch die Bereitstellung von Infra- struktur angepasst. Diese speziell ausgerichtete Infrastruktur wird zukünftig nur unter besonderen finanziellen Aufwendungen in anderer Weise nutzbar sein. Nach fast 70 Jahren soll bis 2020 der vollständige Abzug der britischen Truppen aus Deutschland und bereits bis 2015 aus Bergen und Bad Fallingbostel vollzogen sein. Durch diese Planungen und die damit verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen kommen auf die ehemaligen Kasernenstandorte große Herausforderungen zu. Ein besonderer Konversionsprozess steht der Stadt Bergen, dem Landkreis Celle und dem Heidekreis nach dem Abzug der Briten im kommenden Jahr bevor. Allein die Stadt Bergen wird danach 25 % weniger Einwohner haben, wo- raus nicht nur ein enormer Wohnungsleerstand von nahezu tausend Wohneinheiten resultiert, son- dern ebenso zivile Arbeitsplätze wie auch Kaufkraft verloren gehen werden. Da sich die betroffenen Akteure der besonderen Herausforderung bewusst waren, wurde seit 2011 aktiv an einer gemein- samen Handlungsstrategie für die Zeit nach dem Truppenabzug gearbeitet. Im Projekt „KonRek- Konversion und Regionalentwicklung in den Landkreisen Celle und Heidekreis“ wurden bisher Strategien und Handlungsempfehlungen zur Stabilisierung der Region erarbeitet, um in Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit des Raums zu sichern. Zu den zentralen Aufgaben während des Konversionsprozesses gehören u. a. der Rückbau leerer Wohneinheiten und damit die Attraktivitätssteigerung der verbleibenden Wohnstandorte. Hierfür stehen die freiwerdenden Wohnungen der Stadt Bergen zum Ankauf bereit. Der Landkreis Celle stellte bereits einen Antrag an das Land Niedersachsen, um hierfür finanzielle Unterstützung zu er- halten. Wichtig ist auch die weitere Planung der Nachnutzung des Kasernengeländes Bergen-Hohne. Die Umsetzung des Konversionsprozesses wird durch die Kommunen vor Ort finanziell nicht zu leisten sein. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius sagte bereits bei der Präsentation des KonRek-Projekts im Juli 2013 in Bad Fallingbostel ausdrücklich seine Unterstützung zu, wenn die Planungen abgeschlossen seien und Handlungsoptionen vorlägen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wird die Landesregierung Finanzmittel für die durch Konversion betroffenen Kommunen be- reitstellen? 2. Welche Fördermaßnahmen kommen für die von der Konversion betroffenen Regionen nach dem Truppenabzug infrage? 3. Welche Voraussetzungen müssen für eine finanzielle Unterstützung beim Konversionspro- zess gegeben sein? 4. Welche der bevorstehenden Aufgaben werden laut KonRek-Abschlussbericht durch das Land Niedersachsen gefördert? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2393 2 5. Welche weiteren Unterstützungsmaßnahmen ist das Land Niedersachsen bereit, im Rahmen des Konversionsmanagements zu leisten? 6. Wird die Landesregierung kurzfristig Finanzmittel zum Ankauf und Rückbau der leer stehen- den Wohneinheiten bereitstellen? 7. Wird die Landesregierung einen Sonderfonds zur Bewältigung der Konversion einrichten? (An die Staatskanzlei übersandt am 17.09.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 18.11.2014 für Inneres und Sport - 36.23-01340-60/04 - Der angekündigte Abzug der britischen Streitkräfte aus Niedersachsen bis Ende 2015 hat große Auswirkungen auf die Städte Bergen und Bad Fallingbostel. Konversion führt teils zu erheblichen strukturellen Veränderungen. Kommunen in strukturschwa- chen Gebieten sind dabei besonders stark betroffen. Die gesamtgesellschaftlichen Einflussgrößen wie Demografie, wirtschaftliche Entwicklung, kommunale Perspektiven und regionale Entwicklun- gen sind hierbei von zentraler Bedeutung. Die Lage und Nutzung der von Konversion betroffenen militärischen Liegenschaften ist und war in Niedersachsen höchst unterschiedlich. Entsprechend vielfältig sind die Herausforderungen vor Ort und somit auch die Möglichkeiten und Konzepte zur zivilen Nachnutzung. Das Land lässt die Regionen und Kommunen in diesem schwierigen Prozess nicht allein. Es wird im Rahmen der Möglichkeiten etwaige Vorhaben der Kommunen zur Folgenbewältigung begleiten. Die Bewältigung der Folgen der Konversion ist jedoch ein langer Prozess einerseits mit großen Chancen, aber auch mit Risiken und Herausforderungen, die es gemeinsam zu