Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3029 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2408 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Rainer Fredermann und Clemens Große Macke (CDU), eingegangen am 19.11.2014 Zerstört die Landesregierung die verlässliche wohnortnahe Lebensmittelversorgung im ländlichen Raum? Eine wohnortnahe Lebensmittelversorgung ist insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen im ländlichen Raum unverzichtbar. Zunehmend verlieren kleinere Ortschaften ihre letzten Lebens- mittelläden. Dorfläden und mobile Angebote können diese Lücke nicht adäquat schließen. Am Beispiel des Edeka-Marktes in Burgwedel-Wettmar ist erkennbar, dass unklar ist, ob und in welcher Größe vergleichbare Märkte in Ortschaften nach der aktuellen Landesraumordnung zuläs- sig sind. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Wettmarer Bebauungsplan im De- zember 2013 gekippt hat, mehren sich nun Zweifel am geplanten NP-Markt in Isernhagen-Kirch- horst (Nordhannoversche Zeitung, 1. Oktober 2014). Die von der Landesregierung geplante Neujustierung des Landes-Raumordnungsprogramms ver- schärft dieses Problem nach Auffassung von Experten zusätzlich. Es ist zu befürchten, dass zahl- reiche Ortschaften von einer Grundversorgung abgeschnitten und funktionierende Strukturen zer- stört werden. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie will die Landesregierung gewährleisten, dass das neue Landes-Raumordnungsprogramm die Entstehung von Dorfläden, Discountern oder „Vollsortimentenr“ in Ortschaften nicht ver- hindert? 2. Kann die Landesregierung versichern, dass sowohl bei Eigentümerwechsel als auch bei sub- stanziellen Umbauten durch die Neuregelung keine bestehenden Strukturen zerstört werden? 3. Gibt es neben dem Edeka-Markt in Burgwedel-Wettmar weitere Märkte, bei denen die Laden- fläche im Bebauungsplan zur Genehmigungsfähigkeit nach dem LROP neu justiert werden musste (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Ladenfläche)? (An die Staatskanzlei übersandt am 01.12.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.02.2015 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 303.3 - Die Verordnung zum Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) enthält in Kapitel 2.3 „Entwicklung der Versorgungsstrukturen“ Ziele und Grundsätze, die seit 2008 verbindlich sind und bei der Bauleitplanung sowie der Vorhabenprüfung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben zu beachten bzw. zu berücksichtigen sind. Für die in der Kleinen Anfrage aufgeführten Vorhabenplanungen kommen diese Grundsätze und Ziele mit Ausnahme der Regelung in Ziffer 03 Sätze 1 und 2 (Kongruenzgebot) zur Anwendung. Dem Kongruenzgebot wurde durch Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3029 2 vom 15.03.2012, 1 KN 152/10 die Rechtsnormqualität abgesprochen. Das OVG hatte im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan die Regelungen des LROP zur Steu- erung des großflächigen Einzelhandels geprüft. Das OVG hat das Kongruenzgebot gemäß Ab- schnitt 2.3 Ziffer 03 Sätze 1 und 2 LROP nicht als Ziel der Raumordnung anerkannt und des Weite- ren festgestellt, dass es auch nicht als Grundsatz oder sonstiges Erfordernis der Raumordnung um- interpretiert werden kann. Der Landtag hat daher in seiner Stellungnahme vom 19.07.2012 (Drs. 16/5052) zum Entwurf der Änderungsverordnung der Landesregierung aufgegeben, durch eine weitere Fortschreibung des LROP das Kongruenzgebot zeitnah wieder herzustellen. Dem kommt die Landesregierung mit der derzeit laufenden Fortschreibung nach. Der Entwurf des LROP 2014 befasst sich in Kapitel 2.3 „Entwicklung der Versorgungsstrukturen“ außer mit Klarstellungen ausschließlich mit der Wieder- herstellung des Kongruenzgebotes. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Durch die Anwendung der bestehenden Regelungen stellen die Kommunen mit ihrer Bauleitpla- nung sicher, dass ausgeglichene Versorgungsstrukturen gesichert bzw. hergestellt werden. Die Landesregierung verfolgt mit der Wiederherstellung des Kongruenzgebotes das Ziel, dass in mög- lichst allen Ortschaften - also auch in nicht zentralen Orten - genügend Kaufkraft verbleibt, um eine tragfähige wohnortbezogene Grund- und insbesondere Nahversorgung zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die kleinflächigen Versorgungsangebote der Nahversorgung mit Lebensmitteln. Zu 2: Eigentümerwechsel werden von den raumordnerischen Regelungen zur Steuerung des großflächi- gen Einzelhandels nicht erfasst. Substanzielle Umbauten werden von den genannten raumordneri- sche Regelungen nur erfasst, sofern sie ein neues Planerfordernis im Sinne des Baugesetzbuches auslösen. Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch an die Ziele der Raumordnung an- zupassen. Zu 3: Sobald Einzelhandelsvorhaben nicht mehr nur der Nahversorgung dienen, sondern darüber hinaus gehende Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen haben, sind sie nur dann raumverträglich und genehmigungsfähig, wenn sie den Zielen der Raumordnung entsprechen. Diese rechtliche An- forderung gilt für alle Vorhabenplanungen landesweit gleichermaßen. Dabei sind die räumlichen Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen bezogen auf die Verkaufsflächengröße, das Sorti- ment, den Umsatz und die Kaufkraftbindung darzulegen und vom (kommunalen) Plangeber bzw. der Genehmigungsbehörde entsprechend zu prüfen. Die Landesregierung hat keinen Überblick über die Genehmigungsfälle im Lande, da diese in der Zuständigkeit der Städte und Landkreise lie- gen. Lediglich zu zwei laufenden Fällen erfolgte bei der obersten Landesplanungsbehörde eine An- tragstellung auf Abweichung von den Zielen der Raumordnung. Dies betrifft eine Vorhabenplanung in der Gemeinde Moringen und eine in der Gemeinde Isernhagen. Christian Meyer (Ausgegeben am 03.03.2015) Drucksache 17/3029 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2408 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Rainer Fredermann und Clemens Große Macke (CDU), eingegangen am 19.11.2014 Zerstört die Landesregierung die verlässliche wohnortnahe Lebensmittelversorgung im ländlichen Raum? Antwort der Landesregierung