Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3587 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3367 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe, Jörg Bode, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 16.04.2015 Wie objektiv und fair ist das Besetzungsverfahren für die Stelle des Präsidenten des OLG Braunschweig? Laut Mitteilung des rundblick vom 15.04.2015 hat das Kabinett am 14.04.2015 beschlossen, Herrn Staatssekretär Scheibel zum Präsidenten des OLG Braunschweig zu ernennen. Vor dem Hinter- grund, dass er nach dem Willen des Kabinettes somit als ranghöchster niedersächsischer Justiz- beamter eine ihm im Bereich Justizverwaltung nachgeordnete Stelle einnehmen soll, besteht die Sorge, dass Zweifel an der Objektivität des Verfahrens aufkommen, die das Ansehen der nieder- sächsischen Justiz beeinträchtigen könnten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie oft ist es in Niedersachsen bisher vorgekommen, dass sich ein amtierender Amtschef des Justizministeriums um die Stelle des Präsidenten eines niedersächsischen Gerichts beworben hat? 2. Wie oft ist es vorgekommen, dass ein amtierender Amtschef des Justizministeriums durch das Landeskabinett zu einem Präsidenten eines niedersächsischen Gerichts ernannt worden ist? 3. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Position des Präsidenten des OLG Braunschweig wahrnehmen zu können? 4. Wann und mit welchem Text ist die Stelle in welcher Form ausgeschrieben worden? 5. Wann hat Staatssekretär Scheibel Frau Ministerin Niewisch-Lennartz in welcher Form über seine Absicht, sich auf die Stelle zu bewerben, informiert? 6. Welche Regierungsmitglieder wurden zu welchem Zeitpunkt durch wen über die Bewerbung von Herrn Staatssekretär Scheibel informiert? 7. Wurde die beabsichtigte bzw. erfolgte Bewerbung von Herrn Staatssekretär Scheibel mit der Staatskanzlei erörtert? Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt? 8. Wer hat die Stellenausschreibung gefertigt, und wer hat sie wann abschließend freigegeben? 9. Welche Ministerien und welche Mitarbeiter der Landesverwaltung (Dienstbezeichnung ohne Namensnennung ausreichend) waren mit der Ausschreibung konkret befasst? 10. Wann und in welcher konkreten Weise war, ist und wird Staatssekretär Scheibel mit der Stel- lenausschreibung sowie mit dem Stellenbesetzungsverfahren befasst? 11. Wer hat die Beurteilung von Herrn Staatssekretär Scheibel für welchen Zeitraum wann vorge- nommen? 12. Wer beurteilt die fachliche Qualifikation von Herrn Staatssekretär Scheibel bezüglich der va- kanten Führungsposition beim OLG Braunschweig? 13. Wie viele weitere Bewerber haben sich um die Stelle beworben? 14. Wie sieht der weitere Verfahrensgang im Einzelnen aus? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3587 2 15. Hält die Landesregierung für den Wechsel von Führungspersonen aus der Justizverwaltung in die Gerichtsbarkeit sogenannte Karenzzeiten, wie sie für den Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft gefordert werden, für erforderlich? a) Wenn ja, in welchem Umfang? b) Wenn nein, warum nicht? 16. Wie ist die Stelle des Präsidenten des OLG Braunschweig besoldet? 17. Welche Auswirkungen hätte die Ernennung von Herrn Staatssekretär Scheibel auf seine Be- soldung als Präsident des OLG Braunschweig? 18. Wie beabsichtigt die Landesregierung sicherzustellen, dass nicht einmal der Anschein man- gelnder Objektivität und Fairness bei dem Besetzungsverfahren aufkommt? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.04.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 27.05.2015 - 2008/1 – 7/15 - Die Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig ist ein mit der Besoldungsgruppe R 8 der Anlage 1 zu § 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes be- wertetes Amt, das die Befähigung zum Richteramt voraussetzt. Die Auswahlentscheidung ist nach dem Grundsatz der Bestenauslese des Artikels 33 Abs. 2 GG auf der Grundlage der für die Bewer- ber durch die jeweiligen Dienstvorgesetzten erstellten Beurteilungen erfolgt. Der Präsidialrat der Niedersächsischen Justiz und das Kabinett wurden beteiligt und haben der Auswahlentscheidung jeweils zugestimmt. Den zwei weiteren Mitbewerbern wurde Gelegenheit zur Akteneinsicht gege- ben. Sie haben auf eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung verzichtet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Rückkehr bzw. der Wechsel aus Spitzenpositionen des Justizministeriums in den Geschäftsbe- reich der Justiz ist kein Einzelfall, sondern beruht im Rahmen