Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3274 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2850 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 30.01.2015 Entwicklung der niedersächsischen Hochschulbildung bis 2030 In den vergangenen Jahren hat sich in Niedersachsen die Zahl der Studienanfänger kontinuierlich erhöht. Sie liege derzeit nach Angaben der Kultusministerkonferenz (KMK) um jährlich etwa 10 000 höher als noch vor etwa zehn Jahren. Mit der Zahl der Studienanfänger steigt auch die Zahl der Studierenden insgesamt. Die KMK geht in ihrer im Mai 2014 veröffentlichten Prognose davon aus, dass die Zahl der Studi- enanfänger bis 2025 in Niedersachsen hoch bleiben und nur leicht wieder um etwa 10 % zurückge- hen werde. Niedersachsen braucht für seine Hochschulplanung möglichst gute Prognosen, zumindest aber Annahmen für die zukünftige Entwicklung. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Wie wird sich nach Auffassung der Landesregierung die Zahl der Studierenden bis 2030 in Niedersachsen entwickeln (wenn konkrete Prognosedaten vorliegen, bitte möglichst nach Jahren aufschlüsseln)? 2. Wie wird sich nach Auffassung der Landesregierung die Zahl der Studienanfänger bis 2030 entwickeln (wenn konkrete Prognosedaten vorliegen, bitte möglichst nach Jahren aufschlüs- seln)? 3. Wie wird sich nach Auffassung der Landesregierung der Bedarf an Bachelor- und Masterstu- dienplätzen bis 2030 entwickeln? 4. An welchen Hochschulen Niedersachsens sieht die Landesregierung für den Zeitraum bis 2030 eher einen zunehmenden Bedarf an Studienplätzen, an welchen Hochschulen wird er gleichbleiben, an welchen Hochschulen wird der Bedarf eher abnehmen? 5. Wie wird sich nach Einschätzung der Landesregierung die Nachfrage nach Studienplätzen in den einzelnen Regionen Niedersachsens entwickeln? 6. In welchen Fachbereichen bzw. welchen Studiengängen sieht die Landesregierung für den Zeitraum bis 2030 einen zunehmenden Bedarf an Studienplätzen, in welchen wird er gleich- bleiben, in welchen wird der Bedarf abnehmen? 7. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Investitionsbedarf an den niedersächsischen Hochschulen bis 2030 ein (bitte nach einzelnen Hochschulen aufschlüsseln)? (An die Staatskanzlei übersandt am 04.02.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 25.03.2015 für Wissenschaft und Kultur - M - 01 420-5/2850 - Ziel der Politik der Landesregierung ist es - insbesondere mit Bezug auf den demografischen Wan- del - ausreichend Fachkräfte auszubilden. Ein bis ins Jahr 2030 reichender Planungshorizont ist Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3274 2 aus Sicht der Landesregierung weder valide abbildbar noch notwendig. Vielmehr hat sich im Laufe der Umsetzung der Vereinbarungen zum Hochschulpakt in Niedersachsen gezeigt, dass recht kurz- fristig und flexibel auf Veränderungen der Nachfrage und der regionalen Bedarfe reagiert werden kann. Aus diesem Grund werden über das Jahr 2025 hinausreichende Prognosen oder Modell- rechnungen derzeit nicht erstellt. Dies vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1 und 2: Die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hochschulsemester wird entspre- chend den Vorausberechnungen der Kultusministerkonferenz (KMK) bis zum Jahr 2025 über dem Wert des Jahres 2010 - dem letzten Jahr vor dem doppelten Abiturjahrgang in Niedersachsen - lie- gen. Derzeit erarbeitet die KMK eine Vorausberechnung zu der Zahl der Bachelorabsolventinnen und -absolventen sowie zu der Zahl der Studierenden. Insofern handelt es sich in der nachfolgen- den Tabelle bei den Angaben zu den Studierendenzahlen um Planungsgrößen. Studienanf. 1. HS Studierende 2005 25 930 152 317 2006 24 524 146 248 2007 26 689 137 765 2008 27 777 140 239 2009 29 150 143 927 2010 31 094 150 209 2011 37 404 161 417 2012 35 304 169 626 2013 36 331 177 571 2014 37 906 192 143 2015 35 008 202 170 2016 35 334 199 870 2017 34 961 199 489 2018 34 704 197 681 2019 34 627 194 038 2020 34 163 193 099 2021 33 857 191 458 2022 33 600 189 946 2023 33 486 188 592 2024 33 079 186 872 2025 32 721 185 270 Tabelle: Vorausberechnung der Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hochschulsemester und der Zahl der Studierenden in Niedersachsen Die Rückkehr zum Abitur nach 13 Schuljahren (G9) der Gymnasien und der nach Schuljahrgängen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen in Niedersachsen ist in diesen Zahlen noch nicht abge- bildet. Diese Umstellung auf die 13-jährige Schulzeitdauer bis zum Abitur beginnt mit dem Schul- jahr 2015/2016. Einbezogen werden die Jahrgänge 5, 6, 7 und 8. Der erste Schuljahrgang wird demnach im Frühjahr 2021 das Abitur nach neun Jahren ablegen können. Im Jahr 2020 haben alle Schulen, die auf G8 umgestellt hatten, demnach keine Abiturientinnen und Abiturienten. In diesem Schuljahr wird es nur Abiturientinnen und Abiturienten von anderen Schularten geben (Gesamt- schulen hatten z. B. nicht auf ein Abitur nach zwölf Schuljahren/G8 umgestellt). Die Zahl der Abitu- rientinnen und Abiturienten wird sich durch die Rückkehr zu G9 im Jahr 2020 voraussichtlich auf 9 400 reduzieren (ohne Umstellung auf G9 wären 31 200 junge Menschen mit Hochschulreife er- wartet worden). Die Zahl der Schulabsolventinnen und Schulabsolventen mit Fachhochschulreife in Niedersachsen wird 2020 bei rund 13 900 liegen. Zusammen entspricht das rund 22 000 Absolven- tinnen und Absolventen mit Hochschul- und Fachhochschulreife weniger als vor der Umstellung auf G9 erwartet wurden (vor der Umstellung waren 45 100 erwartet worden). Unter der Annahme einer Studierneigung von 80 % und unter der weiteren Annahme, dass 40 % derjenigen, die studieren, im Jahr des Abiturs ein Studium aufnehmen, würde sich die Zahl der Studienanfängerinnen und Studi- enanfänger aus Niedersachsen im Jahr 2020 voraussichtlich um etwa 7 000 reduzieren. Da aber nur etwa die Hälfte der Studienanfängerinnen und Studienanfänger aus Niedersachsen auch tat- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3274 3 sächlich im Land studieren, wird sich die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im Jahr 2020 voraussichtlich in Niedersachsen durch die Rückkehr zu G9 um etwa 3 500 verringern. Diese Verringerung wird durch den erwarteten Anstieg der Zahlen bei den Studienanfängerinnen und Studienanfängern in den Jahren 2016 bis 2019 aber kompensiert werden. Zu 3: Bei der Umstellung auf die Bachelor-/Masterstruktur waren von vornherein Kapazitäten für Master- studiengänge mit abgebildet worden. Bedingt durch diese vorausschauende Kapazitätsplanung ist die Situation im Masterbereich für die zugangsberechtigten Bewerberinnen und Bewerber günstig. Derzeit ist kein Mangel an Masterplätzen erkennbar. An den Hochschulen in staatlicher Verantwor- tung gab es im Studienjahr 2013/2014 insgesamt 14 598 Master-Studienanfängerplätze. Darunter waren 5 430 (37,2 %) zulassungsbeschränkt und 9 168 zulassungsfrei. Unter den Studiengängen mit örtlichem NC war ein Drittel faktisch zulassungsfrei, da alle Bewerberinnen und Bewerber auf- genommen wurden. Insgesamt sind damit etwa drei Viertel der Masterplätze für alle Bewerberinnen und Bewerber uneingeschränkt verfügbar. Im Masterbereich sind die Zulassungschancen damit weiterhin tendenziell deutlich besser als im grundständigen Bereich. Lediglich bei besonders stark nachgefragten Studiengängen können nicht alle Bewerberinnen und Bewerber ein Studium am Wunschort aufnehmen. Insgesamt sind die Zulassungschancen jedoch gut. Die Veränderung des Bedarfs an Bachelorplätzen wird sich weitgehend parallel zur Entwicklung der Zahl der Vorausberechnung der Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hoch- schulsemester entwickeln. Im Rahmen der Vereinbarungen zum Hochschulpakt, welche seit dem Jahr 2007 jährlich mit den Hochschulen getroffen werden, orientiert sich die Zahl der zu vereinba- renden zusätzlichen grundständigen Studienanfängerplätze an der Vorausberechnung der Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hochschulsemester der KMK. Die mittelfristige Entwicklung des Bedarfs der Studienanfängerplätze im Masterbereich orientiert sich neben der Zahl der Bachelorabsolventinnen und Bachelorabsolventen an der Entwicklung am Arbeitsmarkt und an der Frage, in welchem Ausmaß es gelingt, das Studieren von (u. a. weiterbildenden) Mas- terstudiengängen als Element des lebenslangen Lernens nach einer Phase der Berufstätigkeit zu etablieren. Zu 4 und 5: Die Landesregierung geht davon aus, dass der Bedarf an Studienplätzen an Fachhochschulen eher ansteigen wird und hat mit dem Fachhochschulentwicklungsprogramm die Grundlagen für eine ge- deihliche Entwicklung der Fachhochschulen gelegt, die auch ein bedarfsgerechtes Angebot an Stu- dienanfängerplätzen zur Sicherung der Fachkräftebedarfe beinhaltet. Im Zuge der Vereinbarungen zum Hochschulpakt reagieren die Hochschulen und die Landesregierung kurzfristig auf Nachfrage- schwankungen. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass sowohl die Nachfragesituation an den ein- zelnen Hochschulen als auch die die regionale Nachfragesituation nach Studienanfängerplätzen neben anderen Faktoren stark von der demografischen Entwicklung abhängt. Die erwarteten Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Bevölkerungsstruktur und die regionalen Unterschiede im Land Niedersachsen zeigt die nachfolgende Abbildung 1 : 1 Download der Karte am 24.04.2014 von der Seite www.niw.de Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3274 4 Abb.: Bevölkerungsprognose für die Regionen in Niedersachsen Betrachtet man zusammenfassend die aktuelle sowie die erwartete wirtschaftliche und sozialstruk- turelle Gesamtentwicklung des Landes als auch seiner Regionen, so wird deutlich, dass Hoch- schulentwicklungsplanung als fortlaufender und dynamischer Prozess zu betrachten ist. Zu 6: Bereits heute ist in einigen Sektoren der Wirtschaft ein Fachkräftemangel zu beobachten: in techni- schen Berufsgruppen, wie der Maschinen- und Fahrzeugtechnik, Mechatronik, Automatisierung und Elektrotechnik oder Informatik und Softwareentwicklung. Zudem ist auch ein Mangel in den Ge- sundheits- und Pflegeberufen ersichtlich. Aus diesem Grund stärkt die Landesregierung die MINT- Studienfächer und den Bereich der Gesundheit u. a. durch die Öffnung der Hochschulen für beruf- lich Qualifizierte und das Fachhochschulentwicklungsprogramm. Zur Prognose eines konkreten zu- künftigen Fachkräftemangels müsste - in fachlicher wie räumlicher Perspektive - sowohl das Ange- bot von als auch die Nachfrage nach Fachkräften berücksichtigt werden. Dies ist auf Basis der vor- handenen Daten nicht möglich. Zwar lassen sich gewisse Aussagen zum zukünftigen Angebot an (akademischen) Fachkräften auf Basis der Daten über Studierende und Absolventinnen und Absol- venten (nach Fächergruppe und Hochschulstandort) ablesen. Hinsichtlich der Nachfrage sind hin- gegen keine belastbaren detaillierten Daten zum zukünftigen Fachkräftebedarf für Niedersachsen oder die niedersächsischen Regionen vorhanden. Zwar gibt es allgemeine Informationen zu derzei- tigen Mangelberufen in Deutschland und Niedersachsen sowie Tendenzaussagen, z. B. auf Basis der Altersstruktur der Berufstätigen in ausgewählten MINT-Berufsgruppen, diese erlauben aber aufgrund wirtschaftlicher Dynamiken keine verlässlichen Prognosen über die zukünftig zu erwar- tenden fachlichen und regionalen Bedarfe. Zu 7: Der Investitionsbedarf bis 2030 kann nicht für jede einzelne Hochschule valide beziffert werden. Der Sanierungsbedarf der hochschulmedizinischen Einrichtungen Medizinische Hochschule Han- nover (MHH) und Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in Niedersachsen ist besonders hoch. Bei- de Einrichtungen sind inzwischen zwischen 40 und 50 Jahre alt. Viele bauliche Einrichtungen stammen noch aus der Gründerzeit. Die Landesregierung setzt ab 2015 daher ein wichtiges Zei- chen. Mit dem Haushalt 2015 hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur ein zusätzliches Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3274 5 Programm zur Sanierung der hochschulmedizinischen Einrichtungen in Niedersachsen (MHH und UMG) aufgelegt, mit dem über die bisherigen Anstrengungen hinaus ein weiterer Schritt zum Ab- bau dieses Sanierungsstaus gemacht werden soll. Dieses Sanierungsprogramm hat einen Umfang von 160 Millionen Euro und wird im Zeitraum 2015 bis 2018 in vier Jahrestranchen im Umfang von je 40 Millionen Euro umgesetzt. Von den zur Verfügung stehenden 160 Millionen Euro entfallen rund 149 Millionen Euro auf bauliche Sanierungsmaßnahmen. Die restlichen rund 11 Millionen Euro stehen den beiden Einrichtungen im Jahr 2015 für die Beschaffung von Geräten zur Verfügung. Gabriele Heinen-Kljajić (Ausgegeben am 09.04.2015) Drucksache 17/3274 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2850 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU), eingegangen am 30.01.2015 Entwicklung der niedersächsischen Hochschulbildung bis 2030 Antwort der Landesregierung