Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3307 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3216 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 12.03.2015 Schulentwicklung im Landkreis Holzminden Nach aktuellen Planungen soll die Oberschule Bodenwerder ab dem Schuljahr 2015/2016 nicht weitergeführt und stattdessen in eine IGS umgewandelt werden. Die Umwandlung erfolgt, obwohl die geforderte Mindestschülerzahl von 72 für keinen der Jahrgänge erreicht werden kann, wie Inte- ressensbekundungen von Eltern zeigen. Zur Erreichung der Mindestschülerzahl fehlen 119 Schü- ler. Auch die Schulleitung der Oberschule Stadtoldendorf hat einen Antrag zur Umwandlung in eine IGS gestellt. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wieso wurde die Umwandlung der Oberschule Bodenwerder in eine IGS genehmigt, obwohl die Mindestschülerzahl verfehlt wird? 2. Welchen Schülerrückgang erwartet die Landesregierung durch die Errichtung der IGSen an den Oberschulen des Landkreises und dem Campe Gymnasium? 3. Wird im Landkreis Holzminden auch in Zukunft ein vielgliedriges Schulsystem vorgehalten? (An die Staatskanzlei übersandt am 24.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 08.04.2015 - 01-0 420/5-3216 - Generell wird von den kommunalen Schulträgern verlangt, dass sie ihren Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) i. V. m. § 6 Abs. 1 der Verordnung für die Schulorganisation (SchOrgVO) eine Prognose der Schülerzahlen für mindestens zehn Jahre zugrunde legen. Die Schulträger haben vor Errichtung einer Integrierten Gesamtschule (IGS) zu ermitteln, ob die nach § 4 Abs. 1 Nr. 6.1 i. V. m. § 4 Abs. 3 SchOrgVO angegebene Mindestgröße von vier Zügen mit mindestens 96 Schülerinnen und Schülern pro Jahrgang bzw. im Ausnahmefall von drei Zügen mit mindestens 72 Schülerinnen und Schülern pro Jahrgang dauerhaft erreicht wird. Dies erfolgt unter Betrachtung der Entwicklung der Schülerzahlen und dem zu ermittelnden Interes- se der Erziehungsberechtigten gemäß § 106 Abs. 5 Nr. 2 NSchG. Das Interesse der Erziehungsbe- rechtigten wird im Regelfall durch deren Befragung festgestellt. Die vom Schulträger zu erstellende Prognose der Schülerzahlen basiert grundsätzlich auf den tat- sächlich abgegebenen positiven Interessenbekundungen der Erziehungsberechtigten, nicht auf ei- ner Hochrechnung. In begründeten Einzelfällen können weitere Kriterien herangezogen werden, z. B. im ländlichen Bereich, wenn es sich um die erste zu errichtende Gesamtschule innerhalb ei- nes Landkreises handelt und das nächste öffentliche gymnasiale Angebot nur in deutlicher Entfer- nung gemacht wird (über 20 km). Da am Standort Bodenwerder mit aufsteigender Errichtung der Gesamtschule die Oberschule als einzige Schule im Sekundarbereich I aufgehoben werden soll, ist für den Schulstandort der Aus- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3307 2 nahmefall nach § 4 Abs. 1 Nr. 6.1 SchOrgVO gegeben, sodass nur mindestens 72 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang (Dreizügigkeit) prognostiziert werden müssen. Die besondere Situation am Standort Bodenwerder, vor allem die geografische Lage mit den weit entfernt liegenden ande- ren öffentlichen, teilweise außerhalb des Landkreises Holzminden liegenden gymnasialen Schulan- geboten, wurde neben den abgegebenen positiven Interessenbekundungen bei der Genehmigung der Gesamtschule in Bodenwerder berücksichtigt. Darüber hinaus hat der Landkreis Holzminden als sogenannter geborener Schulträger und Träger der Schülerbeförderung weitergehende Steue- rungsmöglichkeiten innerhalb seines Gebietes zur Gewährleistung