Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2366 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Marco Brunotte (SPD), eingegangen am 17.11.2014 „HoGeSa“ in Hannover - Welche Erkenntnisse zieht die Landesregierung aus dem 15. November 2014? Am 15. November 2014 haben sich Anhänger der Vereinigung „HoGeSa“ (Hooligans gegen Sa- lafisten) zu einer Kundgebung am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Hannover getroffen. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren Hannes Ostendorf, Sänger der rechtsextremen Hooligan-Band „Kategorie C“, der Islamkritiker Michael Stürzenberger, Mitglieder der Parteien NPD, „Die Rechte“, „Freie Wähler Niedersachsen“ und „Die Freiheit“. Der unter dem Namen „SS-Siggi“ bekannte Siegfried Borchardt, Anführer der rechtsextremen Borussenfront und Funktionär der Par- tei „Die Rechte“, nahm neben Mitgliedern der militanten Bremer Hooligan-Gruppe „Standarte Bre- men“ teil. Die befürchteten schweren Krawalle, wie im Oktober 2014 in Köln, wurden durch einen massiven Polizeieinsatz unterbunden. Trotzdem kam es bei der An- und Abreise zu Vorfällen. So skandierte eine 60-köpfige Gruppe aus Teilnehmern der „HoGeSa“-Versammlung in Halle volksverhetzende Parolen. Die Bundespolizei ermittelt. Unter Kenntnis dieser Umstände frage ich die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammensetzung der Teilnehmerin- nen und Teilnehmer an der Kundgebung des Netzwerks „Hooligans gegen Salafisten“ am 15. November 2014 in Hannover? 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Niedersachsen an der Kundgebung des Netzwerks „Hooligans gegen Salafisten“ am 15. November 2014 in Hannover? 3. Haben Mitglieder von Hooligan-Gruppen aus Niedersachen teilgenommen? Falls ja, von wel- chen Vereinen? 4. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Hooligan-Gruppen aus Niedersachsen haben teilgenommen? 5. Wie viele Fans der „Kategorie C“ (gewaltsuchende Fans) waren insgesamt unter den Teil- nehmerinnen und Teilnehmern? 6. Wie viele Fans der „Kategorie C“ aus Niedersachsen waren unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern? 7. Haben rechtsextreme Gruppierungen aus Niedersachsen an der Veranstaltung teilgenom- men? Falls ja, welche? 8. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer von rechtsextremen Gruppierungen aus Nieder- sachsen haben teilgenommen? 9. Wie bewertet die Landesregierung die Teilnahme von rechtsextremen Gruppierungen an der „HoGeSa“-Versammlung in Hannover? 10. Welche Rednerinnen und Redner sind auf der Versammlung aufgetreten? 11. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über diese Redner? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 2 12. Welche Erkenntnisse hat sie über die Liedermacherin Karin Mundt, die auf der Kundgebung aufgetreten ist? 13. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der „HoGeSa“-Versammlung haben den ZOB bereits deutlich vor Ende der Veranstaltung verlassen. Hat die Landesregierung Erkenntnisse zu den Gründen? 14. Welche Erkenntnisse hat sie über Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmerinnen und Teil- nehmern der „HoGeSa“-Kundgebung am 15. November 2014? 15. Teilgenommen an der „HoGeSa“-Versammlung in Hannover am 15. November 2014 haben aber nur knapp 3 000 Personen. Die Organisatoren sind nach Medienangaben von mehr aus- gegangen. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu dieser Diskrepanz? 16. Wie beurteilt die „HoGeSa“-Szene nach Erkenntnissen der Landesregierung ihre Veranstal- tung am 15. November 2014 in Hannover? 17. Kam es durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer der „HoGeSa“-Versammlung zu Straftaten bzw. Verübung von Ordnungswidrigkeiten? 18. Wurden im Rahmen der Kontrollen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der „HoGeSa“-Ver- sammlung Gegenstände sichergestellt? Falls ja, welche? 19. Ist es bei der An- und Abreise zur „HoGeSa“-Versammlung zu besonderen Vorkommnissen gekommen? 20. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Vorfall an der Kneipe „Larifari“ in Hannover am 15. November 2014? 21. Erwartet die Landesregierung in den nächsten Monaten weitere Veranstaltungen bzw. Aktivi- täten des Netzwerks „HoGeSa“ in Niedersachsen? 22. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Organisationsstrukturen des Netzwerks „HoGeSa“ in Niedersachsen? 23. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung dem Netzwerk „HoGeSa“ begegnen? 24. Wie beurteilt die Landesregierung das Netzwerk „HoGeSa“ mit den Erkenntnissen der Kund- gebung in Hannover? 25. Wird das Netzwerk „HoGeSa“ nach Erkenntnissen der Landesregierung von Rechtsextremisten gesteuert oder unterwandert? 26. Wie viele Kräfte von Landes- und Bundespolizei waren im Rahmen der „HoGeSa“-Kundge- bung am 15. November 2014 im Einsatz? 27. Wie beurteilt die Landesregierung das polizeiliche Einsatzkonzept? (An die Staatskanzlei übersandt am 24.11.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 09.03.2015 für Inneres und Sport - 23.22-01425/2-2014 - Im Anschluss an die gemeinsame Sitzung der Arbeitskreise Innere Sicherheit (AK II) und Verfas- sungsschutz (AK IV) der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) am 30.10.2014 hat sich eine Bund-Länder-Projektgruppe (BLPG) vor dem Hintergrund der gewalt- tätigen Ereignisse im Zusammenhang mit einer HoGeSa-Demonstration am 26.10.2014 in Köln mit der Aktionsform „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) befasst. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 3 Mit Datum vom 28.11.2014 wurde von der BLPG, an der Niedersachsen durch einen Vertreter des Ministeriums für Inneres und Sport beteiligt war, ein Bericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Darüber hinaus hat die IMK auf ihrer 200. Sitzung am 11./12.12.2014 den AK II beauftragt, in Zu- sammenarbeit mit dem AK IV und dem Bundeskriminalamt bis zur Führjahrsitzung 2015 einen Be- richt über Verbindungen zwischen der rechtsextremistischen und der Hooliganszene vorzulegen. In diesen sollen auch Erkenntnisse des Berichtes „Rechte/Rechtsextremisten und Fußball“ der AG Analyse im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus der Länder und des Bundes einfließen. Das Ministerium für Inne- res und Sport wird sich an der Erarbeitung des angeforderten Berichtes beteiligen. Auf Veranlassung des Ministers für Inneres und Sport führt das Gemeinsame Informations- und Analysezentrum Polizei und Verfassungsschutz Niedersachsen ein Auswertprojekt zum Phänomen HoGeSa durch, um in Niedersachsen vorhandene Strukturen und Personenpotenziale des Bünd- nisses „Hooligans gegen Salafisten“ und eventuelle Verbindungen in die rechtextremistische Szene aufzuhellen sowie vorhandene Erkenntnisse zu verdichten. Bereits im Vorfeld der Demonstration in Hannover am 15.11.2014 wurde ein erster Lagebericht vorgelegt und im Rahmen der Einsatzpla- nung berücksichtigt. Aufgrund der dynamischen Entwicklungen des Phänomens HoGeSa sowie der im Zusammenhang mit der Demonstration in Hannover am 15.11.2014 gewonnenen Erkenntnisse wurde der Bericht bereits zweimal aktualisiert, letztmalig mit Datum vom 05.02.2015. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage auf Grundlage der Berichterstattung des Landes- kriminalamts Niedersachsen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 bis 6: An der stationären versammlungsrechtlichen Aktion der Gruppierung HoGeSa am 15.11.2014 auf dem Zentralen Omnibushof Hannover nahmen 3 208 Personen teil. Unter den Teilnehmern befanden sich neben Hooligans und Personen ohne organisatorischen Hin- tergrund auch Mitglieder der rechtsextremistischen Parteien „Die Rechte“ und der „NPD“ sowie Angehörige der neonazistischen und subkulturellen rechtsextremistischen Szene. Ferner waren Sym- pathisanten des islamfeindlichen Internetportals „PI-News“ anwesend. Eine genaue Unterscheidung zwischen Hooligans, Rechtsextremisten und sonstigen Personen konnte nicht erfolgen. Insgesamt wurden an verschiedenen Kontrollpunkten durch die Landes- und Bundespolizei 1 495 mutmaßlich Anreisende zur „HoGeSa“-Veranstaltung gemeldet, davon 394 aus Niedersachsen. 85 der 394 aus Niedersachsen stammenden Personen konnten der rechten Szene zugeordnet werden. Da es sich hierbei keineswegs um homogene Einzelgruppen gehandelt hat, sind Mehrfachnennungen sowie Vermischungen mit anderen Reisenden und potenziellen Teil- nehmern aus anderen Städten und Gemeinden möglich. Nach polizeilicher Einschätzung setzte sich die Formation aus jeweils ca. 45 % Hooligans und rech- ter Klientel sowie 10 % aus nicht kategorisierbaren Personen zusammen. Die Zuordnung zur jeweiligen Szene wurde anhand szenetypischer Bekleidung, Vereinsabzeichen, Schals und Trikots, der mitgeführten Fahnen und Transparente, des Gruppenverhaltens, des unter- schiedlichen Habitus der Gruppen, der skandierten Parolen sowie anhand von Tätowierungen vor- genommen. Bei den Teilnehmern aus der Hooliganszene auf dem Kundgebungsplatz dürfte es sich ausschließ- lich um männliche Personen gehandelt haben, unter den Versammlungsteilnehmern der rechten Szene befanden sich rund 70 Frauen. Das Personenpotenzial aus dem sonstigen Spektrum setzte sich je zur Hälfte aus beiden Ge- schlechtern zusammen. Unter den Teilnehmern sind insgesamt zehn Mitglieder einer Hooligan-Gruppierung mit Bezug zum Verein Hannover 96 erkannt worden. Darüber hinaus konnten unter den Teilnehmern insgesamt 28 Personen festgestellt werden, die der „Kategorie C“ (gewaltsuchend) zuzurechnen sind, davon drei aus Niedersachsen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 4 Zu 7 und 8: Reiseabsichten von Rechtsextremisten aus ganz Niedersachsen waren zu registrieren. Die Anrei- sen erfolgten zumeist in kleineren regionalen Gruppen, die organisationsübergreifend zusammen- gesetzt waren. Zu benennen sind Angehörige des Kreisverbandes Braunschweiger Land der Partei „Die Rechte“, welcher zum Teil personenidentisch mit dem neonazistischen Aktionsbündnis 38 ist. Darüber hinaus waren Mitglieder des NPD-Unterbezirks Emsland/Grafschaft Bentheim sowie An- gehörige der AG Nordheide und AG Weserbergland anwesend. Nach bisherigen Erkenntnissen nahmen rund 25 Personen des „Aktionsbündnis 38“ aus Braun- schweig, zehn Angehörige „AG Nordheide“ und fünf Personen der „AG Weserbergland“ teil. Zu 9: In der zusammenfassenden phänomenologischen Betrachtung der Veranstaltungen ist zum jetzi- gen Zeitpunkt feststellbar, dass das Zusammenwirken zwischen gewaltaffinen Hooligan-Gruppie- rungen und Teilen des rechten Spektrums eine vielschichtige Gemengelage darstellt. Die „Vernetzung “ verschiedener, in Teilen ursprünglich verfeindeter Hooligans in der Gruppierung HoGeSa und das