Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2400 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2027 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Gero Hocker und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 12.09.2014 Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen fuhren im letzten Jahr durch Niedersachsen? Presseberichten zufolge gab es im vergangenen Jahr mehrere Transporte mit radioaktiven Stoffen durch Niedersachsen. Dabei handelte es sich einerseits um Transittransporte, beispielsweise mit strahlendem Urankonzentrat nach Südfrankreich, und andererseits um Transporte der Brennele- mentefabrik ANF in Lingen. Weiterhin durchqueren Transporte der nahegelegenen Urananreiche- rungsanlagen von Urenco in Gronau und Almelo das Land Niedersachsen. 48 Stunden vor Beginn eines Transports müssen die Innenministerien aller betroffenen Länder in- formiert werden. Nach Aussage der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 20.08.2012 gab ein Sprecher des Innenministeriums an, dass man die Zahl der Transporte nicht kenne, da „eine Dokumentationspflicht für seine Behörde nicht bestehe“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen gab es 2013 und 2014 in Niedersachsen insge- samt? 2. Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen fuhren in Lingen ab? 3. Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen fuhren nach Lingen? 4. Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen gab es auf Schiffen in hoheitlichen Gewässern Niedersachsens? 5. Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen aus oder nach Almelo oder Gronau durchquer- ten Niedersachsen? 6. Entspricht es der Wahrheit, dass das Innenministerium die beantragten Atomtransporte nicht dokumentiert und, wenn ja, warum? 7. Wer ist für die Sicherung dieser Transporte und deren Überprüfung zuständig? 8. Wer wird zu welchem Zeitpunkt über die Transporte in welcher Weise informiert? 9. Inwieweit müssen alle Transporte angemeldet werden? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.09.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 21.11.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/08-0020 - Die rechtlichen Grundlagen bei der Beförderung von radioaktiven Stoffen sind mehrfach im Rah- men vorangegangener parlamentarischer Anfragen dargelegt worden, auf die hiermit verwiesen wird. Die aktuell dargestellten Zahlen beziehen sich auf den Transport von Kernbrennstoffen und Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2400 2 sind der Datenbank des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) für die 48-Stunden-Meldungen ent- nommen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: In Niedersachsen gab es für die Jahre 2013 und 2014 folgende Transporte von Kernbrennstoffen und Großquellen: Jahr Kernbrennstoffe Großquellen 2013 278 3 2014 (bis 30.09.) 212 3 Zu 2: Im Jahr 2013 starteten 92 Kernbrennstofftransporte und im Jahr 2014 (bis 30.09.) 90 Kernbrenn- stofftransporte in Lingen. Zu 3: Im Jahr 2013 hatten 48 Kernbrennstofftransporte und im Jahr 2014 (bis 30.09.) 42 Kernbrenn- stofftransporte das Ziel Lingen. Zu 4: Keine. Zu 5: Für den betrachteten Zeitraum konnten der Datenbank des BfS folgende Zahlen entnommen wer- den: Jahr Gronau Almelo 2013 Start 41 7 Ziel 18 10 2014 (bis 30.09.) Start 31 5 Ziel 13 1 Zu 6: Das MI wird ausschließlich als Steuerungsbehörde gegenüber dem Geschäftsbereich des verant- wortlichen Umweltressorts sowie vorsorglich gegenüber den eigenen Polizeibehörden tätig. Darüber hinaus gibt es keine Pflicht zur Dokumentation. Zu 7: Die Beförderung von radioaktiven Stoffen erfolgt nach dem Atom- und Gefahrgutbeförderungsrecht. In Niedersachsen ist für die staatliche Aufsicht nach dem Atomrecht grundsätzlich das MU mit des- sen nachgeordneten Behörden und für das Gefahrgutbeförderungsrecht das MW mit dessen nach- geordneten Behörden zuständig. Nach dem Atomrecht, § 19 Atomgesetz (AtG), unterliegt die Beförderung radioaktiver Stoffe der staatlichen Aufsicht. Die zuständigen Behörden aus dem Geschäftsbereich des MU und des MW haben darüber zu wachen, dass bei der Beförderung nicht gegen atom- und verkehrsrechtliche Vorschriften des Genehmigungsbescheides verstoßen wird. Die ganz überwiegende Anzahl von Atomtransporten wird nicht polizeilich begleitet. Die Sicherung des Transports wird im Regelfall durch Sicherungspersonal des Transporteurs gewährleistet. Eine polizeiliche Begleitung erfolgt nur, wenn Erkenntnisse vorliegen, dass dies zum Schutz des Trans- ports vor Störmaßnahmen oder sonstigen Einwirkungen Dritter erforderlich ist. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2400 3 Zu 8: Im Rahmen des vorgeschriebenen Genehmigungsverfahrens prüft das BfS den Antrag des Trans- porteurs von Kernbrennstoffen dahin gehend, ob die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 AtG erfüllt sind und die Rechtsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter einge- halten werden (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG). Nach § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG gehört zu den Genehmigungsvoraussetzungen auch die Gewährleistung des erforderlichen Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter. Die Innenbehörden der Länder und des Bundes werden über die Kommission „Sicherung und Schutz kerntechnischer Anlagen“ bei der Beurteilung der Sicherungskonzeption für die Transporte und zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen durch das BfS beteiligt. Die Polizei bewertet in diesem Zusammenhang u. a. den avisierten Transporttermin sowie die Transportstrecke unter Berücksichtigung aktueller polizeilicher Erkenntnisse über mögliche Gefährdungen oder Störungen. Werden alle Genehmigungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 AtG erfüllt, muss das BfS die Beförde- rungsgenehmigung erteilen. Der Transporteur kündigt den Transport mit der sogenannten 48-Stunden-Meldung (Abgabe der Meldung spätestens 48 Stunden vor Transportdurchführung) an und informiert das Lagezentrum beim Bundesministerium des Innern (BMI) sowie das BfS. Das BMI leitet die Meldung an die be- troffenen Innenministerien der Länder sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und die Bundespolizei weiter. Diese 48-Stunden-Meldung ist gemäß § 17 AtG als Bestandteil der Nebenbestimmungen in der Be- förderungsgenehmigung enthalten. In dieser Meldung sind u. a. Angaben zum Transportweg und zur Transportzeit aufgeführt. Die Meldung wird über das Lagezentrum des MI an die vom Transportweg berührten Polizeidirekti- onen, das Landeskriminalamt Niedersachsen sowie das MU und die Staatlichen Gewerbeauf- sichtsämter gesteuert. Die Meldungen sind als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Zu 9: Die 48-Stunden-Meldung ist als Nebenbestimmung in der vom BfS erteilten Beförderungsgenehmi- gung für Kernbrennstoffe enthalten. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 28.11.2014) Drucksache 17/2400 Antwort auf eine Kleine schriftliche Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Gero Hocker und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 12.09.2014 Wie viele Transporte mit radioaktiven Stoffen fuhren im letzten Jahr durch Niedersachsen? Antwort der Landesregierung