eines Schulangebots als z. B. eine kreisangehörige Gemeinde, die sich die Schulträgerschaft nach § 102 Abs. 3 NSchG hat über- tragen lassen und die bei der Festlegung von Einzugsbereichen auf ihr eigenes Gemeindegebiet beschränkt ist. Der Landkreis Holzminden hat nachvollziehbar dargelegt, dass über den Prognose- zeitraum von zehn Jahren hinweg mehr als 72 Schülerinnen und Schüler pro Jahr die Gesamtschu- le in Bodenwerder besuchen werden. Mit Bescheid vom 23.02.2015 wurde die Gesamtschule in Bodenwerder von der Niedersächsischen Landesschulbehörde daher genehmigt. Der in der Anfrage von den Fragestellern dargestellte Hintergrund bedarf allerdings noch folgender Richtigstellungen: 1. Die Oberschule Bodenwerder wird nicht in eine Gesamtschule „umgewandelt“. Schulrechtlich betrachtet gibt es den Begriff der „Umwandlung“ im Schulgesetz nicht. Nur bei der Schulform Oberschule besteht als Sonderregelung die Möglichkeit, diese - z. B. aus einer Haupt- und Realschule - „in einem Zuge“ entstehen zu lassen, was gewöhnlich mit dem Begriff „Umwand- lung“ beschrieben wird. Dennoch gelten die Vorschriften für die an einer so gebildeten Oberschule jahrgangsweise auslaufenden Schulformen gemäß § 183 a Abs. 1 Satz 3 NSchG wei- ter. Neue Gesamtschulen werden hingegen immer jahrgangsweise aufsteigend errichtet, wäh- rend gegebenenfalls zugleich andere Schulformen jahrgangsweise auslaufend aufgehoben werden. 2. Ein Antrag auf Errichtung einer Gesamtschule kann nicht von der Schulleitung einer Schule, sondern nur vom kommunalen Schulträger gestellt werden. Für den Oberschulstandort Stadt- oldendorf ist vom Schulträger ein Antrag bei der zuständigen Niedersächsischen Landes- schulbehörde bisher nicht gestellt worden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 2: Wie in der Vorbemerkung richtiggestellt, wurde bisher nur die Errichtung einer Gesamtschule - am Standort Bodenwerder - vom zuständigen Schulträger beantragt und von der Schulbehörde ge- nehmigt. Es handelt sich demnach nicht um mehrere Gesamtschulen, wie von den Fragestellern angeführt. Die Schulbehörden gehen wie der kommunale Schulträger davon aus, dass künftig ein Großteil der Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle das neue Gesamtschulan- gebot in Bodenwerder nutzen wird, vor allem, weil das nächste gymnasiale Angebot innerhalb oder außerhalb des Landkreises Holzminden nur in einer Entfernung von etwa 25 km zu erreichen ist. Welche konkreten Auswirkungen die Errichtung der Gesamtschule in Bodenwerder auf das Campe- Gymnasium Holzminden oder auf Oberschulen im Landkreis Holzminden haben könnte, ist nicht Bestandteil der Genehmigungsprüfung. Zu 3: § 5 NSchG ist überschrieben mit „Gliederung des Schulwesens“, Nach seinem Absatz 1 gliedert sich das Schulwesen in (neun allgemeinbildende und sieben berufsbildende) Schulformen und (drei) Schulbereiche. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3307 3 Welche Gliederung der Landkreis Holzminden und seine kreisangehörigen Gemeinden als kommu- nale Schulträger im Kreisgebiet zukünftig vorhalten wollen, ist deren schulorganisatorischen Ent- scheidungen im eigenen Wirkungskreis vorbehalten (vgl. §§ 101, 102, 106, 108 NSchG). Mit der erstmaligen Errichtung einer Gesamtschule erweitert der Landkreis Holzminden jedenfalls zunächst das Schulangebot im Kreisgebiet. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann (Ausgegeben am 14.04.2015) Drucksache 17/3307 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3216 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 12.03.2015 Schulentwicklung im Landkreis Holzminden Antwort der Landesregierung