Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2652 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2296 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten André Bock (CDU), eingegangen am 30.10.2014 Stau in der Winsener Innenstadt dank der gesperrten Luhebrücke: Hat die Landesregierung kein Ohr für die Sorgen der Gewerbetreibenden in Winsen? Seit Januar 2014 besteht eine Sperrung der Winsener Luhebrücke (Landesstraße 234, Hansestra- ße), da der Bau einer neuen Brücke über die Luhe erforderlich geworden war. Zugesagt war ur- sprünglich, dass die neue Brücke Ende Oktober 2014 befahrbar sein sollte. Mehrmonatige Bauver- zögerungen führen dazu, dass die Bewohner der Stadt Winsen und vor allem die Gewerbetreiben- den nun schon über einen längeren Zeitraum einer großen Belastung ausgesetzt sind. Der Verkehr, der derzeit nicht mehr über die Hansestraße abfließen kann, nimmt den Weg durch die Winsener Innenstadt. Dem Einzelhandel und den Gewerbetreibenden brechen seit der Vollsperrung der Hansestraße über einen nun noch längeren Zeitraum die Umsätze weg. In einem Brief des Ministers für Wirt- schaft, Arbeit und Verkehr an den Landtagsabgeordneten André Bock (CDU) wird argumentiert, dass die Verzögerung dem Auftragnehmer anzulasten sei, da bei der Überprüfung der Bohrpfahl- gründung der Brücke nicht die erforderliche Tragfähigkeit nachgewiesen werden konnte. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Nach welchem Vergabeverfahren wurde dem Auftragnehmer für den Bau der Luhebrücke der öffentliche Auftrag erteilt? 2. Falls der Auftrag nicht öffentlich ausgeschrieben worden ist: Warum nicht? 3. Welches waren - mit welcher Gewichtung - die Zuschlagskriterien? 4. Gab es Mitbewerber, die bezüglich der Aufgabe mehr Kompetenz und Erfahrung vorzuweisen hatten als der Auftragnehmer, der letztendlich den Zuschlag erhalten hat? 5. Wie hoch wurde der Auftragswert ursprünglich bei der Auftragsvergabe geschätzt, und wie hoch liegt dieser gegenwärtig nach Feststellung der baulichen Verzögerungen durch die Überprüfung der Bohrpfahlgründungen und der „Mikropfähle“? 6. In welcher Höhe wurden bisher Haushaltsmittel für den Neubau der Luhebrücke bereitge- stellt? 7. Hat es nach den neueren Erkenntnissen zu den baulichen und zeitlichen Verzögerungen Zah- lungen aus Mitteln des Landes gegeben (wenn ja, bitte Summe nennen)? 8. Wenn die mehrmonatigen Verzögerungen allein beim Auftragnehmer liegen: Wurde geprüft, ob ihm der Auftrag entzogen werden kann und ein anderer Auftragnehmer mehr Kompetenz und Erfahrung auf diesem Gebiet vorweist? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? 9. Wie hoch schätzt die Landesregierung die durch die mehrmonatige Verzögerung entstehen- den wirtschaftlichen Schäden für die Gewerbetreibenden vor Ort ein? 10. Wie hoch schätzt die Landesregierung die durch die mehrmonatige Verzögerung entstehen- den Straßenschäden ein, die aufgrund der monatelangen Umleitungen durch den Pkw- und Lkw-Verkehr auf den Straßen von Winsen entstehen? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2652 2 11. Obwohl zum Schutz von Fischotter und Fledermaus eine Einschränkung der Bauzeit vorge- geben ist, finden bereits Gespräche statt - so der Minister in seinem Schreiben -, um die Ar- beiten zu forcieren. Wer hat mit wem diese Gespräche geführt und mit welchen Ergebnissen? 12. Welche Maßnahmen wurden darüber hinaus geprüft, um eine Beschleunigung des Baus zu erreichen, und mit welchen Ergebnissen? 13. Dürfen die Winsener damit rechnen, dass sie spätestens im Februar 2015 wieder über eine intakte Luhebrücke fahren können? (An die Staatskanzlei übersandt am 06.11.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 17.12.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/2296/Luhebrücke - Das Brückenbauwerk über die Luhe befindet sich in der Ortslage Winsen (Luhe) im Zuge der Lan- desstraße 234 (Hansestraße). Mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung von 13 500 Kfz/24 h und einem starken Radfahrer- und Fußgängerverkehr stellt die Landesstraße 234 eine wichtige innerstädtische Verbindung dar. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Brücke dem hohen Lastaufkommen nicht mehr gewach- sen ist und den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht. Ein Neubau der Brücke war damit unumgänglich. Da die Baumaßnahme Auswirkungen auf das angrenzende FFH-Schutzgebiet „Gewässersystem der Luhe und der unteren Neetze“ hat, sollten diese so gering wie möglich gehalten werden. Im Planfeststellungsbeschluss wurden daher zahlreiche Vermeidungs- bzw. Schutzmaß- nahmen, wie z. B. die Einschränkung des täglichen Baustellenbetriebes auf die Tagzeit, vorgese- hen. Die Bekanntmachung der öffentlichen Ausschreibung für den Ersatzneubau erfolgte am 30. August 2013 in den üblichen nationalen Veröffentlichungsplattformen. Zum Termin der Angebotsöffnung lagen elf Angebote vor. Bis auf einen waren alle Bieter präqualifiziert. Nach Angebotsprüfung und Wertung wurde der Zuschlag auf das Angebot der Firma Hofschröer GmbH & Co. KG aus Lingen erteilt. Der Baubeginn mit Sperrung der Hansestraße in Winsen erfolgte am 20. Januar 2014. Nach Her- stellung der Bohrpfähle wurden dynamische Probebelastungen durchgeführt. Dabei wurde festge- stellt, dass die Bohrpfähle nicht die erforderliche Tragfähigkeit aufwiesen. Weiterführende Untersu- chungen ergaben, dass die Sande im Bereich der Bohrpfähle eine zu geringere Lagerungsdichte aufweisen, worauf die verminderte Tragfähigkeit der Bohrpfähle zurückgeführt werden kann. Gleichzeitig wurde der Baugrund durch das Einbringen der Bohrpfähle unwiederbringlich verändert, sodass die Ursache der zu geringen Lagerungsdichte letztendlich nicht eindeutig aufzuklären und damit nicht eindeutig dem Auftragnehmer anzulasten ist. Vor Abschluss der weiterführenden Untersuchungen hatte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) ein alleiniges Verschulden des Auftragnehmers angenom- men. Dies wurde auch Herrn MdL André Bock seinerzeit mit Schreiben vom 6. August 2014 mitge- teilt. Um die verminderte Tragfähigkeit der Bohrpfähle auszugleichen, wurden bis zum 4. Novem- ber 2014 zusätzliche Mikropfähle in den Baugrund eingebracht. In Anbetracht der Verkehrsbedeu- tung der Landesstraße und der bekannten Belastungen für Anwohner und Gewerbetreibende in Winsen konnte der Geschäftsbereich Lüneburg der NLStBV in Abstimmung mit der Planfeststel- lungsbehörde, der unteren Naturschutzbehörde und der Aktion Fischotterschutz eine Ausweitung Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2652 3 des Baustellenbetriebs unter bestimmten Auflagen ermöglichen. Nach aktuellem Stand ist die Fer- tigstellung der Brücke für April 2015 geplant. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Auftrag wurde im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung erteilt. Zu 2: Entfällt. Zu 3: Das Zuschlagskriterium war zu 100 % der Preis. Zu 4: Alle Bewerber, welche für den Zuschlag in Betracht kamen, waren geeignet. Ein „Mehr“ an Eignung ist nicht ausschlaggebend. Zu 5: Die Auftragssumme beträgt 1 565 494,39 Euro (brutto). Nach derzeitigem Bearbeitungsstand wur- den infolge bautechnischer und bauzeitlicher Änderungen insgesamt Nachträge in Höhe von 551 854 Euro beauftragt. Zu 6: Die Ausgaben mit Stand vom 19. November 2014 betrugen 975 000 Euro. Zu 7: Ja, seit Bekanntgabe der neueren Erkenntnisse wurden Nachtragszahlungen in Höhe von 283 700 Euro vonseiten des Landes geleistet. Zu 8: Ob die mehrmonatigen Verzögerungen ausschließlich vom Auftragnehmer zu vertreten sind, lässt sich nicht sicher feststellen (siehe Vorbemerkung). In Anbetracht der Qualifikation der Firma und der rechtlich nicht eindeutigen Sachlage wurde eine Kündigung des Vertrages als nicht zielführend erachtet. Sie hätte zu weiteren, deutlichen Bauverzögerungen geführt und somit die Belastungen für Anwohner, Gewerbetreibende und Verkehrsteilnehmer erheblich erhöht. Zu 9: Die Zufahrten zu den Grundstücken von Gewerbetreibenden werden durch die Baumaßnahme nicht unterbrochen. Jedoch verlagern sich durch die baubedingte Umleitung die Verkehrsströme in- nerhalb der Stadt Winsen. Dies wirkt sich auf die Frequentierung der Gewerbetriebe unterschiedlich aus und führt erfahrungsgemäß auch zu entsprechenden Umsatzveränderungen, deren Höhe nicht pauschal beziffert werden kann. Zu 10: Auf den Umleitungsstrecken waren Straßenschäden zu erwarten. Der zusätzliche Schaden durch die jetzige Bauzeitverlängerung wird eher als gering eingeschätzt. Zu 11: Siehe Vorbemerkungen. Zu 12: Um den Fertigstellungstermin April 2015 trotz der bevorstehenden Wintermonate gewährleisten zu können, wird die ausführende Firma - soweit es der Bauablauf erfordert bzw. die Witterung zulässt - folgende Maßnahmen ergreifen: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2652 4 – Einsatz einer zusätzlichen Kolonne für Schalungs- und Bewehrungsarbeiten sowie Mauerwerks - und Erdarbeiten, – Samstagsarbeit, Ausweitung der täglichen Arbeitszeit, – Zusätzliche Winterbaumaßnahmen (z. B. vorgewärmter Beton, Erwärmung der Hüllrohre zum Verpressen der Spannglieder), – geänderte Bautechnologie (z. B. anderes Abdichtungssystem). Zu 13: Nach jetzigem Stand erfolgt die Fertigstellung im April 2015. Olaf Lies (Ausgegeben am 08.01.2015) Drucksache 17/2652 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2296 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten André Bock (CDU), eingegangen am 30.10.2014 Stau in der Winsener Innenstadt dank der gesperrten Luhebrücke: Hat die Landesregierung kein Ohr für die Sorgen der Gewerbetreibenden in Winsen? Antwort der Landesregierung