Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2285 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Thomas Adasch, Lutz Winkel- mann, Volker Meyer, Christian Calderone und Karl-Heinz Klare (CDU), eingegangen am 30.10.2014 Wie weit reicht der Korruptionsfall im Landesjustizprüfungsamt, und welche Folgen hat die- ser für die niedersächsische Justiz? Am 31.03.2014 wurde der für die Erste Juristische Staatsprüfung zuständige Referatsleiter des Landesjustizprüfungsamtes im Justizministerium in Mailand in Begleitung einer 26-jährigen Rumä- nin mit 30 000 Euro Bargeld und einer geladenen Pistole verhaftet. Gegen ihn läuft gegenwärtig ein Ermittlungsverfahren, weil er gegen Geld Examensaufgaben und -lösungen für die Zweite Juristische Staatsprüfung an Examenskandidaten verkauft haben soll. Laut einem Bericht der Zeitschrift FOCUS vom 12.04.2014 sollen einer Referendarin Aufgaben und Lösungen für Examensklausuren von einem privaten Repetitor aus Hamburg angeboten worden sein. Die ZEIT vom 10.04.2014 berichtet, der verdächtigte Referatsleiter habe auch selber Examenswie- derholer angesprochen. Gegenwärtig werden alle Klausuren der Zweiten Juristischen Staatsprüfung in Niedersachsen seit 2011 durch Sonderprüfer untersucht. Bereits im Jahr 2013 sollen im Justizministerium die Ergebnisse eines Examenskandidaten aufge- fallen sein, weil dieser eine bemerkenswerte Leistungssteigerung an den Tag gelegt haben soll. Vor diesem Hintergrund fragen wir: 1. Warum wurde am Tag der Durchsuchung der Wohn- und Amtsräume am 26.03.2014 kein Haftbefehl gegen den verdächtigten Referatsleiter von der Staatsanwaltschaft Verden bean- tragt, wenn diese laut Aussage der Justizministerin im Landtagsplenum vom 15.05.2014 be- reits ab dem 24.03.2014 einen dringenden Tatverdacht gegen den verdächtigten Referatslei- ter annahm? 2. Zu welcher Uhrzeit wurde der Durchsuchungsbefehl beantragt, und zu welcher Uhrzeit wurde er erlassen? 3. Welcher Haftgrund und welche Tatsachen dazu sind im Haftbefehl vom 27.03.2014 gegen den Verdächtigten benannt, und zu welchem Zeitpunkt lagen diese bereits vor? 4. Hat der Verdächtige bereits vor dem 26.03.2014 durch sein Verhalten dazu Anlass gegeben, eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr anzunehmen (z. B.: Wechseln von Handys, „Abschüt- teln“ der Observation durch verkehrswidriges Verhalten, Vernichtung von Beweismitteln, Überweisungen ins Ausland)? 5. Wurden die Staatssekretäre oder Minister des Justiz- und Innenministeriums über ein Verhal- ten des Verdächtigen informiert, das eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr begründen könn- te? 6. Wenn ja, worüber wurden sie informiert, und was haben sie daraufhin veranlasst? 7. Stimmt die Landesregierung der Einschätzung zu, dass die Festnahme des Verdächtigen spä- testens am 26.03.2014 angezeigt gewesen wäre? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 2 8. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es mit Blick auf einen möglichen Zugriff gegen den beschuldigten Referatsleiter unterschiedliche Auffassungen zwischen den Polizeibehör- den und der Staatsanwaltschaft gab? 9. Für den Fall, dass es unterschiedliche Auffassungen gegeben hat, welche waren es? 10. Wann und von wem hat Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz davon erfahren, dass Staatssekretär Scheibel alleine ein Gespräch mit dem beschuldigten Referatsleiter geführt hat, nach dem dieser nach Italien flüchtete? 11. Seit wann wurde der beschuldigte Referatsleiter überwacht, und wie wurde er überwacht? 12. Wie viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte waren an den Ermittlungsmaßnahmen in welchem Zeitraum wie beteiligt? 13. Wann wurde das LKA Niedersachsen in die Ermittlungsmaßnahmen eingeschaltet? 14. Wie viele Beamtinnen/Beamte des LKA waren in welchem Zeitraum wie an dem Ermittlungs- verfahren beteiligt? 15. Sind die polizeilichen Überwachungsmaßnahmen gegen den beschuldigten Referatsleiter in einem Computersystem niedersächsischer Polizeibehörden konkret erfasst? Wenn ja, in wel- chen? 16. Wandte sich der beschuldigte Referatsleiter während der Ermittlungen selber an die Staats- anwaltschaft Verden, und, wenn ja, wer wurde darüber informiert? 17. Kann die Landesregierung ausschließen, dass der beschuldigte Referatsleiter nach Durchsu- chung seiner Privatwohnung noch Zugang zu Diensträumen des Justizministeriums in der Fuhsestraße in Celle hatte? 18. War der Beschuldigte nach der Durchsuchung noch in Besitz eines Diensthandys? 19. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es im Zusammenhang mit den staatsanwalt- schaftlichen Ermittlungen zu Ermittlungspannen gekommen ist? 20. Welche Vorwürfe wurden gegen den verdächtigten Referatsleiter in Italien erhoben? 21. Wie viele Klausuren der Zweiten Juristischen Staatsprüfung sollen insgesamt überprüft wer- den? 22. Wie viele Klausuren der Zweiten Juristischen Staatsprüfung wurden inzwischen überprüft? 23. Wie viele Fälle von Examenskandidaten wurden oder werden mit vorrangiger Priorität über- prüft, weil diese der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren aufgefallen sind? 24. In wie vielen Fällen der vorrangigen Prüfung, weil diese der Staatsanwaltschaft im Ermitt- lungsverfahren aufgefallen sind, haben sich Hinweise auf die Kenntnis der Lösungsskizzen verdichtet? 25. Befinden sich ehemalige Examenskandidaten, die im Ermittlungsverfahren der Staatsanwalt- schaft aufgefallen sind, im Dienst der niedersächsischen Justiz oder anderer niedersächsi- scher Behörden? Wenn ja, wie viele in welchen Behörden? 26. Wie viele Ermittlungsverfahren werden gegenwärtig im Zusammenhang mit dem Korruptions- fall im Landesjustizprüfungsamt gegen ehemalige Examenskandidaten und gegen sonstige Personen geführt? 27. Konnten Zahlungen zwischen dem verdächtigen Referatsleiter und Examenskandidaten nachvollzogen werden? 28. Bis wann sollen die Sonderprüfungen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung abgeschlossen sein? 29. Wie viele Personen werden für die Sonderprüfungen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung mit welchem Zeitbudget eingesetzt, und wo wurden diese rekrutiert? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 3 30. Werden die als Sonderprüfer eingesetzten Richter, Staatsanwälte oder sonstigen Beamten für diesen Einsatz vergütet, und, wenn ja, wie und von wem? 31. Wenn nein, warum nicht? 32. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Erfüllung der üblichen Aufgaben der einge- setzten Sonderprüfer gegenwärtig unter der Sonderprüfung leidet? 33. Wie viele Prüferinnen und Prüfer haben sich bereit erklärt, zusätzliche Prüfungsaufgaben zu übernehmen? 34. Werden diese für ihre zusätzlichen Prüfungsleistungen gesondert vergütet? 35. Wenn nein, warum nicht? 36. Welchen Anreiz gibt das Justizministerium Prüferinnen und Prüfern, um zusätzliche Prüfun- gen zu übernehmen? 37. Werden auch die Examensklausuren aus dem Ersten Juristischen Staatsexamen seit Amtsan- tritt des verdächtigten Referatsleiters überprüft? 38. Wenn nein, warum nicht? 39. Gab es Hinweise auf Manipulationen bei mündlichen Prüfungen im Rahmen der Zweiten oder der Ersten Juristischen Staatsprüfung? 40. Wenn ja, wurde diesen Hinweisen nachgegangen? 41. Ist eine Überprüfung der mündlichen Prüfungen unter Beteiligung des beschuldigten Referats- leiters auf mögliche Manipulationen bereits erfolgt? 42. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 43. Wenn nein, warum nicht? 44. Vor dem Hintergrund, dass die Justizministerin im Landtagsplenum ausführte, dass Käufer von Examenslösungen auch dadurch erkannt werden könnten, dass sie Fehler aus der Lö- sungsskizze übernommen hätten: Wie beurteilt die Landesregierung die Anfechtbarkeit von Examensleistungen, weil diese die Lösungsskizze treffen? 45. Wie viele Fehler in den vom Landesjustizprüfungsamt an die Prüfer übersendeten Lösungs- skizzen sind der Landesregierung aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2014 bekannt, und zu welchen Terminen wurden die entsprechenden Examensklausuren gestellt? 46. Könnten Examensergebnisse von Kandidaten angefochten werden, die diese Fehler in der Lösungsskizze der Landesregierung nicht in ihrer Bearbeitung gemacht haben und deswegen schlechter beurteilt wurden? 47. Wird die Landesregierung eine „Kronzeugenregelung“ für etwaige Erwerber von Lösungsskiz- zen anbieten? 48. Wann rechnet die Landesregierung mit dem Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermitt- lungen im Fall des beschuldigten Referatsleiters und in den Fällen der betroffenen Examens- kandidaten? 49. Nimmt Niedersachsen gegenwärtig am Examensringtausch mit anderen Bundesländern teil? 50. Hielt der beschuldigte Referatsleiter in Niedersachsen oder in anderen Bundesländern Exa- mensvorbereitungskurse für einen privaten Repetitor? 51. Wenn ja, in welchen Bundesländern war dies der Fall? 52. Hat der Verdächtige diese Nebentätigkeit angezeigt bzw. eine Genehmigung hierfür einge- holt? 53. In wie vielen Fällen wurden seit 2011 in anderen Bundesländern Examensaufgaben gestellt, zu denen der verdächtige Referatsleiter Zugang hatte? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 4 54. Konnte der verdächtige Referatsleiter wissen, wann welche Klausuren mit ähnlichem Sach- verhalt in Niedersachsen in anderen Bundesländern gestellt wurden? 55. Gibt es gegenwärtig Hinweise darauf, dass der verdächtige Referatsleiter oder Mittäter auch in andere Bundesländer Examensaufgaben und -lösungen verkauft haben? 56. Werden andere Bundesländer über den Fortgang der Ermittlungen unterrichtet? Wenn ja, wie und welche Bundesländer? 57. Hat der beschuldigte Referatsleiter neben seiner Tätigkeit im Justizprüfungsamt Referendar- kurse bzw. Referendararbeitsgemeinschaften gegeben? 58. Wenn ja, wie viele, welche und wo? 59. Seit wann ist es haupt- und nebenamtlichen Prüfern des Landesjustizprüfungsamtes unter- sagt, neben der Prüfertätigkeit auch für ein juristisches Repetitorium tätig zu werden? 60. Ist es Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern des Landesjustizprüfungsamtes gestattet, neben der Tä- tigkeit im Prüfungsamt Lehraufträge an Universitäten wahrzunehmen? 61. Welche Folgen hätte es für die von einem Richter gesprochenen Urteile, wenn dieser sein Examen „gekauft“ haben sollte? 62. Welche Pläne gibt es für den Fall, dass Richter, Staatsanwälte oder Beamte des Landes die Befähigung zum Richteramt widerrechtlich erworben haben sollten? 63. Wann genau in 2013 wurden dem Justizministerium erstmals Hinweise auf manipulierte Klau- suren bekannt? 64. Kann die Landesregierung ausschließen, dass der auffällige Examenskandidat aus 2013 Examenslösungen beim verdächtigen Referatsleiter gekauft hat? 65. Um wie viele Punkte steigerte der Kandidat, der im Justizministerium 2013 auffiel, seine Punk- teanzahl (Punktzahl der einzelnen Prüfungsleistungen und Gesamtergebnis)? 66. Was hat das Justizministerium daraufhin veranlasst? 67. Wann hat das Justizministerium den Fall an die Staatsanwaltschaft Verden abgegeben? 68. Wann hat die Staatsanwaltschaft Verden die Ermittlungen eingestellt? 69. Was ist daraufhin im Justizministerium veranlasst worden? 70. Welche Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes haben wie und von wem von diesen Er- mittlungen erfahren? Gehörte der jetzige Verdächtige dazu? 71. Hat es seitens der Hausspitze des Justizministeriums nach Aufkommen der ersten Ver- dachtsmomente auf einen Korruptionsfall Gespräche mit dem Präsidenten des Landesjus- tizprüfungsamtes, den beiden Referatsleitern PA I und PA II und/oder weiteren Mitarbeitern gegeben? 72. Wenn ja, wann und mit welcher Zielsetzung und mit welchem Inhalt? 73. Hatte die Ministerin Kenntnisse von den Vorwürfen? 74. Wenn nein, warum wurde sie nicht unterrichtet? 75. Ist seitens des Justizministeriums erwogen worden, die Kontrollmechanismen bei mündlichen und schriftlichen Prüfungen zu verschärfen? 76. Wenn ja, wann, in welcher Weise? 77. Was ist seit Aufkommen der ersten Verdachtsmomente auf einen Korruptionsfall im LJPA ge- tan bzw. verändert worden? 78. Hat die Justizministerin bei den Justizprüfungsämtern der anderen Länder nachgefragt bzw. nachfragen lassen, welche Schutzmechanismen dort jeweils in Kraft sind, um Korruptionsfälle zu verhindern? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 5 79. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 80. Wenn nein, warum nicht? 81. Welche Maßnahmen müssen nach Ansicht der Justizministerin ergriffen werden, um einen erneuten Korruptionsfall im LJPA auszuschließen? (An die Staatskanzlei übersandt am 05.11.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 08.12.2014 - 2008/1 - 101.3/14 - Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Justiz bestätigen tagtäglich durch ihre gute, sorgfältige Arbeit das Vertrauen der Menschen in diesem Land in den Rechtsstaat. Korruption darf deshalb insbesondere in der Justiz keine Chance haben. Vor diesem Hintergrund hat das Justizministerium unmittelbar nach Bekanntwerden der Korrupti- onsvorwürfe gegen den ehemaligen Referatsleiter des Niedersächsischen Landesjustizprüfungs- amtes beschlossen, sämtliche Prüfungsleistungen zum Zweiten Juristischen Staatsexamen seit September 2011 einer Überprüfung zu unterziehen. Seitdem haben sich 217 Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Beamtinnen und Beamte aus ganz Niedersachsen als Sonderprüferinnen/-prüfer engagiert. In ei- nem gewaltigen Kraftakt beispielloser Solidarität haben sie die Klausuren neben ihren regulären dienstlichen Verpflichtungen überprüft. Dieses großartige Engagement verdient höchsten Respekt und den Dank der Landesregierung. Die bisherige Überprüfung der Leistungen von ca. 2 000 Kandidatinnen und Kandidaten hat erge- ben, dass in 15 Fällen Anlass zu der