Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2692 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2407 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Kai Seefried (CDU), eingegangen am 19.11.2014 Sind behördliche Überprüfungen im Abwasserbereich notwendig und gerechtfertigt? Nach Änderungen des Niedersächsischen Wassergesetzes und der Abwasserverordnung unterlie- gen pflanzliche Nachkläranlagen erhöhten Anforderungen und behördlichen Überprüfungen. Diese zusätzliche behördliche Überprüfung soll nach Aussage von Betroffenen jährliche Kosten in Höhe von ca. 212 Euro verursachen und wird bei mechanischen Nachkläranlagen nicht durchgeführt. In einigen Regionen unseres Landes gibt es für Hauseigentümer aufgrund der örtlichen Gegebenhei- ten, insbesondere in ländlichen Gebieten, keine Möglichkeit für einen Anschluss an das öffentliche Abwassersystem. In diesen Fällen sind die Bürgerinnen und Bürger auf die Errichtung und den Be- trieb einer Kleinkläranlage angewiesen. Hier gibt es unterschiedliche Ausführungen in Form von pflanzlichen Nachklärungen oder mit festen Bauwerken wie einem Betontropfkörper. Diese Anlagen müssen regelmäßig gewartet und überprüft werden, sodass die Hauseigentümer finanziell eher ei- ne höhere Belastung zu tragen haben, als wenn sie an das öffentliche Abwassersystem ange- schlossen wären. Durch die zusätzlichen behördlichen Überwachungen sind diese Kosten gestie- gen, was in der Folge zu einer Belastung der Eigentümer insbesondere von pflanzlichen Kläranla- gen führt. Dabei gibt es zahlreiche Untersuchungen die belegen, dass die Pflanzenbeete bessere Ablaufwerte haben, was den Kohlenstoffabbau angeht, als die sogenannten technischen Anlagen. Zusätzlich werden Krankheitskeime eliminiert, wie das Umweltbundesamt bereits im Jahr 1994 festgestellt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgt die behördliche Überwachung von Pflanzenkläran- lagen? 2. Erfolgt die behördliche Überprüfung landesweit vergleichbar und nach einheitlichen Vorga- ben? 3. Gibt es für die Überwachungsbehörden einen eigenverantwortlichen Spielraum für die zeitli- chen Intervalle der Überprüfungen, wenn z. B. Anlagen regelmäßig positive Werte aufweisen, sodass es hier auch zu einer Reduzierung der behördlichen Überprüfungen kommen kann? 4. Ist die verstärkte Überwachung der pflanzlichen Nachklärungen im Gegensatz zu einem Be- tontropfkörper wirklich berechtigt? Gibt es entsprechendes Datenmaterial, welches die Ver- schärfung belegt? 5. Auf welcher Basis erfolgt die Kostenfestsetzung für die behördliche Überwachung? Sind diese Kosten landesweit einheitlich? 6. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten für eine finanzielle Unterstützung der Hauseigentü- mer für einen Umbau ihrer bisherigen Pflanzennachklärung, z. B. zu einem Betontropfkörper, um zu einer Reduzierung der Überwachungskosten zu kommen? 7. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf, die derzeitige Abwasserverordnung zu verän- dern und die Belastung für pflanzliche Nachklärungen zu reduzieren? (An die Staatskanzlei übersandt am 01.12.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2692 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 05.01.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/02-0070 - Abwasseranlagen, zu denen auch Kleinkläranlagen zählen, müssen gemäß § 60 Abs. 1 des Geset- zes zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) bei Errichtung, Betrieb und Unterhaltung den Anforderungen an die Abwasserbeseitigung sowie im Übrigen dem Stand der Technik bzw. den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Mit Änderung der Abwasserverordnung des Bundes (AbwV) im Jahr 2002 wurden auch Kleinklär- anlagen - und dazu zählen auch Pflanzenkläranlagen - in den Geltungsbereich der AbwV mit auf- genommen. Kleinkläranlagen sind so zu errichten, betreiben und unterhalten, dass die Mindestan- forderungen des Anhang 1 der AbwV an das Einleiten von Abwasser eingehalten werden. Hierbei handelt es sich um den Stand der Technik. Um die Anforderungen gemäß dem Stand der Technik erfüllen zu können, müssen Kleinkläranlagen mindestens aus einer mechanischen und einer biolo- gischen - natürlich oder technisch belüfteten - Reinigungsstufe bestehen. Anlagen ohne Abwasser- belüftung wie z. B. Untergrundverrieselungen, Filtergräben oder Sickerschächte, die noch nach DIN 4261 Teil 1 von 1991 errichtet wurden, entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. Durch die v. g. Änderung der AbwV im Jahr 2002 sind die Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser im Rahmen der behördlichen Einleiterüberwachung zu überprüfen. Ausgenommen hiervon sind alle Kleinkläranlagen - und damit auch Pflanzenkläranlagen - mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung. Das Land Niedersachsen hat Übergangsregelungen erlassen, um für Betreiber einer Kleinkläranla- ge - und damit auch Pflanzenkläranlagen - ohne allgemeine bauaufsichtliche Zulassung sich aus der o. g. Verordnungsänderung im Einzelfall unter Umständen ergebende unverhältnismäßige Nachteile zu vermeiden. So dürfen bestehende Kleinkläranlagen bis zum Ende ihres sogenannten Abschreibungszeitraums weiterbetrieben werden. Das sind im Sinne entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 96 Abs. 6 Satz 3 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) 15 Jahre ausgehend vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage oder der letztmaligen wesentli- chen Änderung (spätester Beginn des Abschreibungszeitraumes ist der 