Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2141 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Ansgar Focke und Angelika Jahns (CDU), eingegangen am 06.10.2014 Was tut die Landesregierung, um Flüchtlinge in Niedersächsischen Sammelunterkünften zu schützen? Die Onlineausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) berichtet am 29.09.2014 („Wenn Beschützer Täter werden“) über Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes in einer Flüchtlings- unterkunft in Burbach (NRW), die sich beim Quälen eines Flüchtlings fotografierten. Der örtliche Polizeipräsident kommentierte laut FAZ, das seien Bilder, die man sonst nur aus Guan- tanamo kenne. Zwei der Mitarbeiter des Sicherdienstes, gegen die nun die Staatsanwaltschaft er- mittelt, sollen bereits vorbestraft gewesen sein und hätten deshalb gar nicht als Sicherheitspersonal arbeiten dürfen. Gegen insgesamt sechs „Wachmänner“ aus Burbach solle laut Focus Online vom 30.09.2014 gegenwärtig ermittelt werden. Der private Betreiber des Flüchtlingsheims, die Firma European Healthcare, soll in Deutschland 40 Flüchtlingsheime betreiben. Aus weiteren Heimen dieser Firma in Essen und Bad Berleburg (NRW) würden laut Focus Online weitere Vorfälle berich- tet. Laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung vom 30.09.2014 soll diese Firma in Niedersachsen insge- samt zwölf Flüchtlingsunterkünfte in den Städten Hannover und Oldenburg und im Landkreis Gif- horn betreiben. Laut Nordwest Zeitung vom 30.09.2014 seien zumindest in Oldenburg dabei die Wachdienste an die gleiche Firma wie in Burbach, die Firma SKI aus Nürnberg, vergeben. Am 25.09.2014 wurde in Wolfsburg ein Flüchtling in einer Flüchtlingsunterkunft erschossen. Hinter- grund seien laut Aussagen des Innenministers im Landtagsplenum vom 26.09.2014 Streitigkeiten im Drogenmilieu. Der verstorbene Flüchtling soll dabei versucht haben, zu schlichten. Im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für Niedersachsen ist vereinbart, dass die rot-grüne Koalition mehr Menschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen üben möchte und alle lan- deseigenen Erlasse, Anwendungshinweise und die dazugehörige Verwaltungspraxis auf diese Zie- le hin überprüfen und ausrichten werde. Weiterhin vereinbarten SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Schließung der Landesaufnahmeein- richtungen als Gemeinschaftsunterkünfte und Ausreisezentren. In den Kommunen sollte schnellst- möglich eine Wohnungseinrichtung organisiert werden. Beide Koalitionspartner halten außerdem ausdrücklich fest, dass Sozialstandards sichergestellt sein müssten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Sind der Landesregierung derartige Vorfälle wie in NRW aus Niedersachsen bekannt? 2. Wie werden in Niedersachsen Flüchtlinge in Sammelunterkünften vor Vorfällen wie in Burbach geschützt? 3. Wie werden Asylbewerber in Sammelunterkünften in Niedersachsen vor Angriffen von außen geschützt? 4. Welche Regeln hat das Land zur Unterbringung von Flüchtlingen erlassen, und welche davon sind nach dem 19.02.2013 in Kraft getreten? 5. Was hat die gegenwärtige Landesregierung getan, um Sozialstandards für Flüchtlinge in Nie- dersachsen sicherzustellen? 6. Welche Sozialstandards für Flüchtlinge möchte die Landesregierung sicherstellen? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 2 7. Welche Regeln hat der Bund zur Unterbringung von Flüchtlingen erlassen? 8. Welche weiteren Regeln gelten für die Unterbringung von Flüchtlingen in Niedersachsen? 9. Inwieweit gelten für die Unterbringung von Flüchtlingen andere Sozialstandards als für andere Zuwanderer, wie beispielsweise für Vertragsarbeiter aus der EU in Schlachthöfen? 