Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3176 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2317 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP), einge- gangen am 31.10.2014 HoGeSa in Niedersachsen: Organisationen, Pläne und Straftaten In den letzten Wochen berichteten mehrere Medien in Deutschland über gewaltbereite Hooligans, vor allem aus dem Umfeld von Fußballvereinen, die sich vereinsübergreifend gegen den Salafis- mus zusammengeschlossen hätten. Auf Demonstrationen, wie am 26. Oktober 2014 in Köln, und im Internet wird unter dem Titel „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) zu Gewalt gegen den Kon- vertiten Pierre Vogel und seine Anhänger sowie gegen die Bewegung Islamischer Staat aufgerufen. Dabei wird im Internet mit martialischen Bildern und eindeutigen Aufrufen zu Gewalt gearbeitet. Experten sehen die Gefahr einer Renaissance des Hooliganismus und eines Konflikts zweier Gruppen, die den Rechtsstaat nicht oder nur eingeschränkt tolerieren und Gewalt als legitimes Mit- tel der Konfliktlösung sehen. Das Innenministerium hat bereits am 24. Oktober 2014 auf eine Münd- liche Anfrage des Abgeordneten Marco Brunotte (SPD) einige grundlegende Einschätzungen ab- gegeben. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass sich in der Regionalleitung von HoGeSa Nord Bürger aus Niedersachsen engagieren? Wenn ja, ist der Landesregierung hierbei etwas über einen rechtsextremen Hintergrund der Akteure bekannt? 2. Der Landesverfassungsschutz aus Nordrhein-Westfalen berichtet von einer großen Zahl von Teilnehmern aus anderen Bundesländern an der Demonstration von HoGeSa in Köln. Ist der Landesregierung bekannt, ob sich auch Hooligans aus Niedersachsen an der Demonstration am 26. Oktober 2014 am Kölner Hauptbahnhof beteiligt haben, aus welchen Fanlagern diese stammen und wie viele davon strafrechtlich in Köln in Erscheinung getreten sind? 3. Die für den 15. November 2014 geplante HoGeSa-Demonstration in Hamburg wurde abge- sagt. Ist der Landesregierung bekannt, ob Bürger aus Niedersachsen an der Organisation dieser Demonstration beteiligt waren oder ob polizeilich bekannte Hooligans aus Niedersach- sen die Anreise nach Hamburg geplant hatten? 4. Das Magazin Faszination Fankurve berichtet von Übergriffen von HoGeSa auf Salafisten im März 2014 in Hannover. Wie virulent schätzt die Landesregierung den Konflikt zwischen HoGeSa und Salafisten in Niedersachsen ein, und ist der Landesregierung etwas über den geschilderten Vorfall bekannt? 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Sicherheitslage an Bundesliga-Spieltagen in Nieder- sachsen, wenn Salafisten in den Fußgängerzonen aktiv sind? 6. War die Gruppe HoGeSa bereits Thema bei der Innenministerkonferenz und, wenn ja, mit welchem Beratungsergebnis? 7. Sind der Polizei und dem Verfassungsschutz in Niedersachsen Aufrufe zu Straftaten aus dem Umfeld von HoGeSa bekannt, und, wenn ja, wie wurde hierauf reagiert? 8. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen oder geplant, um gewalttätige Ausei- nandersetzungen zwischen HoGeSa und Salafisten zu verhindern? 9. Haben sich Mitarbeiter des Innenministeriums bereits mit der Kompetenzgruppe „Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“ am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3176 2 Hannover zu der Gruppe HoGeSa ausgetauscht und, wenn ja, mit welchem Beratungsergeb- nis? 10. Die politisch oft eher links verorteten Ultrabewegungen rufen bereits zu Demonstrationen ge- gen HoGeSa auf. Befürchtet die Landesregierung durch die aktuelle Entwicklung neue Kon- flikte innerhalb der Fanszene, die sich auch in körperlichen Auseinandersetzungen zeigen werden, und, wenn ja, bis in welche Ligen kann sich das nach Einschätzung der Landesregie- rung abspielen, und wie werden die betroffenen Fußballvereine informiert und/oder auf den Umgang mit diesen Gruppen vorbereitet? (An die Staatskanzlei übersandt am 10.11.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 09.03.2015 für Inneres und Sport - 23.22-01425/2-2014 - Im Anschluss an die gemeinsame Sitzung der Arbeitskreise Innere Sicherheit (AK II) und Verfas- sungsschutz (AK IV) der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) am 30.10.2014 hat sich eine Bund-Länder-Projektgruppe (BLPG) vor dem Hintergrund der gewalt- tätigen Ereignisse im Zusammenhang mit einer HoGeSa-Demonstration am 26.10.2014 in Köln mit der Aktionsform „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) befasst. Mit Datum vom 28.11.2014 wurde von der BLPG, an der Niedersachsen durch einen Vertreter des Ministeriums für Inneres und Sport beteiligt war, ein Bericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Auf Veranlassung des Ministers für Inneres und Sport führt das Gemeinsame Informations- und Analysezentrum Polizei und Verfassungsschutz Niedersachsen (GIAZ) ein Auswertprojekt zum Phänomen HoGeSa durch, um in Niedersachsen vorhandene Strukturen und Personenpotenziale des Bündnisses „Hooligans gegen Salafisten“ und eventuelle Verbindungen in die rechtextremisti- sche Szene aufzuhellen sowie vorhandene Erkenntnisse zu verdichten. Bereits im Vorfeld der De- monstration in Hannover am 15.11.2014 wurde ein erster Lagebericht vorgelegt und im Rahmen der Einsatzplanung berücksichtigt. Aufgrund der dynamischen Entwicklungen des Phänomens Ho- GeSa sowie der im Zusammenhang mit der Demonstration in Hannover am 15.11.2014 gewonne- nen Erkenntnisse wurde der Bericht bereits zweimal aktualisiert, letztmalig mit Datum vom 05.02.2015. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage auf Grundlage der Berichterstattung des Landes- kriminalamts Niedersachsen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Gemäß dem von der BLPG erstellten Bericht ist HoGeSa in die Regionen Nord, Süd, Ost und West unterteilt. Die Region Nord umfasst die Bundesländer Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein. Der Leiter der Region Nord gehört der rechtsextremistisch beeinflussten Hooliganszene an. Laut Veröffentlichungen in einem linken Forum im Internet soll es sich bei dem stellvertretenden Regionalleiter der HoGeSa Region Nord um einen amtsbekannten Rechtsextremisten aus Lüne- burg handeln, der über sehr gute Kontakte innerhalb der rechtsextremistischen Szene verfügt. Zu 2: An der versammlungsrechtlichen Aktion am 26.10.2014 in Köln nahmen laut Auswertebericht des GIAZ 27 Hooligans aus Niedersachsen teil. Es handelte sich hierbei um 25 sogenannte Alt-Hools aus Hannover (Vereinszugehörigkeit: Hannover 96) und zwei aus Osnabrück (Vereinszugehörigkeit unbekannt). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3176 3 Bezüglich etwaiger durch diese Personen begangener Straftaten liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 3: Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Bürger aus Niedersachsen an der Organisation der Veranstaltung in Hamburg beteiligt gewesen sind. So wurde ein bisher nicht straf- rechtlich in Erscheinung getretener Rechtsextremist aus Bargstedt/LK Stade als Versammlungslei- ter für die HoGeSa-Veranstaltung in Hamburg am 15.11.2014 benannt. Über Anreiseabsichten von Hooligans aus Niedersachsen zu der Demonstration liegen der Landes- regierung keine Erkenntnisse vor. Zu 4 und 5: Am 29.03.2014 fand in der Innenstadt von Hannover eine Versammlung der Vereinigung „Schlüssel zum Paradies e. V.“ statt, an der auch der bekannte Salafist Pierre Vogel teilnahm. In der Nähe dieser Veranstaltung wurden zehn Angehörige der örtlichen Hooliganszene festgestellt, die sich im Rahmen einer von der Wählervereinigung „Die Hannoveraner“ angezeigten Gegenkundgebung dort aufhielten. Von dieser Gruppe gingen keinerlei Störungen aus. Insgesamt liegen den niedersächsi- schen Polizeibehörden keine Erkenntnisse über Konflikte zwischen Hooligans und Salafisten in Niedersachsen vor. Auf Grundlage der aktuellen Gefährdungsbewertungen sind derartige Konflikte derzeit nicht zu erwarten, können allerdings aufgrund des immensen Konfliktpotenzials nicht aus- geschlossen werden. Dieses gilt auch im Zusammenhang mit Bundesligaspieltagen in den nieder- sächsischen Ligastandorten. Zu 6: Das Phänomen HoGeSa wurde auf der 200. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 11./12.12.2014 in Köln behandelt. Die IMK hat die Berichterstattung Niedersachsens zum Einsatzverlauf der Demonstration am 15.11.2014 in Hannover sowie den von einer Bund-Länder-Projektgruppe erstellten Bericht „Hooligans gegen Salafisten“ zur Kenntnis genommen . Die IMK beauftrage den AK II in Zusammenarbeit mit dem AK IV und dem BKA, bis zur Frühjahrssitzung 2015 einen Bericht über Verbindungen zwischen der rechtsextremistischen und der Hooliganszene vorzulegen. Unter Rückgriff auf den Sachverstand einschlägiger wissenschaftli- cher Einrichtungen sowie auf die Ergebnisse des im Rahmen der AG Analyse im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismussabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/- terrorismus der Länder und des Bundes durchgeführten Projekts „Rechte/Rechtsextremisten und Fußball“ sollen in dem Bericht insbesondere die Ursachen bzw. Intentionen dargelegt werden. Das Ministerium für Inneres und Sport wird sich an der Erarbeitung des angeforderten Berichtes beteili- gen. Zu 7: Nein. Zu 8: Grundsätzlich werden bei vorliegenden Hinweisen auf gewalttätige Auseinandersetzungen rivalisie- render Gruppen strafrechtlich relevante Handlungen durch die Polizei im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten verhindert, unterbunden und konsequent verfolgt. Dies gilt auch bei Anhängern der HoGeSa und bei Salafisten. Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden werden die diesbezügliche weitere Entwicklung wei- terhin aufmerksam beobachten und analysieren. Dementsprechend wird sich das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport an der Erarbeitung des seitens der IMK angeforderten Berichtes aktiv beteiligen (siehe Frage 6). Zu 9: Am Rande von Besprechungen zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums und der Kompetenzgruppe „Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“ (KoFaS) wurde das Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3176 4 Thema erörtert. Dabei wurde seitens der KoFaS deutlich hervorgehoben, dass die Versammlung der HoGeSa in Köln in den niedersächsischen Fußballfanszenen kritisch diskutiert wird. Zu 10: Hinweise auf Konflikte in der beschriebenen Art liegen der Landesregierung nicht vor. Auch von den Behörden an den Spielorten werden neue Konflikte innerhalb der Fanszene derzeit nicht er- wartet. Boris Pistorius (Ausgegeben am 23.03.2015) Drucksache 17/3176 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2317 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP), einge-gangen am 31.10.2014 HoGeSa in Niedersachsen: Organisationen, Pläne und Straftaten Antwort der Landesregierung