Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3299 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3203 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Otto Deppmeyer und Petra Joumaah (CDU), eingegangen am 12.03.2015 Elternbefragung bei IGS-Neugründungen - Welche Rolle spielt die Zahl der Rückläufer? Im Landkreis Hameln-Pyrmont ist im ersten Halbjahr 2015 eine Elternbefragung zur Ermittlung des Interesses an der Errichtung einer Integrierten Gesamtschule in Hessisch Oldendorf geplant. An dem Schulstandort gibt es derzeit eine Oberschule, die 2011 aus einer Hauptschule und einer Re- alschule hervorging. Die Oberschule hat mehr als 500 Schülerinnen und Schüler. Einer der Schwerpunkte der Schule ist die Berufsorientierung. Die Landesschulbehörde informiert kommunale Schulträger in einem Merkblatt zur IGS-Gründung u. a. über die Modalitäten der Elternbefragung; darin wird jedoch nichts darüber ausgesagt, wie ge- nau das Elterninteresse aufgrund der Rückläufe der Fragebögen berechnet bzw. gemessen wird. Der Landkreis Hameln-Pyrmont hat sich - wie in dem Merkblatt empfohlen - zur Abstimmung des Verfahrens der Elternbefragung vorab an die Landesschulbehörde gewandt. In ihrer Antwort auf die entsprechende Anfrage teilt eine Mitarbeiterin der Regionalabteilung Hannover der Landesschulbe- hörde u. a. mit: „Zur Berechnung weise ich vorsorglich darauf hin, dass die positiven Stimmen für eine IGS in Relation zu den insgesamt versandten Fragebögen (nicht zu den Rückläufern) zu set- zen sind.“ Mit dem sich daraus berechneten Prozentsatz könne - so die Antwort - dann auch die Zehn-Jahres-Prognose erstellt werden. Wir fragen die Landesregierung: 1. Beschreibt die zitierte Antwort der Landesschulbehörde das bei IGS-Neugründungen in Nie- dersachsen praktizierte Standardverfahren bei der Berechnung des Elterninteresses? 2. Ist bei dem Berechnungsverfahren eine Mindestzahl an Rückläufern der Elternbefragung er- forderlich? a) Wenn ja, welche Mindestzahl ist erforderlich? b) Wenn nein, warum nicht? 3. Wie wird bei dem dargestellten Berechnungsverfahren sichergestellt, dass bei einer nur sehr geringen Teilnahmequote an der Elternbefragung ein Ergebnis dargestellt werden kann, das für die infrage kommende Elternschaft repräsentativ ist? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 01.04.2015 - 01-0 420/5-3203 - Generell wird von den kommunalen Schulträgern verlangt, dass sie ihren Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) i. V. m. § 6 Abs. 1 der Verordnung für die Schulorganisation (SchOrgVO) eine Prognose der Schülerzahlen für mindestens zehn Jahre zu- grunde legen. Die Schulträger haben vor Errichtung einer Integrierten Gesamtschule (IGS) zu er- mitteln, ob die nach § 4 Abs. 1 Nr. 6.1 i. V. m. § 4 Abs. 3 SchOrgVO angegebene Mindestgröße Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3299 2 von vier Zügen mit mindestens 96 Schülerinnen und Schülern pro Jahrgang dauerhaft erreicht wird. Dies erfolgt unter Betrachtung der Entwicklung der Schülerzahlen und des zu ermittelnden Interes- ses der Erziehungsberechtigten gemäß § 106 Abs. 5 Nr. 2 NSchG. Das Interesse der Erziehungs- berechtigten wird im Regelfall durch deren Befragung festgestellt. Durch das Änderungsgesetz 2008 zum NSchG ist den kommunalen Schulträgern zum 01.08.2008 wieder die Möglichkeit gegeben worden, Gesamtschulen zu errichten. Der Wille des Gesetzgebers, der dieser Änderung des Schulgesetzes hinsichtlich der Zulassung neuer Gesamtschulen zugrunde lag, ist bei der Interpretation des Befragungsergebnisses zu beachten. Die Berechtigung zu einer Gesamtschulerrichtung muss den sich aus der Gesetzesbegründung (siehe Drs. 16/126 zu Nr. 2 und zu Nr. 16) ergebenden Anforderungen (u. a. objektiv feststellbarer Elternwille) genügen. Ein