Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3590 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3398 - Ist die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit ein „Flaschenhals“ bei der Entscheidung in Asylverfahren? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Editha Lorberg, Ansgar Focke und Thomas Adasch (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 28.04.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 04.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 27.05.2015, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtete am 21.02.2015 unter dem Titel „Gerichte ächzen unter gestiegener Zahl der Asylverfahren“ über die Mehrbelastung der Justiz im Zusammenhang mit Asylverfahren. So habe sich die Zahl der asylrechtlichen Hauptverfahren im Jahr 2014 um fast 2 000 Fälle auf 4 412 Fälle erhöht. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gab der NOZ an, dass zwölf Richter- und acht Verwal- tungsstellen fehlten, um die Klageflut zu bewältigen. Innenminister Pistorius sagte laut der Internetausgabe der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 27.02.2015 im Anschluss an den von ihm ausgerichteten „Flüchtlingsgipfel“, das größte Problem sei derzeit der „Flaschenhals“ bei der Bearbeitung der Asylbewerberfälle. Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu wenig Personal habe, blieben jährlich mindestens 150 000 Fälle unbearbeitet liegen. Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz sagte auf dem Landesparteitag der niedersächsischen Grünen in Stade laut Welt vom 23.02.2015, Niedersachsen brauche Verwaltungsrichter, die sich für die Untersuchung der Asylanträge genug Zeit lassen könnten. Vorbemerkung der Landesregierung Grundlage für die vorliegenden statistischen Angaben ist die bundeseinheitliche Anordnung über die Erhebung von statischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die hiernach erhobenen Da- ten werden quartalsweise vom Landesamt für Statistik Niedersachsen ausgewertet. Die nachste- henden Zahlen sind mit Ausnahme der Personalzahlen den entsprechenden Auswertungstabellen entnommen. 1. Wie viele asylrechtliche Hauptverfahren sind gegenwärtig jeweils an den einzelnen nie- dersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig? Am 31.03.2015 waren bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 563 198 1 062 600 739 317 517 3 996 asylrechtliche Hauptverfahren anhängig. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3590 2 2. Wie viele asylrechtliche Eilverfahren sind gegenwärtig jeweils an den einzelnen nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten anhängig? Am 31.03.2015 waren bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 53 4 63 29 42 31 16 238 asylrechtliche Eilverfahren anhängig. 3. Wie hoch war der Stand der asylrechtlichen Hauptverfahren an den einzelnen nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten zum 31.12.2013? Am 31.12.2013 waren bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 316 131 622 322 376 264 291 2 322 asylrechtliche Hauptverfahren anhängig. 4. Wie hoch war der Stand der asylrechtlichen Hauptverfahren an den einzelnen nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten zum 31.12.2014? Am 31.12.2014 waren bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 485 161 884 539 658 274 460 3 461 asylrechtliche Hauptverfahren anhängig. 5. Wie viele asylrechtliche Hauptverfahren wurden im Jahr 2014 an den einzelnen nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten abgeschlossen? Im Jahr 2014 wurden an den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 485 176 769 512 525 414 395 3 276 asylrechtliche Hauptverfahren abgeschlossen. 6. Wie viele asylrechtliche Eilverfahren wurden im Jahr 2014 an den einzelnen nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten abgeschlossen, und in wie vielen Fällen wurde an den einzelnen Verwaltungsgerichten die aufschiebende Wirkung angeordnet? Im Jahr 2014 wurden an den niedersächsischen Verwaltungsgerichten Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 508 156 687 562 705 326 470 3 414 asylrechtliche Eilverfahren abgeschlossen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3590 3 Nach der Anordnung über die Erhebung von statischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird nicht ermittelt, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet wurde. Mit asylrechtlichen Eilverfah- ren wird aber nahezu ausnahmslos die aufschiebende Wirkung angestrebt. Daher entsprechen die mit Stattgabe beendeten Verfahren im Wesentlichen denen mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Von den an den niedersächsischen Verwaltungsgerichten 2014 abgeschlossenen Eilverfahren en- deten a) mit Stattgabe: Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 158 27 148 23 56 10 32 454 b) mit teilweiser Stattgabe: Braunschweig Göttingen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 3 2 2 1 0 1 0 9 Eine genaue Feststellung würde die sehr aufwändige manuelle Prüfung aller 3 414 erledigten asyl- rechtlichen Eilverfahren erfordern. 