Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3164 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2237 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen, Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 17.10.2014 Werden yezidische Asylbewerber in Niedersachsen in ihren Unterkünften von Islamisten be- droht? Viele Yeziden, aber auch Angehörige anderer Minderheitsreligionen aus dem Nahen Osten fliehen vor Verfolgung und Ermordung durch Islamisten aus ihrer Heimat. Die aktuellen Geschehnisse füh- ren der Welt vor Augen, wie schwer die Lage für Angehörige religiöser Minderheiten im Nahen Os- ten ist. Da es fast unmöglich erscheint, die Menschen in ihrer Heimat vor Übergriffen zu schützen, sind in- zwischen allein im Irak rund über 1 Million Yeziden auf der Flucht. Einige schaffen es bis nach Deutschland, um hier einen Asylantrag zu stellen. Doch statt hier zunächst Ruhe zu finden und mit ihren Familien und Kindern auf die Anerkennung des Asylantrags zu warten, geht das Martyrium für viele Flüchtlinge auch auf deutschem Boden weiter. In Asylbewerberunterkünften kommt es zu Übergriffen ebenfalls asylsuchender Islamisten. Dort werden Angehörige anderer Religionen drangsaliert und bedroht. Die bayrische Staatsregierung erwägt aus diesem Grund bereits eine nach Religionen getrennte Unterbringung von Asylbewer- bern. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele yezidische Asylbewerber aus dem Nahen Osten sind aktuell in Niedersachsen un- tergebracht (aufgeschlüsselt nach Kreisen und kreisfreien Städten)? 2. Liegen der Landesregierung Hinweise vor, dass es auch in Niedersachsen zu Übergriffen auf yezidische Asylbewerber in den Unterkünften kommt? 3. Wie viele bestätigte Übergriffe mit besagtem Hintergrund gab es in den letzten zwei Jahren (bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten)? 4. Gibt es in Niedersachsen die Möglichkeit, Asylbewerber bei Problemen nach Religionen ge- trennt unterzubringen, um diese vor Übergriffen zu schützen? 5. Sieht die Landesregierung die Sicherheit der yezidischen Flüchtlinge in Niedersachsen in ih- ren Unterkünften als gegeben an? (An die Staatskanzlei übersandt am 27.10.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 16.02.2015 für Inneres und Sport - 62.21 - 01425 - In der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) und auch in den Flüchtlingsunterkünften der niedersächsischen Gemeinden sind Flüchtlinge aus einer Vielzahl von Herkunftsländern unter- gebracht. So sind allein am Standort Braunschweig der LAB NI Asylsuchende aus fast 40 Her- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3164 2 kunftsländern mit unterschiedlichen Religionen und Glaubensrichtungen wohnhaft. Die in Nieder- sachsen für die Aufnahme und Unterbringung zuständigen Stellen berücksichtigen im Rahmen der Möglichkeiten die besonderen Belange und Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner. Dies gilt etwa für alleinerziehende Frauen, Flüchtlinge mit besonderen gesundheitlichen Einschrän- kungen und selbstverständlich wird auch bei der Unterbringung auf die Religionszugehörigkeit der Personen geachtet. Ein zielgerichtetes auf die Belange der Bewohnerschaft ausgerichtetes Bele- gungsmanagement trägt im Übrigen auch maßgeblich dazu bei, Spannungen innerhalb der Be- wohnerschaft möglichst zu vermeiden. Dies setzt aber voraus, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner den für die Unterbringung und soziale Betreuung zuständigen Stellen auch offenbaren und mitteilen, welche persönlichen Belange bei der Unterbringung berücksichtigt werden sollen. Dies ist in der Praxis nicht immer der Fall. Auch die aufgrund der weiterhin hohen Asylzugänge nach wie vor angespannte Belegungssituation schränkt die Möglichkeiten, allen Interessen der Be- wohnerinnen und Bewohner zu entsprechen, erheblich ein. Sofern Bedrohungsszenarien bekannt werden, werden die betroffenen Personen jedoch unverzüglich innerhalb der LAB NI auf andere Standorte oder auf die niedersächsischen Gemeinden verteilt. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wurden die Kommunen zu den Fragen 2 bis 4 um Beiträge gebeten. Von 48 erwarteten Rückläufern aus Landkreisen, kreisfreien Städten und der Region Hannover haben 37 Kommunen auf die Fragen geantwortet. Ein weiteres Abwarten wäre vor dem Hintergrund der unverzüglichen Antwortpflicht der Landesregierung aus Artikel 24 Abs. 1 Landes- verfassung nicht angemessen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Da im Ausländerzentralregister als auch beim Zensus Angaben zur Religionszugehörigkeit nur freiwillig gespeichert werden, liegen keine validen statistischen Erhebungen vor und können auch nicht nachträglich ermittelt werden. Zu 2 und 3: Der Polizei des Landes Niedersachsen ist eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung nicht möglich. Die Religionszugehörigkeit von Personen wird im Bereich der allgemeinen Kriminalität grundsätzlich nicht erhoben. In dem polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem NIVADIS erfolgt daher auch keine strukturierte Erfassung, sodass diese nicht recherchierbar ist. Die Politisch moti- vierte Kriminalität wird bundeseinheitlich in den folgenden voneinander unabhängigen Dimensionen abgebildet: Deliktsqualität, Themenfeld, Phänomenbereich, Internationale Bezüge und Extremisti- sche Kriminalität. Das Themenfeld „Hasskriminalität“ umfasst politisch motivierte Straftaten, wenn in Würdigung der Tatumstände und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person gerichtet sind, wegen ihrer Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Herkunft, äußeren Erscheinungsbildes, Behinderung, sexuellen Orientierung, gesellschaftlichen Status und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution, eine Sache oder ein Objekt richtet. Die Religions- zugehörigkeit von Personen wird somit nur im Einzelfall erhoben. Eine gesonderte Erfassung an- tijezidischer Straftaten erfolgt dabei jedoch nicht. Dem Verfassungsschutz liegen ebenfalls keine Hinweise darauf vor, dass es in Niedersachsen zu Übergriffen auf yezidische Asylbewerber gekommen ist. Nach Abfrage bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen ist vereinzelt von Bewohnerinnen mitgeteilt worden, dass sie auf dem Gelände von Mitbewohnern dahin gehend angesprochen wor- den sind, ihre Bekleidung und ihre Verhaltensweise zu verändern. Nach dem Ergebnis der Rückmeldungen aus den Kommunen sind bisher keine Übergriffe auf yezi- dische Asylbewerber in den kommunalen Unterkünften bekannt. Zu 4: Grundsätzlich ja. Sofern den Aufnahmeeinrichtungen der LAB NI bekannt ist, dass es sich um Yeziden handelt, werden deren Belange berücksichtigt und eine Unterbringung gemeinsam mit Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3164 3 muslimischen Bewohnerinnen und Bewohnern vermieden. Grundsätzliche diesbezügliche Proble- me sind jedoch in der Vergangenheit nicht aufgetreten. Nach den Rückmeldungen aus den Kommunen versucht die überwiegende Anzahl der Kommunen zur Vermeidung von Konflikten auf eine sozialverträgliche Unterbringung zu achten und hierbei kul- turelle und religiöse Besonderheiten zu berücksichtigen. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen. Zu 5: Ja. Boris Pistorius (Ausgegeben am 23.03.2015) Drucksache 17/3164 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2237 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen, Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 17.10.2014 Werden yezidische Asylbewerber in Niedersachsen in ihren Unterkünften von Islamisten be-droht? Antwort der Landesregierung