Annahme besteht, dass Prüfungsleistungen auf unredliche Weise erzielt worden sind. In diesen Verdachtsfällen werden Verfahren zur Aberkennung des Zwei- ten Juristischen Staatsexamens eingeleitet. In mehr als 99 % der überprüften Fälle konnten keine Anhaltspunkte für Täuschungshandlungen festgestellt werden. Auch das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Mitarbeiter des Prüfungsamtes ist von An- fang an unter Hochdruck und unter Nutzung sämtlicher zulässiger Ermittlungsmaßnahmen geführt worden. Die Staatsanwaltschaft Verden hat zwischenzeitlich Anklage beim Landgericht Lüneburg erhoben, das bereits die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen hat. Die Beantwortung der Fragen hat gemäß Artikel 24 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung unter Beachtung schutzwürdiger Interessen Dritter zu erfolgen. Die Fürsorgepflicht gegenüber den Be- troffenen und die Unschuldsvermutung sowie das Recht der Bediensteten auf informationelle Selbstbestimmung gebieten es, zu persönlichen Daten aus laufenden Ermittlungsverfahren keine detaillierten Auskünfte zu erteilen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Erlass eines Haftbefehls setzt neben dem dringenden Tatverdacht auch das Vorliegen eines Haftgrundes voraus (§ 112 Abs. 1 StPO). Ein Haftgrund bestand aus Sicht der Staatsanwaltschaft Verden erst am 27. März 2014. Zu 2: Die Staatsanwaltschaft Verden beantragte die Durchsuchungsbeschlüsse betreffend Diensträume und Wohnung des Angeschuldigten am 19. März 2014, noch am selben Tage wurden diese durch das Amtsgericht Verden erlassen. Genaue Uhrzeiten der Antragstellung und des Erlasses sind nicht bekannt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 6 Zu 3: Der Haftbefehl vom 27. März 2014 bezieht sich auf die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Ver- dunkelungsgefahr. Der Haftgrund der Fluchtgefahr wird in dem Haftbefehl auf die Höhe der Straf- erwartung und den im Falle einer Verurteilung zu erwartenden beruflichen, wirtschaftlichen und ge- sellschaftlichen Ruin sowie das Fehlen tragfähiger sozialer Bindungen gestützt. Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr wird mit dem auf Verschleierung gerichteten Verhalten des Angeschuldigten sowie auf die gegenüber einem Zeugen für den Fall einer Strafanzeige ausgesprochene Drohung mit einer Gegenanzeige gestützt. Beide Haftgründe lagen nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Verden nur in einer Gesamtschau und erst dann vor, nachdem auf der Grundlage der Angaben eines weiteren Zeugen dringender Tatverdacht wegen einer zweiten Tat und damit eine gesteigerte Straferwartung bestand und zu- dem detaillierte Erkenntnisse über die Vorgehensweise des Angeschuldigten zur Absicherung sei- nes Tuns vorlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse wurden von der Staatsanwaltschaft am 27. März 2014 entsprechend beurteilt. Sodann wurde Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt. Zu 4: Der Angeschuldigte hat sich während der laufenden Ermittlungen in vielfacher Hinsicht konspirativ verhalten. Unter anderem nutzte er wechselnde Mobilfunkanschlüsse und verhielt sich bei Obser- vationen so, als ob er sich einer möglichen Überwachung entziehen wollte. Dass Straftäter versu- chen, die Spuren ihrer Taten zu verschleiern bzw. sich einer möglichen Beobachtung bei der Tat- begehung zu entziehen, ist jedenfalls im Bereich mittlerer bis schwerer Kriminalität nicht ungewöhn- lich und stellt für sich genommen keinen Haftgrund dar. Erkenntnisse dazu, dass der Angeschuldig- te Beweismittel vernichtet oder Auslandsüberweisungen vorgenommen hätte, liegen nach dem Be- richt der Staatsanwaltschaft Verden nicht vor. Zu 5: Die Staatsanwaltschaft Verden hat das Justizministerium jeweils zeitnah über den aktuellen Ermitt- lungsstand informiert. In aller Regel ist die Fachabteilung des Justizministeriums unterrichtet wor- den, die ihrerseits die Hausleitung in Kenntnis gesetzt hat. Zur Frage der Zuständigkeit und Ein- schätzung, ob ein Haftgrund bestand und ein Haftbefehl beantragt werden konnte, wird auf die Antworten zu Fragen 3 und 4 verwiesen. Eine Information des Staatssekretärs des Innenministeriums oder des Innenministers erfolgte nicht. Zu 6: Die Hausleitung wurde durch die zuständige Fachabteilung des Justizministeriums dann unterrich- tet, wenn im Zuge der Ermittlungen gegen den Angeschuldigten wesentliche neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Diese Unterrichtungen gaben Anlass, dem Angeschuldigten jede weitere Tätig- keit im Landesjustizprüfungsamt zu untersagen, ihm dort Hausverbot zu erteilen und ein Diszipli- narverfahren gegen ihn einzuleiten. Außerdem ist beim Richterdienstgericht ein Antrag auf vorläufi- ge Dienstenthebung gestellt worden. Aufgrund der von der Staatsanwaltschaft Verden mitgeteilten Ermittlungsergebnisse wurden zudem die Landesjustizprüfungsämter der anderen Bundesländer über den bestehenden Verdacht unter- richtet. Außerdem wurden sämtliche Klausuren des Examensdurchgangs April 2014 ausgetauscht und neu erstellt, sodass ausgeschlossen werden konnte, dass Prüfungstexte durch das Verhalten des An- geschuldigten einzelnen Kandidatinnen/Kandidaten vorab bekannt waren. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 7: Nein. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 7 Zu 8: Nach Berichten sowohl der Staatsanwaltschaft Verden als auch des Landeskriminalamtes Nieder- sachsen erfolgte die Entscheidung über einen möglichen Zugriff auf den Angeschuldigten einver- nehmlich zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei. Zu 9: Siehe Antwort zu Frage 8. Zu 10: Der Justizstaatssekretär hat die Justizministerin am 26. März 2014 davon in Kenntnis gesetzt, dass er den Angeschuldigten für den Folgetag zu einem Gespräch in das Justizministerium eingeladen habe. Zu 11: Seit dem 30. Januar 2014 wurden u. a. Telefon- und Internetanschlüsse überwacht, die dem Ange- schuldigten zuzuordnen waren. Die letzten dieser Überwachungsmaßnahmen wurden am 24. April 2014 beendet. In der Zeit vom 13. März 2014 bis zum 27. März 2014 wurde der Angeschuldigte immer wieder längerfristig observiert. Zu 12: Die Ermittlungen werden auf Seiten der Staatsanwaltschaft durch einen Oberstaatsanwalt geführt, der im Bedarfsfall zwei weitere Dezernenten der Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen hinzuge- zogen hat und hinzuzieht. Die im Landeskriminalamt Niedersachsen eingerichtete Ermittlungskommission war bei Einrichtung zunächst mit sechs Mitarbeitern und im Laufe der Ermittlungen bedarfsorientiert mit 13 Mitarbeitern besetzt. Die präzise Anzahl der an den Ermittlungshandlungen beteiligten Polizeibeamten kann nicht be- nannt werden, da landes- und bundesweit zahlreiche Dienststellen in eigener Zuständigkeit in die Fahndung eingebunden waren. Im Bereich Niedersachsen waren abwechselnd fünf Mobile Ein- satzkommandos (MEK) eingesetzt, wobei die Stärke der einzelnen MEK-Gruppen jeweils den takti- schen Erfordernissen angepasst war. Daneben waren in Niedersachsen Kräfte der polizeilichen All- tagsorganisation und insbesondere aus den Bereichen internationale polizeiliche Zusammenarbeit, Zielfahndung, Telekommunikationsüberwachung und Kriminaltechnik mit den Ermittlungs-, Unter- stützungs- und Fahndungsmaßnahmen befasst. Zu 13: Das Landeskriminalamt Niedersachsen wurde am 17. Januar 2014 mit der Aufnahme von Ermitt- lungen beauftragt. Zu 14: Siehe Antwort zu Frage 12. Zu 15: Zu den polizeilichen Überwachungsmaßnahmen (siehe Frage 11) sind Daten im Fallbearbeitungs- system sowie zur Einsatzdokumentation und im System zur Telekommunikationsüberwachung ge- speichert. Zu 16: Der Angeschuldigte rief am 13. März 2014 bei dem ermittelnden Oberstaatsanwalt an und erbat un- ter Bezugnahme auf das laufende Ermittlungsverfahren einen Gesprächstermin. Dieser Umstand wurde aktenkundig gemacht. Die Tatsache, dass der Angeschuldigte bei dem ermittelnden Ober- staatsanwalt angerufen und um einen Gesprächstermin nachgesucht hat, wurde dem Justizministe- rium unter dem 18. März 2014 berichtet. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 8 Zu 17: Der Zugang zum Dienstgebäude des Landesjustizprüfungsamts in Celle ist zu den Öffnungszeiten „pförtnerbewacht“ und erfolgt im Übrigen mittels Hausschlüssel. Der Beschuldigte hat seinen Haus- schlüssel am 26. März 2014 abgegeben und somit seitdem keinen Zugang zum Dienstgebäude mehr gehabt. Zu 18: Nein. Zu 19: Die Ermittlungen in dem Gesamtkomplex sind mit Anklageerhebung gegen den Angeschuldigten noch nicht abgeschlossen. Ermittlungspannen sind der Landesregierung derzeit nicht bekannt. Eine verlässliche und abschließende Bewertung wird erst nach endgültigem Abschluss des Gesamt- komplexes möglich sein. Zu 20: Der Angeschuldigte ist am 16. Juni 2014 in Italien wegen unerlaubten Waffen- und Munitionsbesit- zes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 10 000 Euro verurteilt worden. Zu 21: Insgesamt werden die Prüfungsleistungen von 2 065 Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Zeit- raum von September 2011 bis März 2014 überprüft. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 14 058 Klausuren angefertigt. Zu 22: Es sind sämtliche Klausuren aus dem o. g. Zeitraum auf statistische bzw. inhaltliche Auffälligkeiten überprüft worden. Zu 23: 40. Zu 24: Siehe Antwort zu Frage 26. Zu 25: Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass Examenskandidaten, gegen die ein Ermittlungsverfah- ren geführt wird, in der niedersächsischen Justiz oder anderen niedersächsischen Behörden be- schäftigt sind. Im Übrigen erfolgt eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft an den jeweiligen Arbeitgeber aus Grün- den der Unschuldsvermutung grundsätzlich erst mit Anklageerhebung. Zu 26: In dem Ermittlungskomplex „LJPA“ werden aktuell 17 Ermittlungsverfahren geführt. Zu 27: In einem Fall kann nachvollzogen werden, dass der Angeschuldigte als Gegenleistung für die Über- lassung von Prüfungsinformationen einen Geldbetrag in Höhe von 5 000 Euro erhalten hat. Zu 28: Die Sonderprüfungen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung werden voraussichtlich zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 9 Zu 29: 217 Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Beamtinnen und Beam- te aus ganz Niedersachsen haben sich als Sonderprüferinnen und Sonderprüfer engagiert. Sie ha- ben die Klausuren mit ganz unterschiedlichem Zeitbudget neben ihren regulären dienstlichen Ver- pflichtungen überprüft. Die Sonderprüferinnen und Sonderprüfer haben sich auf einen entspre- chenden generellen Aufruf des Justizministeriums hin freiwillig gemeldet. Zu 30: Die Tätigkeit der Sonderprüferinnen und Sonderprüfer wird nicht gesondert vergütet. Zu 31: Hinsichtlich eines Vergütungsanspruchs fehlt es an einer für alle eingesetzten Sonderprüferinnen und Sonderprüfer einheitlich anwendbaren Rechtsgrundlage. Zu 32: Die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hatte von Beginn der Sonderprüfungen an immer erste Priorität. Die Sonderprüfun- gen wurden dankenswerter Weise zusätzlich übernommen. Zu 33: Siehe Antwort zu Frage 29. Zu 34: Siehe Antwort zu Frage 30. Zu 35: Siehe Antwort zu Frage 31. Zu 36: Siehe Antwort zu Frage 29. Zu 37: Die Examensklausuren aus der Ersten Juristischen Prüfung werden nicht systematisch überprüft. Aufgrund eingegangener Hinweise sind in wenigen Fällen Examensklausuren aus der Ersten Juris- tischen Prüfung auf Auffälligkeiten geprüft worden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es bei diesen Klausuren zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Zu 38: Siehe Antwort zu Frage 37. Zu 39: Hinweise auf Manipulationen von mündlichen Prüfungsleistungen im Rahmen der Juristischen Prü- fungen gibt es nur für die Zweite Juristische Staatsprüfung. Zu 40: Das Justizministerium ist sämtlichen Hinweisen zu Auffälligkeiten in mündlichen wie den schriftli- chen Prüfungen zu den juristischen Prüfungen nachgegangen. Zu 41: Ja. Zu 42: Nach derzeitigem Erkenntnisstand sind bei drei Kandidatinnen und Kandidaten Auffälligkeiten fest- gestellt worden. In diesen drei Prüfungsverfahren sollen voraussichtlich die Prüfungen für nicht be- standen erklärt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 10 Zu 43: Entfällt; siehe Antwort zu Frage 41. Zu 44: Die vom Landesjustizprüfungsamt an die Prüferinnen und Prüfer versendeten sogenannten Prüfer- vermerke stellen keine Musterlösungen dar. Sie sind lediglich Hinweise zur Lösung und keine Vor- gabe an das Anforderungsprofil. Die Prüfervermerke enthalten auch nicht die einzig vertretbare Lö- sung für die Klausuraufgabe. Der Prüfervermerk soll lediglich Probleme der Klausur aufzeigen und die Gründe angeben, die das Landesjustizprüfungsamt veranlasst hat, die Prüfungsaufgabe auszu- geben. Der Prüfvermerk stellt ein für die Prüferinnen und Prüfer unverbindliches internes Arbeitspapier dar, das nicht Bestandteil der Bewertung der Klausur ist. Diese „Lösungshinweise“ betreffen nicht das konkrete Prüfungsverfahren des einzelnen Prüflings, sondern geben den Prüfern lediglich eine all- gemeine und nicht verbindliche Hilfestellung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1997, Az.: B 4/07 - zitiert nach Juris). Die vom Landesjustizprüfungsamt ausgegebenen Prüfervermerke enthalten - auf dem Deckblatt - entsprechend die ausdrücklichen Hinweise, dass der Vermerk für die Prüferinnen und Prüfer un- verbindlich ist, dass er keine Musterlösung darstellt und dass bei der Bewertung nicht auf den Prü- fervermerk Bezug genommen werden darf. Zu 45: Hierüber werden keine Statistiken geführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 44 verwiesen. Zu 46: Siehe Antwort zu Frage 44. Zu 47: Die „Kronzeugenregelung“ des § 46 b StGB enthält