Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3399 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3208 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 05.03.2015 Bedeutung der Energie-Union für Niedersachsen als „Energieland Nummer eins“ Am 25.02.2015 hat die Europäische Kommission das „European Energy Package“ verabschiedet. Mit dieser Rahmenstrategie verfolgt die Kommission unter dem Begriff der „Energie-Union“ das Ziel einer sicheren, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung in Europa. Um dieses Ziel zu erreichen, konzentriert sie sich auf fünf Bereiche: Energiesicherheit, Energiebinnenmarkt. Ener- gieeffizienz, Dekarbonisierung sowie Forschung- und Entwicklung. Ferner beschreibt die Kommis- sion 15 konkrete Aktionspunkte sowie eine „Roadmap for the Energy Union“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie das am 25.02.2015 veröffentlichte „European Energy Package“, im Einzel- nen bezogen auf die Ziele, die fünf Dimensionen, die Aktionspunkte sowie die „Roadmap“? 2. Welche Chancen und Risiken ergeben sich hieraus konkret für Niedersachsen als „Energie- land Nummer eins“? 3. In welcher Weise und mit welchen Positionen beabsichtigt die Landesregierung, sich in die weitere Umsetzung der „Energie-Union“ einzubringen? 4. Welche Schwerpunkte wird sie insoweit setzen? 5. Sieht sie bezüglich der angekündigten LNG-Strategie der Kommission eine Chance, einen LNG-Terminal in Wilhelmshaven zu realisieren? 6. Wenn ja, mit welcher Positionierung wird sie sich insoweit in die Erarbeitung der LNG-Strate- gie einbringen? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.04.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/11-0051 - Ein weiteres Zusammenwachsen der EU im Energiesektor und die Weiterentwicklung des Energie- binnenmarktes zur Energieunion stärken die Versorgungssicherheit im Strom- und Gassektor. Bei- spielsweise wird der Bau von Interkonnektoren (z. B. nach Norwegen) die Strommärkte verknüpfen und die Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt erleichtern. Zudem bieten sich durch die Energieunion Chancen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung auf den Energiemärk- ten, von denen Deutschland und Niedersachsen profitieren kann. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Landesregierung begrüßt die übergeordnete Zielsetzung der EU-Kommission zur Verwirkli- chung einer Energieunion, um so eine sichere, nachhaltige, umweltverträgliche, wettbewerbsfähige und bezahlbare Energieversorgung der Verbraucher in der EU zu gewährleisten. Dies gilt auch in Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3399 2 Bezug auf die Fokussierung der Energieunion auf fünf zentrale Dimensionen (Energiesicherheit, Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Dekarbonisierung und Forschung und Entwicklung). Auf diese Weise werden die für eine effektive und effiziente Umsetzung der übergeordneten Ziel- setzung relevanten Bereiche sinnvoll strukturiert. In Bezug auf die Maßnahmenplanung sieht die Landesregierung allerdings noch einen weiteren Konkretisierungsbedarf. Dies betrifft sowohl die genaue Ausgestaltung und Quantifizierung der Maßnahmen als auch die detaillierte Zeitplanung. Zudem begrüßt die Landesregierung, dass den Staaten keine Vorgaben hinsichtlich des eigenen Strommixes gemacht werden. Das Ziel einer langfristigen Energieversorgung aus 100 % erneuer- baren Quellen, das die Landesregierung verfolgt, ist mit den Zielen der EU-Kommission kompatibel. Die Haltung der EU-Kommission zu Atomenergie und CCS-Technologie teilt die Landesregierung nicht. Zu 2: Die Energieunion bietet erhebliche Chancen für das Energieland Niedersachsen. So würde Nieder- sachsen beispielsweise als heutiges und zukünftiges Stromexportland in besonderer Weise von ei- nem vollständig integrierten Binnenmarkt für Strom profitieren. Im