Zusammenwirken mit Rechtsextremisten ist eine neue Aktionsform. Die islamfeindlichen Positionen sind derzeit ein zentrales Kampagnenthema innerhalb der rechts- extremistischen Szene, mit dem Ziel an bestehende Ressentiments in der Gesellschaft anzuknüp- fen. Daher eröffnen Veranstaltungen der Vereinigung HoGeSa Rechtsextremisten die Möglichkeit eines öffentlichkeitswirksamen Auftretens in einer aus dem eigenen Aufkommen nicht zu errei- chenden Größenordnung. Während die rechte Szene die aktuelle Berichterstattung und die damit verbundene gesellschaftlich konsensfähige Ächtung der Verbrechen des „Islamischen Staat“ (IS) als günstige Gelegenheit für Agitationen in eigener Sache erkannt hat, sind die politischen Motive der Hooliganszene phäno- menologisch derzeit nicht schlüssig zu erklären. Zu 10 bis 12: Als Redner traten bei der HoGeSa-Kundgebung am 15.11.2014 der Veranstalter Michael Stürzen- berger (BY), ein unbekanntes angebliches Mitglied von HoGeSa Hannover sowie drei weitere, na- mentlich bekannte Personen, zu denen der Landesregierung keine Erkenntnisse vorliegen, auf. Darüber hinaus wurde nach Versammlungsende von Heidi Mund (HE) eine Rede gehalten. Bei Michael Stürzenberger handelt es sich um den Bundesvorsitzenden der rechtpopulistisch ein- gestuften Partei „DIE FREIHEIT“. Vom Landesvorsitz der „Bürgerbewegung Pax Europa“ ist er zwischenzeitlich zurückgetreten. Darüber hinaus tritt Stürzenberger regelmäßig als Autor im islam- feindlichen Internetportal „PI-News“ in Erscheinung. Stürzenberger ist ein maßgeblicher Funktionär und Aktivist im Bereich der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit. Karin Mundt ist eine rechtsextremistische Liedermacherin aus Brandenburg, die bisher einen Ton- träger veröffentlicht hat. Mundt trat bereits am 26.10.2014 gemeinsam mit einem weiteren Lieder- macher aus Berlin, Patrick Kiliat, bei der HoGeSa-Veranstaltung in Köln auf. Der Auftritt in Hanno- ver erfolgte ebenfalls mit Kiliat. Gemeinsam veröffentlichten sie unter den Pseudonymen „Vilian 051“ (Kiliat) und „Wut aus Liebe“ (Mundt) den Titel „Vereint Euch“, der auch auf der Internetseite der HoGeSa eingebunden ist und das Motto der Gruppierung musikalisch aufgreift. Zu 13: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. Zu 14: Nach Beendigung der HoGeSa-Versammlung soll es unter einzelnen Teilnehmenden zu strafrecht- lich nicht relevanten Streitigkeiten gekommen sein, die durch Ordnereinsatz intern beigelegt wur- den. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 5 Zu 15: Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden waren die strikten Versammlungsauflagen und die hohe Polizeipräsenz ausschlaggebend für den massiven Einbruch der Teilnahmebereitschaft. Nachdem die „HoGeSa“-Organisatoren mit ihrem Antrag gegen die strikten Auflagen gescheitert waren, zeichnete sich am Freitagabend vor der Veranstaltung ein Rückgang der zu erwartenden Teilnehmerzahlen ab. Insbesondere die Auflagen, lediglich eine stationäre Kundgebung an einem Standort durchführen zu können, das generelle Alkoholverbot auch schon auf der Anreise und das Verbot des Auftritts der Band „Kategorie C“, dürfte viele potenzielle Teilnehmerinnen und Teilneh- mer von einer Reise nach Hannover abgehalten haben. Zu 16: Einträge auf der Homepage der HoGeSa und in sozialen Netzwerken lassen den Rückschluss zu, dass die Veranstaltung seitens HoGeSa als Erfolg gewertet wird, weil trotz des zunächst ausge- sprochenen Versammlungsverbotes und der stringenten Auflagen nur drei Wochen nach der Ver- anstaltung in Köln