10. Wer überwacht die Einhaltung dieser Regeln und Standards für die Unterbringung von Flücht- lingen? 11. Welche Behörden haben die Aufsicht über die Sammelunterkünfte in Niedersachsen zu füh- ren? 12. Welche Aufsichtsmaßnahmen werden vom Land Niedersachsen durchgeführt, um eine siche- re und menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen sicherzustellen? 13. Wird die Landesregierung neue Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ange- messenheit der Flüchtlingsunterbringung treffen? Wenn ja, welche? 14. Was tat und tut die Landesregierung, um konkret in den zwölf Sammelunterkünften für Flücht- linge der Firma European Homecare in Niedersachsen die Bewohner vor Gefährdungen von innen und außen zu schützen? 15. Welche Unternehmen leisten den Wachdienst für die zwölf Sammelunterkünfte der Firma European Homecare? 16. Wie viele Sammelunterkünfte für wie viele Asylbewerber werden in Niedersachsen in welchen Kommunen von privaten Unternehmen betrieben? 17. In welchen der privat geführten Sammelunterkünfte sind Wachdienstleistungen an andere Firmen vergeben, und welche Firmen sind dies? 18. Was hat die Landesregierung seit dem 19.02.2013 getan, um in den Kommunen schnellst- möglich eine Wohnungsunterbringung zu organisieren? 19. Welche Änderungen entsprechend dem rot-grünen Koalitionsvertrag hat die Landesregierung bei der Landesaufnahmebehörde veranlasst? 20. Was ist konkret am Abend des 25.09.2014 in der Sammelunterkunft in Wolfsburg geschehen, das zu einem Toten führte? 21. Inwieweit ist die fragliche Unterkunft in Wolfsburg mit dem Drogenhandelsmilieu verbunden? 22. Stimmt die Landesregierung zu, dass Streitereien aus dem Milieu des Drogenhandels nicht in Flüchtlingsunterkünften ausgetragen werden dürfen? 23. Stimmt die Landesregierung zu, dass es mit einer Willkommenskultur für Flüchtlinge nicht vereinbar ist, wenn diese in Sammelunterkünften untergebracht werden, wo Streitigkeiten des Drogenhandelsmilieus ausgetragen werden? 24. Stimmt die Landesregierung zu, dass die Akzeptanz der Unterbringung von Flüchtlingen da- runter litte, wenn Sammelunterkünfte zu Stätten des Drogenhandelsmilieus werden sollten? 25. Was tut die Landesregierung, um den bereits zuvor wahrscheinlich traumatisierten Flüchtlin- gen in Wolfsburg zu helfen, die nun auch noch Zeugen einer solchen Auseinandersetzung mit tödlichem Ausgang wurden? (An die Staatskanzlei übersandt am 15.10.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 3 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 27.02.2015 für Inneres und Sport - 62.11-12235 3 N 3 17 2141 - Für Ausländerinnen und Ausländer, die auf die Städte und Gemeinden verteilt werden, sind nach dem derzeit geltenden Niedersächsischen Aufnahmegesetz die Landkreise, die Region Hannover und die kreisfreien Städte für die Versorgung und damit auch für die Unterbringung zuständig. Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat über die ausländerrechtlichen und allgemeinen Re- gelungen - wie beispielsweise dem Asylverfahrensgesetz, Aufenthaltsgesetz, Asylbewerberleis- tungsgesetz, Bundesinfektionsschutzgesetz, Baurecht - hinaus keine weiteren Vorgaben gemacht, sodass es den Landkreisen und kreisfreien Städten, der Region Hannover und den gegebenenfalls herangezogenen kreisangehörigen Städten und Gemeinden hiernach obliegt, die zu gewährende Unterkunft auszuwählen und innerhalb des gesetzlichen Rahmens im Detail auszugestalten. Der Landesgesetzgeber hat den Kommunen bei der Ausgestaltung der Unterbringung einen größtmög- lichen Gestaltungsspielraum eingeräumt und damit den örtlich sehr unterschiedlichen Gegebenhei- ten Rechnung getragen. Nach Bekanntwerden der Berichterstattung über Vorkommnisse in Aufnahmeeinrichtungen Nord- rhein-Westfalens über Misshandlungen von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern durch privates Sicherheitspersonal hat das Innenministerium im Rahmen seiner Fachaufsicht die für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zuständigen Kommunen un- verzüglich über die vorgenannten gewalttätigen Übergriffe unterrichtet. Gleichzeitig wurde den Kommunen nahegelegt, bei einem Einsatz privater Betreiber und privater Wachdienste in Gemein- schaftsunterkünften besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt walten zu lassen und im Falle eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses auf eine Einhaltung der vereinbarten Bedingungen zu achten und diese zu kontrollieren. Für die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen wurde aus vorgenanntem Anlass durch Erlass angeordnet, dass sie selbst wie auch die von ihr beauftragten Un- ternehmen Selbstverpflichtungserklärungen zur Einhaltung bestimmter Standards umsetzen. Die Kommunen wurden über diese Maßnahmen, die anlässlich der oben genannten Vorkommnisse in Nordrhein-Westfalen in den niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen getroffen wurden, in- formiert. Dabei wurde ihnen empfohlen, sich an den Vorgaben für die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zu orientieren und in den kommunalen Gemeinschaftsunterkünften entsprechend zu verfahren. Zu dem in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angesprochenen Tathergang in einer Flücht- lingsunterkunft in Wolfsburg weise ich darauf hin, dass das Ereignis nicht am 25. September 2014 sondern am Abend des 24. September 2014 (Tatzeit 20.30 Uhr) stattfand. Der Landtag wurde von mir unverzüglich am Folgetag (25. September 2014) über den Tod des nigerianischen Staatsbür- gers in Wolfsburg unterrichtet. Weiterhin wurde der Ausschuss für Inneres und Sport in seiner 39. Sitzung am 2. Oktober 2014 mündlich durch das Ministerium für Inneres und Sport über den vorliegenden Vorfall informiert. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Nein. Zu 2: In Niedersachsen hat der respektvolle und wertschätzende Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes schon immer einen großen Stellenwert gehabt. Das landeseigene Personal wird seit Jahren auch in interkultureller Kompetenz geschult. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 4 Die Aufsicht durch Landesbedienstete über beauftragte Dritte funktioniert in Niedersachsen traditionell gut. Darüber hinaus hat die Landesregierung im Oktober letzten Jahres - wie in den Vorbe- merkungen ausgeführt - die Abgabe von Selbstverpflichtungserklärungen veranlasst. Darin ist fest- gehalten, dass interkulturell geschultes Personal eingesetzt wird, wie ein Beschwerdemanagement und Berichtswesen auszusehen hat, dass kontinuierliche Fortbildungen und Eigenreflektionen zu Gewaltprävention sowie Konfliktmanagement stattfinden und dass nur mit Firmen zusammengear- beitet wird, die ebenfalls diese Standards einhalten und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich mit einer Unbedenklichkeitsprüfung einverstanden erklären. Entsprechende Vertragsnachverhand- lungen laufen. Da die Kommunen die Unterbringung der zugewiesenen Ausländerinnen und Ausländer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in eigener Zuständigkeit wahrnehmen, verweise ich hinsicht- lich der Maßnahmen des Landes im Rahmen seiner Fachaufsicht auf die Vorbemerkungen. Zu 3: Der Schutz von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Wohnheimen gegen Angriffe von außen wird durch die allgemein zuständigen Sicherheitsbehörden und, im Falle der Landesaufnahmebe- hörde Niedersachsen, durch den Sicherheitsdienst der jeweiligen Standorte sichergestellt. Für kommunale Wohnheime sind zum Teil gesonderte Wachdienste im Einsatz. Da die Kommunen die Unterbringung der zugewiesenen Ausländerinnen und Ausländer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in eigener Zuständigkeit wahrnehmen (siehe Vorbemerkung) und daher seitens des Landes keine Daten zur Unterbringungssituation vorgehalten werden, wurden zur Beantwortung dieser Kleinen Anfrage durch Abfrage bei den Kommunen weitere Daten erhoben. Von den abgefragten Landkreisen, kreisfreien Städten, der Region Hannover sowie den Städten Göttingen, Hameln, Hildesheim und Lüneburg (insgesamt 51) haben 39 geantwortet. Von den gemeldeten 94 Wohnheimen bzw. Gemeinschaftsunterkünften und sechs Notunterkünften (Stand 12. Januar 2015) werden bei 26 Wohnheimen bzw. Gemeinschaftsunterkünften und fünf Notunterkünften Wachdienste eingesetzt. Für weitere 18 Wohnheime bzw. Gemeinschaftsunter- künfte wurde angegeben, dass ein Wachdienst in Form eines Pförtner- oder Hausmeisterdienstes mit übernommen wird. Zu 4: Siehe Vorbemerkungen und Antwort zu Frage 2. Zu 5: Um auch vor dem Hintergrund erheblich steigender Flüchtlingszahlen den bisherigen Betreuungs- standard aufrechterhalten zu können, hat die Landesregierung Personal wie z. B. zusätzliche Sozi- alarbeiter eingestellt und die Unterbringungskapazitäten laufend ausgebaut. Damit wird diese Landesregierung auch im weiteren Verlauf des Jahres 2015 fortfahren. So wurde das Beschäftigungs- volumen im Haushalt 2015 um insgesamt 51,6 Vollzeiteinheiten (VZE) aufgestockt, sodass von ei- nem Ausbau des Personalbestands insgesamt - auch im Betreuungsbereich - ausgegangen wer- den kann. Zu 6: Wie in der Vorbemerkung dargestellt, haben die niedersächsischen Kommunen bei der Gewährung der Unterbringung die ausländerrechtlichen und allgemeinen Regelungen einzuhalten. Die Landes- regierung sieht angesichts stark steigender Zugangszahlen derzeit davon ab, die im Rahmen der gesetzlichen Regelungen bestehende kommunale Gestaltungsfreiheit weitergehend einzuschränken . Sie geht vielmehr davon aus, dass die niedersächsischen Kommunen die ihnen bei Beachtung der allgemeinen gesetzlichen Regelungen verbleibenden Spielräume im Sinne einer bestmöglichen Unterbringung im Rahmen der bestehenden Kapazitäten und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten nutzen. Hinsichtlich der Situation in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen wird auf die Ausführun- gen zu Frage 10 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 5 Zu 7: Zu beachtende ausländerrechtliche und allgemeine Regelungen finden sich u. a. im Asylverfah- rensgesetz, Aufenthaltsgesetz, Asylbewerberleistungsgesetz, Bundesinfektionsschutzgesetz sowie Baurecht. Zu 8: Weitergehende zu beachtende allgemeine Regelungen finden sich u. a. im Bauordnungsrecht (Niedersächsische Bauordnung). Zu 9: Über die unter 7. und 8. aufgeführten ausländerrechtlichen und allgemeinen Regelungen hinaus gibt es keine spezifischen Regelungen für die Unterbringung von Flüchtlingen. Im Gegensatz zu der in der Kleinen Anfragen beispielhaft angesprochenen Personengruppe der Vertragsarbeiter aus der EU in Schlachthöfen, die unter teilweise problematischen Bedingungen und außerhalb der Möglichkeiten behördlicher Kontrolle durch private Arbeitgeber oder Arbeitsvermittler untergebracht werden, handelt es sich bei der Unterbringung von Flüchtlingen um eine staat- liche Aufgabe. Hierbei kann und muss von den zuständigen öffentlichen Stellen von Amts wegen die Einhaltung gesetzlicher Regelungen erwartet werden. Zu 10 und 11: Zuständig für die Einhaltung von Regeln und Standards in der Erstaufnahmeeinrichtung ist die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen, auch im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit externen beauftragten Dienstleistern wie z. B. Sicherheitsdiensten, sowie das Ministerium für Inneres und Sport im Rahmen seiner Dienst- und Fachaufsicht über die Landesaufnahmebehörde Niedersach- sen. Die Kommunen sind im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auf die Einhaltung der zu beachtenden Ge- setze verpflichtet. Die Fachaufsicht hierüber wird vom Ministerium für Inneres und Sport wahrge- nommen. Zu 12: Hinsichtlich der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen finden Besuche von Vertreterinnen und Vertretern des Innenministeriums vor Ort statt, werden Dienstbesprechungen in Hannover abgehal- ten und Zielvereinbarungen mit der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen abgeschlossen. Hin- zu kommen tägliche telefonische und sonstige Kontakte mit Akteuren vor Ort, um frühzeitig über auftretende Probleme informiert zu sein und zur Lösung aufgetretener Probleme beitragen zu können . Bei Hinweisen auf Missstände bei der kommunalen Unterbringung wird das Ministerium für Inneres und Sport im Rahmen seiner Fachaufsicht tätig. Welche Maßnahmen ergriffen werden, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Zu 13: Nein, die bisher getroffenen Maßnahmen (siehe Fragen 2, 5, 10 und 12) werden als derzeit ausreichend angesehen. Zu 14: Zu den getroffenen Maßnahmen des Landes im Rahmen seiner Fachaufsicht verweise ich auf die Vorbemerkungen und den Ausführungen zu Frage 12. Eine spezifische Gefährdungslage in den von der Firma European Homecare in Niedersachsen betriebenen Unterkünften konnte bislang nicht festgestellt werden. Zu 15: Nach der Abfrage bei den Kommunen (Stand 12. Januar 2015) betreibt die Firma European Home- care in Niedersachsen 14 Wohnheime bzw. Gemeinschaftsunterkünfte, von denen neun über einen vom Betreiber eingesetzten Wachdienst verfügen. Die den Wachdienst ausübenden Unternehmen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 6 wurden der Landesregierung auf Ihre Abfrage hin von den Kommunen bisher nicht namentlich be- nannt. Eine Nennung der Namen der mit dem Wachdienst betrauten Unternehmen in einer zur Veröffentlichung bestimmten Drucksache kann aufgrund der möglichen Verletzungen schutzwürdi- ger Interessen Dritter grundsätzlich nicht erfolgen. Um dem Informationsbedürfnis des Landtages dennoch in bestmöglicher Weise gerecht zu werden, wird die Landesregierung diese Informationen noch einmal nachfragen und als öffentliche Drucksache nachreichen, soweit die Kommunen und die betroffenen Unternehmen zur Offenlegung ihres Vertragsverhältnisses ihr Einverständnis erklä- ren. Anderenfalls wird die Landesregierung die Namen in anderer geeigneter Form, beispielsweise in nicht öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport, zugänglich machen. Zu 16: Von den abgefragten Landkreisen, kreisfreien Städten, der Region Hannover sowie den Städten Göttingen, Hameln, Hildesheim und Lüneburg (insgesamt 51 Kommunen) haben 39 geantwortet (Stand 12. Januar 2015). Gemeldet wurden 94 Wohnheime bzw. Gemeinschaftsunterkünfte und 6 Notunterkünfte. 16 Kommunen gaben an, ausschließlich dezentral in Wohnungen unterzubringen. Die gemeldeten 94 Wohnheime und sechs Notunterkünfte haben folgende Betreiber: Anzahl Wohnheime oder Notunterkunft Betreiber 33 Kommune 13 Wohlfahrtsverbände 1 Kirchen 46 Private Firmen 1 Keine Angabe Die 59 von privaten Firmen und Wohlfahrtsverbänden betriebenen Wohnheime und Notunterkünfte verteilen sich wie folgt: Gebietskörperschaft Anzahl der Wohnheime Größenordnung/Personenkapazität Stadt Wolfsburg 3 370 Gifhorn 2 275 Helmstedt 1 31 Peine 1 80 Region Hannover 3 208 Landeshauptstadt Hannover 24 1.299 (+160) Stadt Hildesheim 1 200 Harburg 16 Jeweils von 30 bis 90 Personen Rotenburg/Wümme 1 55 Stadt Oldenburg 3 274 Stadt Wilhelmshaven 2 68 Grafschaft Bentheim 1 40 Verden 1 30 bis 35 Zu 17: In vier von privaten Firmen und in neun von Wohlfahrtsverbänden betriebenen Wohnheimen oder Notunterkünften sind über die jeweiligen Betreiber Wachdienste eingesetzt. Die Firmen, die den Wachdienst stellen, wurden der Landesregierung auf Ihre Abfrage hin bisher nicht namentlich be- nannt. Eine Nennung der Namen der mit dem Wachdienst betrauten Unternehmen in einer zur Veröffentlichung bestimmten Drucksache kann aufgrund der möglichen Verletzungen schutzwürdi- ger Interessen Dritter grundsätzlich nicht erfolgen. Um dem Informationsbedürfnis des Landtages dennoch in bestmöglicher Weise gerecht zu werden, wird die Landesregierung diese Informationen noch einmal nachfragen und als öffentliche Drucksache nachreichen, soweit die Kommunen und die betroffenen Unternehmen zu der Offenlegung ihres Vertragsverhältnisses ihr Einverständnis er- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 7 klären. Anderenfalls wird die Landesregierung die Namen in anderer geeigneter Form, beispielsweise in nicht öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport, zugänglich machen. Zu 18: Vgl. dazu die Vorbemerkungen. Im Übrigen prüft die Landesregierung Vorschläge zur nachhaltigen Wohnraumbeschaffung zur Unterbringung von Flüchtlingen. Zu 19: Die landeseigene Gemeinschaftsunterkunft Bramsche wurde aufgelöst und in eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung umgewandelt. Gleichzeitig wird der Standort Bramsche zu einem Kompetenz- zentrum für die Beratung zur freiwilligen Rückkehr ausgebaut. Die Ausreiseeinrichtung Braun- schweig wurde geschlossen. Bereits bestehende Informations- und Beratungsangebote wurden verfestigt und durch neue, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete Angebote erweitert. So wird das Kursangebot „Wegweiser für Deutschland“ inzwischen an allen Standorten der Landesaufnah- mebehörde Niedersachsen angeboten. Die schulischen Konzepte werden in Kooperation mit dem Kultusministerium überarbeitet, um schulpflichtigen Kindern bessere Start- und damit auch Integra- tionschancen zu ermöglichen. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur wurde ein Fragebogen entwickelt, um vorhandene Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale frühzeitig erkennen zu können. Hinzu kommt eine laufende Erweiterung der Kapazitäten der Landesaufnahmebehörde Nieder- sachsen, die nach jetzigem Planungsstand Ende 2015 um rund 80 % im Vergleich zum Stand 2013 erhöht sein wird. Zu 20: Am 24. September 2014, gegen 20.30 Uhr, wurde die Rettungsleitstelle sowie die Polizei über mehrere Notrufe informiert, dass eine größere Schlägerei mit mehreren Personen an der Flüchtlingsunterkunft Wolfsburg/Fallersleben stattfinden würde. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung sei ebenfalls eine „Waffe“ verwendet worden. Vor Ort konnten durch die nur etwa sieben Minuten später eintreffenden Polizeibeamten ca. 50 aufgebrachte Personen festgestellt werden, die auf eine angeschossene Person hinwiesen. Bei der angeschossenen Person handelte es sich um einen ni- gerianischen Staatsbürger. Die Person erlag trotz sofortiger notärztlicher Behandlung am Einsatzort seiner Schussverletzung. Polizeiliche Ermittlungen ergaben bis dato, dass der Verstorbene eine tätliche Auseinandersetzung zwischen einem Mitbewohner der Flüchtlingsunterkunft und zwei deutschen Staatsbürgern mit ost- europäischem Migrationshintergrund, die nicht in dem Flüchtlingsheim wohnten, schlichten wollte. Streitgegenstand war eine vermutliche Unstimmigkeit bei einem versuchten Erwerb von Betäu- bungsmitteln in der Flüchtlingsunterkunft. Im Verlauf der tätlichen Auseinandersetzung sei dann von einem der beiden deutschen Staatsbürger auf den später Verstorbenen geschossen worden. Der andere Bewohner des Flüchtlingsheims verletzte daraufhin einen der deutschen Beschuldigten mit einer Axt. Die beiden flüchtigen Personen konnten im näheren Tatortumfeld festgenommen werden und wur- den einem Haftrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ. Aufgrund der zur Spurensuche und -sicherung erforderlichen Beschlagnahme des Tatortes am 24. September 2014, wurden die be- troffenen Bewohner, soweit sie sich nicht selbst anderweitig unterbringen konnten, in Abstimmung mit der Stadt Wolfsburg extern untergebracht und versorgt. Nach einer Würdigung aller bisher be- kannt gewordenen Tatsachen kann nach derzeitigem Ermittlungsstand ein fremdenfeindlicher oder sonstiger politisch motivierter Hintergrund ausgeschlossen werden. Um das laufende Ermittlungsverfahren nicht zu gefährden, können weitere Einzelheiten derzeit nicht mitgeteilt werden. Zu 21: Eine Recherche in dem niedersächsischen Vorgangsbearbeitungssystems NIVADIS ergab, dass in dem Zeitraum 2013 bis einschließlich 28. November 2014 elf Ermittlungsverfahren (zehn Verfahren im Jahr 2013 sowie ein Verfahren im Jahr 2014) wegen „unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln “ im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsheim als Tatort geführt wurden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3068 8 Zu 22: Ja, dabei gilt es allgemein, Streitigkeiten aus dem Milieu des Drogenhandels zu unterbinden, erst recht, wenn die Gefahr besteht, dass diese mit solch gravierenden Folgen verbunden sind. Zu 23: Grundsätzlich ja. Streitigkeiten aus dem Milieu des Drogenhandels treffen jedoch zu Recht generell auf fehlende Akzeptanz und sind kein Spezifikum der Unterbringung von Flüchtlingen in Gemein- schaftsunterkünften. Sie können ebenso in Straßen oder Stadtteilen mit einer Wohnungsunterbringung auftreten. Zu 24: Ja, dabei gilt, dass Drogenhandel generell nicht zu akzeptieren und mit allen Mitteln zu verhindern ist. Zu 25: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die in dem Wolfsburger Wohnheim le- benden Flüchtlinge aufgrund der Ereignisse vom 24. September 2014 traumatisiert wurden. Allge- mein gilt, dass in solchen Fällen die Flüchtlinge Anspruch auf medizinische Versorgung haben; den Betroffenen stehen die zuständigen Anlaufstellen - wie beispielsweise der sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes, Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge e. V. - und Ärzte zur Verfü- gung. In Vertretung Stephan Manke (Ausgegeben am 09.03.2015) Drucksache 17/3068 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2141 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Ansgar Focke und Angelika Jahns (CDU), eingegangen am 06.10.2014 Was tut die Landesregierung, um Flüchtlinge in Niedersächsischen Sammelunterkünften zu schützen?