Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3057 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2718 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Gerda Hövel (CDU), eingegangen am 08.01.2015 Wird das System der Zusammenarbeit des Sprachheilzentrums Werscherberg mit der Grundschule Bissendorf auch nach der Schulgesetzänderung Bestand haben? Seit mehr als 50 Jahren behandelt das Sprachheilzentrum Werscherberg in Bissendorf Kinder und Jugendliche mit komplexen Sprachstörungen in stationärer Betreuung. Da diese Kinder weiterhin schulpflichtig sind, hat sich eine enge Kooperation mit der Grundschule Bissendorf entwickelt. Die Kinder besuchen Sprachförderklassen, die fester Bestandteil der Grundschule sind. Sie sind wäh- rend des Unterrichts in eigenständigen Lerngruppen. Das Schulleben wird selbstverständlich ge- meinsam gestaltet. Das Modell ermöglicht, dass die Kinder fachpädagogisch und mit kleineren Klassengrößen von nur bis zu 14 Schülerinnen und Schülern beschult werden. Die Besonderheit des Bissendorfer Modells ist die Zusammenarbeit von Sprachheilzentrum und allgemeiner Schule: Kinder, die stationär therapiert und dementsprechend in diesem Kooperationsmodell beschult wer- den, haben fast alle teilstationäre und ambulante Sprachtherapien hinter sich. Sie sind in aller Re- gel bereits an allgemeinen Schulen gescheitert und kommen so bereits als „Schulverlierer“ ins Sprachheilzentrum. Gerade vor diesem Hintergrund sehen es Eltern, Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler selbst als Vorteil, dass das Modell den Kindern einen geschützten Raum bietet. So ist es möglich, dass die Kinder nicht am Ort der Therapie sogleich wieder mit den Problemen aus der Vergangen- heit konfrontiert werden, sondern zunächst einmal parallel zur Sprachtherapie behutsam wieder auf den Unterricht im Schulalltag vorbereitet werden. In fast allen Fällen gelingt dies. Im März 2014 hat sich Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) auch selbst ein Bild von der er- folgreichen Zusammenarbeit der stationären Sprachheiltherapie mit der Grundschule in Bissendorf gemacht. Die Neue Osnabrücker Zeitung schrieb dazu am 6. März 2014: „Heiligenstadt zeigte sich beeindruckt - nicht nur vom Unterricht, sondern auch von der Präsenz der Landes- und Kommunal- politiker sowie Lehrer und Eltern bei ihrem für Bissendorf so wichtigen Besuch. Ihr sei bewusst ge- worden, dass die Situation in Bissendorf durch das Sprachheilzentrum eine besondere sei. Die Landesregierung erarbeite derzeit einen Gesetzesentwurf und sammele Informationen. ,Dazu ge- hört auch der Besuch hier’, so Heiligenstadt. ,Sie haben heute ganz entscheidenden Einfluss auf die Entscheidungsfindung genommen.’“ Nach dem Besuch der Ministerin hat der damalige bildungspolitische Sprecher der SPD-Land- tagsfraktion, Claus Peter Poppe, am 3. April 2014 gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung er- klärt, dass die Sprachförderklassen in Bissendorf erhalten bleiben: „Alle drei Grundschulen im Landkreis Osnabrück mit Sprachförderklassen in Bissendorf, Melle und Quakenbrück bleiben erhal- ten. Das sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Claus Peter Poppe“, schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung. Angesichts der geplanten Schulgesetzänderung, mit der laut Gesetzentwurf vom 4. November 2014 die Förderschulen Sprache und Lernen aufgelöst werden sollen, bestehen vor Ort jedoch Sorgen, ob das Bissendorfer Modell auch in Zukunft so arbeiten kann wie bisher. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung hinsichtlich personeller und sachlicher Aus- stattung sowie besonderer Regelungen der Grundschulen, die - wie in der Gesetzesbegrün- dung beschrieben - ein „besonderes Profil Sprachförderung ausbilden“? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3057 2 2. Inwiefern wird sich für die Grundschulen, die bereits ein Angebot an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Sprache geführt haben, etwas ändern, wenn sie nun „ein besonderes Profil Sprachförderung ausbilden“? 3. Welchen Eindruck hat Ministerin Heiligenstadt bei ihrem Besuch im März 2014 von dem Bis- sendorfer Kooperationsmodell gewonnen? 4. Inwieweit haben sich die Eindrücke, die Ministerin Heiligenstadt bei ihrem Besuch gewonnen hat, im Gesetzentwurf niedergeschlagen? 5. Wird die Landesregierung die Fortsetzung der Kooperation im Bissendorfer Modell auch ab Schuljahresbeginn 2015/2016 in der bisherigen Art und Weise unterstützen? 6. Inwieweit teilt die Landesregierung die Einschätzung der SPD-Landtagsfraktion, dass bereits feststeht, dass die Sprachförderklassen erhalten bleiben? 7. Wann erwartet die Landesregierung eine Entscheidung über die Zukunft des Bissendorfer Kooperationsmodells, und wann werden die daran beteiligten Institutionen in Bissendorf dar- über informiert? 8. Was bedeuten die von der Landesregierung angestrebten Änderungen, die im Gesetzentwurf vom 4. November 2014 und dessen Begründung dargestellt werden, konkret für die Zusam- menarbeit der Grundschule Bissendorf mit dem Sprachheilzentrum Werscherberg? 