bewältigen gilt. Bei den weiteren Planungen, speziell für den Bereich um den Truppenübungsplatz Bergen, sind je- doch immer auch die Planungen des Bundesministeriums der Verteidigung für seine Standorte zu berücksichtigen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Landesregierung hat im Jahr 2011 ein neues Förderprogramm zur Finanzierung von Bestands- aufnahmen, Umnutzungsgutachten, Rahmenplänen und integrierten Entwicklungskonzepten in Konversionsfällen in Höhe von 700 000 Euro aufgelegt. Dieses Programm war erforderlich, da die Finanzierungen der notwendigen Grundlagen für städte- bauliche Entwicklungskonzepte aus anderen Förderprogrammen des Landes nicht erfolgen kön- nen. Die entsprechende Zuwendungsrichtlinie vom 30.07.2012 ist zunächst bis zum 31.12.2014 befris- tet. Eine Verlängerung der Laufzeit bis Ende 2016 ist in Bearbeitung. Das Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg als Bewilligungsbehörde hat alle betroffenen Kommunen entsprechend beraten und bereits Zuwendungsbescheide u. a. an die Städte Bad Fal- lingbostel, Bergen und Celle erteilt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2393 3 Zu 2: Die Politik der Landesregierung verfolgt auch das Ziel, die Disparitäten zwischen den verschiede- nen Regionen in Niedersachsen abzubauen und gleichwertige Lebensbedingungen sicherzustellen. Dabei liegt es im besonderen Interesse des Landes, die von Konversion sehr stark betroffenen Kommunen gerade auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu unterstützen, sich eigenständig und nachhaltig zu entwickeln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Folgen der be- vorstehenden Veränderungen sich oftmals räumlich nicht nur lokal auf die direkt betroffenen Kom- munen begrenzen, sondern regional wirksam werden. Zudem sind die Herausforderungen in den von Konversion betroffenen Regionen unterschiedlich. Es bedarf daher regionsspezifischer Kon- zepte und Maßnahmen unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten, Verflechtungen und Po- tenziale, um die negativen Folgen abzufedern. Aus diesem Grund ist ein pauschaler Lösungsan- satz nicht zielführend. Für die Förderung von Maßnahmen steht grundsätzlich ein breites Spektrum an Förderung auf EU-, Bundes- und Landesebene zur Verfügung. Es eröffnen sich etwa raum- und strukturwirksame För- dermöglichkeiten im Hinblick auf die für die Konversionsprozesse wichtigen Handlungsfelder, wie Sicherung der wirtschaftlichen Entwicklung - insbesondere durch Schaffung von Arbeitsplätzen, Qualifizierung und Weiterbildung -, Infrastruktur sowie Siedlungsentwicklung, Wohnen, Soziales und Umweltschutz. Im Rahmen der EU-Förderung EFRE-ESF soll zukünftig bei der Bewertung der regionalfachlichen Komponente berücksichtigt werden, ob ein Projekt in besonderer Weise einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung regionsspezifischer Herausforderungen leistet. Dieses Kriterium wird u. a. auch aufgrund der starken Betroffenheit einiger Regionen im Hinblick auf die Konversion eingeführt. Das Multifondsprogramm EFRE/ESF und das ELER-Programm lie- gen derzeit zur Genehmigung bei der EU-Kommission. Um möglichst gute Wirkungen für eine zukunftsfähige Regionalentwicklung zu erzielen sollen ins- besondere die Ämter für regionale Landesentwicklung auf der Grundlage der regionalen Hand- lungsstrategien für einen integrativ ausgerichteten, gebündelten Einsatz von Fördermitteln bei regi- onal bedeutsamen Projekten Sorge tragen. Zu 3: In dem am 29.11.2011 von der Landesregierung verabschiedeten „Aktionsplan des Landes Nieder- sachsen zur Unterstützung der vom Abzug der britischen Streitkräfte und der von den Stationie- rungsentscheidungen der Bundeswehr betroffenen Kommunen“, der fortgeschrieben wird, sind alle einschlägigen Förderprogramme, die eine finanzielle Unterstützung beim Konversionsprozess ge- währen, aufgeführt. Eine finanzielle Unterstützung kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraus- setzungen des jeweiligen Förderprogramms, nach dem die jeweilige projektbezogene Zuwendung beantragt wird, erfolgen. Zu 4: In Bezug auf die im Rahmen des vom Land geförderten KonRek-Projekts erarbeiteten Handlungs- empfehlungen bedarf es zumeist einer Konkretisierung und näheren Ausgestaltung der Projektan- sätze zu umsetzbaren regional wirksamen Maßnahmen in koordiniertem