Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3241 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2836 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Jens Nacke (CDU), einge- gangen am 30.01.2015 Konnte der Präsident des Bundeskriminalamtes Informationen zu den Ermittlungen wegen Kinderpornographie gegen Sebastian Edathy weitergeben? Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy legte am 18.12.2014 dem zweiten Untersuchungsausschuss des 18. Deutschen Bundestages eine eidesstattliche Versicherung vom 05.12.2014 zu seinen Informationen über anstehende Ermittlungen gegen ihn wegen des Erwerbs von Kinderpornographie zwischen November 2013 und Februar 2014 vor. Im Oktober 2013 war der Polizeiinspektion Nienburg aufgefallen, dass der damalige SPD- Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy auf einer Kundenliste eines kanadischen Händlers von Kinderpornographie stand. Hierüber wurde am 15.10.2013 auch der Niedersächsische Innenminis- ter, Boris Pistorius, informiert. Sebastian Edathy erklärte in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 05.12.2014: 1. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann habe ihm am 18.11.2013 mitgeteilt, dass er Mitte Oktober 2013 von dem Sachverhalt am Rande einer sicherheitspolitischen Ta- gung Kenntnis erhalten hätte. 2. Michael Hartmann habe ihm in einem Gespräch im Dezember 2013 gesagt, seine Informati- onsquelle sei der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke gewesen. 3. Michael Hartmann habe ihm im Januar 2014 gesagt, Ziercke hielte ihn persönlich über den Fortgang der Angelegenheit auf dem Laufenden. 4. Michael Hartmann habe ihm im Dezember 2013 oder Januar 2014 mitgeteilt, dass seine Akte von der Generalstaatsanwaltschaft Celle zur Staatsanwaltschaft Hannover gegangen sei und dass dieser gewusst habe, dass der Anwalt Sebastian Edathys bei Behörden angefragt habe, ob gegen ihn ermittelt werde. 5. Michael Hartmann habe ihm wenige Tage nach dem 28.01.2014 am Telefon gesagt, es werde ernst, und die Staatsanwaltschaft Hannover werde wohl „alle Register“ ziehen, mit der Aufhebung der Immunität und mit einer Hausdurchsuchung sei zu rechnen. Sebastian Edathy bestätigte in einer Sitzung des Bundestagsuntersuchungsausschusses vom 15.01.2015 diese Aussagen und benannte mehrere Personen, allesamt Mitglieder der SPD, die seine Aussagen direkt oder indirekt bestätigen könnten. Der ehemalige Innenminister Heiner Bartling erklärte gegenüber dem NDR in einem Interview am 17.02.2014, Sebastian Edathy habe ihm in einem Telefongespräch mitgeteilt, er habe eine oder mehrere Informanten gehabt, die ihn mit Gerüchten über Ermittlungen gegen ihn versorgt hätten. Im Bundestagsinnenausschuss sagte laut Berliner Kurier vom 11.05.2014 der Leiter der Staatsan- waltschaft Hannover zu den Anfragen des Anwaltes von Sebastian Edathy im Spätherbst 2013: „Wir mussten spätestens jetzt davon ausgehen, dass Herr Edathy möglicherweise gewarnt ist. Es liegt ja letztendlich auf der Hand, dass ein guter Rechtsanwalt durchaus seinen Mandanten auch einmal dahin gehend beraten könnte, erst einmal Dinge beiseitezuschaffen - ich habe das mehr- fach schon in Talkshows gehört - und dann bei den Staatsanwaltschaften zu versuchen, weitere Auskünfte zu bekommen. Das war uns selbstverständlich bekannt.“ Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3241 2 Wir fragen die Landesregierung: 1. Kann die Landesregierung ausschließen, dass Informationen zu den Ermittlungen und Ent- scheidungen über das Bundeskriminalamt und den SPD-Bundestagsabgeordneten Hartmann an Sebastian Edathy weitergegeben wurden? 2. Wurde dem Bundeskriminalamt oder anderen nicht niedersächsischen Dienststellen in ir- gendeiner Art und Weise mitgeteilt, dass die „Akte“ zu dem Kinderpornographieverdacht ge- gen Sebastian Edathy von der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsanwaltschaft Hannover gegangen sei? Wenn ja, von wem, wann und wie? 3. Gab es schriftliche oder auch mündliche Anfragen oder Bitten um Sachstandsmitteilungen von nicht niedersächsischen Dienststellen, über die weiteren Schritte in Niedersachsen informiert zu werden? Wenn ja, von wem, an welchem Tag und was konkret? 4. Gab es bei den niedersächsischen Dienststellen Hinweise darauf, dass der Rechtsanwalt von Sebastian Edathy konkrete Informationen zu den Sachständen zu etwaigen Ermittlungen ge- gen Sebastian Edathy hatte? Wenn ja, was wurde daraufhin veranlasst, um ein „Durchste- chen“ zu verhindern? 5. Wurde dem Bundeskriminalamt in irgendeiner Art und Weise die Entscheidung der Staatsan- waltschaft Hannover, ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy einzulei- ten, mitgeteilt? Wenn ja, von wem, wann und wie? 6. Welche Informationen wurden wann und von welchen niedersächsischen Dienststellen zu diesem Fall an das Bundeskriminalamt weitergegeben? 7. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu den Aussagen von Sebastian Edathy im Bundestagsuntersuchungsausschuss? 8. Haben sich die SPD-Bundestagsabgeordneten Sigmar Gabriel, Thomas Oppermann und Mi- chael Hartmann bei niedersächsischen Dienststellen über gegen Sebastian Edathy laufende Ermittlungen erkundigt oder diese z. B. in Gesprächen mit Ministerpräsident Weil, Innenminis- ter Pistorius, anderen Mitgliedern der Landesregierung oder deren Staatssekretäre angespro- chen? Wenn ja, wer, wann und wem gegenüber? 9. Was wurde veranlasst, nachdem der Staatsanwaltschaft laut Aussage des Leiters der Staats- anwaltschaft Hannover im Bundestagsinnenausschuss bekannt war, dass Sebastian Edathy möglicherweise gewarnt war und ein guter Rechtsanwalt durchaus seinen Mandanten dahin gehend beraten könne, erst einmal Dinge beiseite zu schaffen? (An die Staatskanzlei übersandt am 04.02.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 24.03.2015 - 4107 E – 402.19/14 (SH 17) - In den einleitenden Bemerkungen zu der vorliegenden Kleinen Anfrage wird im zweiten Absatz an- geführt, dass der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius am 15.10.2013 darüber informiert wurde, dass der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy auf einer Kundenliste eines kanadischen Händlers von Kinderpornographie stand. Der Göttinger Polizeipräsident Robert Kruse hat Innenminister Pistorius telefonisch in der zweiten Oktoberhälfte über ein bundesweites Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Kinderpornogra- phie informiert, von dem möglicherweise auch das niedersächsische Bundestagsmitglied Sebastian Edathy betroffen sein könnte. Weitere Einzelheiten sind nicht mitgeteilt worden und der Minister hat auch nicht nach weiteren Einzelheiten gefragt. Der Innenminister hat die Information zur Kenntnis genommen, darauf nichts veranlasst und bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen über die Durch- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3241 3 suchungsmaßnahmen des Büros und der Wohnung des ehemaligen Bundestagsabgeordneten mit niemandem darüber gesprochen. Sowohl der Innenminister als auch Polizeipräsident Kruse erinnern den genauen Tag ihres Ge- sprächs nicht mehr. Der Zeitraum der zweiten Oktoberhälfte lässt sich dadurch herleiten, dass Poli- zeipräsident Kruse selbst erst am 15.10.2013 von dem o. g. Umstand erfahren hat und damit Minis- ter Pistorius nicht hätte vorher informieren können. Der Polizeipräsident ist sich jedoch sicher, dass er den Minister nicht am selben Tag, sondern erst einige Zeit später informiert hat. Für die zweite Oktoberhälfte spricht zudem, dass im Kalender des Ministers am 25.10.2013 ein an dem Tag ein- getragener Telefontermin mit Herrn Polizeipräsidenten Kruse („Herr PP Kruse ruft im Auto an (Thema: Verfahren)“) geplant war. Ob dieses Telefonat tatsächlich durchgeführt wurde und ob es um den o. g. Umstand ging, ist sowohl dem Minister als auch dem Polizeipräsidenten nicht mehr er- innerlich. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf das Protokoll der 30. Plenarsitzung des Nieder- sächsischen Landtages vom 27. Februar 2014 (S. 2692, 2696) zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Fraktion der FDP „Edathygate - Wie steht die SPD zum Rechtsstaat?“ (Drs. 17/1232), die Beantwortung zur Frage 15 der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 of- fene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642), die Beantwortung der Mündlichen Anfrage der Angeordneten Editha Lorberg „Welche Informationen aus dem Edathy-Verfahren gingen aus Nieder- sachsen an das BKA und weitere Dritte?“ (Drs. 17/2980), die Beantwortung der Mündlichen Anfra- ge des Abgeordneten Jens Nacke „Wer wurde wann durch wen auf welchem Wege über die Durchsuchungen am 10. Februar 2014 informiert?“ (Drs. 17/2980) und die Beantwortung der Münd- lichen Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha u. a. „Hat Sebastian Edathy eine niedersäch- sische Informationsquelle“ (Drs. 17/2980) verwiesen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Landesregierung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemer- kungen verwiesen. Zu 2: Der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft Hannover wandte sich Anfang November 2013 sowohl an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Außenstelle Gießen als auch an das Bundes- kriminalamt, um nähere Hinweise über die „Operation Spade“ zu erhalten und eine schnelle Über- sendung eventueller weiterer „Kategorie 2-Verfahren“ mit Beschuldigten aus Niedersachsen