entsprechend ausgebildeter Elternwille muss sich zweifelsfrei aus dem Ergebnis der Befragung herleiten lassen. Eine spekulative Hochrechnung auf eine möglicherweise nicht unerhebliche Zahl derjenigen Schü- lerinnen und Schüler, deren Erziehungsberechtigte sich nicht an der Befragung beteiligt haben, ist demzufolge nicht vorzunehmen. Eine Befragung der Erziehungsberechtigten hat schließlich das er- klärte Ziel, das Interesse der Erziehungsberechtigten an der Errichtung eines neuen schulischen Angebots zu ermitteln. Eine Nicht-Teilnahme an der Abstimmung kann logischerweise nur doku- mentieren, dass diese Erziehungsberechtigten kein Interesse am Besuch einer Gesamtschule durch ihr Kind haben - zumal es sich bis dato um eine Angebotsschule handelt und die Möglichkeit zum Besuch der Regelschulen unter zumutbaren Bedingungen durch den Gesetzgeber garantiert wird. Folgerichtig können für die Feststellung des Interesses der Erziehungsberechtigten nur die tatsäch- lich „pro Gesamtschulbesuch“ abgegebenen Fragebögen berücksichtigt werden. Eine Berücksichti- gung von nicht abgegebenen Fragebögen mittels einer Hochrechnung entspräche nicht diesen An- forderungen. In begründeten Einzelfällen können allerdings weitere Kriterien herangezogen werden, z. B. im ländlichen Bereich, wenn es sich um die erste zu errichtende Gesamtschule innerhalb eines Land- kreises handelt und das nächste gymnasiale Angebot in deutlicher Entfernung gemacht wird (über 20 km). Auf jeden Fall müssen bei der Errichtung einer neuen Gesamtschule das Land Niedersachsen, der kommunale Schulträger, das Lehrpersonal, die Erziehungsberechtigte sowie vor allem die Schüle- rinnen und Schüler eine hinreichende Planungssicherheit haben, dass auch in zehn Jahren ihre Schule noch Bestand haben wird und auch dann noch ein ausreichend differenzierter Unterricht gewährleistet ist. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Ja, siehe Vorbemerkung. Zu 2: Es müssen grundsätzlich mindestens 96 positive Interessensbekundungen pro Jahrgang für eine Vierzügigkeit (Regelfall) bzw. 72 positive Interessensbekundungen pro Jahrgang für eine Dreizü- gigkeit (Ausnahmefall) einer zu errichtenden IGS vorliegen. Eine prozentuale Mindestzahl an Rück- läufern ist nicht maßgeblich, weil die positiven Rückmeldungen (Interessenbekundungen) Grundla- ge für die zu prognostizierenden Schülerzahlen sind. In begründeten Einzelfällen können auch wei- tere Kriterien zur Erstellung einer Prognose herangezogen werden. Zu 3: Die Frage beantwortet sich im Grunde von selbst: Wenn von einem Schulträger das Interesse der Erziehungsberechtigten an der Errichtung einer neuen Schule ermittelt wird und die Erziehungsbe- rechtigten bei ihrer Befragung durch eine geringe Teilnahmequote ein mangelndes Interesse an Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3299 3 dem Angebot zum Ausdruck bringen, so besteht wegen dokumentierter Fakten kein Raum für Hochrechnungen. Würde man ein Berechnungsverfahren mit einer Hochrechnung wählen, wäre beispielsweise die Konstellation denkbar, dass bei 200 befragten Erziehungsberechtigten, einer Rücklaufquote von 50 v. H. mit 50 v. H. Zustimmung für die Errichtung einer IGS die Mindestzahl von 96 Schülerinnen und Schülern nach Hochrechnung überschritten werden würde, obgleich tatsächlich nur für 50 Schülerinnen und Schüler tatsächlich eine positive Interessensbekundung vorliegt. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann (Ausgegeben am 10.04.2015) Drucksache 17/3299 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3203 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Otto Deppmeyer und Petra Joumaah (CDU), eingegangen am 12.03.2015 Elternbefragung bei IGS-Neugründungen - Welche Rolle spielt die Zahl der Rückläufer? Antwort der Landesregierung