und regional abgestimm- tem Vorgehen. Erst auf dieser Grundlage kann eine Förderentscheidung getroffen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewältigung der gravierenden Herausforderungen und die Nutzung der Potenziale nicht kurzfristig zu erreichen sind, sondern Aufgabe über viele Jahre sein wird. Zu 5: Bereits im Jahr 2011 wurde der interministerielle Arbeitskreis (IMAK) „Konversion“ eingerichtet. Er besteht unter Federführung des MI aus Vertretern des MS, des ML, des MU, des MW, der Staats- kanzlei sowie des MF, der betroffenen Standortkommunen und -landkreise, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der britischen Streitkräfte und der Bundeswehr. Seit diesem Jahr sind auch die vier Ämter für regionale Landesentwicklung Mitglieder des IMAK. Der IMAK unterstützt die be- troffenen Kommunen im Konversionsprozess zwischen allen beteiligten Ebenen (Kommunen, Lan- desverwaltung und Bundesverwaltung) und prüft insbesondere Fördermöglichkeiten für die be- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2393 4 troffenen Standortkommunen. Seit seiner Einrichtung hat der IMAK Konversion in zahlreichen Sit- zungen Bedarfe der betroffenen Kommunen und Problemlagen erörtert. Der IMAK Konversion geht proaktiv auf die betroffenen Standortkommunen zu. So hat der IMAK in diesem Jahr die Städte Bergen und Bad Fallingbostel besucht. Weitere Vor-Ort-Besichtigungen sind geplant. Die Landesbeauftragten mit ihren Ämtern für regionale Landesentwicklung werden die weiteren Konversionsprozesse unter Berücksichtigung der derzeit in Erstellung befindlichen Regionalen Handlungsstrategien intensiv beratend und initiierend begleiten. Die Landesregierung wird sich weiterhin mit Nachdruck für eine Unterstützung seitens des Bundes einsetzen. Über die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder hat das Land seit 2011 regelmäßig von der Bundesregierung entsprechende Maßnahmen zur Unterstüt- zung der Kommunen und Länder bei der Bewältigung der Folgen der Konversion gefordert. Dabei geht es von einem Konversionsprogramm des Bundes über die verbilligte Abgabe von nicht mehr benötigten Liegenschaften an die jeweiligen Kommunen, Beteiligung an der Sanierung von Altlas- ten bis hin zur Bereitstellung zusätzlicher Städtebaufördermittel und Ausgleichszahlungen des Bundes. Deshalb begrüßt die Landesregierung, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung auf der Grundlage eines Haushaltsvermerks eine verbilligte Abgabe von Grundstücken an die Kommunen für am Gemeinwohl orientierte Vorhaben, wie der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer lebendigen Stadt, vorsieht. Darüber hinaus stockt die Bundesregierung die Städtebauför- derungsmittel wie in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene vereinbart in dieser Legislaturpe- riode deutlich auf. Damit kommt sie einer Forderung nach, die auch Niedersachsen zusammen mit den anderen Ländern wiederholt gestellt hat. Zu 6: Die Landesregierung hat mehrfach ihren Willen bekundet, die betroffenen Gemeinden bei der Be- wältigung der durch die Konversion ausgelösten Folgen zu unterstützen. Um Ankauf und Rückbau zu unterstützen, wird sie keine zusätzlichen Finanzmittel zur Verfügung stellen, sondern die verfüg- baren Unterstützungsmöglichkeiten nutzen, sofern deren Voraussetzungen jeweils gegeben sind. Im Hinblick auf den Ankauf wird die Landesregierung als Vertragspartner nicht in Betracht kommen. Wann und in welchem Volumen der Ankauf durch die betroffenen Gemeinden in Betracht kommt, wird mit diesen aktuell erörtert, um eine geeignete Unterstützungsmöglichkeit prüfen und gegebe- nenfalls schaffen zu können. Es gibt hierüber einen laufenden Informationsaustausch mit den be- troffenen Gemeinden und Kreisen. Zu 7: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, einen Sonderfonds für Konversion einzurichten, da, wie in Frage 2 erläutert, ein breites Spektrum an Förderung auf EU-, Bundes- und Landesebene zur Ver- fügung steht. Boris Pistorius (Ausgegeben am 27.11.2014) Drucksache 17/2393 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/1962 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Ernst-Ingolf Angermann (CDU), eingegangen am 08.09.2014 Wird die Landesregierung die von der Konversion betroffenen Kommunen finanziell unter-stützen? Antwort der Landesregierung