Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3663 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3411 - Streik von Erziehern Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 28.04.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 06.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 09.06.2015, gezeichnet Peter-Jürgen Schneider Vorbemerkung der Abgeordneten Aktuell streiken Kinderpfleger, Erzieher und Sozialarbeiter in niedersächsischen Einrichtungen. Die Gewerkschaft ver.di fordert höhere Eingruppierungen. Beispielsweise sollen Kinderpfleger von der Entgeltgruppe 3 in die Entgeltgruppe 5 aufrücken und Kita-Leiter von 7 auf 11. Die Gewerkschaft ver.di gibt an, dass dies einer Einkommenserhöhung von etwa 10 % entspricht. Vorbemerkung der Landesregierung Am 27. Juli 2009 wurde zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) - dem Spitzenverband der insgesamt 16 kommunalen Arbeitgeberverbände - und den Gewerkschaf- ten des öffentlichen Dienstes ein Tarifvertrag im Vorgriff auf eine Entgeltordnung für die Tarifbe- schäftigten bei den kommunalen Arbeitgebern geschlossen. Inhaltlich regelt diese Vereinbarung die Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erzie- hungsdienst der Kommunen. Die danach zugrunde liegende Entgeltordnung beinhaltet insgesamt 17 Entgeltgruppen (S 2 bis S 18) mit jeweils sechs Stufen. Die Tabellenentgelte bewegen sich gegenwärtig zwischen 1 960 Euro (S 2 Stufe 1) und 5 197 Euro (S 18 Stufe 6). Die Eingruppierungsregelungen reichen von Beschäftigten in der Tätigkeit von Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern mit staatlicher Aner- kennung über Leitungen von Kindertagesstätten und Erziehungsheimen (mit bis zu 180 Plätzen) bis zu Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, deren Tätigkeiten durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung sowie besondere Verantwortung geprägt ist. Diese Entgeltordnung wurde seitens der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes zum 31. De- zember 2014 gekündigt. Die Forderungen für die Tarifverhandlungen mit der VKA beinhalten im Wesentlichen eine Anhebung der Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungs- dienst um in der Regel zwei bis vier Entgeltgruppen und sonstige strukturelle Änderungen, die ebenfalls zu höheren Eingruppierungen führen. Nach insgesamt fünf Verhandlungsrunden ohne Ergebnis kam es am 21. April 2015 zum Abbruch der Tarifgespräche, und nach entsprechenden Urabstimmungen erklärten die Gewerkschaften die Tarifverhandlungen für gescheitert. Seit Anfang Mai 2015 werden unbefristete Arbeitskampfmaßnahmen durchgeführt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3663 2 1. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuellen oben genannten Forderungen, und hält sie diese für berechtigt? Es handelt sich um eine tarifliche Auseinandersetzung ausschließlich zwischen den Tarifvertrags- parteien VKA und den Gewerkschaften ver.di, diese zugleich handelnd für die GEW und die dbb-tarifunion. Eine inhaltliche Stellungnahme zu den Forderungen der Gewerkschaften wird die Landesregierung deshalb nicht abgeben. Auch die staatliche Neutralitätspflicht als Ausfluss der Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Abs. 3 GG schließt nach Auffassung der Landesregierung eine in- haltliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen Positionen der Tarifvertragsparteien im parlamen- tarischen Raum aus. 2. Welche Kosten würden nach dem aktuellen Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) und den dazugehörigen Finanzhilferegelungen dem Land Niedersachsen, den Kommunen und den Eltern entstehen, wenn die Forderungen umgesetzt würden? Nach der aktuellen Fassung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) vom 7. Februar 2002 (Nds. GVBl. Nr. 6/2002 S. 57 ff.), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2014 (Nds. GVBl. Nr. 27/2014 S. 477 ff.) gewährt das Land eine pauschalierte Finanzhilfe in Höhe von 20 % der Personalausgaben für Fachkräfte in Kindergarten- und Hortgrup- pen. Für Krippengruppen und kleine Kindertagesstätten, in denen ausschließlich Kinder unter drei Jah- ren betreut werden, gewährt das Land als Zuschuss zu den Personalausgaben und den zur Be- treuung erforderlichen Sachausgaben eine Finanzhilfe in Höhe von 52 % zu den Personalausga- ben. Für Kinder in altersübergreifenden Gruppen und altersgemischten Gruppen, die am 1. März des jeweiligen Jahres noch nicht drei Jahre alt sind, wird der Finanzhilfesatz in Höhe von 20 % um 2,5 % je Kind erhöht. Der Finanzhilfebeitrag ergibt sich aus den vertraglich zu erbringenden regelmäßigen Wochenar- beitsstunden der vorgesehenen Fach- und Betreuungskräfte während eines Jahres (Jahreswo- chenstunden) multipliziert mit einer für jedes Kindergartenjahr zu ermittelnden Finanzhilfepauscha- le. Die Finanzhilfepauschale ergibt sich aus den vorgenannten Finanzhilfesätzen (20 % oder 52 %) multipliziert mit einer nach Qualifikation gestaffelten Jahreswochenstundenpauschale. Für eine dritte regelmäßig tätige Fach- oder Betreuungskraft nach § 4 Abs. 4 Satz 1 KiTaG gewährt das Land abweichend von den vorstehend dargestellten Grundsätzen eine Finanzhilfe in Höhe von 100 % der Jahreswochenstundenpauschale einer sonstigen Fach- und Betreuungskraft. Die Fi- nanzhilfe wird für die vertraglich zu erbringenden Wochenarbeitsstunden, höchstens jedoch für die Betreuungszeit der Krippengruppe, nicht aber für mehr als 20 Stunden (Höchststundenzahl) wö- chentlich je Krippengruppe gewährt. Die Höchststundenzahl erhöht sich ab dem Kindergartenjahr 2016/2017 jährlich um drei Stunden; ab dem 1. August 2020 wird die Finanzhilfe ohne Beschrän- kung auf eine Höchststundenzahl gewährt. Die Finanzhilfe des Landes wird also unabhängig von der tatsächlichen Eingruppierung und Vergü- tung der Fach- und Betreuungskräfte als pauschaler Zuschuss gezahlt. Daten über Eingruppierun- gen und Vergütungen werden nicht erhoben. Auswirkungen auf die Finanzhilfeleistungen des Landes würden sich somit bei Umsetzung der For- derungen nicht ergeben. Daten für eventuelle Mehrkosten der Eltern bei Umsetzung der Forderungen liegen der Landesre- gierung nicht vor. Die in der Vorbemerkung genannten Tarifvertragsparteien verhandeln bundesweit für rund 220 000 Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in kommunalen Einrich- tungen. Nach Informationen der VKA (Quelle: Tarifinfo der VKA Sozial- und Erziehungsdienst Nr. 3/2015 vom 24. Februar 2015) sind innerhalb des bei den Kommunen beschäftigten Sozial- und Erziehungsdienstes die Erzieherinnen und Erzieher mit 55 % die größte Gruppe. Die Forderungen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3663 3 der Gewerkschaften nach einer Anhebung der Eingruppierung um bis zu vier Entgeltgruppen für diese Beschäftigtengruppe beziffert die VKA mit Mehrkosten von rund einer halben Milliarde Euro jährlich bundesweit. Insgesamt dürften deshalb die Mehrkosten bei Realisierung der Gewerk- schaftsforderungen nach den Berechnungen der VKA bundesweit bei bis zu rund 1 Milliarde Euro jährlich liegen. Prozentual berechnet die VKA die Forderungen der Gewerkschaften mit Mehrkosten von rund 21 %, die Gewerkschaften ermitteln für ihre Forderungen ein Volumen an Mehrkosten von rund 10 %. Verlässliches Material, wieviel an Mehrkosten davon auf die niedersächsischen Kommunen entfal- len, liegt der Landesregierung nicht vor. 3. Welche Kosten würden für das Land Niedersachsen entstehen, wenn es die Gesamt- kosten der Forderungen übernehmen würde? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. (Ausgegeben am 17.06.2015) Drucksache 17/3663 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3411 - Streik von Erziehern Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 28.04.2015 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums