Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3087 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2760 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU), eingegangen am 14.01.2015 Wie ernst meint es die Landesregierung mit echter Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturpro- jekten? Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e. V. kritisiert in einer Presse- mitteilung vom 13. Dezember 2014 die Zusammensetzung des vom Wirtschaftsministerium ange- stoßenen Dialogforums zum Hafenhinterlandverkehr. Der Verband kritisiert das fehlende Budget für eine unabhängige fachliche Begleitung sowie die im Vergleich zu den betroffenen Landräten späte Information der Bürgerinitiativen über den Verfahrensverlauf (7. Januar 2015 statt 17. Dezember 2014). Im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und den Grünen für die 17. Wahlperiode des Land- tages 2013 bis 2018 heißt es zur fachlichen Begleitung: „Durch neutrale Moderation, fachkundige Beratung und Begutachtung, die durch die Betroffenen initiiert wird, beispielhaft Bürgerbeteiligung gewährleisten. Moderne Medien können in der Planungs- und Realisierungsphase von Vorhaben die notwendige Transparenz und Diskussion sichern und fördern. Dieser Planung und Realisierung begleitende Diskurs darf nicht von finanziellen Möglichkeiten der unmittelbar Betroffenen abhängig sein. Deshalb wird ein Budget für eine unabhängige fachliche Begleitung zur Verfügung gestellt.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche sachlichen Gründe liegen für die verspätete Information der Bürgerinitiativen über or- ganisatorische Hintergründe des Dialogforums vor? 2. Warum weicht die Landesregierung beim Budget für eine unabhängige fachliche Begleitung von den Vorgaben des Koalitionsvertrags ab? 3. Wie will die Landesregierung ohne unabhängige fachliche Begleitung sicherstellen, dass die Hinweise und Einwendungen der beteiligten Bürgerinitiativen zeit- und sachgerecht geprüft und bewertet werden? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.01.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 04.03.2015 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/2760/Infrastrukturprojekte - Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) hat auf Bitten von Bund und Bahn die Fe- derführung für einen Dialogprozess zur Y-Trasse und deren Varianten übernommen. Hiermit soll der jahrelange Stillstand bei der Planung überwunden und mittels mehr Transparenz und Beteili- gungsmöglichkeiten eine größere Akzeptanz für Maßnahmen im Schienennetz im Raum Hanno- ver–Hamburg/Bremen erreicht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine konstruktive Haltung und Mitwirkung der am Dialogprozess Beteiligten erforderlich. Darüber hinaus ist eine positive Be- gleitung aus dem politischen Raum hilfreich. Die EU-weite Ausschreibung für die Konzeption und Durchführung des Dialogprozesses sowie eine neutrale Moderation ist erfolgt. Der Auftrag wurde vom MW am 01.12.2014 an die Agentur vom Hoff mit dem Moderator Jens Stachowitz vergeben. Die Agentur hat umgehend ihre Arbeit aufge- nommen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3087 2 Im Vorfeld des ersten Dialogforums am 13.02.2015 wurde seitens MW und Auftragnehmer die Zu- sammenstellung des Dialogforums behutsam entwickelt. Angesichts des großen Untersuchungs- raums und des enormen öffentlichen Interesses am Dialogprozess waren erhebliche Abstimmungs- und Konzentrationsprozesse erforderlich, denn das Forum kann nur mit einer begrenzten Teilneh- merzahl gelingen. Das MW ist bereits seit Mitte 2014 auf die unterschiedlichen Teilnehmergruppen wie die Landkreisen oder die Bürgerinitiativen zugegangen, hat nach potenziellen Akteuren gefragt und entsprechende Recherchen durchgeführt. Über die Einbindung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Dialogforum hinaus bestehen Mitwir- kungsmöglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger über eine Bürgerbeteiligung. In diesem Rah- men können von allen Interessierten über Internet und auf dem Postwege ihre Anregungen, Be- denken und Hinweise in das Verfahren eingespeist werden. Die Sitzungen des Forums können im Livestream und auch zeitversetzt im Nachgang über das Internet verfolgt werden. Zusätzlich wird die Bevölkerung über lokale Informationsveranstaltungen über das Dialogforum und die Mitwir- kungsmöglichkeiten informiert. Alle Informationen zum Dialogprozess können der Internetseite des Forums entnommen werden: www.dialogforum-schiene-nord.de Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Bürgerinitiativen wurden nicht verspätet, sondern parallel mit den Landräten bzw. den Regions- präsidenten im Zeitraum 09./10.12.2014 über Konzept und Arbeitsweise des Dialogforums Schiene Nord informiert. Während ein Termin zur persönlichen Besprechung mit den Landkreisen und der Region Hannover bereits am 17.12.2014 durchgeführt werden konnte, gelang die Terminierung mit den Bürgerinitiativen erst für den 07.01.2015. Dieser Termin 07.01.2015 war ein Vorschlag der Bürgerinitiativen. Zudem war den Bürgerinitiativen der Termin am 17.12.2014 mit den Landkreisen bekannt. Zu 2 und 3: Die Landesregierung ist bestrebt, bei Infrastrukturentscheidungen die Bevölkerung früher und um- fassender einzubeziehen, als dies bisher üblich ist. Daher hat sie bei der Diskussion um neue Schienenkapazitäten im norddeutschen Raum weit im Vorfeld der Planungsverfahren die Federfüh- rung für ein Dialogverfahren übernommen. Somit ist das Dialogforum Schiene Nord eines von vie- len Beispielen, mit denen die Landesregierung beim Thema Bürgerbeteiligung neue Wege geht. Das Land hat sogar für dieses vorgelagerte Verfahren eine spezielle, neutrale Moderation initiiert und dafür Finanzmittel bereitgestellt. Die in der Anfrage zitierte Aussage zur Bürgerbeteiligung in der Koalitionsvereinbarung zielt auf die Unterstützung von Nicht-Fachleuten in formellen Planungsverfahren ab, um eine Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an komplexen Verfahren auf Augenhöhe zu unterstützen. Dieses eben- falls erforderliche Ziel bezieht sich auf die Planungs- und Realisierungsphasen konkreter Projekte. Das Dialogforum Schiene Nord ist ein von vornherein auf Verständlichkeit und Einbeziehung aller Interessierter ausgelegter Prozess weit im Vorfeld konkreter Planungen und damit nicht mit den ge- setzlichen Verfahren vergleichbar. Im Dialogforum Schiene Nord soll der bisherige Planungs- und Erkenntnisstand zum Untersuchungsraum nachvollziehbar und plausibel dargestellt werden sowie die Kriterien zur Trassenfindung kritisch gewürdigt werden. Insofern ist zunächst kein Bedarf an weiterer externer Expertise zu unterstellen. Sollten dennoch Fragen offenbleiben, die die anwesenden Experten gemeinsam mit dem Moderator nicht in ausrei- chendem Maß beantworten können, ist die Einbeziehung weiteren externen Sachverstands zu er- wägen. Der bisherige allgemeine Wunsch der Bürgerinitiativen nach externer Expertise ist bislang eine abs- trakte Forderung. Gespräche im Vorfeld des Dialogforums haben deutlich gemacht, dass es aktuell keinen konkreten Bedarf für fest definierte Fragestellungen gibt. In Vertretung Daniela Behrens (Ausgegeben am 10.03.2015) Drucksache 17/3087 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2760 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU), eingegangen am 14.01.2015 Wie ernst meint es die Landesregierung mit echter Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturprojekten? Antwort der Landesregierung