Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3224 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2786 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Martin Bäumer und Rainer Freder- mann (CDU), eingegangen am 14.01.2015 Wie wird die Seveso-III-Richtlinie in Niedersachsen umgesetzt? Im Juli 2012 ist die neue Seveso-Richtlinie (Seveso III, Richtlinie 2012/18/EU) zur Beherrschung von Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten haben bis 31. Mai 2015 Zeit, die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche rechtlichen Änderungen sind in Deutschland und in Niedersachsen durch die Seveso- III-Richtlinie notwendig? 2. Wie weit sind Deutschland und Niedersachsen bei der Umsetzung dieser Richtlinie? 3. Wie viele niedersächsische Unternehmen waren von der Seveso-II-Richtlinie betroffen? 4. Wie viele niedersächsische Unternehmen werden von der Seveso-III-Richtlinie betroffen sein? 5. Wie wirkt sich die Seveso-III-Richtlinie auf die Sicherheit in niedersächsischen Unternehmen aus? 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Anforderungen der Seveso-III-Richtlinie hinsichtlich der Sicherheit in Unternehmen? 7. Welche technischen Systeme gibt es nach Kenntnis der Landesregierung, um die erweiterten Anforderungen, die die Seveso-III-Richtlinie an Unternehmen richtet, seitens der Unterneh- men zu erfüllen? 8. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, die Entwicklung und Einführung technischer Über- wachungssysteme, die der Einhaltung von Pflichten aus der Seveso-III-Richtlinie dienen, zu fördern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? (An die Staatskanzlei übersandt am 22.01.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 11.03.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/05-0008 - Die Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Be- herrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschlie- ßenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (Seveso-III-Richtlinie) ist am 13. August 2013 in Kraft getreten und muss bis zum 31. Mai 2015 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie enthält neue bzw. modifizierte Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Be- triebsbereichen, in denen gefährliche Stoffe in bestimmten Mengen vorhanden sind. Die wesentli- chen Änderungen der Seveso-III-Richtlinie im Vergleich zur Seveso-II-Richtlinie sind: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3224 2 – Anpassung des Anhangs I an ein neues EU-System zur Einstufung gefährlicher Stoffe (CLPVerordnung ) - neue Stoffliste im Anhang I und dadurch gegebenenfalls Erweiterung des An- wendungsbereichs, – umfassendere und detailliertere Vorgaben zur Überwachung von Betriebsbereichen, – Beteiligung der Öffentlichkeit bei Anlagenänderungen: Verschärfung der Verfahrensvorschriften über die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit bei Vorhaben, Plänen und Programmen im Zusammenhang mit Betriebsbereichen, – Information der Öffentlichkeit: Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen auf elektronischem Weg über die Tätigkeit nahegelegener Betriebsbereiche und zu Verhaltensregeln bei einem Un- fall, – Zugang zu Gerichten für Bürger, denen keine ausreichende Möglichkeit zur Information oder zur Teilnahme gewährt wurde. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Zur Umsetzung der Richtlinie sind bundesrechtliche Änderungen u. a. im Bundes-Immissions- schutzgesetz, in der Störfall-Verordnung (12. BImSchV), in der Verordnung über das Genehmi- gungsverfahren (9. BImSchV), im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Umwelt- Rechtsbehelfsgesetz erforderlich. Die Umsetzungsregelungen in nationales Recht bedürfen in der Regel der Zustimmung des Bundesrates. In Niedersachsen sind Änderungen zumindest in baurechtlichen Vorschriften (NBauO) und gege- benenfalls im Niedersächsischen Störfallgesetz notwendig. Zu 2: Eine fristgerechte Umsetzung in nationales Recht auf Bundesebene wird nach den vorliegenden In- formationen nicht erfolgen. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie. Ein Zeitplan zur Umsetzung ist bisher nicht bekannt. Der Referentenent- wurf für die neue Störfall-Verordnung soll demnächst vorgelegt werden. Ob und wie eine Anpassung landesrechtlicher Regelungen notwendig sein wird, kann erst abge- schätzt werden, wenn die bundesrechtlichen Änderungen präzise vorliegen. Zu 3: Vom Anwendungsbereich der Seveso-II-Richtlinie waren in Niedersachsen ca. 550 Betriebsberei- che betroffen (Stand: Juli 2014). Zu 4: Aufgrund der neuen Stoffliste in Anhang I der Seveso-III-Richtlinie ist derzeit nicht valide quantifi- zierbar, wie sich dies auf die Zahl der unter den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Betriebs- bereiche auswirken wird. Zu 5 und 6: Bereits die Seveso-II-Richtlinie enthält eine Vielzahl von Anforderungen an Betriebsbereiche, in de- nen gefährliche Stoffe vorhanden sind, um schwere Unfälle mit diesen Stoffen zu verhüten und die Folgen für Mensch und Umwelt zu begrenzen und damit ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Im Hinblick auf Standards einzusetzender Sicherheitstechniken ergeben sich durch die Seveso-III- Richtlinie keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zur Seveso-II-Richtlinie. Zu 7 und 8: In Deutschland sind in zahlreichen Gesetzen, Verordnungen, technischen Regelwerken und Nor- men Anforderungen zur Erreichung eines hohen Sicherheitsniveaus festgelegt. Die Anlagensicher- heit und die Störfallvorsorge verfolgen das Ziel, das Eintreten von Störungen in Betriebsbereichen, in denen mit gefährlichen Stoffen umgegangen wird, zu verhindern und die Auswirkungen von Stö- rungen, die dennoch eintreten, für Mensch und Umwelt zu begrenzen. Die Anlagensicherheit erfor- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3224 3 dert bei komplexen Betriebsbereichen eine ganzheitliche Betrachtung aller sicherheitstechnisch bedeutsamen Faktoren. Bausteine hierfür sind neben einer umfassenden Systemprüfung und Funktionskontrolle auch die Beurteilung des Zusammenwirkens von Mensch und Technik und or- ganisatorische Maßnahmen. Betriebliche Gefahrenpotenziale müssen ermittelt und von außen wir- kende Gefahrenquellen bewertet werden. Auf dem Markt ist eine Vielzahl von Sicherheitsmanage- mentsystemen verfügbar, um den Anlagenbetreiber bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Aus die- sem Grund ist eine Förderung der Entwicklung und Einführung technischer Überwachungssysteme nicht erforderlich. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 26.03.2015) Drucksache 17/3224 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2786 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Martin Bäumer und Rainer Fredermann (CDU), eingegangen am 14.01.2015 Wie wird die Seveso-III-Richtlinie in Niedersachsen umgesetzt? Antwort der Landesregierung