Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3305 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3098 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg und Martin Bäumer (CDU), eingegangen am 03.03.2015 Projekt „Hannoversche Moorgeest“ - Wie ist der aktuelle Verfahrensstand? Das Projekt „Hannoversche Moorgeest“ ist im Jahr 2012 zur Renaturierung der vier Hochmoore Otternhagen, Helsdorf, Bissendorf und Schwarzes Moor ins Leben gerufen worden. Es ist das zweitgrößte Naturschutzprojekt aus dem LIFE+-Programm der Europäischen Union (EU) in Deutschland. 75 % der Projektkosten trägt die EU, 20 % das Land Niedersachsen und 5 % über- nimmt die Region Hannover als Projektpartner. Die Hochmoore sind vergleichsweise intakt und wegen ihrer Seltenheit von großer Bedeutung. Um die Moore zu erhalten, besteht Handlungsbe- darf, weil die Moore in ihrem Wasserhaushalt gestört sind. Das Projektgebiet umfasst insgesamt 2 243 ha, in denen in den kommenden elf Jahren der Wasserhaushalt des Moores verbessert wer- den soll. Ziel ist es, das Projekt im Jahr 2023 abzuschließen. Dafür müssen fast 1 100 Flächeneigentümer befragt werden, ob sie ihre Flächen verkaufen, tauschen oder behalten wollen. Eine entscheidende Rolle bei dem Fortgang des Verfahrens spielen die Landwirtschaftskammer und die Finanzämter Hannover, Burgdorf und Nienburg, denn ihnen obliegt eine entscheidende Rolle bei der Festset- zung der Grundstückswerte. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wo steht das Projekt „Hannoversche Moorgeest“ aktuell, und was sind die nächsten Verfah- rensschritte zur Einhaltung des Zeitplanes? 2. Wie weit ist die Ermittlung der Grundstückswerte, und wer hat diese festgelegt? 3. An welcher Stelle wird sich die Landesregierung gegebenenfalls einbringen, um das Verfah- ren zu beschleunigen? 4. Welche und wie viele Ersatzflächen stehen zur Verfügung? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 07.04.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/01-0059 - Niedersachsen hat innerhalb der europäischen atlantischen Region den größten Flächenanteil an Hochmooren, die jedoch fast alle durch Entwässerung, Abtorfung und Kultivierung ihren ursprüngli- chen Charakter verloren haben. Das Land trägt eine besondere Verantwortung zur Erhaltung der letzten, weitestgehend naturnahen Hochmoore. Mit dem im Juni 2012 genehmigten LIFE+ Projekt stellt sich das Land Niedersachsen in Kooperati- on mit der Region Hannover dieser Verantwortung mit finanzieller Hilfe der EU. Helstorfer, Ottern- hagener, Schwarzes und Bissendorfer Moor haben das Potenzial wieder zu „lebenden Hochmoo- ren“ mit wachsenden Torfmoosen zu werden. Trotz starker Beeinträchtigungen, insbesondere Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3305 2 durch Entwässerung, stehen sie ganz oben in der Rangliste der naturnahen Hochmoore Nieder- sachsens und sind deshalb als FFH-Gebiete gemeldet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Das Projekt wurde am 01.09.2012 begonnen. Schwerpunkt der Arbeit des Niedersächsischen Lan- desbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der der Vorhabenträger ist, ist derzeit die Erstellung der Planfeststellungsunterlagen mit der technischen Planung für die an- stehenden wasser- und erdbaulichen Maßnahmen. Die Planungen werden kontinuierlich im Pro- jektbeirat vorgestellt und rückgekoppelt. Die Scopingtermine für das Schwarze und das Bissendor- fer Moor fanden bereits statt. Die Unterlagen für das Schwarze Moor werden im April 2015 an die untere Wasserbehörde der Region Hannover übergeben. Für das Bissendorfer Moor ist die Abgabe im ersten Quartal 2016 vorgesehen. Die Erstellung der wasserwirtschaftlichen Genehmigungspla- nung erfolgt innerhalb des Zeitplans. Im Rahmen des Ende 2012 eingeleiteten vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens geht es nun verstärkt darum, die Flächenverfügbarkeit zu sichern. Das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) Leine-Weser ist Verfahrensführer. Derzeit läuft das Wertermittlungsverfahren zur Bestimmung der tatsächlichen Tausch- bzw. Verkaufskonditionen. In Abstimmung mit dem NLWKN und dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft (TG) ist das ArL bis jetzt nur auf direkte Anfrage von Betei- ligten und somit noch nicht offensiv in die Flächenverhandlungen eingestiegen. Bisher konnten 21 ha Flächen im Projektgebiet zugunsten des Landes Niedersachsen (NLWKN) erworben werden. Der Großteil der Eigentümer wartet den Abschluss der Wertermittlung ab und wird sich erst im so- genannten Planwunschtermin für eine der Möglichkeiten (Verkauf, Tausch, Gestattung) entschei- den. Durch das Problem der ungeklärten Finanzierungsmöglichkeiten für den Erwerb entkusselter Flächen, waren potenzielle Ankäufe (ca. 30 ha) blockiert. Zwischenzeitlich konnten dem Projekt- management von MU und MF zusätzliche Landesmittel in Form von Billigkeitsleistungen zur Verfü- gung gestellt werden, sodass Flächenverhandlungen von ArL wieder aufgenommen und mittlerwei- le teilweise umgesetzt werden konnten. Es ist festzustellen, dass sich zum einen aufgrund von Anträgen beim OVG zur Aufhebung des So- fortvollzugs des Einleitungsbeschlusses und dem zum anderen erheblichen Abstimmungsbedarf mit den verschiedenen Interessenvertretern der Grundstückseigentümer vor der Vorstandswahl der TG und der daraus resultierenden verzögerten Vorstandswahl, das Flurbereinigungsverfahren rund 1,5 Jahre hinter der ursprünglichen Zeitplanung zurückliegt. Es handelt sich hier um eine zeitliche Verschiebung, die im Verfahrensverlauf nach Aussage des ArL aufgeholt wird. Spätestens nach Abschluss des Wertermittlungsverfahrens werden nicht nur die Planwunschgespräche beginnen, sondern parallel auch die vorliegenden Flächenverkaufsabsichtserklärungen (derzeit rund 30 ha) abgewickelt werden. Alle weiteren Verfahrensschritte und Maßnahmen innerhalb des LIFE+ Projektes befinden sich im Zeitplan, dessen Einhaltung das Projektmanagement überwacht und steuert. Zu 2: Die örtlichen Arbeiten zur Ermittlung der Grundstückwerte (Wertermittlung) und die damit verbun- denen Arbeiten zur Auswertung der Ergebnisse stehen vor dem Abschluss. Da es sich im Verfah- rensgebiet überwiegend um bewaldete Flächen handelt, wurde mit der Bewertung dieser Flächen die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Geschäftsbereich Forstwirtschaft) beauftragt. Zusätz- lich wurden technische Zuarbeiten (Luftbildinterpretationen und GPS-Dienstleistungen) an ein ex- ternes Ingenieurbüro vergeben. Die Wertermittlung für im Verfahrensgebiet befindliche landwirt- schaftlich genutzte Flächen erfolgt, wie in anderen Flurbereinigungsverfahren auch, in Zusammen- arbeit mit der Finanzverwaltung auf Grundlage der Bodenschätzung. Hier sind jeweils geringe Flä- chenanteile in den Zuständigkeitsbereichen der Finanzämter Hannover, Burgdorf und Nienburg be- troffen. Insgesamt handelt es sich um nur rund 150 ha landwirtschaftliche Nutzflächen, die einzu- stufen sind. Aufgrund der Aktualität der Bodenschätzungsergebnisse sind/waren örtliche Arbeiten hier nur in geringem Umfang erforderlich. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3305 3 Nach Abschluss der örtlichen Arbeiten wird das ArL das formelle Wertermittlungsverfahren ent- sprechend den gesetzlichen Vorgaben durchführen. Dazu soll in Kürze dem Vorstand der TG der sogenannte Wertermittlungsrahmen vorgestellt werden und die erforderliche Erörterung der Ergeb- nisse mit diesem Gremium erfolgen. Der Vorgabe des Flurbereinigungsgesetzes nach Anhörung des Vorstandes wird somit entsprochen. Der Wertermittlungsrahmen wird Aufschluss über die ver- schiedenen Wertzonen im Flurbereinigungsgebiet, den ermittelten Wert des aufstehenden Holzes, den Bodenwert und den Wert der in geringem Umfang vorhandenen Acker- und Grünlandflächen geben. Im Anschluss daran folgt die öffentliche Auslegung der Wertermittlungsergebnisse. Einwen- dungen dagegen sind durch jeden beteiligten Grundeigentümer möglich. Sollten Einwendungen vorgetragen werden, sind diese zu prüfen und in Zusammenarbeit mit den Sachverständigen aus- schließlich durch die Flurbereinigungsbehörde endgültig zu entscheiden; dieses gilt auch für Ein- wendungen gegen den Wertermittlungsrahmen. Die Entscheidungen und die dadurch endgültigen Wertermittlungsergebnisse sind dann im Rahmen der Feststellung der Wertermittlung öffentlich be- kanntzumachen (Verwaltungsakt). Die Rechtskraft der Wertermittlung tritt nach Entscheidung über eventuell eingelegte Rechtsmittel (Widersprüche/Klagen) ein. Nach Aussage des ArL ist im Som- mer 2015 mit dem Abschluss des Wertermittlungsverfahrens zu rechnen. Zu 3: Die Projektumsetzung erfolgt über den NLWKN in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Region Hannover, dem MU und dem ArL. Seit dem Projektstart erfolgt die be- hördeninterne Abstimmung regelmäßig in der Projektkoordinierungsgruppe. Dort werden alle stra- tegischen Fragen und Vorgehensweisen abgestimmt. Die politische Ebene wird regelmäßig zum Sachstand des Verfahrens informiert. Im Dezember 2015 fand ein Projektstatusgespräch mit Herrn Umweltminister Wenzel statt. Hieran nahmen alle relevanten Akteure des MU, NLWKN, ArL und der Region Hannover teil. Von Interesse war hier insbesondere der Verfahrensstand des Flurberei- nigungsverfahrens. Im Herbst 2015 wird ein Anschlussgespräch stattfinden. Die wesentlichen Pro- zessabläufe des Verfahrens sind an gesetzliche Fristen gebunden und werden durch mögliche Einwendungen Dritter beeinflusst, sodass der Zeitplan kaum von politischer Seite beeinflussbar ist. Zu 4: Ersatzflächen werden im Verfahren der „Hannoverschen Moorgeest“ für die Teilnehmer benötigt, die nicht mit Geld sondern in Land an anderer Stelle abgefunden werden möchten (Flurbereini- gungsgrundsatz). Der gesamte Tauschflächenbedarf kann derzeit noch nicht genau benannt wer- den. Die spätestens im Herbst 2015 beginnenden Planwunschtermine, die mit allen Eigentümern im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens zu führen sind, werden darüber gesicherten Auf- schluss geben. Als potenzielle Tauschflächen stehen zum einen innerhalb des Verfahrensgebietes (Randlagen) Flächen des Landes Niedersachsen zur Verfügung, zum anderen kann im näheren Umfeld des Projektgebietes sowohl auf Flächen des Landes Niedersachsen als auch der Region Hannover (ca. 40 ha) zurückgegriffen werden. Hinzu kommen potenzielle Tauschflächen in einer Größenordnung von mittlerweile rund 70 ha der Niedersächsischen Landgesellschaft (NLG). Hierunter befinden sich sowohl Waldflächen als auch landwirtschaftliche Flächen. Die Flurbereinigungsbehörde steht dar- über hinaus weiterhin in engem Kontakt zur NLG, die im Rahmen der Ausübung von Vorkaufsrech- ten oder aufgrund direkter Angebote in Abstimmung mit dem ArL die Beschaffung von zusätzlichen Tauschflächen weiter betreibt. Auch in den durchzuführenden Planwunschgesprächen wird es möglich sein, nicht nur Zielflächen, sondern auch Tauschflächen außerhalb des jetzigen Verfah- rensgebietes durch die TG erwerben zu können. Rund ein Drittel der am LIFE+ Projekt beteiligten Flächen befinden sich schon zum jetzigen Zeitpunkt im Eigentum der öffentlichen Hand. In Vertretung Almut Kottwitz (Ausgegeben am 14.04.2015) Drucksache 17/3305 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3098 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg und Martin Bäumer (CDU), eingegangen am 03.03.2015 Projekt „Hannoversche Moorgeest“ - Wie ist der aktuelle Verfahrensstand? Antwort der Landesregierung