zu veranlassen. In diesem Zusammenhang wurde auch darüber gesprochen, dass die „Akte Edathy“ von der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsanwaltschaft Hannover abgegeben worden sei. Von der Generalstaatsanwaltschaft Celle hatte der zuständige Leitende Oberstaatsanwalt im Rah- men der Vorprüfung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den seinerzeitigen Bundes- tagsabgeordneten Edathy Kontakt zu Mitarbeitern der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt (ZIT). Ob er in diesem Zusammenhang auch möglicherweise Kontakt zu Mitarbeitern des BKA hatte, kann heute nicht mehr sicher ausgeschlossen werden. Niedersächsische Polizeidienststellen werden über die Weitergabe von Ermittlungsakten zwischen den Justizbehörden grundsätzlich nicht informiert, so auch in diesem Fall. Ergänzend wird auf die Antwort der Landesregierung vom 16.06.2014 zu Frage 66 der Kleinen An- frage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642) verwiesen. Zu 3: An die Staatsanwaltschaft Hannover wurden solche Anfragen oder Bitten nicht direkt herangetra- gen. Gleichwohl gab es auf Arbeitsebene einen fortwährenden Austausch über den Stand des Ver- fahrens mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Außenstelle Gießen und dem Bundeskriminal- amt. Auf die Antwort der Landesregierung vom 16.06.2014 zu Frage 67 der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642) wird verwie- sen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3241 4 Auch die Generalstaatsanwaltschaft Celle hatte auf Arbeitsebene mehrfache Kontakte mit der Ge- neralstaatsanwaltschaft Frankfurt (Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität mit Sitz in Gießen). Zu 4: Den niedersächsischen Polizeidienststellen lagen hierzu keine Hinweise vor. Es wird im Übrigen auf die Antworten der Landesregierung vom 16.06.2014 zu den Fragen 98 und 101 bis 108 der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642) verwiesen. Wie bereits mitgeteilt, gab es Anfragen des Rechtsanwalts Noll bei der Staatsanwaltschaft Hanno- ver, der Generalstaatsanwaltschaft Celle und dem Landeskriminalamt Niedersachsen zwischen dem 28.11.2013 und 22.01.2014. Da es jedoch keinen Verdacht auf einen möglichen Verrat von Dienstgeheimnissen gab, blieb nichts zu veranlassen. Bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle wurden ebenfalls die von Beginn des Verfahrens an getroffenen hohen Schutzmaßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit beibe- halten. Im Übrigen wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642) zu den Fragen 101 bis 108 ver- wiesen. Zu 5: Es wird auf die Beantwortung der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg (CDU): „Welche Informationen aus dem Edathy-Verfahren gingen aus Niedersachen an das BKA und wei- tere Dritte?“ (Drs. 17/2980, berichtigt 17/3044) sowie die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 6: Vgl. die Verweise in den Vorbemerkungen, insbesondere die Beantwortung der Mündlichen Anfra- ge der Angeordneten Editha Lorberg „Welche Informationen aus dem Edathy-Verfahren gingen aus Niedersachsen an das BKA und weitere Dritte?“ (Drs. 17/2980, berichtigt 17/3044). Zu 7: Die Landesregierung verfügt über keine über die öffentliche Presseberichterstattung hinausgehen- den Erkenntnisse. Zu 8: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass sich die genannten Personen an niedersächsische Dienststellen, insbesondere auch nicht an die Staatsanwaltschaft Hannover oder die Generalstaatsanwaltschaft Celle oder an niedersächsische Polizeidienststellen, gewandt haben und entsprechende Erkundigungen einholen wollten. Die benannten SPD-Bundestagsabgeordneten und Landespolitiker haben insbesondere auch keine Mitglieder der Landesregierung oder deren Staatssekretärinnen und Staatssekretären angespro- chen und sich über laufende Ermittlungen gegen Sebastian Edathy erkundigt. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha u. a. „Hat Sebastian Edathy eine niedersächsische Informationsquelle“ (Drs. 17/2980) sowie auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 9: Auf die Beantwortung zur Frage 4 sowie die Antworten der Landesregierung vom 16.06.2014 zu den Fragen 98 sowie 101 bis 103 der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ (Drs. 17/1642) wird verwiesen. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 31.03.2015) Drucksache 17/3241 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2836 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Jens Nacke (CDU), eingegangen am 30.01.2015 Konnte der Präsident des Bundeskriminalamtes Informationen zu den Ermittlungen wegen Kinderpornographie gegen Sebastian Edathy weitergeben? Antwort der Landesregierung