Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2399 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2038 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegan- gen am 12.09.2014 Bis wann will die Landesregierung die 71 niedersächsischen Vogelschutzgebiete und 385 FFH-Gebiete abschließend sichern? Im Rahmen der sogenannten Schneverdinger Naturschutztage im November 2013 hat Herr Minis- ter Wenzel vorgetragen, dass wegen unzureichender hoheitlicher Sicherung der Natura-2000- Gebiete ein Pilotverfahren der EU befürchtet wird. Frau Staatssekretärin Kottwitz hat entsprechen- de Gespräche mit den zuständigen unteren Naturschutzbehörden angekündigt. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung der FDP-Fraktion vom 13.08.2013 hat die Lan- desregierung dargelegt, dass nach ihrer Auffassung 13,5 % der FFH-Gebietsfläche gar nicht und 23,2 % unzureichend gesichert seien. Dies gelte auch für 29,9 % der Vogelschutzgebiete. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist das Pilotverfahren eingeleitet worden, und welche Ergebnisse haben die von Frau Staats- sekretärin Kottwitz angekündigten Gespräche mit den unteren Naturschutzbehörden er- bracht? 2. Wie viele Gebietsschutzverfahren laufen derzeit bei den unteren Naturschutzbehörden mit dem Ziel, die o. g. Defizite zu beseitigen (bitte legen Sie eine nach den einzelnen unteren Be- hörden geordnete Auflistung der Verfahren bei, in der jeweils vermerkt ist, wann die Verfahren voraussichtlich abgeschlossen sein werden)? 3. Bis wann soll die Sicherung der Natura-2000-Gebiete insgesamt abgeschlossen sein, und welche Vorgaben hat die dafür verantwortliche Landesregierung den unteren Naturschutzbe- hörden in diesem Zusammenhang gemacht? 4. Wie viele und welche Natura-2000-Gebiete sind derzeit bereits ausreichend hoheitlich gesi- chert (bitte fügen Sie eine nach den unteren Naturschutzgebieten geordnete bzw. diesen kon- kret zugeordnete Auflistung aller dieser Gebiete bei)? 5. Wie viele und welche Natura-2000-Gebiete sind derzeit nach Auffassung der Landesregierung nicht ausreichend gesichert (bitte fügen Sie eine der Frage 1 entsprechende Auflistung aller dieser Gebiete bei, in der für jedes Gebiet das Jahr eingetragen wird, in dem die Sicherung als abgeschlossen eingeschätzt wird)? (An die Staatskanzlei übersandt am 24.09.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 21.11.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/01-0050 - Den unteren Naturschutzbehörden des Landes ist im Zuge der Verwaltungsreform Anfang 2008 die Zuständigkeit für die Sicherung der niedersächsischen Natura 2000-Gebiete vollständig übertragen worden. Die der EU-Kommission gemeldeten und in die „Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2399 2 Bedeutung“ aufgenommenen FFH-Gebiete müssen nach spätestens sechs Jahren gesichert werden . Diese Frist ist für die niedersächsischen FFH-Gebiete Ende 2013 abgelaufen. Zurzeit ist die insgesamt ca. 610 000 ha ausmachende FFH-Gebietsfläche zu circa 86 % von ho- heitlich ausgewiesenen Schutzgebieten (Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, National- park, Biosphärenreservat) überlagert. Jedoch entsprechen die zugehörigen Schutzgebietsverord- nungen nur auf etwa 63 % der FFH-Gebietsfläche den Natura 2000-Anforderungen. Daher ist noch etwa 37 % der niedersächsischen FFH-Gebietsfläche einer EU-konformen hoheitlichen Sicherung zuzuführen. Der Anteil der durch einen hoheitlichen Gebietsschutz überlagerten EU-Vogelschutzgebiete liegt ebenfalls bei ca. 86 %. Für etwa 70 % der Fläche entsprechen die zugehörigen Schutzgebietsver- ordnungen inhaltlich den Natura 2000-Anforderungen. Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass sich FFH- und EU-Vogelschutzgebiete häufig überlagern. Der wesentliche Grund für das Sicherungsdefizit der niedersächsischen Natura 2000-Gebiete ist darin begründet, dass die Vorgängerregierung den Vertragsnaturschutz vorrangig als Sicherungs- instrument eingesetzt hatte. Die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs be- stimmt jedoch, dass die Mitgliedstaaten die Natura 2000-Gebiete im Regelfall hoheitlich sichern müssen. Seit dem Regierungswechsel in Niedersachsen im vergangenen Jahr betreibt die Landesregierung den Abbau der Defizite mit höchster Priorität. Bereits im Oktober 2013 wurde in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage darauf hingewiesen, dass Natura 2000-Gebiete grundsätzlich hoheitlich zu si- chern seien Drs. 17/872). Die