Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3170 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2699 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 07.01.2015 Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus der Hochwasserkatastrophe 2013 in Niedersachsen gezogen? Im Jahr 2013 kam es ab dem 25. Mai in Niedersachsen zu starken Niederschlägen, die regionales Hochwasser verursachten. Der Abschlussbericht des Innenministeriums kam zu der Schlussfolge- rung, dass Niedersachsen in der Lage war, die entsprechenden Hilfeanforderungen auf allen Ebe- nen schnell und zielgerichtet zu erfüllen. Nichtsdestoweniger wurden weitere Handlungserfordernisse festgestellt. So wurde beispielsweise festgestellt, dass außer den Kreisfeuerwehrbereitschaften keine übergeordneten größeren Einhei- ten in Niedersachsen existieren. Außerdem werde eine überörtliche Hilfestellung unter einer klaren und einheitlichen Logistikführungsstruktur benötigt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie weit ist die Landesregierung mit ihren Plänen, die Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte und Katastrophenschutzleitungen auszubauen? 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die zivil-militärische Zusammenarbeit fortzuführen? 3. Welche Konsequenzen hat die Landesregierung bezüglich der vorhandenen Ausstattung ge- zogen, und was wurde zusätzlich angeschafft? 4. Wie weit ist eine länderübergreifende Harmonisierung der Einsatzformationen fortgeschritten, und was trägt die Landesregierung hierzu bei? 5. Hat die Landesregierung übergeordnete größere Einheiten über die vorhandenen Sanitäts- und Betreuungszüge hinaus geschaffen? 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung bei Großschadenslagen oder Katastro- phenfällen, die sich über mehrere Landkreise erstrecken, und was tut die Landesregierung über die Arbeit in den Krisenstäben hinaus? 7. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung getroffen, um eine effiziente und einheitliche Logistikführungsstruktur zu etablieren? 8. Wie weit sind die Planungen für etwaige großräumige Evakuierungen fortgeschritten, welche Maßnahmen wurden eingeleitet, und inwieweit sind diese Planungen mit anderen Ländern abgestimmt? (An die Staatskanzlei übersandt am 13.01.2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3170 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 09.03.2015 für Inneres und Sport - 36.3-14601/103 - Die Katastrophenbekämpfungsmaßnahmen während des Elbehochwassers im Sommer 2013 er- reichten in den betroffenen Regionen an der niedersächsischen Elbe seit dem „Jahrhunderthoch- wasser“ von 2002 eine neue Dimension. Die kommunalen Katastrophenschutzbehörden, die Polizeidirektion Lüneburg und das Innenministerium waren in einem außergewöhnlich hohem Maß ge- fordert, Gefahren für Leben, Gesundheit und Umwelt zu minimieren sowie Hab und Gut der Bevöl- kerung zu schützen. Dies gelang insbesondere durch den unermüdlichen Einsatz unzähliger eh- renamtlicher Helferinnen und Helfer und hauptamtlicher Kräfte der Freiwilligen Feuerwehren, der Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfswerks und der Bundeswehr sowie mit einer konsequent guten Führungs- und Kommunikationsarbeit. In der Gesamtbewertung der Einsatzabläufe wurde festgestellt, dass das Katastrophenschutzsystem in Niedersachsen wirkungsvoll zur Zufriedenheit der Bevölkerung und der beteiligten Behörden und Organisationen funktioniert hat. Nähere Informa- tionen und Einzelheiten können dem umfassenden Abschlussbericht des Innenministeriums zur Hochwasserkatastrophe 2013 vom 22. September 2014 entnommen werden. Aus den Erfahrungen der Katastrophenbekämpfung ergeben sich aber immer auch Verbesse- rungspotenziale und Optimierungsbedarfe, die im Abschlussbericht genannt worden sind. Diese Zielsetzungen sollen künftig unter Berücksichtigung personeller und finanzieller Möglichkeiten die Grundlagen für die Verbesserung des Katastrophenschutzes in Niedersachsen bilden. Der struktu- relle Umbau von Organisations- und Einsatzplanungen wird allerdings nicht kurzfristig zu erreichen sein und eine ausführliche Beteiligung aller betroffenen Behörden und Organisationen erfordern. Der Arbeitskreis V der IMK hat in seiner Sitzung im November 2014 den Bericht der Bund-Länder- AG zur Auswertung der Hochwasserbekämpfung 2013 sowie das überarbeitete Konzept für eine bundesweite länderübergreifende Katastrophenhilfe zur Kenntnis genommen und die Länder gebe- ten, diese umzusetzen. Zu den im Bericht beleuchteten Themenfeldern sind Umsetzungsempfeh- lungen ausgesprochen worden. Der zentrale Punkt der Empfehlungen betrifft das Kräfte- und Res- sourcenmanagement bei überörtlicher und länderübergreifender Hilfeleistung. Zu den Themen werden bis Ende April 2015 die Eckpunkte für folgende Arbeitsgruppen festgelegt: – Erarbeitung von Einsatzempfehlungen für den überörtlichen und länderübergreifenden Einsatz der Feuerwehren und Hilfsorganisationen, – Erarbeitung von Grundlagen für die Bündelung von bestimmten Aufgaben (Verpflegung der Einsatzkräfte, Versorgung mit Verbrauchsgütern, Materialerhaltung von Ausstattung und Fahr- zeugen, Unterbringung und Betreuung der Einsatzkräfte), – Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für die Aus- und Fortbildung und Formen des Infor- mationsmanagements. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Landesregierung setzt sich nachhaltig dafür ein, die Ausbildungsmöglichkeiten auf Landesebe- ne an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) auszubauen und zu verbessern. Hierzu werden die Planungen für den Neubau des Trainings- und Bildungszent- rums in Celle/Scheuen und für den Abschluss der Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen in Loy konsequent weiter verfolgt. Die Umsetzung sieht konkret zwei Bauabschnitte vor. In beiden Schritten eingeschlossen ist auch die Fertigstellung des Standortes Loy. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3170 3 Für die Ausbildung von Katastrophenschutzleitungen an der NABK stehen im Lehrgangsjahr 2015 fünf Lehrgänge „Einführung in die Stabsarbeit“ mit insgesamt 100 Lehrgangsplätzen für die Stabs- angehörigen der Katastrophenschutzleitungen zur Verfügung. Zu 2: Die Landesregierung hält einen engen Kontakt zum Landeskommando Niedersachen, das im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit eine Verbindungsorganisation zur Katastrophen- vorsorge auf allen Ebenen betreibt. Hierzu sind insgesamt 56 Verbindungskommandos bei den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den Polizeidirektionen etabliert. Zusätzlich bestehen im Innenministerium ein Verbindungskommando beim Kompetenzzentrum Großschadenlagen und ein weiteres Kommando zum militärischen Teilhaber an der Katastrophenvorsorge in den Niederlan- den. Das Lagezentrum des Landeskommandos führt die Einsätze und hält die Verbindung zur Bundeswehrführung. Diese militärischen Kommandos werden regelmäßig aus- und weitergebildet. Zudem nehmen die dort eingesetzten Soldaten an den Übungen der betreffenden Verwaltungen und/oder der Katastro- phenschutzorganisationen teil. In diesem Jahr steht die länderübergreifende Krisenmanagementübung - LÜKEX 2015 - als heraus- ragendes Ereignis an. Hier ist das Landeskommando in der beim Ministerium für Inneres und Sport eingerichteten Projektgruppe beteiligt und wird mit allen Verbindungskommandos bei den teilneh- menden Katastrophenschutzstäben und dem Lagezentrum mitwirken. Im Rahmen der Vorbereitung wird das Landeskommando die beteiligten Bundeswehrkommandos beüben. Darüber hinaus findet in den Niederlanden am 23. April 2015 in Assen ein gemeinsames Symposi- um zur grenzüberschreitenden zivil-militärischen Zusammenarbeit statt. Zu 3: Die Ausstattung der im Katastrophenschutz mitwirkenden privaten Einheiten und Einrichtungen, insbesondere im Sanitäts- und Betreuungsdienst sowie im Wasserrettungsdienst wird von den Hilfsorganisationen - mit Ausnahme der Ausstattung im Zivilschutz - selbst beschafft. Die Hilfsorga- nisationen werden mit finanziellen Zuwendungen des Landes Niedersachsen gefördert. Seit 2008 werden im Rahmen einer Anteilsfinanzierung von im Regelfall 75 % für die Beschaffung von Katastrophenschutzfahrzeugen in den Bereichen Sanität, Betreuung und Wasserrettung - seit 2010 auch für den Bereich Brandschutz - Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt 2,087 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Für die Fördermaßnahmen im Jahr 2015 wird der Bereich der Gefahrenabwehr bei Hochwasserlagen einmalig mit zusätzlich 1 Million Euro gefördert. Außerdem werden die Hilfsorganisationen jährlich mit insgesamt 436 000 Euro für Zwecke der Ausbildung und Ausstattung der Katastrophenschutzeinheiten gefördert. Zu 4: Mit Erlass vom 24. Juli 2007 hat das Innenministerium den Katastrophenschutzbehörden und den Polizeidirektionen - Ämter für Brand- und Katastrophenschutz - Hinweise zur Anforderung von Un- terstützungskräften bei Nachbarschaftshilfe, überörtlicher und länderübergreifender Katastrophen- hilfe gegeben. Diese Verfahrensweisen haben sich bewährt und sollen aufgrund des Beschlusses der IMK vom 11./12. Dezember 2014 für eine bundesweite länderübergreifende Katastrophenhilfe fortgeschrieben werden. Zu 5: Nein, die vorhandenen Ressourcen der Sanitäts- und Betreuungseinheiten haben sich bewährt. Sie genügen in personeller und ausstattungsmäßiger Hinsicht den Anforderungen und können bei Be- darf im Rahmen der nachbarschaftlichen oder überörtlichen Hilfe modular zu größeren Einheiten aufgestockt werden. Zu 6: Die Unterstützung der Katastrophenschutzbehörden bei Großschadenslagen oder Katastrophen über die Zuständigkeitsbereiche hinaus hat sich bewährt. Sie werden im Ereignisfall von den Poli- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3170 4 zeidirektionen - Ämter für Brand- und Katastrophenschutz - in ihrer Aufgabenwahrnehmung unter- stützt. Dies gilt insbesondere für die Koordinierung der überörtlichen Hilfeleistung und gegebenen- falls der länderübergreifenden Hilfeleistung unter Einbeziehung des Kompetenzzentrums Groß- schadenlagen im Innenministerium. Bei Bedarf wird auch der interministerielle Krisenstab im In- nenministerium einberufen, um eine weitgehende Begleitung und Unterstützung der Katastrophen- schutzbehörden zu gewährleisten. Zu 7: Während der letzten Hochwasserkatastrophe, die in mehreren Ländern gleichzeitig über viele Tage für Katastrophenalarm sorgte, wurden massiv Kräfte und Materialressourcen zum Einsatz gebracht. Die Einsatzkräfte in Niedersachsen haben, vor allem mit ihrem ehrenamtlichen Engagement, einen unverzichtbaren Teil für eine erfolgreiche Gefahrenabwehr geleistet. Die Entsendung von Kräften in den überörtlichen Einsatz über Tage und Wochen stellt besondere Bedingungen an die Anforde- rungs-, Informations- und Einsatzstrukturen. In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurde auch untersucht, ob und inwieweit Optimierungspotenzia- le hinsichtlich des Einsatzes über Ländergrenzen hinweg bestehen. Als Ergebnis wurde u. a. eine Anpassung des bestehenden Einsatzkonzeptes für den länderübergreifenden Katastropheneinsatz vorgeschlagen. Dieser Vorschlag enthält eine Passage über die notwendige Vorhaltung von Lo- gistikstrukturen für den Einsatz über Ländergrenzen hinweg. Zu 8: Zuständig für die Evakuierung ist die örtliche Katastrophenschutzbehörde. Diese trifft die erforderli- chen Planungen im eigenen Zuständigkeitsbereich. Dabei berücksichtigt sie auch die Notwendig- keit der Evakuierung über das Zuständigkeitsgebiet der Katastrophenschutzbehörde hinaus. Dies beinhaltet erforderlichenfalls auch die Abstimmung mit anderen Ländern. Besondere länderübergreifende Evakuierungsplanungen sind für den Bereich von Naturkatastro- phen nicht vorgesehen. Nach der zu erwartenden Erweiterung der Evakuierungsradien für den Ka- tastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen lassen sich die daraus resultierenden Erkenntnisse gegebenenfalls auch auf die Evakuierungsplanungen für andere Großschadenereig- nisse übertragen. Boris Pistorius (Ausgegeben am 23.03.2015) Drucksache 17/3170 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2699 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 07.01.2015 Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus der Hochwasserkatastrophe 2013 in Niedersachsen gezogen? Antwort der Landesregierung