9. Was bedeuten die von der Landesregierung angestrebten Änderungen für die Ausstattung der Grundschule Bissendorf mit Lehrerstunden hinsichtlich der Sprachförderung bzw. der Inklusi- on allgemein? (An die Staatskanzlei übersandt am 15.01.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 02.03.2015 - 01-0 420/5-2718 - Sprache ist ein wesentliches Element der Bildung. Sprache und Bildung ermöglichen Teilhabe an der Gesellschaft. Schülerinnen und Schüler mit Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten sollen gleichberechtigt an Bildung teilhaben. Es gehört zur inklusiven Schule, Sprachförderung für Schüle- rinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf in den gemeinsamen Unterricht zu integrieren. Die Rehabilitationsklinik Werscherberg in der Gemeinde Bissendorf im Landkreis Osnabrück ist ei- ne stationäre Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt Weser-Ems e. V., die auf Kommunikationsstörun- gen bei Kindern und Jugendlichen mit entsprechenden professionellen Sprachtherapieangeboten spezialisiert ist. Alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen des sogenannten Sprachheilzent- rums besuchen für die Dauer der Behandlung Schulen in Bissendorf, in Osnabrück oder in der nä- heren Umgebung. Das Sprachheilzentrum Werscherberg liegt im Schulbezirk der Grundschule Bis- sendorf, diese ist daher im Primarbereich die nach § 63 Abs. 2 des Niedersächsischen Schulgeset- zes (NSchG) örtlich zuständige Schule. Die intensive Form der Zusammenarbeit hat sich im Laufe der Jahre entwickelt, es existiert kein ausdrücklicher Kooperationsvertrag. Das Sprachheilzentrum Werscherberg kooperiert auch mit anderen umliegenden öffentlichen Schu- len. Absprachen mit allen abgebenden und aufnehmenden Schulen sind selbstverständlich. Es fin- det eine Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften, Erziehungsberechtigten und dem Sprachheil- zentrum statt. Elterngespräche werden immer in Verbindung mit dem Sprachheilzentrum geführt. Die vorliegende Anfrage stellt auf den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Nie- dersächsischen Schulgesetzes ab, der am 04.11.2014 durch Kabinettsbeschluss zunächst zur An- hörung der Verbände freigegeben wurde. Die Landesregierung hat danach vom 05.11.2014 bis Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3057 3 zum 19.12.2014 eine umfassende Verbandsbeteiligung zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt. Nach Auswertung der im Rahmen der Anhörung eingegangenen Stellungnahmen hat die Landes- regierung den Gesetzentwurf überarbeitet. Der zwischenzeitlich in den Landtag eingebrachte Ge- setzentwurf (Drs. 17/2882) sieht nunmehr den Fortbestand der Förderschule im Förderschwerpunkt Sprache dahin gehend vor, dass ein unbefristeter Bestandsschutz statuiert werden soll. Vorbehalt- lich der parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs sollen Neuerrichtungen von Förder- schulen Sprache nicht mehr möglich sein, die bestehenden Förderschulen im Förderschwerpunkt Sprache dürfen aber weitergeführt werden. Konkrete Überlegungen für eine Umwandlung der För- derschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache, z. B. in Grundschulen mit einem besonderen Sprachförderprofil, sind daher derzeit entbehrlich. Selbstverständlich bleiben den kommunalen Schulträgern schulorganisatorische Entscheidungen nach § 106 NSchG unbenommen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Für die sächliche Ausstattung der Schulen ist der Schulträger zuständig. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 2: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 3: Die niedersächsischen Schulen leisten eine ausgezeichnete Arbeit. Dieses gilt für öffentliche Schu- len wie auch für Schulen in freier Trägerschaft gleichermaßen. Frau Kultusministerin Heiligenstadt nimmt bei ihren häufigen Schulbesuchen vielfältige Eindrücke mit. Selbstverständlich kommt es da- bei vor, dass sich diese Eindrücke im Sinne von Beispielen guter Schulpraxis in verschiedenen Rahmenvorgaben des Kultusministeriums widerspiegeln. Zu 4: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 5: Die Landesregierung beabsichtigt keine substanziellen Veränderungen, die sich konkret auf die Zu- sammenarbeit zwischen der Rehabilitationsklinik Werscherberg und den umliegenden Schulen auswirken. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 6: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 7: Die Landesregierung sieht die Zukunft des Bissendorfer Kooperationsmodells nicht infrage gestellt. Zu 8 und 9: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann (Ausgegeben am 06.03.2015) Drucksache 17/3057 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2718 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Gerda Hövel (CDU), eingegangen am 08.01.2015 Wird das System der Zusammenarbeit des Sprachheilzentrums Werscherberg mit der Grundschule Bissendorf auch nach der Schulgesetzänderung Bestand haben? Antwort der Landesregierung