Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3228 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2954 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Thümler, Karl-Heinz Bley und Gudrun Pieper (CDU), eingegangen am 11.02.2015 Beförderungsverbot von E-Scootern in niedersächsischen Bussen und Straßenbahnen - Welche Lösungsansätze hat die Landesregierung? Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat zum 1. Januar 2015 seinen Mitgliedsun- ternehmen mitgeteilt, dass sie aus Sicherheitsgründen keine Beförderungspflicht für Menschen mit Behinderungen mehr haben, die mit Elektromobilen (E-Scootern) befördert werden wollen. Ver- schiedene Verkehrsverbände in Niedersachsen haben daraufhin beschlossen, in ihrem Gebiet die Mitnahme von E-Scootern in Bussen und Straßenbahnen zu untersagen. Andere Verkehrsverbän- de befördern E-Scooter weiterhin in ihren Fahrzeugen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Lösungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung für dieses Problem grundsätzlich? 2. Welche Aktivitäten hat die Landesregierung in Bezug auf die Normierung von E-Scootern bis- her entfaltet, und welche Aktivitäten beabsichtigt sie zu entfalten? 3. Hält die Landesregierung E-Mobile, die nach ISO 7193 standardisiert sind, für beförderungs- fähig im ÖPNV? 4. Hält die Landesregierung die Klassifizierung der Schweizerischen Bundesbahn, die den Transport von E-Mobilen entsprechend der ISO 7193 gestattet, auch in Niedersachsen für praktikabel? (An die Staatskanzlei übersandt am 19.02.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 13.03.2015 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/2954/ Beförderungsverbot E-Scooter - Zu Beginn dieses Jahres haben einzelne Verkehrsunternehmen ein generelles Verbot der Beförde- rung von sogenannten E-Scootern (auch „E-Mobile“) ausgesprochen. Dieses Verbot steht im Zu- sammenhang mit einer Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) an seine Mitglieder. Dieser Empfehlung waren Beobachtungen von Verkehrsunternehmern im gesamten Bundesgebiet dahin gehend vorausgegangen, dass es beim Ein- und Ausfahren von Linienbussen mit E-Scootern zu kritischen Situationen gekommen war. In Fahrzeugen selbst kam es teilweise zu einem Umkip- pen der E-Scooter. Der VDV ging im weiteren Verlauf davon aus, dass von der Möglichkeit der Mitnahme sogenannter E-Scooter mit steigender Tendenz Gebrauch gemacht wird und vermutete ein erhöhtes Gefähr- dungspotenzial für andere Fahrgäste sowie den Betrieb als solches, aber auch für die Nutzer der E-Scooter. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3228 2 Zur Ermittlung des möglichen Gefährdungspotenzials von E-Scootern bei der Beförderung aus- schließlich in Linienbussen gab der VDV im vergangenen Jahr bei der Studiengesellschaft für un- terirdische Verkehrsanlagen e. V., Köln, eine Untersuchung in Auftrag. Kernaussage des Gutachtens ist, dass E-Scooter bei Bremsungen in Bussen umkippen oder ver- rutschen können. Diese Gefahr ist mindestens genauso hoch wie bei konventionellen Rollstühlen oder Elektrorollstühlen. Diese müssen in Bussen auf einem definierten Abstellplatz - entgegen der Fahrtrichtung mit dem Rücken an einer sogenannten Prallplatte - abgestellt werden, um ein Rut- schen oder Kippen zu verhindern. E-Scooter können wegen nicht ausreichender Wendigkeit diesen Abstellplatz i. d. R. nicht errei- chen. Insofern sei eine Gefahr beim Transport von E-Scootern in Bussen gegeben. Rollstühle, auch Elektrorollstühle, hingegen können auf dem vorgesehenen Abstellplatz sicher transportiert werden. Diese Beurteilung wird von den Herstellern der E-Scooter geteilt. In einigen Bedienungsanleitungen wird vor einem Transport dieser Modelle mit aufsitzender Person in anderen Fahrzeugen gewarnt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass unbesetzte E-Scooter beim Transport stets sicher zu verzurren sind. Nach dem bundesrechtlich vorgegebenen Rahmen für die Beförderung von E-Scootern - die beför- derungsrechtlich als Sachen klassifiziert werden - dürfen diese im Einzelfall dann nicht mitgenom- men werden, wenn von ihnen eine Gefahr für den Betrieb oder für andere Fahrgäste ausgeht. Wenn einzelne Verkehrsunternehmen E-Scooter in Kenntnis des Gutachtens nicht befördern, ist dies insbesondere aus Gründen der Gefährdungshaftung nachvollziehbar. Diese Haltung der Ver- kehrsunternehmen wird gestützt durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23.01.2015 (7 L 31/15), welches ebenfalls darlegt, dass Busfahrer bzw. Verkehrsunternehmen sich in Kenntnis der in o. g. Gutachten identifizierten Gefahren gegebenenfalls sogar dem Vorwurf der Sachbeschädigung und/oder Körperverletzung bzw. Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen. Aktuell hat das Land Nordrhein-Westfalen bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die Möglichkeiten einer Beförderung von E-Scootern in Linienbussen unter den gegebenen Vorausset- zungen untersucht. Ist eine Beförderung unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht möglich, sollen alternativ Sicherungssysteme für E-Scooter untersucht werden, z. B. Gurte oder Halteein- richtungen. Maßgebliche Parameter sind der Wendekreis und die Größe der E-Scooter. Ergebnisse der Untersuchung sollen zum Ende des 1. Quartals 2015 vorliegen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Es bleiben zunächst die Ergebnisse des vorstehend genannten Gutachtens abzuwarten, bevor eine dezidierte Einschätzung des Handlungsrahmens erfolgen kann. Zu 3 und 4: Im Bereich der Eisenbahnfahrzeuge ist der Begriff der Barrierefreiheit durch die TSI PRM, eine technische Richtlinie auf Grundlage einer EU-Richtlinie, seit 2007 (bzw. nach Neufassung der TSI PRM 2015) ausgefüllt. Demnach werden orthopädische Hilfsmittel in Zügen unter Berücksichtigung der technischen Voraussetzungen befördert. Rollstühle müssen dem internationalen Standard ISO 7193 - Länge: 1 200 mm + 50 mm für die Füße, Breite: 700 mm + min. 100 mm für die Hände am Rad entsprechen. Auf die Abmessungen der ISO 7193 sind auch Stellfläche und Bewegungs- flächen in anderen öffentlichen Verkehrsmitteln ausgelegt. E-Scooter entsprechen häufig nicht den Abmessungen der ISO 7193. Wie zuvor erläutert besteht die Problematik bei E-Scootern neben den u. U. zu großen Abmessun- gen, die nicht der ISO 7193 entsprechen können, in der fehlenden Wendigkeit, die ein Erreichen der vorgesehenen Abstellflächen u. U. nicht erlaubt. Auch hierzu sollen die Ergebnisse der genannten Untersuchung abgewartet werden. Olaf Lies (Ausgegeben am 26.03.2015) Drucksache 17/3228 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2954 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Björn Thümler, Karl-Heinz Bley und Gudrun Pieper (CDU), eingegangen am 11.02.2015 Beförderungsverbot von E-Scootern in niedersächsischen Bussen und Straßenbahnen - Welche Lösungsansätze hat die Landesregierung? Antwort der Landesregierung