für die Sicherung zuständigen unteren Naturschutzbehörden des Landes wurden auf die besondere Dringlichkeit hingewiesen, die Gebiete zügig zu sichern. Um die europarechtlichen Anforderungen zur Sicherung der FFH-Gebiete möglichst schnell umzu- setzen, wurde am 31.07.2014 die „Politische Zielvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz als oberster Naturschutzbehörde und dem Nie- dersächsischen Landkreistag als kommunalem Spitzenverband der 37 niedersächsischen Land- kreise und der Region Hannover zum zeitnahen Abschluss der Ausweisung der Natura 2000- Schutzgebietskulisse in Niedersachsen“ unterzeichnet. Darin vereinbaren die Partner der Zielvereinbarung das gemeinsame Ziel, dass für die niedersächsischen FFH-Gebiete die Sicherungsver- fahren durch die zuständigen kommunalen unteren Naturschutzbehörden bis zum Jahr 2018 erfol- gen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Am 20.02.2014 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit das gegen Deutschland gerichtete Pilotverfahren (Beschwerdeverfahren) 6117/14/ENVI zur Aus- weisung von Schutzgebieten nach der FFH-Richtlinie an alle Bundesländer übersandt. Darin wird bemängelt, dass die vorgeschriebene Sicherung der FFH-Gebiete (binnen sechs Jahren nach Auf- nahme in die EU-Liste der „Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung“) noch nicht vollständig er- folgt sei. Diese Frist endete für die niedersächsischen Gebiete Ende 2013. Nach intensiven Beratungen mit den kommunalen Spitzenverbänden wurde am 31.07.2014 die in den Vorbemerkungen dargestellte „Politische Zielvereinbarung zum zeitnahen Abschluss der Aus- weisung der Natura 2000-Schutzgebietskulisse in Niedersachsen“ unterzeichnet. Zu 2: Eine detaillierte Übersicht, aus der hervorgeht, welche Schutzgebietsverfahren zurzeit von den un- teren Naturschutzbehörden vorbereitet werden, bzw. welche Verfahren bereits eröffnet worden sind, liegt dem MU nicht vor. Die Landesregierung geht davon aus, dass die zuständigen Behörden gemäß der o. g. politischen Zielvereinbarung die angemahnten Sicherungsdefizite vollständig bis zum Ende des Jahres 2018 beseitigt haben werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2399 3 Zu 3: In der o. g. „Politischen Zielvereinbarung zum zeitnahen Abschluss der Ausweisung der Natura 2000-Schutzgebietskulisse in Niedersachsen“ ist festgelegt, dass für die niedersächsischen FFH- Gebiete die Sicherungsverfahren bis zum Jahr 2018 durch die unteren Naturschutzbehörden abge- schlossen werden sollen. Die Vereinbarung regelt u. a. auch, in welcher Weise der Niedersächsi- sche Landkreistag, das MU und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die unteren Naturschutzbehörden bei der Beseitigung der bestehenden Defizite in Bezug auf die Umsetzung der Natura 2000-Erfordernisse unterstützen sollen. Die Lan- desregierung geht davon aus, dass auch die durch den Niedersächsischen Städtetag vertretenen Städte als untere Naturschutzbehörden in gleicher Weise die zu bewältigenden Aufgaben erledi- gen. Zu 4: Der NLWKN hat dem MU zum aktuellen Stand der hoheitlichen Sicherung der FFH-Gebiete und der EU-Vogelschutzgebiete eine erste Entwurfsfassung mit umfangreichen Tabellen vorgelegt, aus denen - bezogen auf die einzelnen unteren Naturschutzbehörden (diese sind offenbar im Klammer- zusatz zu Frage 4 gemeint) und Gebiete - entsprechende Daten zu ersehen sind. Eine Auswertung des Materials durch das MU hat ergeben, dass danach 67 FFH-Gebiete und 18 EU-Vogelschutzgebiete ausreichend hoheitlich gesichert sind (Gebiet flächenmäßig komplett gesichert und die Natura 2000-Erhaltungsziele vollständig in der Schutzgebietsverordnung aufge- führt). Dies bedeutet, dass für die übrigen 318 FFH-Gebiete und 53 EU-Vogelschutzgebiete noch Handlungsbedarf (hoheitliche Sicherung und/oder Überarbeitung vorhandener Schutzgebietsver- ordnungen) besteht. Es ist aus Gründen der Handhabbarkeit vorgesehen, die Materialien nach Überarbeitung baldmög- lichst im Internet auf der Homepage des NLWKN einzustellen, sodass dort dann entsprechende In- formationen abgerufen werden können. Zu 5: Siehe Antwort zu Frage 4. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 28.11.2014) Drucksache 17/2399 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2038 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 12.09.2014 Bis wann will die Landesregierung die 71 niedersächsischen Vogelschutzgebiete und 385 FFH-Gebiete abschließend sichern? Antwort der Landesregierung