Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2647 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2445 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 26.11.2014 Kindertagespflege in Niedersachsen Unter Kindertagespflege versteht man die Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern durch ei- ne geeignete Tagespflegeperson. Sie gehört zum Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und ist im achten Buch des Sozialgesetzbuches geregelt, welches bundesweit gilt. Einige Bundesländer, u. a. auch Niedersachsen, haben weitere Ausführungsbestimmungen erlassen. Die Kindertagespflege hat dieselben Aufgaben wie Kindertageseinrichtungen zu erfüllen. Dazu zäh- len Förderung und Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähi- gen Persönlichkeit, die Unterstützung und Ergänzung des elterlichen Erziehungsauftrages und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, müssen Kindertagespflegepersonen über bestimmte Voraussetzungen verfügen. Zum einen müssen sie da- für geeignet sein und zum anderen über geeignete, kindgerechte Räumlichkeiten verfügen und eine Qualifizierung vorweisen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie ist die Kindertagespflege in Niedersachsen finanziell genau ausgestattet und geregelt? 2. Welcher Betrag wird pro Kind an eine Kindertagespflegeperson in den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten bezahlt, und sieht die Landesregierung diese Beträge als auskömm- lich an? 3. Welchen Betrag sieht die Landesregierung als auskömmlich und empfehlenswert an? 4. Wie viele Kinder befinden sich gegenwärtig in Kindertagespflege in Niedersachsen? 5. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung, um die Qualität in der Kindertages- pflege auszubauen? 6. Was unternimmt die Landesregierung, um eine Gleichbehandlung zwischen Kindertagesstät- ten und Kindertagespflege herzustellen? 7. Wie bewertet die Landesregierung Berichte, nach denen Kindertagespflegepersonen gezielt abgeworben werden sollen, um als dritte Kräfte in der Kindertagesstätte zu arbeiten, und was hält sie von solchen Maßnahmen? 8. Wird das geplante Fortbildungsprogramm zur Sozialassistenz - von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen als Anwerbemaßnahme für die dritte Kraft in Krippen angekündigt - zu einem Abbau der Kindertagespflege und somit auch zu einem Abbau der Betreuungskapazitä- ten insgesamt führen? (An die Staatskanzlei übersandt am 02.12.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2647 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 29.12.2014 - 01-0 420/5-2445 - Die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege ist bundesrechtlich durch das SGB VIII geregelt. Im Landesrecht ist lediglich bestimmt, dass – bei einer Zusammenarbeit von mehreren Tagespflegepersonen (Großtagespflege) mindestens eine Tagespflegeperson als pädagogische Fachkraft qualifiziert sein muss und – dass die vertragliche und persönliche Zuordnung des einzelnen Kindes zu einer bestimmten Tagespflegeperson zu gewährleisten ist, da es sich sonst um die Angebotsform einer Tagesein- richtung für Kinder handelt. Im Gegensatz zu Kindertageseinrichtungen ist die Kindertagespflege eine Angebotsform, für die der überörtliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe auf Landesebene keine Aufsicht und Beratung ausübt. Die Verantwortung für die Umsetzung von Bundesrecht liegt in kommunaler Zuständigkeit. Im Rahmen der Vereinbarungen zum U 3-Ausbau leistet das Land allerdings - analog zu Kinderta- geseinrichtungen - eine Finanzhilfe für Betreuungsangebote in der Kindertagespflege. Über die Voraussetzungen, die eine Tagespflegeperson erfüllen muss, entscheidet die Kommune im Rahmen der Feststellung der Eignung (§ 23 SGB VIII). Zu den Eignungsvoraussetzungen gehö- ren die persönliche Eignung, die Qualifikation und kindgerechte Räumlichkeiten, in denen das An- gebot erbracht werden soll. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Nach § 23 Abs. 2 a SGB VIII wird die Höhe der laufenden Geldleistung von den örtlichen Trägern der Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Aner- kennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen. Die finanzielle Förderung von Kindertagespflege durch das Land Niedersachsen erfolgt auf Basis von Zuwendungen im Rahmen der „Fördergrundsätze für die Gewährung von Zuwendungen zur Verbesserung des Betreuungsangebotes in der Kindertagespflege“. Danach erhalten die örtlichen Kinder- und Jugendhilfeträger Zuschüsse je geleisteter Betreuungsstunde einer Kindertagespflege- person, die die Voraussetzungen nach Nummer 4 der Fördergrundsätze erfüllt, in Höhe von 1,68 Euro für Kinder unter drei Jahren und in Höhe von 0,78 Euro für Kinder über drei Jahren. Daneben wird ein Zuschuss in Höhe von 599 Euro je Kindertagespflegeperson für die Qualifizie- rung, fachliche Beratung und Begleitung von Kindertagespflegepersonen zu den jährlichen Auf- wendungen des örtlichen Trägers der Jugendhilfe oder der Kommune, die die Aufgabe der Kinder- tagespflege wahrnimmt, gewährt. Zu 2: Der Betrag, der pro Kind an eine Kindertagespflegeperson gezahlt wird, ist in den Landkreisen und kreisfreien Städten unterschiedlich, da das Land keinen Gebrauch von einer einheitlichen Regelung im Sinne des § 23 Abs. 2 a Satz 1 SGB VIII gemacht hat. Somit wird die Höhe der laufenden Geld- leistungen an die Kindertagespflegepersonen von den Trägern der örtlichen Jugendhilfe selbst- ständig festgelegt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2647 3 Zu 3: Eine zwischen der Landesregierung und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbän- de Niedersachsens vereinbarte Erhebung zu den Kosten eines Platzes für unter Dreijährige in der Kindertagespflege zum Zwecke einer Revision wurde in diesem Jahr durchgeführt. Es ist vereinbart worden, dass die Ergebnisse dieser Revision einer Anpassung der Förderung der Kindertagespfle- ge zugrunde gelegt werden. Da das Ergebnis dieser Revision nach der erforderlichen Erörterung mit den Spitzenverbänden erst im Laufe des Jahres 2015 vorliegen wird, kann zum jetzigen Zeit- punkt kein Betrag genannt werden, der als auskömmlich und empfehlenswert erachtet wird. Nach dem Abschluss der Verhandlungen sollen die Fördergrundsätze rückwirkend zum 1. Januar 2015 bis zum Inkrafttreten des novellierten KiTaG und unter Einbeziehung des Revisionsergebnisses verlängert werden. Zu 4: Gemäß der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe befanden sich zum Stichtag 1. März 2014 insge- samt 21 308 Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren in öffentlich geförderter Kindertagespflege. Zu 5: Die Kindertagespflege unterlag in den vergangenen Jahren einer sehr hohen Dynamik im Ausbau von Betreuungsplätzen und in der qualitativen Verbesserung des Angebots. Wurden im Jahr 2006 lediglich 3 853 Kinder in der Kindertagespflege betreut, sind es zum 1. März 2014 (Kinder- und Ju- gendhilfestatistik des Bundes) bereits 21 308 Kinder zwischen 0 und 14 Jahren. Den größten Anteil machen dabei mit 11 936 die unter dreijährigen Kinder aus, was einer Betreuungsquote von 6,3 % entspricht. Auch die Anzahl an Kindertagespflegepersonen hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen: Im Jahr 2006 waren 2 408 Personen in der Kindertagespflege beschäftigt, in 2014 waren es bereits 6 353 Personen. Eine Qualitätssteigerung bildet sich in der Anzahl der Personen mit abgeschlossenem Qualifizie- rungskurs ab. Im Jahr 2006 konnten lediglich rund 24 % der Tagespflegepersonen einen abge- schlossenen Qualifizierungskurs vorweisen, heute ist dieser Anteil auf rund 86 % gestiegen. Dieser Anstieg von qualifizierten Tagespflegepersonen dürfte nicht zuletzt dadurch begründet sein, dass das Land diese Grundqualifikation von 160 Stunden zur Voraussetzung für die Zahlung der Finanz- hilfe in der Kindertagespflege gemacht. Damit Fachberatung, Grundqualifizierung und weitere Fort- und Weiterbildung gesichert werden kann, zahlt das Land den für die Tagespflege zuständigen ört- lichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe seit 2011 für diesen Zweck eine Pauschale von 599 Eu- ro pro Kindertagespflegeperson und Jahr. Aufbauend auf die Grundqualifikation wurde 2012 eine 400 Stunden umfassende Aufbauqualifizie- rung für die Kindertagespflege entwickelt, die zusätzliche fachliche Impulse für die qualitative Wei- terentwicklung der