sich erneut mehrere Tausend Teilnehmer versammelten. Das Auftrittsverbot der Band „Kategorie C“ sei aus Sicht der HoGeSa durch hochklassige Redner auf der Bühne kompen- siert worden. Gemäß einer HoGeSa-Pressemitteilung wachse der Widerstand gegen die etablierte und volksfeindliche Politik und lasse sich nicht mehr aufhalten. Zu 17 bis 20: Insgesamt wurden 26 strafrechtlich relevante Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmende der HoGeSa-Versammlung eingeleitet (Stand 27.11.2014). Hiervon wurden 19 Straftaten während der An- und Abreisephase verübt. Im Einzelnen handelt es sich um je vier Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz und das Waffengesetz, elf Verstöße gegen das Niedersächsische Versamm- lungsgesetz, drei Beleidigungen, zwei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie um zwei Straftaten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Im Rahmen von Kontrollen wurden auf Grundlage des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes und des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung diverse Gegen- stände sichergestellt. Vielfach handelte es sich dabei um sogenannte Schutzausrüstung und Ver- mummungsgestände wie z. B. Sturmhauben und Gesichtsmasken, Zahnschutze, Schutzwesten und Schutzhelme aber auch um Messer, mit Sand gefüllte Handschuhe, Pfefferspray und CS-Gas, Böller mit fehlender Kennzeichnung und sogar eine Drohne mit Kamera. Im Zusammenhang mit den Sicherstellungen der genannten Schutzausrüstung und Vermum- mungsgestände im Vorfeld der Versammlung wurden Verstöße gegen das Ordnungswidrigkeiten- gesetz geprüft. In zwei Fällen liegen Hinweise auf ordnungswidriges Verhalten vor. Sieben von Teilnehmenden der Gegenveranstaltungen während der Abreise begangene Straftaten wurden zur Anzeige gebracht. Hierbei handelt es sich um vier Taten wegen gefährlicher Körperver- letzung, eines Landfriedensbruchs, einer Gefangenenbefreiung und einer Beleidigung. Darüber hinaus ereigneten sich folgende herausragende Sachverhalte: Im Bereich der Arndtstaße in Hannover soll es Zeugenangaben zufolge einen Angriff einer ca. 20-köpfigen Gruppe auf zwei Personen gegeben haben, bei dem die Täter auf die Opfer einschlu- gen. Ein zu Fall gekommenes Opfer sei auf dem Boden liegend von mehreren unbekannten Tätern mit Fußtritten, einschließlich eines Trittes gegen den Kopf, traktiert worden. Seitens der noch nicht ermittelten Opfer wurde bisher keine Anzeige erstattet. Durch den Zeugen, der einen Zusammen- hang mit den Versammlungen vermutete, konnten die Beteiligten jedoch keiner politischen Grup- pierung zugeordnet werden. Ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung wurde eingeleitet. Nach Beendigung der Versammlung „HoGeSa“ befanden sich vier Teilnehmende aus Bielefeld in einer größeren, durch Polizeikräfte begleiteten Gruppe, auf dem Rückweg zu ihrem geparkten Fahrzeug. In Höhe Hamburger Alle/Celler Straße trafen sie auf eine Gruppe von 200 bis 300 Per- sonen der vermutlich linken Szene. Aus dieser Gruppe heraus wurde eine Glasflasche geworfen, die an einer Wand zerbrach und durch Splitterwirkung eine Person verletzte. Ein Ermittlungsverfah- ren wegen gefährlicher Körperverletzung wurde eingeleitet. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 6 Nachdem sich die vier genannten Personen aus der polizeilichen Begleitung entfernt hatten, um ihr Fahrzeug aufzusuchen, kam es in der Postkamp/Striehlstraße zu einem weiteren Angriff durch eine mutmaßlich der linken Szene zuzuordnende ca. 30-köpfige Personengruppe. Aufgrund der durch Schläge, Tritte und vermutlich durch Schlag- und Stichwerkzeuge hervorgerufenen Verletzungen mussten zwei Opfer stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags wurde eingeleitet. Nach Beendigung der HoGeSa-Versammlung kam es bei der Gaststätte „Larifari“ in der Andreaestrasse 2 b zu einem Landfriedensbruch und Sachbeschädigungen aus einer Gruppe von etwa 20 bis 30 vermummten Personen, die augenscheinlich der linken Szene zuzuordnen waren. Nach der- zeitigem Ermittlungsstand kam die genannte Gruppe zur Tatzeit an der Gaststätte vorbei und er- blickte dabei offensichtlich Personen des rechten Spektrums in bzw. vor dem Lokal. Zwischen einer Person der rechten und einer Person der linken Szene soll es vor der Gaststätte zu einem Streit gekommen sein, worauf es in der Folge zu den Sachbeschädigungen kam. Dabei wurden aus der Personengruppe heraus Glasflaschen gegen sowie durch die Scheiben bei- der Fensterfronten geworfen. Darüber hinaus wurde von einem bislang unbekannten Täter ein Bar- hocker aus dem Lokal geholt und gegen das rechtsseitige Fenster geworfen, wobei weitere Fens- terscheiben zerstört wurden. Insgesamt sind durch die Tathandlungen zehn Fensterscheiben beschädigt worden. Nach Schät- zungen entstand ein Schaden in Höhe von 1 550 Euro. Zu 21: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über weitere geplante Veranstaltungen in Nieder- sachsen vor. Zu 22: Gemäß dem von der BLPG erstellten Bericht ist HoGeSa in die Regionen Nord, Süd, Ost und West unterteilt. Die Region Nord umfasst die Bundesländer Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein. Der Leiter der Region Nord gehört einer außerhalb von Niedersachsen beste- henden, rechtsextremistisch beeinflussten Hooliganszene an. Zu 23: Siehe Vorbemerkungen. Darüber hinaus werden die niedersächsischen Sicherheitsbehörden die weitere Entwicklung dieser Erscheinungsform aufmerksam verfolgen und im Rahmen der rechtli- chen Möglichkeiten einschreiten. Wie die Einsatzbewältigung anlässlich der unter strengen Auflagen durchgeführten Demonstration am 15.11.2014 in Hannover gezeigt hat, werden in Niedersachsen alle rechtlichen Möglichkeiten des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes ausgeschöpft, um unter dem Deckmantel des Ver- sammlungsrechts geplante gewalttätige Ausschreitungen konsequent zu verhindern. Im Rahmen von Aktionen von oder gegen HoGeSa-Teilnehmer verübte Straftaten werden konsequent verfolgt. Zu 24 und 25: HoGeSa ist auch nach der Veranstaltung in Hannover als heterogener Zusammenschluss anzuse- hen, welcher sich ideologisch über islamfeindliche Einstellungen definiert. Die verbindende Klam- mer zwischen Hooligans auf der einen Seite des Personenspektrums und Rechtsextremisten auf der anderen dürfte in einer gewaltbereiten Erlebnisorientierung sowie einem antisalafistischen Grundkonsens zu sehen sein. Ein Teil der HoGeSa-Anhänger vertritt einen darüber hinausgehen- den diffusen antimuslimischen Rassismus. Nach den Demonstrationen in Köln am 26.10.2014 und Hannover am 15.11.2014 waren verstärkt Hinweise auf überregionale Einfluss- bzw. Steuerungsversuche durch rechtsextremistische und verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Personen erkennbar. Unter den Demonstrationsteil- nehmern am 15.11.2014 in Hannover befanden sich bereits deutlich mehr Rechtsextremisten als in Köln. Insgesamt nahmen an der Veranstaltung 3 208 Personen teil. Die Formation setzte sich nach polizeilicher Einschätzung aus jeweils ca. 45 % Hooligans und rechter Klientel sowie 10 % aus nicht