31.12.2002). Zudem wurde die seit Änderung der AbwV im Jahr 2002 erforderliche behördliche Überwachung der Ablaufwerte von Kleinkläranlagen für die Dauer des Abschreibungszeitraumes ausgesetzt, längstens bis zum 31.12.2017. Auf diese Weise ist für Betreiber von Kleinkläranlagen eine begünstigende Übergangs- frist von 15 Jahren geschaffen worden. Erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt eine behördliche Über- wachung. Dabei wird geklärt, ob die Kleinkläranlage an die gesetzlichen Anforderungen anzupas- sen ist oder ob sie weiterbetrieben werden darf. In den Fällen, in denen die Anlage weiterbetrieben werden darf, ist sie nach den gesetzlichen Vorgaben auch behördlich zu überwachen. Neubauten von Pflanzenkläranlagen ohne allgemeine bauaufsichtliche Zulassung gemäß Arbeits- blatt DWA-A 262 sind bereits ab Inbetriebnahme behördlich zu überwachen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. Zu 2: Grundlage für die behördliche Überwachung sind die bundes- und landesrechtlichen Regelungen. Nach der AbwV sind die Ablaufwerte von Kleinkläranlagen, die über keine allgemeine bauaufsichtli- che Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik verfügen, behördlich zu überwachen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2692 3 Die behördliche Überwachung der Ablaufwerte führt die untere Wasserbehörde oder für sie eine staatliche Untersuchungsstelle oder eine staatlich anerkannte Untersuchungsstelle entsprechend der Verordnung über staatlich anerkannte Untersuchungsstellen der wasser- und abfallrechtlichen Überwachung (AbwUStV ND) durch. Zu 3: Nach der Verordnung über die Behandlung von kommunalem Abwasser richtet sich die Mindest- zahl jährlicher Probenahmen im Rahmen der Gewässeraufsicht nach der Größe der Abwasserbe- handlungsanlagen. Für Anlagen kleiner als 2 000 Einwohnerwerte, so auch für Kleinkläranlagen, gibt es keine Festlegungen. Die Häufigkeit der behördlichen Überwachung trifft die untere Wasser- behörde auf Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermes- sens. Die unteren Wasserbehörden haben bei den von Ihnen zu treffenden eigenverantwortlichen Festle- gungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Angemessenheit und Zumutbarkeit) zu beachten. Die Anzahl behördlicher Überwachungen ist begründet mit Augenmaß festzulegen, um den Ge- wässerschutz zu gewährleisten, aber gleichzeitig den Bürger nicht übermäßig zu belasten. Zu 4: Grundsätzlich unterliegt jeder Betreiber einer Kleinkläranlage gemäß § 100 WHG i. V. m. § 101 WHG und § 128 NWG der behördlichen Einleiterüberwachung im Rahmen der Gewässeraufsicht. Um einen praktikablen Vollzug der AbwV durch die unteren Wasserbehörden zu ermöglichen, wur- de in Anhang 1 Abschnitt C Abs. 4 der AbwV eine Einhaltefiktion definiert. Danach gelten die Min- destanforderungen als eingehalten, wenn eine durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassung zuge- lassene Abwasserbehandlungsanlage nach Maßgabe der Zulassung eingebaut und betrieben wird. Alle übrigen Kleinkläranlagen - auch Pflanzenkläranlagen - sind entsprechend der AbwV zu über- wachen. Insofern besteht kein erhöhter Kontrollaufwand für diese Anlagen, da die Rahmenbedin- gungen für alle zu überwachenden Kleinkläranlagen identisch sind. Zu 5: Nach § 100 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, den Zustand der Gewässer sowie die Er- füllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach dem WHG oder nach dem NWG bestehen oder begründet werden. Die Gewässeraufsicht umfasst neben der Zustands- aufsicht auch die Aufsicht darüber, ob eine Gewässerbenutzung befugt ist oder ob die erteilten Auf- lagen und Benutzungsbedingungen eingehalten werden. § 126 NWG bestimmt, wer in welchen Fäl- len die Kosten der Gewässeraufsicht zu tragen hat. In Angelegenheiten der Abwasser- und Was- seruntersuchungen werden die Gebühren grundsätzlich nach der Verordnung über Gebühren für Untersuchungen der wasser- und abfallrechtlichen Überwachung (GOU) vom 22.12.1998 berech- net und erhoben. Mit der Änderung der AbwUStV ND vom 23.04.2010 findet die GOU für die staatlich anerkannten Untersuchungsstellen keine Anwendung mehr. Die Untersuchungsstellen haben ihren Aufwand nunmehr auf privatrechtlicher Basis der unteren Wasserbehörde in Rechnung zu stellen. Für staat- liche Untersuchungsstellen findet die GOU hingegen weiterhin Anwendung. Zu 6: Nein. Im niedersächsischen Landeshaushalt sind für die Abwasserbeseitigung - so auch für Klein- kläranlagen - keine Mittel vorgesehen. Zu 7: Nein. Nachdem bereits 1995 die dezentrale Abwasserbeseitigung mit Kleinkläranlagen im NWG als eine gleichwertige Dauerlösung gesetzlich abgesichert worden ist, ist mit der im Jahr 2002 erfolgten Änderung der AbwV auch in Hinblick auf die behördliche Überwachung eine Gleichstellung von de- zentraler und zentraler Abwasserbeseitigung erfolgt. Für die zu überwachenden Kleinkläranlagen gelten seitdem identische Rahmenbedingungen. Die bundes- und landesgesetzlichen Regelungen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2692 4 lassen keine Ausnahmen zu. In der Folge können keine finanziellen Privilegien für Pflanzenkläran- lagen definiert werden. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 13.01.2015) Drucksache 17/2692 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2407 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Kai Seefried (CDU), eingegangen am 19.11.2014 Sind behördliche Überprüfungen im Abwasserbereich notwendig und gerechtfertigt? Antwort der Landesregierung