Kindertagespflege setzt. Im Rahmen der Novellierung des KiTaG ist geplant, die Fördergrundsätze in eine gesetzliche Re- gelung einfließen zu lassen. Zu 6: Kindertageseinrichtungen sind gruppenbezogene Angebote der Kindertagesbetreuung. Kinderta- gespflege ist ein familiennahes, personenbezogenes und auf die Betreuungsbedarfe eines einzel- nen Kindes abgestimmtes Angebot der Kindertagesbetreuung. Beide Angebote können den Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot für ein- sowie zweijährige Kinder erfüllen. Insofern ist die Kindertagespflege insbesondere für Kinder unter drei Jahren ein gleichwertiges, aber kein gleichartiges Angebot. Für beide Angebote gelten die jeweiligen bundes- und landesrechtlichen Regelungen. Zu 7: Berichte dieser Art liegen dem Kultusministerium nicht vor. Die Akquise von geeigneten Fach- und Betreuungskräften als dritte Kräfte in Krippengruppen ist Angelegenheit der Träger von Kinderta- gesstätten. Nach den Bestimmungen des Haushaltbegleitgesetzes 2015 wird das Mindestqualifika- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2647 4 tionserfordernis für dritte Kräfte eine Sozialassistentin mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik oder ein Sozialassistent mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik sein. Eine Qualifizierung zur Kinderta- gespflegeperson ist für den Gruppendienst in Kindertageseinrichtungen nicht ausreichend. Zu 8: Sozialassistentinnen und Sozialassistenten mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik werden in einer zweijährigen Berufsfachschule (BFS) ausgebildet. Der erfolgreiche Abschluss dieser Berufsfach- schule berechtigt zur Führung der Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfte Sozialassistentin“ oder „Staatlich geprüfter Sozialassistent“. Er ist berufsqualifizierend und stellt gleichzeitig die Aufnahme- voraussetzung für die Fachschule (FS) - Sozialpädagogik - dar, die zum Abschluss „Staatlich aner- kannte Erzieherin“ oder „Staatlich anerkannter Erzieher“ führt. Die Ausbildungen zur Sozialassistentin oder zum Sozialassistenten und zur Erzieherin oder zum Erzieher sind sowohl inhaltlich als auch formal eng miteinander verzahnt. Neben dem regulären Einstieg in die BFS eröffnet Niedersachsen vielen am Erzieherberuf Interes- sierten mit bisher anderweitiger Ausbildung und Berufserfahrung neue Ausbildungschancen. Ent- sprechend der beruflichen oder schulischen Vorbildung wird eine pauschale Anrechnung auf die Ausbildungszeit gewährt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der individuellen Anrechnung von im Inland oder Ausland erworbenen einschlägigen Vorbildungen und Erfahrungen. Unter Beibehal- tung der Qualitätsstandards der niedersächsischen Erzieherausbildung ist somit über diesen „Sei- teneinstieg“ in kürzerer Zeit ein Berufsabschluss zu erwerben. Die von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern bevorzugte Ausbildung in Teilzeit wird mit steigender Nachfrage an weiteren Standorten eingerichtet, sodass auch eine berufsbegleitende und somit finanziell abgesicherte Fachschulausbildung zunehmend möglich wird. Das Erlangen des Berufsabschlusses „Staatlich geprüfte Sozialassistentin“ oder „Staatlich geprüfter Sozialassistent“ kann lediglich über eine Fort- und Weiterbildung nicht erreicht werden. Ob sich Kindertagespflegepersonen zunehmend für einen schon jetzt möglichen Quereinstieg in die Ausbildung zur Sozialassistenz oder zur Erzieherin oder zum Erzieher interessieren, kann nicht be- urteilt werden. Hier bilden im Wesentlichen die persönlichen Voraussetzungen für die Einzelnen die Entscheidungsgrundlage. Auch zielt eine Weiterbildung nicht unbedingt darauf ab, aus der Kinder- tagespflege in die Kindertagesstätte zu wechseln. So muss in der Großtagespflege, in der mehr als acht Kinder durch mehrere Tagespflegepersonen gleichzeitig betreut werden, eine Tagespflege- person eine pädagogische Fachkraft sein. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann (Ausgegeben am 07.01.2015) Drucksache 17/2647 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2445 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 26.11.2014 Kindertagespflege in Niedersachsen Antwort der Landesregierung