Hinblick auf die Gasvorkommen in Niedersachsen gilt dies gleichfalls auch für den Binnenmarkt für Gas. Als Vorreiter der Energie- wende ist Niedersachsen zudem ein Standort für zentrale Zukunftstechnologien einer dekarboni- sierten Industriegesellschaft. Mit der avisierten Dekarbonisierung der Energieunion werden auch in diesem Bereich die Exportpotenziale noch weiter zunehmen. Die skizzierten Punkte unterstreichen die Potenziale aber auch die Notwendigkeit der ehrgeizigen Energie- und Klimaschutzagenda der Landesregierung. Zu 3: Die nationale und die europäische Diskussion über Versorgungssicherheit im Strom- und Gassek- tor können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. In beiden Sektoren favorisiert die Lan- desregierung Lösungen zur Sicherung der Versorgungssicherheit, die auf Marktprozesse aufbauen und die Akteure stärker in die Verantwortung nehmen. Für den Stromsektor hat die Landesregie- rung dies in ihrer Stellungnahme zum Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ des Bun- desministeriums für Wirtschaft und Energie ausgeführt. Die Landesregierung favorisiert einen EOM 2.0 (Energy-only-Market), der um eine Kapazitätsreserve ergänzt wird, in die bevorzugt Kraftwerke mit hohen Treibhausgasemissionen wechseln sollen. Da von nationalen Kapazitätsme- chanismen Wechselwirkungen mit den Regelungen der elektrischen Nachbarn ausgehen, drängt die Landesregierung darauf, dass die deutschen und europäischen Regelungen mit dem Binnen- markt und dem Wettbewerbsrecht in Einklang stehen. Um die Versorgungssicherheit im Gassektor auch in Krisenfällen und bei Lieferengpässen zu ge- währleisten, setzt die Landesregierung zudem auf eine Stärkung der Fernleitungsnetzbetreiber ge- genüber Speicherbetreibern, sodass diese mehr Möglichkeiten erhalten, die Sicherheit der Versor- gung zu realisieren. Zudem unterstützt die Landesregierung das Vorhaben die Energieimporte in die EU drastisch zu reduzieren, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und eine weitere Diversifizie- rung bei den Erdgaslieferanten zu erreichen. Die Landesregierung wird diese Positionen weiter in Konsultationsprozesse, Ministerkonferenzen und auf andere geeignete Weise in den politischen Entscheidungsprozess einbringen. Zu 4: Ziel der Landesregierung ist eine sichere, klima- und umweltverträgliche sowie bezahlbare Ener- gieversorgung. Zudem verfolgt sie das Ziel einer Energieversorgung, die langfristig aus 100 % er- neuerbaren Energien gespeist wird. Entsprechend wird sie ihre Schwerpunkte nicht nur in der nati- onalen, sondern auch in der europäischen Debatte setzen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3399 3 Zu 5 und 6: Die LNG-Strategie der EU soll die Erdgasversorgung der EU auf eine breitere Basis stellen und insbesondere die Versorgungssicherheit der baltischen Staaten erhöhen und die Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus Russland reduzieren. Derzeit sind große LNG-Anlandekapazitäten beispielsweise in den Rheinmündungshäfen oder dem Vereinigten Königreich nicht vollständig ausgelastet, die jedoch gut an das deutsche Fernleitungs- netz angebunden sind. Ein marktgetriebener Bau eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven ist bisher nicht erfolgt und wird bei der derzeitigen Marktsituation von der Landesregierung nicht erwartet. Auch ist ein LNG-Terminal in Wilhelmshaven zur sicheren Versorgung Deutschlands derzeit nicht erforderlich. Gleichwohl wird die Landesregierung die Option für den Bau eines Terminals in Wil- helmshaven weiter offenhalten. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 04.05.2015) Drucksache 17/3399 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3208 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 05.03.2015 Bedeutung der Energie-Union für Niedersachsen als „Energieland Nummer eins“ Antwort der Landesregierung