7. Wie viele Richter- und Verwaltungsstellen sind an den einzelnen Verwaltungsgerichten Niedersachsens mit Asylsachen zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 befasst gewesen? In den nach bundeseinheitlichen Vorgaben zusammengestellten Personalübersichten wird der durchschnittliche Personaleinsatz in Asylsachen jährlich in Arbeitskraftanteilen ermittelt. Dieser hat an den niedersächsischen Verwaltungsgerichten betragen: Braun- schweig Göttin- gen Hannover Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 2012 5,19 1,29 4,09 0,79 3,70 1,30 1,33 17,69 2013 3,97 1,75 4,17 1,25 4,87 1,56 1,52 19,09 2014 5,46 2,62 6,85 4,09 5,56 2,08 4,12 30,78. 8. Wie viele Fälle in Asylsachen entfielen statistisch auf die mit Asylsachen befassten Richter- und Verwaltungsstellen zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014? Im Jahr 2012 entfielen 157, im Jahr 2013 187 und im Jahr 2014 259 Verfahren auf die in Asylver- fahren durchschnittlich eingesetzten Richter-Arbeitskraftanteile. 9. Wie lang ist die durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylsachen in den Jahren 2012, 2013 und 2014? Die durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylrechts-Hauptverfahren hat 2012 10,9, 2013 10,1 und 2014 9,2 Monate, in Asylrechts-Eilverfahren 2012 0,5, 2013 0,6 und 2014 0,8 Monate betragen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3590 4 10. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2012, 2013 und 2014 asylrechtliche Eilverfah- ren an den einzelnen Verwaltungsgerichten Niedersachsens stattgegeben? Die Anzahl der Stattgaben bei den abgeschlossenen asylrechtlichen Eilverfahren an den nieder- sächsischen Verwaltungsgerichten hat betragen: Braun- schweig Göttin- gen Hanno- ver Lüneburg Oldenburg (Oldenb.) Osnabrück Stade Niedersachsen 2012 36 9 13 3 8 5 7 81 2013 36 10 31 17 15 10 7 126 2014 158 27 148 23 56 10 32 454 11. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2012, 2013 und 2014 asylrechtliche Eilverfah- ren an den einzelnen Verwaltungsgerichten Niedersachsens stattgegeben, wenn der Antragsteller aus den Ländern Serbien, Albanien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Ma- zedonien, Montenegro und Nigeria stammte (Antwort bitte in Form einer Tabelle)? Nach der Anordnung über die Erhebung von statischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit werden die Antragsteller nicht nach Herkunftsländern ermittelt. Eine Differenzierung nach Her- kunftsländern im Wege einer Sonderauswertung wäre systemgestützt nur in Bezug auf die Verfah- renseingänge möglich. Auf die Antwort zu der Mündlichen Anfrage „Wie laufen die Asylschnellverfahren für Asylbewerber vom Balkan“ im Maiplenum (Frage 31 der Drs. 17/3435) nehme ich Bezug. Die vorstehende Frage nach stattgebenden Entscheidungen könnte hingegen nur mit einer sehr aufwändigen manuellen Prüfung der Einzelakten beantwortet werden. 12. Plant die Landesregierung zusätzliche Richter- oder Verwaltungsstellen für die Bearbei- tung von Asylsachen ein? Die Landesregierung beabsichtigt, die Verwaltungsgerichte aus Anlass der Zunahme der Asylver- fahren sowohl im Richterdienst als auch in der mittleren Beschäftigungsebene zu verstärken. Kon- krete Festlegungen sollen mit dem Beschluss der Landesregierung über den Haushaltsplanentwurf 2016 und die Mittelfristige Planung 2015 bis 2019 getroffen werden. Bereits in diesem Jahr sind der Verwaltungsgerichtsbarkeit drei zusätzliche Richterstellen zur Be- darfsabdeckung zugelegt worden. Weitere unterstützende Maßnahmen - etwa durch Verlagerun- gen aus anderen Geschäftsbereichen im Rahmen der Haushaltsführung - sind denkbar, wenn so- weit die Akutmaßnahmen nicht ausreichen sollten. (Ausgegeben am 08.06.2015) Drucksache 17/3590 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3398 - Ist die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit ein „Flaschenhals“ bei der Entscheidung in Asylverfahren? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Editha Lorberg, Ansgar Focke und Thomas Adasch (CDU) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums