Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2630 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Björn Försterling, Almuth von Below- Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 17.12.2014 Schulpflicht für Flüchtlingskinder und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Land- kreisen Göttingen, Northeim und Osterode - Wie unterstützt die Landesregierung die Kom- munen? Weltweite Konflikte, Kriege und humanitäre Katastrophen sorgen für einen Anstieg der Flüchtlings- zahlen in Deutschland. Der Bund, die Länder und die Kommunen stehen so vor neuen, großen Herausforderungen und Aufgaben, u. a. auch, weil für Flüchtlingskinder in Niedersachsen Schul- pflicht besteht. Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestattung werden schulpflichtig, wenn sie nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen, also spätestens drei Monate nach der Einreise. Aber auch in der Zeit davor haben sie ein Recht darauf, zur Schule zu gehen. Die Regelungen in Niedersachsen sehen zudem vor, dass die Schulpflicht auch für Kinder ohne legalen Aufenthalts- status besteht. Einige Kinder und Jugendliche kommen ohne ihre Eltern oder andere Familienmitglieder nach Nie- dersachsen. Der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge schätzt, dass gegen- wärtig zwischen 7 000 und 9 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren unbegleitet in Deutsch- land leben. Viele Kinder sollen sich versteckt halten. In der Antwort der Landesregierung auf die Schriftliche Anfrage der FDP-Fraktion „Dürfen Flüchtlingskinder auch in Niedersachsen nicht Fuß- ball spielen?“ heißt es: „Die Bundesstatistik über vorläufige Schutzmaßnahmen weist die Zahlen der Inobhutnahmen aufgrund unbegleiteter Einreise nach Bundesländern aus. Demnach wurden in Niedersachsen im Jahr 2011 187, im Jahr 2012 211 und im Jahr 2013 257 unbegleitete minder- jährige Flüchtlinge durch die Jugendämter in Obhut genommen.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Flüchtlinge, die sich nach Zuweisung in den Landkreisen Göttingen, Northeim oder Osterode aufhalten, sind zum Stichtag 01.10.2014 nicht älter als 18 Jahre bzw. grundsätzlich schulpflichtig (bitte nach den angegebenen Landkreisen differenziert auflisten)? 2. Wie viele Kinder des unter Frage 1 abgefragten Personenkreises besuchen tatsächlich eine Schule in den Landkreisen Göttingen, Northeim oder Osterode (bitte nach den angegebenen Landkreisen differenziert auflisten)? 3. Wie viele Kinder ohne legalen Aufenthaltsstatus besuchen in den Landkreisen Göttingen, Northeim oder Osterode gegenwärtig eine Schule (bitte nach den angegebenen Landkreisen differenziert auflisten)? 4. Inwieweit wird konkret in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode für eine Über- wachung der Schulpflicht von Flüchtlingskindern Sorge getragen? 5. Wie unterstützt die Landesregierung die Schulen, Kommunen und Integrationszentren in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode konkret, um den Herausforderungen der ste- tig steigenden Anzahl von schulpflichtigen Flüchtlingskindern im Interesse aller Akteure ge- recht zu werden? 6. Wie viele Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren befinden sich im Jahr 2014 bisher unbeglei- tet in den Landkreisen Göttingen, Northeim oder Osterode (bitte nach Landkreisen differen- ziert auflisten)? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 2 7. Wie hoch ist nach Schätzungen der Landesregierung die Zahl der Kinder, die sich in den oben angegeben Landkreisen bzw. kreisfreien Städten versteckt halten und noch nicht in Obhut genommen werden konnten? 8. Wie haben sich die Zahlen der unbegleiteten Flüchtlingskinder in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode den letzten fünf Jahren entwickelt, insbesondere auch im Jahr 2014 (bitte nach Landkreisen auflisten)? 9. Wie viele der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge besuchen in den Landkreisen Göttin- gen, Northeim oder Osterode eine Schule? 10. Wie unterstützt die Landesregierung die Landkreise Göttingen, Northeim und Osterode bei der Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge? 11. Wie gestaltet sich die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in den Land- kreisen Göttingen, Northeim und Osterode, und welche Unterstützung erfahren die Kinder und Jugendlichen, um sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.12.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 31.03.2015 für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - 305 - Örtliche Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe sind die Landkreise (LK) und kreisfreien Städte. Sie nehmen diese Aufgabe im eigenen Wirkungskreis wahr. Zur Beantwortung der Fragen 6, 8, 9 und 11, die den Personenkreis der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betreffen, wur- den die niedersächsischen Gebietskörperschaften mit eigenem Jugendamt um Beiträge gebeten. Soweit diese geantwortet haben, sind die Beiträge in die Beantwortung eingeflossen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommunen die Fragestellungen zum Teil sehr unter- schiedlich verstanden und demzufolge auch unterschiedlich beantwortet haben. Um die Antworten nicht zu verfälschen, hat die Landesregierung die Antworten - auch hinsichtlich des Sprachge- brauchs - im Wesentlichen wörtlich übernommen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die nachfolgenden Zahlen wurden aus dem Ausländerzentralregister mit Stand 30.09.2014 ermit- telt. Da es im Ausländerzentralregister eine Erfassung von Daten unter dem Schlagwort „Flüchtling“ nicht gibt, ist auf die durch das Ausländerzentralregister erfassten Kategorien zurückgegriffen wor- den. Das sind im Einzelnen: – Aufenthaltsgestattungen (§ 55 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) für Asylbewerberinnen und Asylbewerber, – erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 und 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für Auf- enthaltsgewährungen durch die obersten Landesbehörden, – erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 1 AufenthG (anerkannte Asylbewerberinnen und Asylbewerber), nach § 25 Abs. 2 AufenthG für Ausländer, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylVfG oder subsidiären Schutz i. S. d. § 4 Abs. 1 AsylVfG zuerkannt hat und nach § 25 Abs. 3 AufenthG (Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG), Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 3 – erteilte Niederlassungserlaubnisse nach § 26 Abs. 3 AufenthG (nach 3 Jahren Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG) und – Duldungen (Ausreisepflichtige); bei den Duldungen ist zu berücksichtigen, dass darunter auch Personen sein können, die aufgrund allgemeiner aufenthaltsrechtlicher Regelungen ihren Auf- enthaltstitel verloren haben und kein Asylverfahren betrieben haben. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass eine gegebenenfalls bestehende Schulpflicht im Aus- länderzentralregister nicht erfasst wird. LK Göttingen LK Northeim LK Osterode Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) 18 76 54 Humanitäre Aufenthaltsgewährung durch oberste Landesbehörde (§ 23 Abs. 1 AufenthG) 25 33 10 Humanitäre Aufenthaltsgewährung durch den Bund (§ 23 Abs. 2 AufenthG) 4 14 4 Anerkennung als Asylberechtigter (§ 25 Abs. 1 AufenthG) 0 2 0 Anerkennung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter (§ 25 Abs. 2 AufenthG) 11 30 15 Aufenthaltserlaubnis bei Vorliegen eines Abschiebungsverbotes (§ 25 Abs. 3 AufenthG) 23 15 7 Niederlassungserlaubnis für Asylberechtigte und Flüchtlinge (§ 26 Abs. 3 AufenthG) 4 21 0 Duldung (§ 60 a AufenthG) 105 89 58 Zu 2 und 3: Dem Kultusministerium liegen diesbezüglich keine Daten zur Beantwortung der Fragen vor. Um quantifizierbare Erkenntnisse darlegen zu können, müsste eine differenzierende Abfrage bei den kommunalen Schulträgern durchgeführt werden. Der Aufwand einer solchen Abfrage steht jedoch nicht im Verhältnis zu dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn. Zu 4: Die Einhaltung der Schulpflicht der Schülerinnen und Schüler wird durch die zuständige Schule überwacht, sobald die Schülerinnen und Schüler an einer Schule aufgenommen worden sind. Zu 5: Schulen werden in vielfältiger Weise durch die Landesregierung unterstützt: 1. Sprachförderung Eine gezielte Sprachförderung ist für die Erstintegration neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler, die über keine oder nur sehr geringe Deutschkenntnisse verfügen, von entscheiden- der Bedeutung. Auf der Grundlage des Runderlasses des Kultusministeriums „Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftsspra- che“ vom 01.07.2014 (SVBl. S. 330) werden daher die folgenden spezifischen additiven Maß- nahmen angeboten: – Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung für Kinder, deren Deutschkenntnisse für ei- ne erfolgreiche Teilnahme am Unterricht des ersten Schuljahrgangs nicht ausreichen, – Sprachlern-/Sprachförderklassen, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 4 – Förderkurse Deutsch als Zweitsprache, – Förderunterricht, – Besondere Sprachförderkonzepte. Zur Umsetzung der o. g. besonderen Fördermaßnahmen erhalten Schulen ein bestimmtes Kontingent an Lehrerstunden. 2. Beratung a) Projekt DaZNet Als Meilenstein auf dem Weg zur Qualitätsverbesserung der Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache wird seit dem 01.08.2010 das Projekt DaZNet (Netzwerk für Deutsch als Zweit- und Bildungssprache, Mehrsprachigkeit und Interkulturelle Kompetenz) umgesetzt. Das Pro- jekt zielt darauf ab, regionale Sprachbildungsnetzwerke von Bildungseinrichtungen (Schulen aller Schulformen, sukzessive Kindertageseinrichtungen) untereinander und in Kooperation mit außerschulischen Partnern (Kommunen, Bibliotheken, Universitäten, Migrantenselbstor- ganisationen, Bildungsträgern etc.) zu entwickeln. Auf der Ebene der Schule sollen sprachbil- dungsförderliche Strukturen, Instrumente und Ansätze für Unterricht und Schulentwicklung im Rahmen von durchgängiger Sprachbildung entwickelt und in Regelstrukturen implementiert werden. DaZNet will insofern zu einem Paradigmenwechsel beitragen, indem pädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte und Schulleitungen motiviert und fachlich begleitet werden, an ihrer Schule adäquate Ansätze und sukzessive sprachintensiven Unterricht zu entwickeln und kon- struktiv zusammenzuarbeiten. Dabei stellen die individuellen Stärken und Bildungsvorausset- zungen jedes Kindes den Ausgangspunkt dar, an den pädagogisch angeknüpft wird, um den jeweils nächsten Entwicklungsschritt anzubahnen. Kulturelle, sprachliche und soziale Vielfalt werden als positive Werte verstanden und in Unterricht und Schulkultur pädagogisch zur Ent- faltung gebracht. Die Förderung der Mehrsprachigkeit und die interkulturelle Öffnung der Schule sind hier wichtige Eckpunkte. Landesweit sind 15 regionale Zentren mit didaktischen Werkstätten eingerichtet, an denen jeweils ca. acht bis zwölf Netzwerkschulen aller Schulfor- men im Rahmen des Projekts zusammenarbeiten. b) Fachberatung Interkulturelle Bildung Den Schulen und Lehrkräften stehen im Beratungs- und Unterstützungssystem der Nieder- sächsischen Landesschulbehörde ca. 35 Fachberaterinnen und Fachberater für Interkulturelle Bildung (IKB) zur Beratung landesweit zur Verfügung. Diese Fachberaterinnen und Fachbera- ter unterstützen die Schulen bei der Umsetzung und Implementierung der o. g. Angebote für Kinder mit Migrationshintergrund und der fächerübergreifenden Vermittlung einer interkulturel- len Kompetenz für alle Kinder und Jugendlichen. Die Fachberatung IKB arbeitet mit Schullei- tungen, Konferenzen sowie einzelnen Lehrkräften zusammen. c) Schulfachliche Beratung Es werden Kooperationen mit außerschulischen Partnern gepflegt und die Bildung von Schul- netzwerken zur gegenseitigen Unterstützung und zum Informationsaustausch gefördert. Zu- dem stehen die für die Unterrichtsversorgung zuständigen Dezernentinnen und Dezernenten sowie die schulfachlichen Dezernentinnen und schulfachlichen Dezernenten der Niedersäch- sischen Landesschulbehörde mit den Schulen in Verbindung, um bei Bedarf die Planungen zu begleiten. Ebenso sind sie bei individuellen Fragen und Planungen einzelner Schulträger mit eingebunden. 3. Aktuelle Maßnahmen Es werden folgende Maßnahmen der Landesregierung durch das Kultusministerium auf den Weg gebracht: – Vom Gesetzgeber werden für 2015 zusätzliche Mittel in Höhe von 500 000 Euro für Sprachfördermaßnahmen zur Verfügung gestellt, um die Schulen auch bei erhöhtem Be- darf sehr kurzfristig unterstützen zu können. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 5 – Seitens der Landesregierung wird nun erstmalig die Möglichkeit eröffnet, auch zu Beginn eines zweiten Schulhalbjahres Sprachlernklassen einzurichten. Durch diese Maßnahme ist zum 01.02.2015 voraussichtlich mit landesweit rund 240 Sprachlernklassen an den öffent- lichen allgemeinbildenden Schulen zu rechnen. – Darüber hinaus werden die Fortbildungsangebote zur Qualifizierung von Lehrkräften aller Schulformen im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DaZ) für die Arbeit in Sprachlernklas- sen und für interkulturelles Lernen aufgestockt. – Es wird ein Curriculum und eine Materialsammlung für die Arbeit in Sprachlernklassen er- arbeitet. – Im Bereich der Lehramtsausbildung wird im Projekt „Umbrüche gestalten“ an den entsprechenden niedersächsischen Universitäten daran gearbeitet, zukünftige Lehrkräfte auf ei- nen sprachsensiblen und interkulturellen Unterricht in allen Fächern vorzubereiten. – Schülerinnen und Schüler mit Migrationsgeschichte haben die Möglichkeit, das Deutsche Sprachdiplom, Stufe I, auf dem Niveau B 1 des Europäischen Referenzrahmens abzule- gen. – Informationsmaterialien zur Unterstützung der Eltern mit Migrationshintergrund werden demnächst veröffentlicht. Um den Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter bessere Start- und damit auch Integra- tionschancen zu ermöglichen, haben das Ministerium für Inneres und Sport und das Kultusministe- rium gemeinsam mit der Niedersächsischen Landesschulbehörde sowie der Landesaufnahmebe- hörde Niedersachsen das Konzept der „Interkulturellen Lernwerkstatt“ entwickelt. Dieses auf die jeweilige individuelle Situation abgestimmte schulische Angebot wird derzeit mit Erfolg am Standort Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen eingesetzt. Zurzeit wird geprüft, inwieweit das am Standort GDL Friedland eingesetzte Modell auf die anderen Standorte übertragbar ist, um allen Kindern und Jugendlichen bessere Start- und damit auch Integ- rationschancen zu ermöglichen. Das Land hat zur Unterstützung der Migration und Teilhabe in den Gebietskörperschaften damit begonnen, sogenannte Koordinierungsstellen Migration und Teilhabe (KMuT) einzurichten. Von 48 antragsberechtigten Gebietskörperschaften haben aktuell 34 bereits eine solche KMuT eingerichtet. Auf der Grundlage einer entsprechenden Förderrichtlinie wird für die KMuT eine Personalstelle mit 50 % der Personalausgaben gefördert. Ihr obliegt die Koordinierung und Vernetzung von Migration und Teilhabe fördernden Maßnahmen und Akteuren in diesem Bereich. Auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen zur In- tegration von Migrantinnen und Migranten und Deutschen ausländischer Herkunft im Rahmen der Kooperativen Migrationsarbeit in Niedersachsen (Richtlinie Integration) 1 fördert das Land außerdem die allgemeine Integrationsberatung. Zusätzlich wurden ab 2014 weitere Beratungsstellen im Rah- men der Flüchtlingssozialarbeit eingerichtet. Die Tätigkeit der KMuT und der Integrations- und Flüchtlingsberatung umfasst auch allgemeine Maßnahmen zur Förderung von Flüchtlingskindern. Die konkreten, vom Land geförderten Angebote in den aufgeführten Gebietskörperschaften stellen sich folgendermaßen dar: Landkreis Göttingen: KMuT: ist eingerichtet Integrationsberatung: 1,00 Stellenanteil Flüchtlingsberatung: 1,00 Stellenanteil 1 Erl. d. MI v. 20.09.2006 - 43-04 011/1 (Nds. MBl. Nr. 39/2006 S. 970), geändert durch Erl. v. 12.02.2009 (Nds. MBl. Nr. 11/2009 S. 311 ) und v. 27.09.2010 (Nds. MBl. Nr. 37/2010 S. 961) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 6 Landkreis Northeim: KMuT: ist eingerichtet Integrationsberatung: 1,00 Stellenanteil Flüchtlingsberatung: 0,50 Stellenanteil Landkreis Osterode am Harz: KMuT: noch nicht eingerichtet Integrationsberatung: 0,50 Stellenanteil Flüchtlingsberatung: kein Stellenanteil. Zu 6: Im Jahr 2014 befanden sich im Landkreis Göttingen 236 unbegleitete Minderjährige. Dabei handel- te es sich um Meldungen der Landesaufnahmebehörde im Grenzdurchgangslager Friedland über dort anwesende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 107 wurden in Obhut genommen (99 stati- onär und acht bei Verwandten in und außerhalb des Landkreises Göttingen). Weitere 75 Minderjäh- rige blieben überwiegend bei i. d. R. mit ihnen eingereisten verwandten Personen (Geschwister, Großeltern, Onkel, Tante) im Lager Friedland. In den Landkreisen Northeim und Osterode befanden sich keine unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Zu 7: Die Landesregierung hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Kinder in den oben angegebenen Landkreisen versteckt halten, um nicht von den Jugendämtern in Obhut genommen zu werden. Zu 8: Die Zahlen der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen entwickelten sich wie folgt: Landkreis 2010 2011 2012 2013 2014 Göttingen nicht erhoben 82 125 141 236 Northeim 0 0 4 0 0 Osterode am Harz 0 0 0 1 0 Zu 9: Dem Kultusministerium liegen diesbezüglich keine Daten zur Beantwortung der Frage vor. Um quantifizierbare Erkenntnisse darlegen zu können, müsste eine differenzierende Abfrage bei den kommunalen Schulträgern durchgeführt werden. Der Aufwand einer solchen Abfrage steht - nach derzeitiger Bewertung - jedoch nicht im Verhältnis zu dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn. Im Rahmen der Beteiligung der Gebietskörperschaften mit eigenem Jugendamt sind die nachfol- genden Antwortbeiträge übermittelt worden: Für den Landkreis Göttingen übernimmt die Jugendhilfe Süd-Niedersachsen (JSN) in den meisten Fällen die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Während der Clearingphase (vier bis sechs Monate nach Zugang) besuchen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge durch die Jugendhilfe Süd-Niedersachsen organisierte Sprachkurse, da eine Regelbeschulung rechtlich ausgeschlossen sei. Junge Flüchtlinge, deren dauerhafter Jugendhilfebedarf festgestellt wurde, be- suchen, sobald die erforderliche sprachliche Basis erreicht wird, eine Regelschule (Hauptschule [HS] bzw. Realschule [RS], Berufsbildende Schule [BBS]). Der Besuch einer Regelbeschulung wird durch zusätzliche Angebote gestützt und findet urzeit in Sprachlernklassen statt. Am 31.01.2014 besuchten 47 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eine Regelschule (BBS, HS und RS) und 33 besondere Sprachkursangebote. Soweit dem Landkreis Northeim bekannt, haben alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Schulen besucht. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 7 Zu 10: Die Landkreise und kreisfreien Städte nehmen die Tätigkeit auf dem Gebiet der Kinder- und Ju- gendhilfe als Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen des eigenen Wirkungskreises der Kommunen als Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Das Land als überörtlicher Jugendhilfeträger berät die Jugendhilfeträger bei der inhaltlichen Aufgabenerfüllung. In den Gremien der Arbeitsgemein- schaft der Jugendämter in Niedersachsen und Bremen findet ein regelmäßiger inhaltlicher Aus- tausch und Diskussionsprozess zu dem Themenbereich statt. Das Landesjugendamt konzipiert derzeit eine dreiteilige Fortbildungsreihe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Jugendämter, in der die rechtlichen Grundlagen sowie die päda- gogische Begleitung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge erläutert und darge- stellt werden soll. Im Bedarfsfall soll die Fortbildungsreihe wiederholt bzw. regelmäßig, gegebenen- falls auch regional, angeboten werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter hat „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ erarbeitet. Diese geben einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, sie be- schreiben Standards der Inobhutnahme, den Ablauf des Clearingverfahrens, Anschlussmaßnah- men und die Einleitung des Kostenerstattungsverfahrens. Die Handlungsempfehlungen richten sich primär an die Akteure in der öffentlichen und freien Jugendhilfe. Sie sollen aber auch die strukturel- le Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen fördern und somit den Schutz der in Deutschland eingereisten Kinder und Jugendlichen verbessern. Zu 11: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die im Landkreis Göttingen in Obhut genommen werden bzw. im Nachgang Leistungen im Rahmen der Jugendhilfe erhalten, werden in der Regel im Rah- men des Leistungsangebotes der JSN betreut. In der Arbeit mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gibt es hinsichtlich der Unterbrin- gung und der damit einhergehenden Betreuung und Begleitung innerhalb der JSN vier Betreuungs- formen, die den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand der jungen Flüchtlinge entsprechend im Rahmen der Hilfeplanung zur Verfügung stehen: a) Unterbringung im Betreuten Einzelwohnen (Fachteam junge Flüchtlinge) gemäß §§ 42, 27, 41 i. V. m. § 34 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) Die JSN betreut im Betreuten Einzelwohnen (BEW)/Fachteam junge Flüchtlinge (FtjF) aktuell über 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus dem Landkreis und der Stadt Göttingen. Diese jungen Menschen wohnen zu zweit oder zu dritt in eigenen Wohnungen und werden von Bezugsbetreuerinnen und -betreuern und Sprach- und Kulturdolmetscherinnen und -dolmet- schern betreut. Ihnen steht ein muttersprachlicher Notrufdienst zur Verfügung. Die Unterbrin- gung erfolgt dezentral in der Stadt und dem Landkreis Göttingen. Das gesamte Konzept im BEW baut auf Eigenständigkeit sowie der Förderung von Ressourcen und Resilienzfaktoren der Flüchtlinge auf. Sämtliche in den verschiedenen Betreuungsformen der JSN betreuten minderjährigen Flücht- linge besuchen ab dem ersten Tag entweder Deutschkurse oder in der Folge eine Regelschule und werden sofort in eine regelmäßige Tagesstruktur eingebunden. Dazu zählen Fitness- und Sportangebote, Nachhilfekurse, Kunst- und Theaterworkshops, Ausflüge und weitere vielfältige Freizeitangebote. Die Schwerpunkte der Arbeit mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind zudem die Gesundheitsversorgung, Hilfe bei den Kontakten zu Behörden und Ämtern, Unterstützung im Asylverfahren sowie die Bearbeitung der häufig vorliegenden Traumatisierungen. Um dies alles bestmöglich zu gewährleisten, arbeitet das BEW/FtjF eng mit unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren in lokalen und überregionalen Netzwerken zusammen. Ziel der Arbeit ist eine schnellstmögliche und umfassende Integration der unbegleiteten minderjährigen Flücht- linge in die hiesige Gesellschaft. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 8 b) Unterbringung in Gastfamilien gemäß §§ 42, 27 i. V. m. § 33 SGB VIII In Gastfamilien werden vor allem jüngere bzw. unreifere/unselbstständigere Flüchtlinge und weibliche Flüchtlinge betreut. Werden die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Auftrag des Jugendamtes in einer Gastfamilie untergebracht, ist eine Betreuung rund um die Uhr si- chergestellt. Im Rahmen der Gastfamilie haben die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zunächst die Möglichkeit, nach langer und dramatischer Flucht zur Ruhe zu kommen und erst- malig wieder einen Ort der Sicherheit und Behütung zu erfahren. Sie werden als zusätzliches Familienmitglied aufgenommen und sind Teil des Familienalltags. Durch die Kombination aus Sprachkursen bzw. Regelschule am Vormittag, Freizeitangeboten über den JSN sowie dem Familienalltag besteht eine Tagesstruktur, die den jungen Menschen Orientierung und Sicherheit verschafft. Ziel ist zunächst eine kurzfristige Unterbringung in den Gastfamilien im Rahmen der Clearingphase, d. h. Feststellung des Alters und des Hilfebedarfs. In einigen Fällen ergibt sich daraus auch eine längerfristige Unterbringung in den Gastfamilien. In solchen Fällen erfolgt dann z. B. eine Anmeldung in einem Fußballverein, der in der Nähe der Gastfamilie liegt. Auf diese Weise werden die jungen Menschen immer weiter in die Gesell- schaft eingeführt und der eigene Integrationsprozess unterstützt. c) Stationäre Unterbringung in der Auguste-Ahlborn-Stiftung (Jugendhilfeeinrichtung des betreuten Wohnens) gemäß §§ 42, 27, 41 i. V. m. § 34 SGB VIII Die Auguste-Ahlborn-Stiftung ist eine Jugendhilfeeinrichtung des betreuten Wohnens, in der junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund leben. Das pädagogische Leitziel der Ein- richtung ist die Arbeit an der selbstständigen, selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Le- bensführung. Die jungen Menschen leben - dem Prozess ihrer Verselbstständigung entspre- chend - in enger betreuten Wohngemeinschaften, einer distanzierter betreuten Wohngemein- schaft und Einzelappartements auf einem Gelände inmitten eines ruhigen aber infrastrukturell gut erschlossenen Ortsteils in Göttingen. d) Ambulante Nachbetreuung gemäß §§ 41 i. V. m. §§ 30, 35 SGB VIII Die ersten der nach den vorgenannten Konzepten aufgenommenen jungen Menschen leben seit 2011 in Deutschland. Sie haben zwischenzeitlich einen Schulabschluss (HS, RS) erlangt und befinden sich in einer Berufsausbildung. In der Zeit nach der Betreuung im Rahmen einer stationären Jugendhilfemaßnahme leben sie in eigenem Wohnraum und werden hierbei im Rahmen der Jugendhilfe ambulant betreut. Von den vier unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Landkreis Northeim im Jahr 2012 wur- den zwei von bereits im Landkreis Northeim lebenden Verwandten aufgenommen und betreut. Die beiden anderen Minderjährigen wurden im Rahmen eines Gastelternprojektes (Jugendhilfemaß- nahme) von der Jugendhilfe Südniedersachsen betreut. Für den Landkreis Osterode entfällt die Antwort, da es nur im Jahr 2013 einen unbegleiteten Min- derjährigen zu betreuen gab. Cornelia Rundt (Ausgegeben am 10.04.2015) Drucksache 17/3284 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2630 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 17.12.2014 Schulpflicht für Flüchtlingskinder und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Land-kreisen Göttingen, Northeim und Osterode - Wie unterstützt die Landesregierung die Kom-munen? Antwort der Landesregierung