Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3619 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3335 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU), eingegangen am 15.04.2015 Mögliche Ausweisung der Flächen in der Leda-Jümme-Niederung als EU-Vogelschutzgebiet Laut einem Bericht der Naturschutzorganisation BirdLife International (internationale Partnerorgani- sation des NABU) aus dem November 2014 liegt für 356 der weltweit 12 000 wertvollsten Gebiete für Vögel und Artenvielfalt eine akute Gefährdung vor. Neben vier weiteren Gebieten in Deutsch- land sei auch die 10 500 ha große Leda-Jümme-Niederung betroffen. Wie die Organisation zu die- sem Befund kam, ist nicht ersichtlich. Als Reaktion auf den Bericht hatte der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) das Land Nie- dersachsen öffentlich dazu aufgefordert, die Flächen der Leda-Jümme-Niederung nachträglich als EU-Vogelschutzgebiet zu melden. Das Land Niedersachsen hat Presseberichten zufolge auf diese Forderung reagiert und lässt prüfen, ob eine Nachmeldung der Leda-Jümme-Niederung als EU-Vo- gelschutzgebiet erforderlich ist. Dazu erklärte Umweltstaatssekretärin Almuth Kottwitz am 20. Februar 2015 jedoch im Rahmen ei- ner Veranstaltung zum Masterplan Ems in Leer, es handele sich um „eine Forderung des NABU, die sich die Landesregierung nicht zu eigen macht“. Im Gebiet der Leda-Jümme-Niederung befinden sich ca. 200 landwirtschaftliche Familienbetriebe. Zahlreiche der dort lebenden Landwirte haben hohe Summen in die Bewirtschaftung der Flächen investiert und fürchten nun Wertverluste. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Werden seitens der Landesregierung Überlegungen angestellt, die Leda-Jümme-Niederung im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung des Aper Tiefs zu betrachten und ebenfalls unter Schutz zu stellen? a) Wenn ja, welcher Art sind diese Überlegungen? b) In welchem Zusammenhang und mit welchem Hintergrund? 2. Hat die Aussage von Umweltstaatssekretärin Almuth Kottwitz dauerhaft Bestand, und plant die Landesregierung damit also nicht, die Leda-Jümme-Niederung mit einem höheren Schutz- status zu versehen? 3. Für den Fall, dass das Umweltministerium nicht beabsichtigt, innerhalb des Gebietes der Leda-Jümme-Niederung oder des gesamten Leda-Jümme-Gebietes zu Neuausweisungen von Vogelschutzgebieten oder zu einer Veränderung der Schutzgebietskulissen für den Vo- gelschutz zu kommen, frage ich die Landesregierung: Mit welchem Ziel nimmt das NLWKN dort aktuell eine Überprüfung der Forderungen des NABU und somit des Vogelschutzstatus bzw. des Schutzstatus der Fläche vor? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.04.2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3619 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 01.06.2015 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MinBüro-01425/17/7/01-0069 - Die im östlichen Landkreis Leer gelegene Leda-Jümme-Niederung stellt eine offene, weiträumige Landschaft dar, die insgesamt nur dünn besiedelt ist. Die von zahlreichen Gewässern durchgezo- gene Niederung wird vor allem durch Grünlandnutzung geprägt. Durch historische Berichte ist be- legt, dass die Leda-Jümme-Niederung bis in die 1950er-Jahre hinein zu den bedeutendsten Was- ser- und Watvogelgebieten Norddeutschlands zählte. Ursächlich für den Wasser- und Watvogel- reichtum waren vor allem hohe Grundwasserstände und temporäre Überflutungen, die auch nur ei- ne extensive landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes ermöglichten. Mit der Inbetriebnahme des Leda-Sperrwerks im Jahr 1954 sowie weiteren Hochwasserschutzmaßnahmen in den folgenden Jahrzehnten gehörten winterliche Überschwemmungen jedoch der Vergangenheit an. Mit den sich daraus ergebenden Möglichkeiten einer verbesserten landwirtschaftlichen Nutzung vollzog sich ein Intensivierungsschub, der tiefgreifende Auswirkungen auf Flora und Fauna hatte. Ab den 1990er- Jahren setzten verstärkt Bemühungen ein, in Verbindung mit dem Hochwasserschutz das Gebiet der Leda-Jümme-Niederung auch naturschutzfachlich wieder aufzuwerten. So erfolgten Rückdei- chungen an der Jümme bei Eikehörn und an der Leda bei Potshausen. Im Holter Hammrich konn- ten in Verbindung mit der Schaffung eines Hochwasserrückhaltebeckens großflächige Renaturie- rungsmaßnahmen umgesetzt werden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Beim Aper Tief handelt es sich um ein tide-beeinflusstes Fließgewässer in den Landkreisen Am- merland und Leer. Entlang seines Laufes befinden sich zwei Naturschutzgebiete und ein Land- schaftsschutzgebiet, die in die Zuständigkeit des Landkreises Ammerland fallen. Das ca. 75 ha große Naturschutzgebiet Aper Tief wurde bereits 1994 durch die damalige Bezirksregierung Weser- Ems ausgewiesen. Das Naturschutzgebiet Vreschen-Bokel ist mit einer Fläche von ca. 104 ha im Jahr 2008 durch den Landkreis Ammerland ausgewiesen worden. Im gleichen Jahr hat der Land- kreis Ammerland angrenzend an dieses Naturschutzgebiet ein Landschaftsschutzgebiet mit glei- chem Namen und einer Fläche von ca. 126 ha errichtet. Die vorgenannten Schutzgebiete sind nicht Bestandteil des europäischen NATURA 2000-Netzes. Es handelt sich also bei diesen Gebieten weder um EU-Vogelschutzgebiete noch um FFH-Gebiete. Für die Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten sind in Niedersachsen die unteren Naturschutzbehörden zuständig. Im Falle der Leda-Jümme-Niederung ist dies die untere Natur- schutzbehörde des Landkreises Leer. Der Landkreis Leer hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass aktuell keine Überlegungen bestehen die Leda-Jümme-Niederung als Schutzgebiet auszuweisen. Der Leda-Jümme-Raum ist als Vorranggebiet für Grünlandbewirtschaftung, -pflege und -entwicklung im Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Leer 2006 ausgewiesen. Zu 2: Die EU-Kommission hat das Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Meldung von EU-Vogelschutzgebieten eingestellt. Die EU steht auf dem grundsätzlichen Standpunkt, dass der Aufbau der Schutzkulisse abgeschlossen ist. Die Forderung, das Gebiet der Leda-Jümme-Niederung als EU-Vogelschutzgebiet zu melden, wird seit vielen Jahren von verschiedenen Naturschutzorganisationen erhoben. Auch ist bereits mehr- fach eine Prüfung dieser Forderung durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirt- schaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erfolgt. Die letztmalige Prüfung im Jahr 2007 erbrachte Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3619 3 ein negatives Ergebnis. Das Gebiet gehörte damals nicht zu den am besten geeigneten Vogelbrut- gebieten, sodass von einer (Nach-)Meldung abgesehen wurde. Anlass der erneuten Prüfung ist die Listung der Leda-Jümme-Niederung als international bedrohtes Vogelbrut- und Rastgebiet durch die internationale Naturschutzorganisation BirdLife International und die damit verbundene erneute Forderung von Naturschutzverbänden das Gebiet nachzumel- den. Zu 3: Die derzeitige Prüfung der naturschutzfachlichen Wertigkeit der Leda-Jümme-Niederung durch den NLWKN erfolgt ausschließlich auf der Basis bereits vorhandener Daten. Kartierungen vor Ort finden aktuell nicht statt. Ob nach Abschluss der naturschutzfachlichen Prüfung gegebenenfalls noch klä- rende Kartierungen notwendig sein werden, kann derzeit nicht prognostiziert werden. Stefan Wenzel (Ausgegeben am ) (Ausgegeben am ) Drucksache 17/3619 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3335 - Wortlaut der Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU), eingegangen am 15.04.2015 Mögliche Ausweisung der Flächen in der Leda-Jümme-Niederung als EU-Vogelschutzgebiet Antwort der Landesregierung