Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3236 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2956 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 11.02.2015 Hält die Landesregierung die unzureichende Barrierefreiheit an den Bahnhöfen in Suderburg und Bad Bevensen für akzeptabel? Niedersachsen setzt gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG das Förderprogramm „Niedersachsen ist am Zug“ fort mit dem Ziel der Modernisierung und barrierefreien Erreichbarkeit niedersäch- sischer Bahnhöfe. Laut Pressemitteilung der Staatskanzlei sollen im jetzigen Programm „Nieder- sachsen ist am Zug III“ bis zum Jahr 2025 weitere 44 Bahnstationen modernisiert werden, um mobilitätseingeschränkten Reisenden einen problemlosen Zugang zu den Bahnsteigen und Zügen zu ermöglichen. Dabei würden erstmals auch kleinere Stationen ausgebaut, die täglich weniger als 1 000 Ein- und Aussteiger aufweisen. Aus der Liste der geplanten Maßnahmen geht hervor, dass an 17 Stationen der Neubau von Aufzügen, darunter an 14 Stationen der Neubau von zwei Aufzü- gen vorgesehen ist. An einer Bahnstation wird zudem ein Aufzug erneuert. Zusätzlich hat der Bund der Deutschen Bahn 250 Millionen Euro für die Sanierung von Stationen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt. Der davon auf Niedersachsen entfallende Anteil ist nach Auskunft der DB wie folgt eingesetzt: Bahnsteigerhöhungen und Bau von Aufzügen in den Stationen Kirchweyhe, Syke, Elze, Seesen, Herzberg, Kreiensen, Leer und Meppen. Diese Statio- nen seien zwar bereits im Programm „Niedersachsen ist am Zug II“ enthalten, die zusätzlichen Mit- tel dienten aber zum Auffangen von Kostensteigerungen. Die Landesregierung betont dazu in Drucksache 17/1402: „Das übergeordnete Ziel besteht darin, alle Barrieren abzubauen, die Reisende an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Nutzung des Bahnsystems hindern.“ In das Programm „Niedersachsen ist am Zug II“ war auch die Sanierung des Bahnhofs Suderburg, Landkreis Uelzen, aufgenommen. Suderburg ist Sitz der gleichnamigen Samtgemeinde und Stand- ort der Ostfalia Hochschule mit inzwischen 1 370 Studierenden. Die Zahl der Studierenden ist durch ein ausgebautes Studienangebot pro Semester stetig angewachsen, und das Studienange- bot wird noch weiter ausgebaut. Da die Deutsche Bahn ein Bauprogramm zur Erneuerung der Stellwerkstechnik zwischen Uelzen und Celle durchführt, wurde der Bahnhof Suderburg aus dem Förderprogramm „Niedersachsen ist am Zug“ wieder herausgenommen und wurden die Modernisierungsmaßnahmen im Zuge der Arbeiten für die Stellwerkserneuerung unter die Zuständigkeit der Deutschen Bahn AG gestellt. Auf Nachfrage hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme der DB, dass „die vorhandene Unterführung samt Zugängen nicht von den Baumaßnahmen tangiert und von daher auch kein behindertenge- rechter Zugang wie z. B. ein Aufzug nachgerüstet wird“. Der Anschluss an das örtliche Straßennetz erfolge über behindertengerechte Anrampungen. Die Baumaßnahme zur Erhöhung der Bahnsteige wird zurzeit durchgeführt. Ein Gleiswechsel ist und bleibt für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer unmöglich. Wirtschaftsminister Olaf Lies erklärte im Mai 2014 in einer schriftlichen Antwort zu dieser Situation, dass er angesichts der Sachlage und der Finanzierungsbedingungen des Bundes „derzeit leider keine Perspektive für einen barrierefreien Ausbau der Station Suderburg“ sehe. Allerdings werde er „dessen ungeachtet weiterhin gegenüber der Deutschen Bahn AG deutlich machen, dass der barri- erefreie Ausbau auch bei Bahnhöfen mit einer Zahl unter 1 000 Ein-/Ausstiegen am Tag absolut notwendig ist.“ Diese Situation ist jetzt offensichtlich gegeben. Am Bahnhof in Bad Bevensen erweist sich der barrierefreie Zugang zu den Bahnsteigen in den Au- gen der Nutzer ebenfalls als nicht ausreichend. Die Unterführung unter den beiden Gleisen wurde zunächst mit zwei langgestreckten Rampen an Gleis 1 und 2 versehen. Gerade für Gehbehinderte sowie ältere, gebrechliche Menschen, von denen der Kurort Bad Bevensen vermehrt aufgesucht Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3236 2 wird, bedeuten diese Rampen langfristig jedoch keine wesentliche Erleichterung, sondern längere Wegstrecken, die zusätzlich überwunden werden müssen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Hält es die Landesregierung für hinnehmbar, dass behinderte und mobilitätseingeschränkte Personen einen Bahnsteig in Suderburg über eine Rampe verlassen müssen und dann abge- schnitten von dem von ihnen aufgesuchten Ort sind und diesen und die dazu gehörenden Ein- richtungen nicht erreichen können? a) Wenn ja, ist diese Haltung mit der Achtung vor hilfsbedürftigen Mensch und dem Diskri- minierungsverbot vereinbar? b) Wenn nein, entspricht die am Bahnhof in Suderburg entstandene Situation dem Verant- wortungsbewusstsein der Landesregierung für gehbehinderte und mobilitätseinge- schränkte Menschen? 2. Hält die Landesregierung den Einbau von Aufzügen am Bahnhof Suderburg für notwendig? a) Wenn ja, was unternimmt die Landesregierung, damit diese Maßnahme umgesetzt wer- den kann? b) Wenn nein, warum nicht? 3. Hält die Landesregierung die langgestreckten Rampen zu den Bahnsteigen am Bahnhof Bad Bevensen als Barrierefreiheit für gehbehinderte und gebrechliche Menschen für dauerhaft ak- zeptabel? a) Wenn ja, entsprechen dauerhaft längere Wege für Gehbehinderte dem Verantwortungs- bewusstsein der Landesregierung für diese Betroffenen? b) Wenn nein, wann und mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, die Barrierefreiheit am Bahnhof Bad Bevensen für gehbehinderte Menschen auszubauen? 4. Hält die Landesregierung den Einbau von Aufzügen am Bahnhof Bad Bevensen für notwen- dig? a) Wenn ja, was unternimmt die Landesregierung, damit diese Maßnahme umgesetzt wer- den kann? b) Wenn nein, warum nicht? 5. Aus welchem Grund hat die Landesregierung den Bahnhof Suderburg nicht in das Programm „Niedersachsen ist am Zug III“ aufgenommen oder darauf hingewirkt, dass der Bahnhof in das Förderprogramm aufgenommen wird, um dort Aufzüge einbauen zu lassen? 6. Aus welchem Grund hat die Landesregierung den Bahnhof Bad Bevensen nicht in das Pro- gramm „Niedersachsen ist am Zug III“ aufgenommen oder darauf hingewirkt, dass der Bahnhof in das Förderprogramm aufgenommen wird, um dort Aufzüge einbauen zu lassen? 7. Welche Bahnhöfe, die in das Förderprogramm „Niedersachsen ist am Zug III“ einbezogen sind, haben täglich unter 1 000 ein- und aussteigende Personen? 8. An welchen Bahnhöfen im Förderprogramm „Niedersachsen ist am Zug III“, die weniger als 1 000 ein- und aussteigende Fahrgäste täglich haben, werden Aufzüge gebaut? a) An welchem dieser Bahnhöfe wird ein Aufzug eingebaut, und wie viele Aufzüge sind an dem jeweiligen Bahnhof dann insgesamt vorhanden? b) An welchem dieser Bahnhöfe werden zwei Aufzüge eingebaut, und wie viele Aufzüge sind an dem jeweiligen Bahnhof dann insgesamt vorhanden? 9. Nach welchen Kriterien wurden die Bahnhöfe mit täglich weniger als 1 000 Ein- und Ausstie- gen ausgewählt, die im Rahmen des Förderprogramms „Niedersachsen ist am Zug III“ den Neubau von einem oder zwei Aufzügen erhalten? (An die Staatskanzlei übersandt am 19.02.2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3236 3 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 19.03.2015 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/2956/ Barrierefreiheit Bahnhof Suderburg - Die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr, d. h. für die Organisation insbesondere des (Fahrplan-)Angebotes und die Finanzierung dieser Betriebsleistungen, ist mit der Bahnstruktur- reform im Jahr 1996 auf die Länder übergegangen. Dagegen ist die Verantwortung für die Schie- neninfrastruktur, zu der auch die Stationen zählen, gemäß Artikel 87 e Abs. 3 des Grundgesetzes weiterhin und uneingeschränkt beim Bund und der Deutschen Bahn AG verblieben. In Umsetzung dieser