Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3302 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2912 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Rudolf Götz (CDU), eingegangen am 10.02.2015 Wie ist der Sachstand der Aufarbeitung der Dienstwagenaffären bei den niedersächsischen Behörden? In der Plenarsitzung des Landtages am 26. Juni 2014 hat Innenminister Pistorius in der Beantwor- tung der Dringlichen Anfragen der CDU (Drucksache 17/1653) und der FDP (Drucksache 17/1652) einen Gesamtumriss der laufenden Ermittlungen auf verschiedenen Ebenen im Zusammenhang mit Dienstwagenaffären dargestellt. Die Nordwest-Zeitung berichtete am 19. November 2014 unter der Überschrift „Dienstfahrten für Polizeichefs - Polizeichef Kühme erleichtert nach Ende der Ermittlungen“: „In der Dienstwagenaffä- re der Polizei im Oldenburger Land wird nicht mehr gegen Polizeipräsident Johann Kühme ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg stellte das Ermittlungsverfahren ohne Auflagen ein.“ Die Neue Presse berichtete am 31. Januar 2015 über die Einstellung der Ermittlungen der Staats- anwaltschaft Hannover gegen den Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer und gegen den ehemaligen Kammerpräsidenten: „Doch keine Dienstwagenaffäre bei der Handwerkskammer. ‚Mangels Tatverdachts‘ hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Hauptgeschäftsführer Jans-Paul Ernsting und den ehemaligen Kammerpräsidenten Walter Heitmüller eingestellt.“ Am 6. Februar 2015 berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung: „Die Staatsanwaltschaft Lüneburg verdächtigt den früheren Hildesheimer und heutigen hannoverschen Landgerichtspräsiden- ten Ralph Guise-Rübe der Untreue: Es gebe Anhaltspunkte, dass der Jurist in den Jahren 2010 und 2011 seinen Dienstwagen je einmal für eine Privatfahrt von Hildesheim zu seinem Wohnsitz in Göttingen genutzt haben könnte, sagte Behördensprecherin Angelika Klee.“ In Bezug auf den Sachstand bei den weiteren Fällen ist - soweit ersichtlich - nichts berichtet wor- den. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der jeweilige Sachstand der einzelnen staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren, staatsanwaltlichen Vorermittlungen und sonstigen Prüfungen seitens der Staatsanwaltschaf- ten und Polizeibehörden sowie Ermittlungen anderer Art in Bezug auf eine möglicherweise strafrechtlich relevante Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen (bitte mit der genauen Auflistung aller bekannten Einzelfälle unter Nennung der einzelnen Verfahren und Funktionen)? 2. Wie ist der jeweilige Sachstand der einzelnen Disziplinarverfahren, disziplinarrechtlichen Vor- ermittlungen und sonstigen Prüfungen seitens der Ministerien sowie Ermittlungen anderer Art in Bezug auf eine möglicherweise rechtswidrige Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen (bitte mit der genauen Auflistung aller bekannten Einzelfälle unter Nennung der einzelnen Verfahren und Funktionen)? 3. Sind der Landesregierung nach der Beantwortung der Dringlichen Anfragen am 26. Juni 2014 weitere Fälle möglicherweise rechtswidriger Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch Lan- desbedienstete bzw. Bedienstete von der Aufsicht des Landes unterstehenden Einrichtungen bekannt geworden und, wenn ja, wie ist der jeweilige Sachstand? (An die Staatskanzlei übersandt am 13.02.2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3302 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 02.04.2015 - 7036 - I 401. 125 - Die Landesregierung hat die Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU vom 23. Juni 2014 „Wie viele Dienstwagenaffären hat die Regierung Weil?“ (Drs. 17/1653) in der Plenarsitzung des Landtages am 26. Juni 2014 ausführlich beantwortet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Antwort Bezug genommen. Die Beschaffung und die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen sind in der am 11. Juni 2012 in Kraft getretenen Neufassung der Richtlinie über Dienstkraftfahrzeuge in der Landesverwaltung (Kfz- Richtlinie - RdErl. d. MF v. 11.5.2012, 12-00 50 a - VORIS 64000) geregelt. Nr. 6 der Kfz-Richtlinie enthält Regelungen zu Privatfahrten mit Dienstkraftfahrzeugen, u. a. zu Fahrten zwischen Woh- nung und Dienststätte. Die missbräuchliche Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen kann straf- und disziplinarrechtliche Ermitt- lungen nach sich ziehen. Insbesondere können derartige Fahrten den Anfangsverdacht einer Un- treue nach § 266 Strafgesetzbuch (StGB) begründen. Liegen zureichende tatsächliche Anhalts- punkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, ist zudem gemäß § 18 Abs. 1 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes (NDiszG) ein Disziplinarverfahren einzuleiten, sofern nicht die in § 18 Abs. 2 NDiszG bezeichneten Maßnahmeverbote entgegenstehen oder eine Diszip- linarmaßnahme nicht angezeigt erscheint. Ein eingeleitetes Disziplinarverfahren kann während des laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetzt werden. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage ist eine Abfrage im staatsanwaltschaftlichen Geschäftsbe- reich und innerhalb der Landesregierung erfolgt. Soweit die Anfrage auf „weitere Fälle möglicherweise rechtswidriger Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen“ Bezug nimmt, ist zu berücksichtigen, dass entsprechende Verfahren durch die Staatsanwaltschaften nicht gesondert statistisch erfasst werden. Daher ist eine spezifische Abfrage, etwa unter dem Stichwort „Dienstwagen“, nicht möglich . Statistisch erfasst werden in der Regel nur Untreuevorgänge allgemein, nicht hingegen, worauf sie sich gegebenenfalls beziehen. Aus diesem Grund konnten entsprechende Vorgänge lediglich aus der Erinnerung der zuständigen Bearbeiter benannt werden, was mit Unsicherheiten behaftet ist. Die Beantwortung der Fragen hat gemäß Artikel 24 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung unter Beachtung schutzwürdiger Interessen Dritter zu erfolgen. Die Fürsorgepflicht gegenüber den Be- troffenen und die Unschuldsvermutung sowie das Recht der Bediensteten auf informationelle Selbstbestimmung gebieten es, zu persönlichen Daten aus laufenden Verfahren keine detaillierten Auskünfte zu erteilen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Zum Zeitpunkt der Beantwortung der in der Vorbemerkung bezeichneten Dringlichen Anfrage vom 23. Juni 2014 waren der Landesregierung acht laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfah- ren wegen des Verdachts auf Straftaten im Zusammenhang mit der Nutzung von Dienstkraftfahr- zeugen durch Bedienstete des Landes bzw. von Einrichtungen, die der Aufsicht des Landes unter- liegen, bekannt. Von den vorgenannten Verfahren sind gegenwärtig noch drei Ermittlungsverfahren anhängig. Diese betreffen den Präsidenten eines Landgerichts, einen ehemaligen Leiter einer Polizeiinspektion und einen ehemaligen Polizeipräsidenten. Zwei Ermittlungsverfahren, gegen einen Polizeipräsidenten und einen ehemaligen Leiter der Wasserschutzpolizei Niedersachsen, wurden nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) und § 153 Abs. 1 StPO bzw. ausschließlich nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Zwei weitere Ermittlungsverfahren, gegen den Hauptgeschäftsführer und den ehemali- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3302 3 gen Präsidenten einer Handwerkskammer, wurden mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Verfahren gegen den Präsidenten der Niedersächsischen Lan- desschulbehörde wurde am 11. März 2015 wegen der verbleibenden Tatvorwürfe gemäß § 153 a Abs. 1 StPO nach Erfüllung der Auflage, 500,- Euro zugunsten der Landeskasse zu zahlen, einge- stellt. Zu 2: Von den in der Antwort zu Frage 1 der Dringlichen Anfrage vom 23. Juni 2014 genannten seinerzeit landesweit insgesamt fünf laufenden Disziplinarverfahren sind im Geschäftsbereich des Nieder- sächsischen Ministeriums für Inneres und Sport (MI) derzeit noch zwei Disziplinarverfahren ausge- setzt, da die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft andauern. Ein Disziplinarverfah- ren wurde zwischenzeitlich eingestellt. Ein weiteres Verfahren endete 2014 mit einem Verweis. Hinsichtlich eines weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, das zwischenzeitlich eingestellt worden ist, liegen die Akten dem MI noch nicht vor, sodass eine abschließende dis- ziplinarrechtliche Prüfung noch nicht möglich war. Zu diesem letztgenannten Verfahren war das Disziplinarverfahren zum Zeitpunkt der Beantwortung der Dringlichen Anfrage noch nicht eingelei- tet. Das im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Kultusministeriums anhängige, zwischenzeitlich ausgesetzte Disziplinarverfahren wird nach Abschluss des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens fortgesetzt. Das im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Justizministeriums anhängige Dis- ziplinarverfahren gegen den Präsidenten eines Landgerichts ist im Hinblick auf das laufende straf- rechtliche Ermittlungsverfahren ausgesetzt. Zu 3: Der Landesregierung sind nach der Beantwortung der Dringlichen Anfrage vom 23. Juni 2014 von den Staatsanwaltschaften sieben weitere Verfahren mitgeteilt geworden, von denen eines bereits im Jahr 2013 abgeschlossen war. Dabei handelt es sich um vier Ermittlungsverfahren gegen Poli- zeibeamte, ein Überprüfungsverfahren betreffend einen Polizeibeamten, um ein Ermittlungsverfah- ren gegen einen ehemaligen Landrat sowie um eine anonyme Anzeige gegen eine Ministerin. Auf die anonyme Anzeige wurde gemäß §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, da ein Anfangsverdacht nicht bestand. Die Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibe- amten wurden in drei Fällen mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO und in einem Fall gemäß § 153 a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Das Ermitt- lungsverfahren gegen den ehemaligen Landrat wurde ebenfalls nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Fortgang des Überprüfungsverfahrens ist derzeit noch offen. Im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport sind seit der Be- antwortung der Dringlichen Anfrage in der Plenarsitzung des Landtages am 26. Juni 2014 drei wei- tere Fälle möglicherweise rechtswidriger Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch Angehörige der Polizei bekannt geworden. Die Anschuldigungen wurden anonym erhoben. Die Prüfung der darge- stellten Sachverhalte dauert derzeit noch an. In Vertretung Wolfgang Scheibel (Ausgegeben am 10.04.2015) Drucksache 17/3302 1Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2912 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Rudolf Götz (CDU), eingegangen am 10.02.2015 Wie ist der Sachstand der Aufarbeitung der Dienstwagenaffären bei den niedersächsischen Behörden? Antwort der Landesregierung