Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2988 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2532 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 03.12.2014 Auswahlverfahren für angehende Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen Die Lehrerinnen und Lehrer an Niedersachsens Schulen haben einen erheblichen Anteil am Bil- dungserfolg unserer Schülerinnen und Schüler. Das belegt nicht zuletzt die auch bei uns erschie- nene Studie des neuseeländischen Pädagogen John Hattie. Die Studie zeigt auf, dass gut ausge- bildete, motivierte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer unerlässlich für guten Unterricht sind. Neben fundiertem Fachwissen und fachdidaktischen Kompetenzen spielen die Studien- und Be- rufsmotivation sowie die Persönlichkeit eine nicht unerhebliche Rolle dabei, ob aus einem Lehr- amtsstudierenden ein guter Lehrer wird. Immer mehr Hochschulen gehen aus diesem Grund dazu über, Auswahlverfahren bzw. Eignungs- tests einzuführen. An der Universität Hamburg müssen die Bewerberinnen und Bewerber vor der Immatrikulation z. B. einen sogenannten Self-Assessment-Test absolvieren. Und an der Universität Passau werden Studieninteressierte zu eintägigen Workshops eingeladen, in denen sie u. a. prakti- sche Übungen sowie Sprach-, Intelligenz- und Interessentests absolvieren müssen. In Niedersachsen hat es 2009 einen Entschließungsantrag der damaligen Regierungsfraktionen von FDP und CDU gegeben. Darin wurde u. a. beschlossen, „eine wissenschaftliche Expertise über Auswahlverfahren und Eignungsuntersuchungen für das Lehramtsstudium erstellen zu lassen, ver- bunden mit dem Ziel, Instrumente zur Selbstreflexion modellhaft zu erarbeiten und zu erproben, die beispielsweise im Rahmen einer Potenzialanalyse zur Anwendung kommen können. Dieser Mo- dellversuch soll wissenschaftlich begleitet werden.“ Ergänzend dazu stellte die Landesregierung im August 2014 die Reform des Lehramtsstudiums in Niedersachsen vor. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie gestaltet sich das gegenwärtige Auswahlverfahren für Lehramtsstudierende an den Hochschulen in Niedersachsen (bitte nach Hochschule und Auswahlverfahren auflisten)? 2. Kann sich die Landesregierung vorstellen, auch im Zusammenhang mit der im August 2014 vorgestellten Reform des Lehramtsstudiums die gegenwärtigen Auswahlverfahren in gemein- samer Zusammenarbeit mit den Hochschulen zu erweitern, und, wenn ja, in welcher Form? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Einführung einer Potenzialanalyse für die Hochschulen in Niedersachsen? 4. Wie gestaltet sich das Auswahlverfahren für Lehramtsstudierende an den Hochschulen in den anderen Bundesländern, und kann Niedersachsen möglicherweise etwas von den anderen Bundesländern lernen? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.12.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2988 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.01.2015 für Wissenschaft und Kultur - M - 01 420-5/2532 - Die Anforderungen an die Tätigkeit als Lehrkraft sind vielfältig und werden von einigen Studien- und Berufsinteressierten nicht realistisch genug eingeschätzt. Studieninteressierte und Studierende, die das Lehramt anstreben, werden daher frühzeitig zur Reflexion darüber angeregt, inwiefern sie die für den Beruf erforderlichen Voraussetzungen mitbringen bzw. bereit und in der Lage sind, erforder- liche Kompetenzen im Verlauf des Studiums und des Vorbereitungsdienstes zu erwerben. Dazu werden in den lehrerbildenden niedersächsischen Hochschulen verschiedene Instrumente zur Eig- nungsabklärung vor und während des Studiums eingesetzt. Solche Instrumente sind z. B. berufs- orientierende Beratung in der Schule, lehramtsspezifische Studienberatung, onlinebasierte Self- Assessments, Praxisphasen oder das Führen eines Portfolios. Diese Instrumente unterstützen (Selbst-)Reflexionsprozesse über das Berufsziel Lehramt und sind nicht primär auf die Selektion von Bewerberinnen und Bewerbern für Studienplätze ausgerichtet. Ein solches Verständnis von Eignungsabklärung als kontinuierlichem Prozess wird u. a. auch durch die vom Niedersächsischen Landtag im Jahr 2009 beauftragte wissenschaftliche Expertise (Drs. 16/2430) sowie die KMK- Empfehlungen zur Eignungsabklärung in der ersten Phase der Lehrerausbildung (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.03.2013) unterstützt. Darüber hinaus können die niedersächsischen Hochschulen nach § 5 des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes (NHZG) bei allen grundständigen Studiengängen oder Teilstudien- gängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen bei der Auswahlentscheidung die besondere Eig- nung der Bewerberin bzw. des Bewerbers für den gewählten Studiengang berücksichtigen. Bei zu- lassungsbeschränkten Studiengängen mit Lehramtsoption wird daher in einigen Hochschulen für die notwendige Auswahlentscheidung auch auf Ergebnisse der o. g. Instrumente zur Eignungsab- klärung zurückgegriffen. Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1: a) Auswahlverfahren gemäß § 5 NHZG für zulassungsbeschränkte polyvalente 2-Fächer- Bachelor-Studiengänge mit Lehramtsoption Die gemäß § 5 NHZG für zulassungsbeschränkte polyvalente Zwei-Fächer-Bachelor-Studiengänge mit Lehramtsoption möglichen Auswahlverfahren werden entsprechend der jeweiligen Zulassungs- ordnungen der Hochschulen durchgeführt. Diese werden gemäß § 41 Abs. 1 des Niedersächsi- schen Hochschulgesetzes (NHG) vom Senat der Hochschule beschlossen und sind nicht vom Mi- nisterium für Wissenschaft und Kultur (MWK) zu genehmigen. Im Einzelnen enthalten sie folgende Regelungen: Hochschule Lehramt/Studiengang Zulassung/Auswahl U Göttingen Bachelorstudiengang Wirtschaftspädagogik (Berufsziel Lehramt an Berufsbildenden Schulen) Kombination der Note der HZB 1 mit den Noten besonders gewichteter Unterrichtsfächer U Hannover einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Gymnasien , Berufsbildenden Schulen, Förderschulen ) 75 bis 90 % nach der Note der HZB in Kombination mit einem weiteren Kriterium (Noten besonders gewichteter Unterrichtsfächer ) 1 Hochschulzugangsberechtigung (z. B. Abitur) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2988 3 Hochschule Lehramt/Studiengang Zulassung/Auswahl HS für Musik, Theater und Medien Hannover Bachelorstudiengang Musik (Berufsziel Lehramt an Gymnasien) nach dem Ergebnis der Feststellung der künstlerischen Befähigung U Hildesheim einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Grundschulen oder an Haupt- und Realschulen ) Kombination Ergebnis der HZB (60 %) und Einzelnoten von Unterrichtsfächern (40 %) U Lüneburg einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Grundschulen oder an Haupt- und Realschulen , Berufsbildenden Schulen) Stufe 1: Kombination der Note der HZB mit besonderen schulischen Leistungen, Stufe 2: Ergebnis eines Zulassungstests sowie ggf. Ergebnis eines Zulassungsgesprächs (nur Grund-, Haupt- und Realschulen ) U Oldenburg einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Grundschulen oder an Haupt- und Realschulen , Berufsbildenden Schulen, Gymnasien, Förderschulen) Kombination der Note der HZB (50 %) mit einem weiteren Kriterium: Entweder besonders gewichtete Unterrichtsfächer oder besonderer Leistung, nachgewiesen durch eine Berufsausbildung, praktische Tätigkeiten, studienrelevante außerschulische Leistungen, eine schriftliche Motivationserhebung , eine schriftliche Aufsichtsarbeit oder einer Kombination dieser Kriterien (zusammen 50 %) U Osnabrück einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Grundschulen oder an Haupt- und Realschulen , Berufsbildenden Schulen, Gymnasien) Kombination der Note der HZB (60 %) mit einem weiteren Kriterium: Entweder besonders gewichtete Unterrichtsfächer oder besondere Leistung, nachgewiesen durch eine Berufsausbildung, praktische Tätigkeiten , studienrelevante außerschulische Leistungen, eine schriftliche Motivationserhebung , ein Auswahlgespräch, eine schriftliche Aufsichtsarbeit oder einer Kombination dieser Kriterien (zusammen 40 %) U Vechta einzelne Bachelorteilstudiengänge (Berufsziel Lehramt an Grundschulen oder an Haupt- und Realschulen ) nach dem Ergebnis der HZB (70 %) und der Fachnote eines Referenzfaches der HZB (30 %) b) Auswahlverfahren gemäß § 7 NHZG für lehramtsbezogene Masterstudiengänge (Master of Education) Die gemäß § 7 NHZG für zulassungsbeschränkte lehramtsbezogene Masterstudiengänge (Master of Education) erforderlichen Auswahlverfahren werden entsprechend der jeweiligen Zulassungs- ordnungen der Hochschulen durchgeführt. Diese werden gemäß § 41 Abs. 1 NHG vom Senat der Hochschule beschlossen. Im Einzelnen enthalten sie folgende Regelungen: Hochschule Lehramt/Studiengang Zulassung/Auswahl TU Braunschweig Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen, Gymnasien 85 % der Plätze nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung, 15 % zusätzlich mit dem Ergebnis eines Auswahlgesprächs (Notenverbesserung um max. 0,3 Punkte) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2988 4 Hochschule Lehramt/Studiengang Zulassung/Auswahl U Göttingen Masterstudiengänge für die Lehrämter an Gymnasien und Berufsbildenden Schulen a) Kombination Ergebnis der Bachelorprüfung (bis 25 Punkte) und Auswahlgespräch (bis 21 Punkte) b) 70 % der Plätze werden nach einer Kombination des Ergebnisses der Bachelorprüfung mit den Noten einzelner Module des Bachelorstudiums vergeben (insgesamt max. 90 Punkte); weitere 30 % der Plätze nach dem bereits beschriebenen Verfahren in Kombination mit einem Auswahlgespräch (insgesamt max. 10 Punkte) vergeben (zusammen max. 100 Punkte) U Hannover Masterstudiengänge für die Lehrämter an Gymnasien, Berufsbildenden Schulen, Förderschulen nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung HS für Musik, Theater und Medien Hannover Masterstudiengang für das Lehramt an Gymnasien nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung U Hildesheim Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen 75 % der Plätze werden nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung vergeben, 25 % der Plätze nach einer verbesserten Bachelornote (Bonierung besonderer Einzelleistungen des vorangegangen Studiums um bis zu 0,5 Notenpunkte) U Lüneburg Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen, Berufsbildenden Schulen nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung U Oldenburg Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen, Gymnasien, Berufsbildenden Schulen, Förderschulen nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung U Osnabrück Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen, Gymnasien, Berufsbildenden Schulen nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung (51 %) und der Fachnote (49 %) des Bachelorabschlusses in Bezug auf das im Masterstudiengang gewählte Studienfach U Vechta Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen, Hauptund Realschulen nach dem Ergebnis der Bachelorprüfung Zu 2: Zum Wintersemester 2014/2015 sind die Masterstudiengänge für die Lehrämter an Grundschulen sowie an Haupt- und Realschulen an den niedersächsischen Universitäten neu strukturiert worden. Das Studium wurde um eine gemeinsam von Lehrkräften und wissenschaftlichem Personal gestal- tete Praxisphase sowie am Berufsfeld Schule orientierten Forschungsprojekten bereichert. Damit werden den Studierenden weitere Anlässe und Unterstützungen zur (Selbst-)Reflexion über das Berufsziel Lehramt geboten. Ein direkter Zusammenhang zwischen dieser Neustrukturierung und den Auswahlverfahren gemäß §§ 5 und 7 NHZG kann nicht hergestellt werden. Die niedersächsischen Hochschulen verfügen durchgängig über fundierte Erfahrung, nach welchen Kriterien eine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zielfüh- rend ist. Die gegenwärtigen, auch im Rahmen der Hochschulautonomie festgelegten Verfahren Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2988 5 stellen deshalb die aus Sicht der jeweiligen Hochschule geeignetste Möglichkeit zur Gewinnung der besten Bewerberinnen und Bewerber dar. Darüber hinaus sind Fragen zur Eignungsabklärung und zu den Auswahlverfahren auch Gegen- stand der Sitzungen des Niedersächsischen Verbundes zur Lehrerbildung. Dort werden aktuelle Erkenntnisse diskutiert und gegebenenfalls Weiterentwicklungen verabredet. Zu 3: Die niedersächsischen Hochschulen informieren und beraten Schülerinnen und Schüler, Lehrerin- nen und Lehrer, Studierende, Absolventinnen und Absolventen sowie alle interessierten Personen und Institutionen in allen Fragen des Studiums. Eine Übersicht über die Studieninformations- und -beratungsstellen bietet u. a. die Koordinierungsstelle für Studieninformation und -beratung in Nie- dersachsen über das Portal studieren-in-niedersachsen.de. Dort finden Interessierte außerdem ei- ne Zusammenstellung von online verfügbaren Selbsttests zur Studienorientierung. In Bezug auf das Berufsziel Lehramt werden vor und während des Studiums außerdem in allen niedersächsi- schen Hochschulen Instrumente zur kontinuierlichen Eignungsabklärung eingesetzt und ständig weiterentwickelt. Aufgrund dieses bestehenden vielfältigen Angebots und Engagements der Hoch- schulen sieht die Landesregierung derzeit keine Notwendigkeit für eine landesweite Initiative zur Einführung einer Potenzialanalyse an den Hochschulen. Zu 4: Die Auswahlverfahren bzw. Verfahren zur Eignungsabklärung potenzieller Lehramtsstudierender gestalten sich in anderen Bundesländern nach ähnlichen Kriterien und Verfahren wie in Nieder- sachsen. Die in den verschiedenen Bundesländern eingesetzten Instrumente zur Eignungsabklä- rung vor und während des lehramtsbezogenen Studiums wurden von der Kultusministerkonferenz ausgewertet und in einer entsprechenden Empfehlung (vom 07.03.2013) zusammengefasst. Die niedersächsischen Hochschulen verfahren entsprechend dieser Empfehlung. Bei den Auswahlverfahren für die Zulassung zum Bachelorstudium sind in den meisten Bundeslän- dern neben der Note der Hochschulzugangsberechtigung, die in der Regel mindestens als relativ stärkstes Kriterium herangezogen wird, gewichtete Einzelnoten der Hochschulzugangsberechti- gung, das Ergebnis eines Studierfähigkeitstests, frühere berufliche Ausbildungen oder Tätigkeiten, das Ergebnis eines Auswahlgesprächs oder eine Kombination dieser Kriterien die maßgeblichen Kriterien. Diese Möglichkeiten zur Auswahlentscheidung sind auch den niedersächsischen Hoch- schulen nach § 5 NHZG an die Hand gegeben. Welche dieser Maßnahmen die Hochschulen im Einzelfall anwenden, bleibt ihnen überlassen. Es ist nach dem NHZG sichergestellt, dass die Aus- wahl nicht ausschließlich nach der Note der Hochschulzugangsberechtigung getroffen wird. Gabriele Heinen-Kljajić (Ausgegeben am 26.02.2015) Drucksache 17/2988 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2532 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 03.12.2014 Auswahlverfahren für angehende Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen Antwort der Landesregierung