Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3392 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3177 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU), eingegangen am 12.03.2015 Sondergenehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums für Verlegung von Erdkabeln im Wahlkreis von Bundesminister Gabriel reiner Zufall? In einem Interview mit der Zeitung Die Welt vom 25.02.2015 antwortet der Ministerpräsident auf die Einlassung: „Das Bundeswirtschaftsministerium prüft bereits eine Sondergenehmigung für Erdkabel - praktischerweise im Wahlkreis von Minister Gabriel“: „Eine schöne Verschwörungstheorie. Dass es sich auch um Gabriels Wahlkreis handelt, ist reiner Zufall.“ Auf Erwiderung des Fragenden „Das ist nicht Ihr Ernst“ entgegnete der Ministerpräsident: „Doch natürlich. Die Fachleute, die sich damit befassen, fragen sich doch nicht, wo welcher Wahlkreis liegt.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass eine etwaige Erdverkabelung durchaus Vor- teile in der Akzeptanz einer Stromtrasse mit sich bringen kann? 2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oberster Bundesbehörden nicht bewusst ist, wo sich der Wahlkreis ihres jeweiligen Ressortchefs be- findet? 3. Hält die Landesregierung es für möglich, dass es andere - gegebenenfalls sogar besser - ge- eignete Räume für Ausnahmegenehmigungen und Pilotprojekte zur Erdverkabelung im Rah- men des Baus von Stromtrassen gibt? 4. Wenn ja, warum ist dann nach Auffassung der Landesregierung der Wahlkreis des Bundes- wirtschaftsministers für eine Ausnahmegenehmigung ausersehen worden? 5. Wenn nein, worauf stützt die Landesregierung ihre Erkenntnisse, und aus welchen Gründen gibt es nach Auffassung der Landesregierung keine anderen - gegebenenfalls sogar besser - geeigneten Räume für Ausnahmegenehmigungen und Pilotprojekte zur Erdverkabelung im Rahmen des Baus von Stromtrassen? 6. Welche anderen Gebiete in Niedersachsen wären nach Auffassung der Landesregierung gleichermaßen oder besser für Ausnahmegenehmigungen und Pilotprojekte zur Erdverkabe- lung im Rahmen des Baus von Stromtrassen geeignet? (An die Staatskanzlei übersandt am 18.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.04.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/11-0050 - Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass bei allen Neubauleitungsvorhaben im Stromnetz- ausbau die Option der Teilerdverkabelung eingesetzt werden kann, um zu möglichst konfliktarmen Trassenführungen zu kommen. Bisher sieht das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) für drei Neubaumaßnahmen in Nieder- sachsen die Teilerdverkabelungsoption vor. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die von der nie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3392 2 dersächsischen Gemeinde Vechelde (Ortschaft Wahle) ins hessische Mecklar geplante Netzaus- baumaßnahme. Mit dieser Leitung soll die Lücke im Drehstromnetz geschlossen werden, die bisher im Südosten Niedersachsens besteht. Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT hat für diese Maßnahme in Niedersachsen bisher für die Teilabschnitte A und B Planfeststellungsanträge gestellt. Für den dritten verbleibenden südlichsten Abschnitt C soll das Planfeststellungsverfahren in Kürze eröffnet werden. Der Vorhabenträger hat die jeweiligen Planfeststellungsanträge in einem sehr intensiven Dialogver- fahren mit den betroffenen Kommunen, den eventuell betroffenen Grundstückseigentümern, den Verbänden und einer Vielzahl Träger öffentlicher Belange entwickelt. Auch die zuständigen Behör- den des Landes waren in vielfältiger Form unterstützend beteiligt. Es ist in den Abschnitten A und B so gelungen, eine Trassenführung zu entwickeln, die in allen Be- reichen die Mindestabstände zu beplanten Siedlungsbereichen von 400 m einhalten soll. Im Ab- schnitt C kann dieser Mindestabstand im Bereich der Stadt Göttingen teilweise nicht eingehalten werden. Hier bereitet die Firma TenneT derzeit im Rahmen des Planfeststellungsantrages auch den Antrag für einen Teilerdverkabelungsabschnitt vor. Im Abschnitt A und B konnten bereits Einwendungen erhoben werden, die derzeit ausgewertet werden. Erörterungstermine sollen hierzu noch in diesem Jahr durchgeführt werden. Im Bereich des Abschnittes A liegen im Bereich der im Landkreis Wolfenbüttel gelegenen Gemein- de Burgdorf eine besonders große Zahl von Einwendungen vor. Diese beziehen sich auf eine von TenneT beantragte Freileitungstrassenführung, die vom im Raumordnungsverfahren als raumver- träglich festgestellten Trassenführungskorridor abweicht und die zur Gemeinde Burgdorf gehörende Ortschaft Westerlinde an drei Seiten von der Freileitungstrassenführung umschließt. Die Landesre- gierung hat sich in Gesprächen mit der Gemeinde und dem Vorhabenträger intensiv dafür einge- setzt, dass für diesen Trassenabschnitt eine Lösung gefunden wird, die zu einer raumverträgliche- ren und konfliktärmeren Trassenführung führt. Auch Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat sich öf- fentlich kritisch zu dieser Sonderbelastung der Ortschaft Westerlinde geäußert. Die Firma TenneT hat im Zusammenhang mit der von der Landesregierung im Mai letzten Jahres ausgelösten Debatte um eine Ausweitung der Teilerdverkabelungsmöglichkeiten gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium vorgeschlagen, erstmalig im deutschen Drehstromnetz einen mehr als 10 km langen Erdkabelabschnitt zu erproben. Dieser bedarf der Blindleistungskompensation, die TenneT im Rahmen der Maßnahme von Wahle nach Mecklar als technische Innovation erpro- ben möchte. Hierfür hält TenneT eine gesetzliche Einzelregelung für erforderlich. Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag mit Kabinettsbeschluss vom 25.03.2015 aufgegriffen und in den Gesetzentwurf zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus aufgenommen. Dieser Gesetzentwurf ist nunmehr dem Bundesrat zugeleitet worden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Ja. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass für alle Neubaumaßnahmen im Netzausbau die Teilverkabelungsoption ermöglicht wird. Für die geplanten Gleichstromfernleitungen wie z. B. SuedLink konnte dies auch bereits erreicht werden. Im Drehstromnetz ist diese Option bisher aber noch auf wenige Pilotmaßnahmen beschränkt. Auch hier hält die Landesregierung eine Ausweitung auf alle Neubauprojekte für erforderlich. Zu 2: Wahlkreisgrenzen für Bundestags- oder Landtagswahlkreise spielen bei Planfeststellungsverfahren im Netzausbau keinerlei Rolle. Für die Netzausbaumaßnahme von Wahle nach Mecklar ist aus- schließlich die Genehmigungszuständigkeit der Landesbehörden in Niedersachsen und Hessen gegeben. Durch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist sichergestellt, dass sachfremde Überle- gungen auch hinsichtlich eventueller Wahlkreisgrenzen keinerlei Rolle in Genehmigungsverfahren spielen. Zu Unterstellungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oberster Bundesbehörden nimmt die Landesregierung keine Stellung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3392 3 Zu 3: Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass bei allen Netzneubaumaßnahmen Teilerdverkabe- lungsoptionen ermöglicht werden. Der Vorschlag des Übertragungsnetzbetreibers TenneT, in der Maßnahme von Wahle nach Mecklar erstmalig einen mehr als 10 Kilometer langen Erdkabelab- schnitt mit Blindleistungskompensation zu erproben, wird von der Landesregierung begrüßt und un- terstützt. Sollte dieser Vorschlag von TenneT im laufenden Planfeststellungsverfahren von Wahle nach Mecklar beantragt und realisiert werden, könnten damit wichtige Erkenntnisse über das tech- nische Verhalten von längeren Erdkabelabschnitten im Drehstromnetz gewonnen werden. Diese ständen dann bei nachfolgenden Verfahren zur Verfügung, um auch dort diese technische Option einzuführen. Die Erprobung dieser zusätzlichen Teilerdverkabelungsoption im Bereich des Nordabschnitts der Maßnahme von Wahle nach Mecklar kann u. a. auch dazu beitragen, die Trassenprobleme im Be- reich der Gemeinde Burgdorf zu entschärfen und eine raumverträglichere Trassenführung zu er- möglichen. Es liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, die dagegen sprechen würden, dem Vorschlag des Vorhabenträgers bei der Maßnahme von Wahle nach Mecklar zu folgen und den ersten Erdkabelabschnitt mit Blindleistungskompensation bei dieser Maßnahme zu erproben, die der Vorhabenträger zeitnah nach Genehmigung realisieren will. Die Landesregierung setzt sich gegenüber den Vorhabenträgern dafür ein, dass von den Teilerdverkabelungsmöglichkeiten zur Planung möglichst konfliktarmer Trassen bei allen Planungen intensiv Gebrauch gemacht wird. Zu 4: Siehe Antwort zu Frage 3. Zu 5: Es geht bei dem von TenneT vorgeschlagenen überlangen Erdkabelabschnitt ausdrücklich um die erstmalige Erprobung dieser Technik mit integrierter Blindleistungskompensation. Für die Trassen von Wahle nach Mecklar gibt es im EnLAG bereits jetzt die Option zur Teilerdverkabelung. Insoweit geht es hier nicht darum, die Teilerdverkabelungsoption für diese Maßnahme neu einzuführen. Die Landesregierung hält es für erforderlich, auch für alle anderen Drehstromnetzplanungen in Nieder- sachsen die Teilerdverkabelungsoption einzuführen. Inwieweit zukünftig auch mehr als 10 Kilome- ter lange Abschnitte generell ermöglicht werden können, wird ganz wesentlich von den Ergebnis- sen der Erprobung bei der Maßnahme von Wahle nach Mecklar abhängen. An deren zeitnaher Re- alisierung hat die Landesregierung daher ein besonderes Interesse. Zu 6: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die dagegen sprechen würden, bei allen Netz- ausbaumaßnahmen in Niedersachsen die Teilerdverkabelungsoption einzuführen. Sie hält daher unverändert an der Forderung gegenüber der Bundesregierung fest, Teilerdverkabelungsmöglich- keiten auch im vermaschten Drehstromnetz für alle Netzneubaumaßnahmen in Niedersachsen ein- zuführen. Grundsätzlich sollte die gesetzliche Grundlage für den Netzausbau künftig technologieof- fen ausgestaltet werden. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 30.04.2015) Drucksache 17/3392 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3177 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU), eingegangen am 12.03.2015 Sondergenehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums für Verlegung von Erdkabeln im Wahlkreis von Bundesminister Gabriel reiner Zufall? Antwort der Landesregierung