Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3064 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2211 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Almuth von Below-Neufeld, Sylvia Bruns, Jan-Christoph Oetjen, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 15.10.2014 Bildung in Erstaufnahmeeinrichtungen Am 28. Juli 2014 titelte die Hannoversche Allgemeine Zeitung „Zahl der Flüchtlinge in Niedersach- sen steigt“ und führte an, dass im ersten Halbjahr 2014 die Zahl der Asylanträge um 61,3 % gestiegen sei. Zwischen Januar und Juni seien insgesamt 6 697 Erstanträge gestellt worden, während es 2013 im selben Zeitraum 4 153 Anträge waren, die eingereicht worden sind. Um Integrationshemmnisse zu beseitigen, spielt Bildung auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine wertvolle und wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche konkreten Bildungsangebote gibt es in den drei Erstaufnahmeeinrichtungen Bram- sche, Friedland und Braunschweig für Kinder, Jugendliche und Erwachsene? 2. Wie hoch sind die Mittel, die durch das Land Niedersachsen bisher eingestellt worden sind? 3. Plant die Landesregierung, die Bildungsangebote in den Erstaufnahmeeinrichtungen auszu- bauen, und, wenn ja, in welcher Form? 4. Wie konstituiert sich das Bildungsangebot für Kinder in den Erstaufnahmeeinrichtungen? 5. Gibt es gegenwärtig Probleme im Zusammenhang mit Bildungsangeboten in den Erstaufnah- meeinrichtungen, und, wenn ja, wodurch sind diese gekennzeichnet, und was unternimmt die Landesregierung, um diese Probleme zu beheben? 6. Inwieweit ist die Teilnahme am Unterricht verpflichtend, wie wird diese Verpflichtung erfüllt? 7. Welche Maßnahmen wurden mit den Mitteln für Sprachunterricht, die von der CDU- und FDP- geführten Landesregierung für den Doppelhaushalt 2012/2013 eingestellt worden sind, durch- geführt (bitte auflisten)? 8. Sind diese Mittel zweckgebunden eingesetzt worden? (An die Staatskanzlei übersandt am 22.10.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 27.02.2015 für Inneres und Sport - 62.23 - 48200 - Verstärkte Asylzugänge stellen eine große Herausforderung dar. Die Landesregierung stellt sich ihr mit Nachdruck. Um einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlings-, Asyl- und Ausländerpolitik zu mehr Humanität und Integration zu erreichen, wurde und wird alles auf den Prüfstand gestellt und da, wo es nötig ist, verändert. Wichtiger Meilenstein für den Paradigmenwechsel in der Flüchtlings- politik ist dabei u. a. auch die Neuausrichtung der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI), mit der die Willkommenskultur für neu ankommende Flüchtlinge gestärkt und ein umfas- sendes Integrationsmanagement bereits in den ersten Tagen nach Ankunft angeboten wird. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3064 2 Auch ohne gesetzlich bestehende Verpflichtung wurden hierfür die bereits bestehenden Informa- tions- und Beratungsangebote verfestigt und durch neue, auf die individuellen Bedürfnisse der Be- wohnerinnen und Bewohner ausgerichtete Angebote erweitert. Hierzu zählen u. a. auch die Ange- bote zur schulischen Betreuung der Kinder und Jugendlichen und zur Erstorientierung der Erwach- senen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Im Mai 2012 wurde am Standort Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland das Kursangebot „Weg- weiser für Deutschland“ mit den Modulen „Sprachatelier“ und „Erste Einblicke in die deutsche Ge- sellschaft“ eingerichtet. Die Teilnahme an dem von der LAB NI entwickelten fünftägigen Kursangebot steht allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Standorte während ihres Aufenthalts in der Auf- nahmeeinrichtung unabhängig von ihrer Bleibeperspektive offen. Die Kurse werden seit März 2013 am Standort Braunschweig, seit August 2013 am Standort Bramsche und inzwischen bereits auch am Standort Osnabrück angeboten. Damit haben nun alle Bewohnerinnen und Bewohner der LAB NI unabhängig von ihrer Bleibeperspektive bereits vor ihrer Verteilung auf die Kommunen die Mög- lichkeit, ein der sprachlichen und kulturellen Erstorientierung in Deutschland dienendes Kursange- bot wahrzunehmen. Um den Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter bessere Start- und damit auch Integra- tionschancen zu ermöglichen, hatten das Innenministerium und das Kultusministerium (MK) bereits vor einiger Zeit gemeinsam mit der Niedersächsischen Landesschulbehörde sowie der LAB NI das Konzept der „Interkulturellen Lernwerkstatt“ entwickelt. Dieses auf die jeweilige individuelle Situati- on abgestimmte schulische Angebot wird derzeit mit Erfolg am Standort GDL Friedland der LAB NI eingesetzt. Die schulischen Konzepte werden nach dem Modell am Standort GDL Friedland „Vor- bereitung auf die Regelschule“ in Kooperation mit MK überarbeitet mit dem Ziel, an allen Standor- ten den schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen vor Ort bessere Start- und damit auch Integrati- onschancen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang findet auch der Einsatz von sogenannten Elternmoderatoren statt. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen sollen Eltern ihre Rolle im Bildungsprozess ihrer Kinder begreifen und es soll ihnen aufgezeigt werden, wie sie diese aktiv ausfüllen. Zu 2: Für die Durchführung des Kursangebots „Wegweiser für Deutschland“ in der LAB NI stehen im laufenden Haushaltsjahr Sachmittel i. H. v. 800 000 Euro zur Verfügung. Zu 3 und 4: Ich verweise auf meine Ausführungen zu Frage 1. Zu 5: Die drei Erstaufnahmeeinrichtungen Braunschweig, Bramsche und GDL Friedland bieten im Regel- betrieb 1 500 Unterbringungsplätze für Asylbewerber (jeweils 500 an den Standorten) und 200 Plätze für Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer am Standort GDL Friedland. Darüber hinaus wird die LAB NI als zentrale Erstaufnahmeeinrichtung für die humanitären Bundesaufnahmepro- gramme genutzt. Hierfür sind an den Standorten GDL Friedland und Bramsche Bettenkapazitäten für die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen vorzuhalten. Mit Inkrafttreten der letzten Novellierung des Bundesvertriebenengesetzes ist am Standort GDL Friedland ein spürbarer Anstieg der Zugän- ge von Spätaussiedlern zu verzeichnen. Dementsprechend sind die Standorte derzeit bis über die Kapazitätsgrenzen hinaus belegt. Diese nun schon seit geraumer Zeit anhaltenden hohen Zugänge stellen auch weiterhin besondere Anforderungen an alle Beschäftigten der LAB NI, so etwa an das für die Aufnahme, soziale Betreu- ung und Verteilung eingesetzte Personal. Auch die vorhandenen Raumkapazitäten für die Durch- führung der Bildungsangebote sind nur eingeschränkt verfügbar. Die durchschnittliche Aufenthalts- dauer in der LAB NI beträgt bedingt durch ein durch die hohen Zugänge erforderlich gewordenes straffes Verteilungsverfahren bis zur Verteilung auf die Kommunen derzeit rund drei Wochen. Die Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3064 3 vorgesehenen Bildungsangebote können den Bewohnerinnen und Bewohnern auch deshalb der- zeit nur eingeschränkt angeboten werden. Das Land prüft weiterhin alle Möglichkeiten einer Kapazitätserweiterung. Erste Erweiterungen im Umfang von rund 600 Plätzen haben 2014 bereits stattgefunden. Diese und weitere Erweiterungen im laufenden Jahr u. a. durch den im Ausbau befindlichen vierten Standort der LAB NI in Osna- brück werden voraussichtlich zur Folge haben, dass sich zum einen die Verweildauer in der LAB NI erhöht und zum anderen mehr räumliche Kapazitäten für die Beschulung zur Verfügung stehen. Zu 6: Wer in Niedersachsen seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat, ist nach Maßgabe der §§ 63 ff. des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) zum Schulbesuch verpflichtet. Die „Ergänzenden Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis zur Schule; §§ 58, 59 und 63 bis 68 des NSchG (RdErl. d. MK v. 29. 8. 1995 - 308-80 006/1 - VORIS 22410 01 00 35 074)“ führen hierzu in Nr. 3 aus, dass Schulpflicht unabhängig von einer Staatsangehörigkeit besteht. Ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt nach Nr. 3.1.2 vor, wenn jemand - ohne sich in Niedersachsen ständig niederlassen zu wollen - mindestens fünf Tage hier wohnt. Die Schulpflicht beginnt in diesem Fall am ersten Tag des Aufenthaltes. Bei Asylbegeh- renden beginnt der gewöhnliche Aufenthalt erst nach dem Wegfall der Verpflichtung, in einer Auf- nahmeeinrichtung i. S. des § 44 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes zu wohnen. Die Bildungsangebote in den Einrichtungen stehen allen Kindern unabhängig vom Aufenthaltssta- tus uneingeschränkt zur Verfügung und werden intensiv genutzt. Die Teilnahme an den Wegweiserkursen steht allen Bewohnerinnen und Bewohnern offen, die Teilnahme ist freiwillig. Zu 7 und 8: Der Einsatz der Mittel erfolgte zweckgebunden. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 1 Bezug genommen. Boris Pistorius (Ausgegeben am 09.03.2015) Drucksache 17/3064 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2211 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Almuth von Below-Neufeld, Sylvia Bruns, Jan-Christoph Oetjen, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 15.10.2014 Bildung in Erstaufnahmeeinrichtungen Antwort der Landesregierung