einen vertypten Milderungsgrund in Form einer im Ermessen des Gerichts stehenden Strafmilderung oder eines Absehens von Strafe. Eine Ent- scheidung obliegt dem Gericht. Zu 48: Das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Mitarbeiter des Prüfungsamtes ist abgeschlos- sen, siehe Vorbemerkung. Der Zeitpunkt des Abschlusses der Ermittlungen kann im Übrigen gegenwärtig nicht prognostiziert werden. Zu 49: Niedersachsen nimmt am Examensringtausch mit anderen Bundesländern teil. ZU 50: Dem Angeschuldigten wurde 2001 eine bis 2006 befristete Nebentätigkeit für ein privates juristi- sches Repetitorium in Münster erteilt. Weitere mit der Examensvorbereitung im Zusammenhang stehende Nebentätigkeiten sind dem Dienstvorgesetzten nicht bekannt gewesen. Nach den Erkenntnissen im Ermittlungsverfahren war der Angeschuldigte bis 2010 nebenberuflich als Repetitor für ein privates Repetitorium tätig und hat im Rahmen dieser Tätigkeit Kurse in Bre- men und Hamburg geleitet. Diese Nebentätigkeit ist ausweislich der Personalakten von dem Ange- schuldigten nicht angezeigt worden. Zu 51: Siehe Antwort zu Frage 50. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 11 Zu 52: Siehe Antwort zu Frage 50. Zu 53: In der Regel werden den am Ringtausch beteiligten Ländern pro Quartal zwei niedersächsische Klausuren zur Verfügung gestellt, deren Verwendung im Belieben der jeweiligen Prüfungsämter liegt. Zu 54: Der ehemalige Referatsleiter konnte ohne konkrete Nachfrage in den am Ringtausch beteiligten Ländern nicht wissen, wann welche Klausuren in anderen Bundesländern gestellt wurden. Zu 55: Gegenwärtig liegen keine entsprechenden Hinweise vor. Zu 56: Da keine Hinweise darauf vorliegen, dass Prüfungsaufgaben anderer Bundesländer betroffen sind (siehe Antwort zu Frage 55), erfolgt keine Unterrichtung anderer Bundesländer. Hinsichtlich der Un- terrichtung der Landesjustizprüfungsämter anderer Länder wird im Übrigen auf die Antwort zu Fra- ge 6 verwiesen. Zu 57: Der Angeschuldigte leitete im Juni, September sowie Dezember 2013 die Arbeitsgemeinschaften des reformierten Ergänzungsvorbereitungsdienstes in Celle und führte in dieser Funktion im März 2014 die Einführungsveranstaltung durch. Zu 58: Siehe Antwort zu Frage 57. Zu 59: Seit dem Jahr 2010 werden die Prüferinnen und Prüfer des Landesjustizprüfungsamtes regelmäßig schriftlich darauf hingewiesen, dass eine Tätigkeit als kommerzieller Repetitor mit ihrer Tätigkeit als Prüferin/Prüfer wegen bestehender Interessenkollisionen unvereinbar ist. Zu 60: Um Interessenkonflikte zwischen der Lehr- und der Prüfungstätigkeit zu vermeiden, ist es den Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesjustizprüfungsamtes nicht mehr gestattet, neben der Tä- tigkeit im Prüfungsamt Lehraufträge an Universitäten wahrzunehmen. Zu 61: Die Wirksamkeit von Urteilen ist im Falle ihrer Anfechtung allein von den zuständigen Gerichten in richterlicher Unabhängigkeit zu beurteilen. Zu 62: Für diesen Fall wäre die unverzügliche Einleitung eines Entlassungsverfahrens beabsichtigt. Zu- gleich würde die gesamte Staatsprüfung wegen Vorliegens eines schweren Täuschungsversuchs für nicht bestanden zu erklären sein. Zu 63: Ende Februar/Anfang März 2013 fielen im Zusammenhang mit Prüfungsleistungen eines Kandida- ten Unregelmäßigkeiten auf, die den Verdacht eines Sicherheitsvorfalls im Landesjustizprüfungs- amt begründeten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 12 Zu 64: Die Ermittlungen zum Sachverhalt betreffend des „auffälligen Examenskandidaten aus 2013“ dau- ern an. Zu 65: Während der Kandidat, dessen Prüfungsleistungen im Jahr 2013 auffällig gewesen sind, im ersten Versuch, das Zweite Juristische Staatsexamen abzulegen, durchschnittlich 2,88 Punkte in den acht Klausuren erzielt hatte und nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen worden war, erzielte dieser Kandidat in der Wiederholungsprüfung durchschnittlich 9,63 Punkte in den acht Klausuren und be- stand die Prüfung mit einem Gesamtergebnis von 8,8 Punkten („befriedigend“). Zu 66: Die Staatsanwaltschaft Verden ist seinerzeit um Prüfung des Sachverhalts gebeten worden. Darüber hinaus ist der IT-Sicherheitsbeauftragte für die niedersächsische Justiz bereits nach Be- kanntwerden des ersten Sicherheitsvorfalls im April 2013 beauftragt worden, eine gutachterliche Expertise zur Verbesserung der Sicherheitsstrukturen im Landesjustizprüfungsamt zu erstellen. Das Sicherheitskonzept ist zwischenzeitlich umgesetzt worden. Es umfasst sowohl technische als auch organisatorische Veränderungen. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Zugang zu Prüfungsaufgaben und Lösungshinweisen haben, ist auf das unbedingt notwendige Maß redu- ziert worden. Die technischen und organisatorischen Empfehlungen, die umgesetzt wurden, betref- fen insbesondere die Bereiche Datenverschlüsselung, die Ausstattung mit sicheren Notebooks, die Arbeit mit verschlüsselten USB-Sticks, die Klausurenvervielfältigung, die Klausurenlagerung im Landesjustizprüfungsamt und an den Klausurenstandorten sowie die Einführung versiegelter Um- schläge für die Versendung von Klausuren und Aktenvorträgen. Weitere Einzelheiten des Konzepts können aus Gründen der Sicherheit an dieser Stelle nicht genannt werden. Zu 67: Das Justizministerium hat am 11. April 2013 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Verden erstat- tet. Die Strafanzeige ist am 12. April 2013 bei der Staatsanwaltschaft Verden eingegangen. Zu 68: Das Ermittlungsverfahren ist mit Verfügung vom 24. Oktober 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein- gestellt worden. Zu 69: Die Umsetzung des Sicherheitskonzeptes für das Landesjustizprüfungsamt (vgl. Antwort zu Fra- ge 66) ist konsequent fortgesetzt worden. Zu 70: Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft war auf Seiten des Landesjustizprüfungsamtes stets aus- schließlich der Vizepräsident des LJPA, der ausweislich der mit der Strafanzeige übersandten Un- terlagen bereits vor der Anzeigenerstattung mit dem Sachverhalt befasst war. Am 19. April 2013 fand auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft eine Besprechung in den Diensträumen des LJPA in Celle statt, in deren Verlauf der Vizepräsident des LJPA gegenüber dem zuständigen Oberstaats- anwalt und zwei Polizeibeamten die LJPA-internen Abläufe erläuterte. Durch diese Besprechung bzw. deren Terminierung ist dem Vizepräsidenten des LJPA durch die Staatsanwaltschaft Verden bekannt gegeben worden, dass entsprechende Ermittlungen geführt werden. Zu 71: Die Frage unterstellt fälschlich, es habe im Frühjahr 2013 erste Hinweise auf einen Korruptionsfall im Landesjustizprüfungsamt gegeben. Die auffälligen Notensteigerungen bei einem Kandidaten zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung konnten nicht aufgeklärt werden (siehe Antwort zu Frage 68); insbesondere gab es keinerlei Hinweise auf Bestechlichkeit auf Seiten von Mitarbeitern des Lan- desjustizprüfungsamts. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2565 13 Die Angelegenheit war Gegenstand eines Gesprächs des Justizstaatssekretärs mit dem Präsiden- ten des Landesjustizprüfungsamts, an dem auch die Leiterin der Abteilung I sowie der damalige Leiter der Abteilung IV teilnahmen. Der Angeschuldigte gehörte nicht zum Kreis der Teilnehmer. Zu 72: Das Gespräch fand am 9. April 2013 statt. Gegenstand des Gesprächs war die Frage, ob es genü- gende Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kandidaten gebe. Zu 73: Die Justizministerin hatte Kenntnis von auffälligen Notensteigerungen bei einem Kandidaten und al- len daraus folgenden Maßnahmen seitens des Justizministeriums. Zu 74: Entfällt. Zu 75: Siehe Antwort zu Frage 66. Zu 76: Siehe Antwort zu Frage 66. Zu 77: Siehe Antwort zu Frage 66. Zu 78: Das Justizministerium hat eine Länderumfrage zur Organisation der Landesjustizprüfungsämter in den anderen Bundesländern durchgeführt. Im Rahmen dieser Länderumfrage wurde u. a. gefragt, ob für die dortigen Landesjustizprüfungsämter besondere organisatorische Maßnahmen zur Kor- ruptionsbekämpfung vorhanden oder geplant sind. Zu 79: Die Ergebnisse der Länderumfrage werden derzeit mit Blick auf die Frage ausgewertet, ob in ande- ren Bundesländern Maßnahmen ergriffen wurden, die für die Korruptionsbekämpfung zielführend und auf Niedersachsen übertragbar sind. Die Auswertung erfolgt unter Einbeziehung der Erkennt- nisse aus dem für das LJPA in Überarbeitung befindlichen Gefährdungsatlas und einem Gutachten des Landeskriminalamtes. Zu 80: Entfällt. Zu 81: Es ist aus Sicht der Justizministerin notwendig, im Landesjustizprüfungsamt fortlaufend an der Ver- besserung der Sicherheitsstandards zu arbeiten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 79 verwiesen. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 05.01.2015) Drucksache 17/2565 Antwort auf eine Kleine schriftliche Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Thomas Adasch, Lutz Winkelmann, Volker Meyer, Christian Calderone und Karl-Heinz Klare (CDU), eingegangen am 30.10.2014 Wie weit reicht der Korruptionsfall im Landesjustizprüfungsamt, und welche Folgen hat dieser für die niedersächsische Justiz? Antwort der Landesregierung