erwünschter Personalentwicklung der Führungskräfte der Justiz auf einer tradierten Praxis. So sind schon in der Vergangenheit nahezu alle Präsidentenstellen der obersten Landesgerichte und die Positionen der Generalstaatsanwälte nach vorausgegangener Qualifizierung und Erprobung in ministeriellen Spitzenämtern besetzt wor- den. Eine Bewerbung eines amtierenden Amtschefs des Justizministeriums um die Stelle des Prä- sidenten eines niedersächsischen Gerichts ist nicht bekannt. Zu 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Zu 3: Siehe Vorbemerkung. Zu 4: Die Stelle wurde am 15. Dezember 2014 in dem hierfür vorgesehenen Veröffentlichungsblatt, der Niedersächsischen Rechtspflege, ausgeschrieben (Nds. Rpfl. S. 349). Der Ausschreibungstext in der Niedersächsischen Rechtspflege lautete wie folgt: „Stellenausschreibungen … Für folgende Stellenausschreibungen wird Bewerbungen bis zum 10. Januar 2015 auf dem Dienstweg entge- gengesehen. Die Stellen sind grundsätzlich auch teilzeitgeeignet. Im Hinblick auf die aktuelle per- sonalwirtschaftliche Situation bleibt nach Kenntnis des Bewerberfeldes vorbehalten, das Auswahl- verfahren auf niedersächsische Bewerberinnen und Bewerber zu beschränken: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3587 3 I. Planstellen *Präsidentin oder Präsident des Oberlandesgerichts (BesGr. R 8) bei dem OLG Braunschweig; …“ Die Stellenausschreibung enthielt folgenden zusätzlich Hinweis: „Soweit sich die folgenden Stellen für eine Besetzung mit schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern eignen, werden diese Bewerberinnen und Bewerber bei sonst gleicher Eignung bevor- zugt berücksichtigt. Die Landesregierung ist bestrebt, Frauen und Männern eine gleiche Stellung in der öffentlichen Verwaltung zu verschaffen und Unterrepräsentanz von Frauen oder Männern in den einzelnen Ver- gütungs-, Besoldungs- und Entgeltgruppen auszugleichen.“ Zu 5: Herr Staatssekretär Scheibel hat die Justizministerin bereits Ende letzten Jahres im Rahmen der gemeinsamen vertrauensvollen Zusammenarbeit darüber informiert, dass er sich aus persönlichen Gründen mit der Überlegung trage, sich um die frei werdende Stelle des Präsidenten des Oberlan- desgerichts Braunschweig zu bewerben. Die Entscheidung für eine Bewerbung ist dann erst mit Abgabe der Bewerbung Mitte Januar gefallen und mit einer entsprechenden Information der Jus- tizministerin verbunden worden. Zu 6: Der Ministerpräsident und die Regierungssprecherin sind über die Bewerbung und die ihr zugrunde liegende persönliche Motivation kurz vor der Abgabe der Bewerbung informiert worden. Zu 7: Nein. Siehe im Übrigen Antwort zu Frage 6. Zu 8: Der Ausschreibungstext wurde nach Vorbereitung durch die Sachbearbeiterebene und durch die zuständigen Referatsleitungen am 20. November 2014 von der Leitung der Abteilung I des Justiz- ministeriums gezeichnet. Zu 9: Siehe Antwort zu Frage 8. Zu 10: Herr Staatssekretär Scheibel war nicht an der Stellenausschreibung und selbstverständlich auch nicht an dem Besetzungsverfahren beteiligt. Zu 11: Die Justizministerin hat Herrn Staatssekretär Scheibel am 17. Februar 2014 für den Zeitraum seit dem 19. Februar 2013 beurteilt. Zu 12: Siehe Antwort zu Frage 11. Zu 13: Zwei. Zu 14: Siehe Vorbemerkung. Zu 15 a: Entfällt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3587 4 Zu 15 b: Die Frage einer Karenzzeit stellt sich für Herrn Staatssekretär Scheibel durch den Wechsel in eine geringere Besoldungsgruppe (siehe auch Antwort zu Frage 17) nicht. Eine Karenzzeit würde im Üb- rigen unabhängig davon dem Gebot der Bestenauslese des Artikels 33 Abs. 2 GG widersprechen. Zu 16: Die Stelle des Präsidenten des OLG Braunschweig ist ein nach der Besoldungsgruppe R 8 der An- lage 1 zu § 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes bewertetes Amt. Zu 17: Herr Staatssekretär Scheibel ist unter Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in das Richterver- hältnis auf Lebenszeit zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig berufen worden und wechselt zum 01.06.2015 von der Besoldungsgruppe B 9 in die geringere Besoldungsgruppe R 8. ZU 18: Siehe Vorbemerkung. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 08.06.2015) Drucksache 17/3587 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3367 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe, Jörg Bode, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 16.04.2015 Wie objektiv und fair ist das Besetzungsverfahren für die Stelle des Präsidenten des OLG Braunschweig? Antwort der Landesregierung