Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3229 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2971 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 12.02.2015 Wie sehr wird die Umwelt durch Schwermetalle in Photovoltaikanlagen belastet? Viele Photovoltaikmodule enthalten die Schwermetalle Blei und Cadmium. Diese können bei Frei- setzung aus den Anlagen in den Boden oder das Grundwasser gelangen, beispielsweise bei der Entsorgung der Anlagen oder wenn diese beschädigt sind. Um die Gefährdung zu untersuchen und verbesserte Alternativen zu erforschen, wurde an der Uni- versität Stuttgart ein Projekt mit dem Namen „Schadstofffreisetzung aus Photovoltaikmodulen“ ins Leben gerufen, welches u. a. auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit mehr als 800 000 Euro gefördert wird. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie hoch ist der Prozentsatz der Photovoltaikanlagen in Niedersachsen, in denen die Schwer- metalle Blei und Cadmium enthalten sind? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Umweltbelastung durch aus Photovoltaikanlagen frei- gesetztes Blei und Cadmium? 3. Welche Erkenntnisse gibt es über Umweltbelastungen durch aus Photovoltaikanlagen freige- setztes Blei und Cadmium in Niedersachsen? 4. Wie lange sind Photovoltaikanlagen nach Erkenntnissen der Landesregierung durchschnittlich haltbar? 5. Welche Maßnahmen sind bei Freisetzung von Blei und Cadmium aus Photovoltaikanlagen zu ergreifen? 6. Wer ist nach Freisetzung der Schwermetalle für die Dekontaminierung der betroffenen Fläche zuständig? 7. Mit welchen Kosten ist bei diesen Maßnahmen zu rechnen? 8. Welche Alternativen gibt es zu dem Einsatz der Schwermetalle Blei und Cadmium in Photo- voltaikanlagen? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.02.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 16.03.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/11-0049 - Eine Photovoltaikanlage ist eine Solarstromanlage, in der mittels Solarzellen ein Teil der Sonnen- strahlung in elektrische Energie umgewandelt wird. Die Solarmodule sind die zentrale Komponente einer Photovoltaikanlage. In ihnen wird je nach Größe eine unterschiedliche Anzahl von Solarzellen zusammengeschaltet. Für eine Photovoltaikanlage werden wiederum mehrere Solarmodule zu so- genannten Strings verschaltet. Mehrere Strings ergeben dann den gesamten Solargenerator. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3229 2 Eine Solarzelle ist eine Halbleiterdiode, mit der Strahlungsenergie in Gleichstrom gewandelt wird. Je nach Halbleitermaterial werden verschiedene Solarzellen unterschieden: Polykristalline Solarzel- len, Monokristalline Solarzellen und Dünnschichtzellen. Zur Herstellung von Solarmodulen wird je nach Technologie im Produkt eine Reihe von Metallen, Schwermetallen, organischen Verbindun- gen und Kunststoffen in unterschiedlichen Massenanteilen eingesetzt. Kritisch ist hier der Einsatz von Schwermetallen insbesondere den inzwischen grundsätzlich verbotenen Schwermetallen Cad- mium und Blei. Etwa 90 % aller Solarmodule enthalten Silizium als Halbleiter (Polykristalline und Monokristalline Solarzellen), das zur Dotierung nur wenige Fremdatome enthält. Kontakte und Lötstellen enthalten jedoch Silber, Zinn oder größere Mengen Blei. Bei Dünnschicht-Solarmodulen wird häufig schwer lösliches Cadmiumtellurid (CdTe) und in geringem Umfang Cadmiumsulfid (CdS) als Halbleiter verwendet. Seit 2013 gibt es in Umsetzung der neuen RoHS2-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) 2011/65/EU eine eigene Elektrostoffverordnung -ElektroStoffV- zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Im Gegensatz zu sonstigen elektrischen oder elektronischen Produkten sind Cadmium und Blei in Photovoltaikmodulen bisher innerhalb der Eu- ropäischen Union nicht verboten, da diese nicht unter die RoHS2-Richtlinie fallen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Aufgrund der geltenden rechtlich-technischen Anforderungen an Photovoltaikmodule ist davon aus- zugehen, dass nahezu alle in Niedersachsen installierten Photovoltaikmodule Blei und Cadmium enthalten. Zu 2: Bei handelsüblichen Solarmodulen sind Halbleiterschicht, Kontakte und Verbindungsbänder folien- laminiert und von einer Frontglasscheibe sowie bei den CdTe-Modulen üblicherweise zusätzlich von einer Rückglasscheibe umgeben. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist von intakten Modulen bauartbedingt kein Cadmium- und Blei- eintrag in die Umwelt zu erwarten. Bei einer starken Beschädigung der Solarmodule (z. B. durch Hagel oder Brand) ist eine Cadmium- oder Bleifreisetzung aber nicht gänzlich auszuschließen. Da in diesen Sonderfällen Umweltbelastungen potenziell möglich sind, sollten defekte Module, insbe- sondere aus Gründen des vorsorgenden Bodenschutzes, deshalb nicht für längere Zeit auf der An- lagenfläche verbleiben. Zu 3: Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Blei oder Cadmium aus Photovoltaikmodulen frei- gesetzt wurde und es infolgedessen zu Umweltbelastungen gekommen ist. Zu 4: Die Hersteller von Photovoltaikmodulen bieten oft Leistungsgarantien über 20 bis 25 Jahre. Es ist davon auszugehen, dass mit einer ebenso langen Lebensdauer der Photovoltaikanlage gerechnet werden kann. Experten vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme betonen, dass es keine physikalischen Gründe gibt, weswegen eine Solarzelle nicht auch 40 Jahre oder sogar noch länger funktionieren soll Zu 5: Sollte es aufgrund einer Beschädigung von Photovoltaikmodulen zu einer Freisetzung von Blei oder Cadmium kommen, könnte dies gegebenenfalls zu nachweisbaren Belastungen zunächst des Bo- dens führen. Bei entsprechenden Verdachtsmomenten auf schädliche Bodenveränderungen wür- den dann gegebenenfalls erforderliche Untersuchungen, Bewertungen und daraus abzuleitende Maßnahmen nach den Maßgaben des Bodenschutzrechts, insbesondere der Bundes-Boden- schutz- und Altlastenverordnung, erfolgen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3229 3 Zu 6: Ordnungsrechtlich zuständig im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes, des Niedersächsischen Bodenschutzgesetzes sowie der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen ist die untere Bodenschutzbehörde. Die Zuständigkeit für die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen ist im Bundes-Bodenschutzgesetz geregelt. In Betracht kommen der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück. Zu 7: Die unter der Antwort zu Frage 6 Genannten sind verpflichtet, den Boden sowie durch schädliche Bodenveränderungen verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauer- haft keine Gefahren entstehen. Hierfür kommen bei Belastungen durch Schadstoffe unterschiedli- che Maßnahmen in Betracht, die das Ziel haben, eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig zu verhindern. Die Kosten für die Beseitigung von Umweltbelastungen durch die Freisetzung von Schwermetallen sind daher abhängig von Art und Umfang der dafür im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen. Zu 8: Beim Löten lässt sich das Schwermetall Blei z. B. durch Silber ersetzen. Jedoch ist aktuell die Vari- ante mit Blei bei Materialkosten und den Kosten für die materialabhängig notwendigen Herstel- lungsprozesse wirtschaftlicher. Auch bei der Metallisierung der Zellen lässt sich Bleioxid in der Silberpaste durch die weniger prob- lematischen Materialien Tantal oder Wismut ersetzen. Die Pasten ohne Blei sind teurer. Zudem verhalten sich die Alternativstoffe anders als Bleioxid, sodass weitere Aufwendungen betrieben werden müssen, um die gleiche Modulleistung wie beim Einsatz von Blei zu erreichen. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 26.03.2015) Drucksache 17/3229 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2971 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 12.02.2015 Wie sehr wird die Umwelt durch Schwermetalle in Photovoltaikanlagen belastet? Antwort der Landesregierung