Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3052 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2834 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 20.01.2015 Gründung neuer Privatschulen in Niedersachsen Die Welt berichtet in dem Artikel „Voll integriert“ vom 8. Januar 2015 von Vereinen, die sich in ver- schiedenen deutschen Städten gebildet haben, um Privatschulen zu gründen. Als Beispiel wird u. a. das Wilhelmstadt-Gymnasium in Berlin-Spandau angeführt. Zahlreiche engagierte Migranten haben darüber hinaus Kitas gegründet oder organisieren Nachhilfe. „Die Klassen sollen kleiner sein als an staatlichen Schulen, die Förderung individueller, statt Religionsunterricht steht das Fach Ethik auf dem Stundenplan, unterrichtet wird in deutscher Sprache nach dem Lehrplan des Landes, Englisch erfolgt als Pflichtfremdsprache ab Klasse fünf, ab Klasse sieben wahlweise Französisch, Spanisch oder Türkisch.“ In dem Artikel wird ergänzend dazu berichtet, dass der Großteil der Organisation bestrebt ist, Gym- nasien zu gründen und nicht etwa Gesamtschulen. Ein Sprecher einer Organisation erklärte dazu: „Man möchte eine Schule mit hohem Anspruch, die die Schüler auf ein Studium vorbereitet (…). Mit einem Gymnasium ist das eher möglich als mit einer anderen Schulform.“ Die Verfasserin des Artikels kommentiert: „Das Engagement der ehrgeizigen Migranten ist begrü- ßenswert, auch wenn es einigen staatlichen Stellen nicht passt, weil die neuen Schulen der staatli- chen Konkurrenz das Wasser abgraben dürften.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Gibt es in Niedersachsen derzeit ähnliche Bestrebungen von Migrantenorganisationen oder Vereinen, selbst Schulen zu gründen, und, wenn ja, wo und welche Schulform? 2. Gibt es in Niedersachsen derzeit ähnliche Bestrebungen von Migrantenorganisationen oder Vereinen, selbst Kitas zu gründen, und, wenn ja, wo? 3. Existieren bereits Schulen oder Kitas in Niedersachsen, die von Migrantenorganisationen oder Vereinen betrieben werden (bitte nach Landkreisen, kreisfreien Städten sowie Institution auf- listen)? 4. Wie bewertet die Landesregierung das in dem Artikel angesprochene Engagement, und sieht sie in den von Migranten gegründeten Privatschulen eine Konkurrenz zu den staatlichen Schulen? 5. Wie und in welcher Form will die Landesregierung Migrantenorganisationen und Vereine da- bei unterstützen, Kitas und Schulen zu gründen, und hält sie es für möglich, das Schulgesetz dahin gehend zu ändern, die Gründung von Privatschulen zu erleichtern? 6. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die Migrantenorganisationen und Ver- eine bevorzugt Gymnasien gründen und keine Gesamtschulen? 7. Sieht die Landesregierung in diesem Engagement ein Instrument der Integration der Migran- ten in unsere Gesellschaft? (An die Staatskanzlei übersandt am 04.02.2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3052 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 26.02.2015 - 01-0 420/5-2834 - Schulen in freier Trägerschaft sind Schulen, deren Träger private natürliche oder juristische Perso- nen sind. Nicht selten finden sich auch Erziehungsberechtigte in einem Verein zusammen, um eine Schule in freier Trägerschaft zu errichten und zu betreiben, hierbei kann es sich natürlich auch um Menschen mit Migrationshintergrund handeln. Angesichts dessen aber die von den Fragestellern zitierte Folgerung abzuleiten, dass das entsprechende Engagement hinsichtlich der Errichtung ei- ner Schule in freier Trägerschaft den Interessen staatlicher Stellen zuwiderlaufen würde, weil diese Schulen „der staatlichen Konkurrenz das Wasser abgraben dürften“, ist jedoch eine Unterstellung, die zurückgewiesen wird. Gemäß § 139 Satz 1 des Niedersächsisches Schulgesetzes (NSchG) er- gänzen Schulen in freier Trägerschaft im Rahmen des Artikels 7 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes das öffentliche Schulwesen und nehmen damit eine wichtige Aufgabe zur Herstellung der Vielfalt im Schulwesen wahr. Damit wird die grundgesetzlich garantierte Stellung der Schulen in freier Träger- schaft betont und deren Rolle bei der Schaffung eines pluralistischen Schulwesens hervorgehoben. In Hannover wurden zum Schuljahresbeginn 2007/2008 ein Gymnasium und zum Schuljahresbe- ginn 2008/2009 eine Realschule in Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins für Integration und Bildung e. V. gegründet. Diese beiden Schulen sind die einzigen in Niedersachsen, die auf Initiative eines Vereins von Eltern mit türkischem Migrationshintergrund gegründet wurden. Beide Schulen haben den Status einer anerkannten Ersatzschule. Eine Beschränkung der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern allein wegen der Nationalität ist unzulässig. Schulen in freier Trägerschaft stehen im Wettbewerb mit öffentlichen Schulen und kön- nen so wertvolle Anregungen und Impulse geben, aber auch erhalten. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Der Landesregierung liegen in diesem Kontext keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 2: Der Landesregierung liegen in diesem Kontext keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Zu 3: Für den Bereich der Kindertagesstätten wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 4: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 5: Das NSchG unterscheidet zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen. Während Ersatzschu- len einer staatlichen Genehmigung bedürfen und - wenn sie dauernd die an öffentliche Schulen ge- stellten Anforderungen erfüllen - eine besondere Anerkennung gemäß § 148 NSchG erhalten, be- dürfen Ergänzungsschulen keiner Genehmigung, ihre Errichtung ist vor Aufnahme des Unterrichts lediglich anzuzeigen (§ 158 Abs. 2 NSchG). Das NSchG trägt damit auch hinsichtlich der Errich- tungsvoraussetzungen, die für alle privaten Schulträger gleichermaßen gelten, der grundgesetzlich geschützten Privatschulfreiheit umfassend Rechnung. Daneben wird die weitgehend freie Gestal- tung der Schulen in freier Trägerschaft gewährleistet. Die Landesregierung sieht in Anbetracht des- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3052 3 sen und unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes gegenwärtig keinen Bedarf für eine Ände- rung der entsprechenden Vorschriften im Elften Teil des NSchG. Zu 6: In Niedersachsen bestehen eine Realschule und ein Gymnasium mit Oberstufe jeweils in Träger- schaft des gemeinnützigen Vereins für Integration und Bildung e. V. Die Landesregierung bewertet nicht die Errichtung von Schulen in einem anderen Bundesland. Zu 7: Die Landesregierung sieht insbesondere Bildung als ein eminent wichtiges Instrument der Integra- tion von Menschen mit Migrationshintergrund. Dabei ist es zunächst einmal unerheblich, ob diese in einer öffentlichen Schule oder in einer Schule in freier Trägerschaft vermittelt wird; Integration findet hier wie dort statt. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann (Ausgegeben am 06.03.2015) Drucksache 17/3052 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2834 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 20.01.2015 Gründung neuer Privatschulen in Niedersachsen Antwort der Landesregierung