kategorisierbaren Personen zusammen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3175 7 Daher ist es wahrscheinlich, dass Rechtextremisten auch zukünftig versuchen werden, die Er- scheinungsform HoGeSa für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Durch das weitgehende Ausblei- ben von Aktionen seit Ende des Jahres 2014 und der Aufsplitterung der Erscheinungsform im De- zember 2014, die laut Veröffentlichungen im Internet infolge interner Differenzen über die Ausrich- tung und die Ablehnung gewaltorientierter Spontanaktionen erfolgte, bleibt abzuwarten, ob zukünf- tig weitere Veranstaltungen durchgeführt werden. Zu 26: Zur Bewältigung der Einsatzlage setzte die einsatzführende Polizeidirektion Hannover 5 330 Kräfte ein. Hierunter befanden sich neben Kräften aus Niedersachsen auch Kräfte aus neun weiteren Ländern sowie der Bundespolizei. Darüber hinaus führte die Bundespolizei einen parallelen Einsatz durch. Zu dem Kräfteansatz der Bundespolizei kann die Niedersächsische Landesregierung keine Aussage treffen. Zu 27: Die Landesregierung bewertet die Einsatzbewältigung positiv. Der Erfolg ist im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen: Der erste Erfolgsfaktor war die kurzfristige und umfassende Informationsgewinnung sowohl vor als während des Einsatzes. Vor dem Einsatz hat eine personell gemischt besetzte Informationssamm- elstelle aus den Bereichen des polizeilichen Staatsschutzes und der szenekundigen Beamten Fuß- ball alle eingehenden Informationen gemeinsam bewertet. Bundesweite Abfahrtskontrollen der Ver- sammlungsteilnehmer haben sich zusätzlich als geeignetes Mittel zur Gewinnung von Personener- kenntnissen erwiesen. Auch erfolgte Gefährderansprachen für alle Phänomenbereiche bundesweit haben den Einsatz unterstützt. Dies spricht vor allem auch für die erfolgreiche Zusammenarbeit der Polizeien der Länder und des Bundes. Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Anwendung umfassender rechtlicher Möglichkeiten zur Be- schränkung der Versammlung der HoGeSa. Dadurch ist es gelungen, die Versammlung stationär zu halten und zwar an einem aus taktischer Sicht beherrschbaren Versammlungsort in Bahnhofs- nähe. Das Zulassen eines Aufzugs wäre mit einem kaum kalkulierbaren Gefahrenpotenzial verbun- den gewesen und hätte einen weiteren Kräfteaufwand erfordert. Die Lage des Versammlungsortes ermöglichte die engste Zuführung der Teilnehmer zur Örtlichkeit. Außerdem ist es gelungen, den Auftritt der aggressionsstimulierenden Band „Kategorie C - Hungrige Wölfe“ zu untersagen. Weiter- hin haben auch das Alkoholverbot und das Glasflaschenverbot in der Versammlung zu einer insge- samt kalkulierbaren Lage beigetragen. Der dritte Erfolgsfaktor für die positive Einsatzbewältigung war das unmittelbare Einsatzkonzept. Der gewählte Kräfteansatz ermöglichte eine strikte Trennung der Versammlungen sowie mobile und stationäre Kontrollstellen, Zugangskontrollen am Versammlungsort und die Begleitung größe- rer Personengruppen bei An- und Abreise. Das freie unkontrollierte Bewegen einzelner Gruppen im Raum wurde durch starken Raumschutz minimiert, sodass das Aufeinandertreffen verfeindeter Personengruppen weitgehend unterbunden werden konnte. Boris Pistorius (Ausgegeben am 23.03.2015) Drucksache 17/3175 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2366 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Marco Brunotte (SPD), eingegangen am 17.11.2014 „HoGeSa“ in Hannover - Welche Erkenntnisse zieht die Landesregierung aus dem 15. No-vember 2014? Antwort der Landesregierung