Verantwortung haben sich die für Stationen zuständige DB-Tochter DB Station&Service und das Eisenbahn-Bundesamt auf eine Prioritätsregel zur bundesweiten Herstellung von Barrierefrei- heit verständigt. Danach sollen zuerst Bahnhöfe mit mehr als 1 000 Reisenden täglich mit Aufzügen oder langen Rampen ausgestattet werden. Rampen und Aufzüge gelten dabei als gleichermaßen geeignet, um im Sinne der Barrierefreiheit einen stufenlosen Zugang zu gewährleisten. Trotz dieser klaren Aufgabenzuweisung an den Bund und die DB AG setzt sich das Land kontinu- ierlich dafür ein, die bauliche Situation an den niedersächsischen Stationen so rasch wie möglich zu verbessern. Dafür stellt das Land Fördermittel als freiwillige Leistung bereit. Dies galt auch für die Ende 2008 von der damaligen Landesregierung abgeschlossene Rahmenvereinbarung „Niedersachsen ist am Zug II“, die u. a. auch eine Modernisierung der Bahnsteige und der Unterführung des Bahnhofs Suderburg vorsah. Ein barrierefreier Ausbau war seinerzeit nicht vorgesehen, da Su- derburg bis heute die eingangs genannte Reisendenfrequentierung von 1 000 deutlich verfehlt. Der Ausbau des Bahnhofs Suderburg erfolgte im Jahr 2014 außerhalb der o. g. Rahmenvereinbarung im Zuge eines DB-eigenen Investitionsprojektes. Das Land war in diese Planungen nicht einbezo- gen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 3: Ja, lange Rampen haben sich als barrierefreie, Zugänge bewährt, da sie einen dauernden, stö- rungsfreien Zugang zu Stationen sicherstellen. Zu 4: Nein, da nach den einschlägigen Regelwerken der Zugang auch durch Rampen stufen- und barrie- refrei hergestellt werden kann. Zu 5: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 6: Der Bahnhof Bad Bevensen wurde bereits 2006 im Rahmen des ersten Bahnhofsmodernisierungs- programms „Niedersachsen ist am Zug“ ausgebaut. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Zu 7: In intensiven Verhandlungen ist es der Landesregierung erstmals gelungen, dass die DB auch Sta- tionen mit weniger als 1 000 Reisenden barrierefrei ausbaut. Dies betrifft die Stationen Adelebsen, Aschendorf, Augustfehn, Bad Gandersheim, Bad Sachsa, Börßum, Bodenfelde, Braunschweig- Gliesmarode, Bruchmühlen, Emmerthal, Gifhorn Stadt, Hasbergen, Hedemünden, Langelsheim, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3236 4 Lathen, Lemförde, Marienhafe, Munster, Natrup-Hagen, Oker, Rinteln, Stadtoldendorf, Visselhöve- de, Voldagsen, Westerstede-Ocholt, Westerhausen und Wittingen. Zu 8: Für die Bahnstationen Börßum und Braunschweig-Gliesmarode sehen die Entwurfspläne erstmalig jeweils zwei Aufzüge vor. Für die anderen Stationen können noch keine Aussagen getroffen wer- den, da die Planungsleistungen noch ausgeschrieben und vergeben werden müssen; Aufzüge sind dort bislang nicht vorhanden. Zu 9: Wie bereits in Antwort zu Frage 8 ausgeführt, ist in der Mehrzahl der Vorhaben noch offen, in wel- cher Weise der stufenfreie Zugang hergestellt werden soll. Im Übrigen galt es, für das Programm „Niedersachsen ist am Zug III“ aus 115 Stationen, die entweder noch gar nicht oder noch nicht bar- rierefrei ausgebaut worden sind, unter Berücksichtigung der finanziellen und personellen Ressour- cen als auch des Anlagenzustands, der Frequentierung der Reisenden, der raumordnerischen Be- deutung und der Integration in die städtebauliche Gesamtkonzeption die Stationen herauszufiltern, deren barrierefreier Ausbau am dringlichsten ist. Ein wesentliches Kriterium war dabei die bahnin- terne Qualitätskennzahl, die nach den Regularien des Einsatzes von Mitteln aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung vom Bund vorgegeben ist. Olaf Lies (Ausgegeben am 30.03.2015) Drucksache 17/3236 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2956 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 11.02.2015 Hält die Landesregierung die unzureichende Barrierefreiheit an den Bahnhöfen in Suderburg und Bad Bevensen für akzeptabel? Antwort der Landesregierung