Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/2744 neu*) 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2535 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 03.12.2014 Auflösung des Vertrages des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Hannover Mit Pressemitteilung vom 23.07.2014 erklärte die Sparkasse Hannover, dass der Vorsitzende der Sparkasse aus persönlichen Gründen sein Amt mit Wirkung zum 31.12.2014 niederlegt und dass der Verwaltungsrat in einer Sondersitzung der Vertragsauflösung zugestimmt habe. Bis zum Jahresende nehme der Vorstandsvorsitzende Sonderurlaub und berate die verbliebenen Vorstandskollegen . Der Verwaltungsratsvorsitzende Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) und der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Regionspräsident Hauke Jagau (SPD) bedauerten diesen Schritt und würdigten die Verdienste des Vorstandsvorsitzenden. Am 23.07.2014 berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ): „Über den Anlass für die völlig überraschende Vertragsauflösung vereinbarten alle Beteiligten Stillschweigen . Es heißt, es gehe um ‚persönliche Gründe‘; sie liegen offenbar nicht bei K. direkt, sondern im familiären Bereich. (...) Nach Informationen der HAZ war erst am Dienstagabend zu der Verwaltungsratssitzung eingeladen worden, einziger Tagesordnungspunkt: die Personalie W. K. Der Verwaltungsratsvorsitzende, Oberbürgermeister Stefan Schostok, und sein Stellvertreter, Regionspräsident Hauke Jagau (beide SPD), hatten sich vor der Verwaltungsratssitzung mit K. getroffen . Bei dem Gespräch wurde der Auflösungsvertrag unterzeichnet, gemeinsam gingen die drei dann in die Verwaltungsratssitzung. Offenbar fragte kein Mitglied des Verwaltungsrates nach den Gründen für den überraschenden Abgang des Sparkassenchefs. (...) Schostok lobte auch die Impulse , die K. durch seine Mitarbeit in Aufsichtsgremien anderer Unternehmen gegeben habe. K. gilt bei den Mitarbeitern der Sparkasse, aber auch in der Stadtgesellschaft als beliebt.“ Die HAZ berichtete am 24.07.2014 zu den Hintergründen der Entscheidung: „Alle Beteiligten, die genauere Details kennen, hüllen sich in Schweigen - das heizt die Gerüchteküche an. Menschen, die es wissen müssten, sind sich sicher, dass es sich um einen verkappten Rauswurf handelt. K. soll selbst die Gründe dafür geliefert haben. ‚Der Verwaltungsratsspitze blieb nichts anderes übrig, als seine Ablösung zu betreiben‘, erklärte ein Insider. Allerdings gibt es auch Vermutungen, dass hinter den Vorgängen eine Intrige stecken könnte, deren Urheber im ‚politischen Raum‘ zu finden seien.“ Die Bild am Sonntag berichtete am 30.11.2014, dass Anlass für die überraschende Amtsniederlegung , den Abschluss des Aufhebungsvertrages und den Sonderurlaub Vorwürfe von zwei Mitarbeiterinnen der Sparkasse gewesen seien, wonach der Vorstandsvorsitzende diese sexuell belästigt habe. Durch Oberbürgermeister Schostok zur Rede gestellt, habe der Vorstandsvorsitzende die Vorwürfe bestritten. Im Hinblick auf die strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe wird Oberbürgermeister Schostok wie folgt zitiert: „Zum damaligen wie heutigen Zeitpunkt lagen hierfür nach meinem Kenntnisstand keine strafrechtlich relevanten Gründe vor.“ Weiter heißt es in dem Bericht, dass der heutige Ministerpräsident Stephan Weil, der früher Verwaltungsratschef der Sparkasse gewesen sei, in dieser Funktion den Vorstandsvorsitzenden wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen ermahnt haben soll. * ) Die Drucksache 17/2744 - ausgegeben am 19.01.2015 - ist durch diese Fassung zu ersetzen. Der Name des Betroffenen wurde anonymisiert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2744 2 Die HAZ berichtete am 30.11.2014 in ihrer Onlineausgabe: „Schon vor dem jüngsten Vorfall soll der damalige Chef des Gremiums, der heutige Ministerpräsident Stephan Weil, K. wegen Anzüglichkeiten gegenüber Mitarbeiterinnen ermahnt haben. ‚Herrn Schostok hat es jetzt gereicht, und er hat die Konsequenzen gezogen‘, sagt ein Gremiumsmitglied. Allerdings verzichtete der Verwaltungsrat darauf, K. zu feuern und eine strafrechtliche Verfolgung der Vorgänge anzustreben. ‚Es hieß, man wolle ihm die Zukunft nicht verbauen, heißt es aus dem Gremium. Um welche Vorfälle es konkret ging, wusste offenbar nur die Spitze des Verwaltungsrates , an der neben Schostok auch Regionspräsident Hauke Jagau steht. Am Ende einigten sich beide Seiten auf das, was Beteiligte heute einen ‚goldenen Handschlag‘ nennen. So erhalte K. bis zum Jahresende sein Gehalt - und dürfe bis dahin auch noch seinen Dienstwagen nutzen, heißt es.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Kenntnisse hat sie in Bezug auf die überraschende Auflösung des Vertrages des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Hannover? 2. Sind Mitglieder der Landesregierung im Vorfeld der Veröffentlichung der Vertragsaufhebung über die Vorgänge unterrichtet worden? Wenn ja, wer vom wem und über welchen Inhalt? 3. Haben sich Mitglieder der Landesregierung in irgendeiner Weise, z. B. durch Stellungnahmen, Ratschläge, Erörterungen oder Ähnliches, in die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung des Verwaltungsrates bzw. einzelner Mitglieder des Verwaltungsrates in Bezug auf die eingangs dargestellten Vorgänge eingebracht? 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob und inwieweit der damalige Verwaltungsratschef und heutige Ministerpräsident Stephan Weil den Vorstandsvorsitzenden wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung ermahnt hat? 5. Wie bewertet sie die eingangs dargestellte Vermutung, dass es sich bei den Vorwürfen um eine Intrige aus dem politischen Raum handeln könnte? 6. Wie bewertet sie die eingangs dargestellte Aussage, dass es sich bei den Vereinbarungen des Aufhebungsvertrages um einen sogenannten goldenen Handschlag handele? 7. In welcher persönlichen Beziehung steht Ministerpräsident Weil zum Vorstandsvorsitzenden? 8. Hat der Ministerpräsident mit dem Vorstandsvorsitzenden über die o. g. Vorwürfe gesprochen ? Wenn ja, wann? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.12.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Finanzministerium Hannover, den 08.01.2015 - 41 – 105 – 2100 (36) - Nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Sparkassengesetzes (NSpG) ist der Verwaltungsrat das oberste Organ der Sparkasse. Seine Mitglieder sind zur Verschwiegenheit, insbesondere über vertrauliche Angelegenheiten und Geheimnisse der Sparkasse verpflichtet (§ 15 Abs. 1 Satz 1 NSpG). Dies gilt auch für die Zeit nach Beendigung der Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 3 NSpG). Der Verwaltungsrat ist Aufsichts- und Kontrollorgan und ihm sind neben geschäftspolitischen und organisatorischen auch wichtige personelle Aufgaben zugewiesen. Der Verwaltungsrat stellt die Mitglieder des Vorstands an (§ 16 Abs. 2 Satz 1 NSpG). Mit Zustimmung des Trägers bestellt er die Vorstandsmitglieder (§ 9 Abs. 2 NSpG) und bestimmt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden des Vorstands (§ 16 Abs. 2 Satz 2 NSpG). Der Verwaltungsrat kann die Bestellung zum Mitglied des Vorstands und die Ernennung zur oder zum Vorsitzenden aus Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2744 3 wichtigem Grund widerrufen. Auch für dienstrechtliche Maßnahmen hinsichtlich der Vorstandsmitglieder ist der Verwaltungsrat zuständig (§ 21 Abs. 3 NSpG). Mitwirkungsbefugnisse des Finanzministeriums als Sparkassenaufsichtsbehörde bestehen bei personellen Maßnahmen nicht. Im Falle von bankaufsichtsrechtlichen Verstößen, die vorsätzlich oder leichtfertig begangen worden sind, kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Abberufung von Vorstandsmitgliedern verlangen (§ 36 des Kreditwesengesetzes [KWG]). Hierzu zählt insbesondere eine mangelnde persönliche oder fachliche Eignung. Anzeige- und Berichtspflichten nach dem KWG ermöglichen es der BaFin, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Herr Minister Schneider als Mitglied der Landesregierung hat Kenntnis darüber, dass Herr K. aus persönlichen Gründen aus dem Dienst der Sparkasse ausgeschieden ist. Zu 2: Ja, Herr Minister Schneider wurde vom stellvertretenden Verwaltungsratsvorsitzenden über die bevorstehende Vertragsauflösung informiert, der darauf verwies, dass ausschließlich persönliche und keine sparkassenrechtlich relevanten Gründe vorlagen. Zu 3: Nein. Zu 4: Für Herrn Ministerpräsidenten Weil wird auf die einleitenden Ausführungen zu § 15 NSpG verwiesen . Zu 5 und 6: Die Landesregierung beteiligt sich nicht an Mutmaßungen. Zu 7: Herr Ministerpräsident Weil war vor seinem Amtsantritt Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover und Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse Hannover. Er stand in einer dienstlichen Beziehung zu Herrn K. , nicht in einer persönlichen. Zu 8: Es wird auf die einleitenden Ausführungen zu § 15 NSpG verwiesen. Peter-Jürgen Schneider (Ausgegeben am 12.03.2015)