Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3686 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3473 - Eigenverantwortung der Lehrkräfte oder ideologische Steuerung der Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Christian Grascha (FDP) an die Landesre- gierung, eingegangen am 07.05.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 07.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 15.06.2015, gezeichnet In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann Vorbemerkung der Abgeordneten Laut Medieninformationen hat die Landesregierung die Kooperation von Schulen mit Energieunter- nehmen in Niedersachsen untersagt. Auf die Frage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Hans- Heinrich Ehlen und Kai Seefried (CDU) zur Verwendung des Fleischatlasses der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung im Unterricht hatte die Landesregierung ausgeführt: „Die Schulen bzw. die Lehrkräfte sind nach § 32 NSchG bei der Planung, Durchführung und Aus- wertung des Unterrichts eigenverantwortlich. Demzufolge entscheiden sie auch über die Verwen- dung des o. a. Fleischatlasses im Unterricht und über den Umgang mit ihm, denn der Fleischatlas ist kein durch die Lehrpläne verbindlich geforderter Inhalt des Unterrichts. Insofern wird für die auf dem Markt befindlichen Materialien keine Bewertung vorgenommen.“ Vorbemerkung der Landesregierung Schulen können im Rahmen ihrer Eigenverantwortung nach § 32 des Niedersächsischen Schulge- setzes (NSchG) mit außerschulischen Partnern kooperieren. Sie sind nach § 32 Abs. 1 NSchG „im Rahmen der staatlichen Verantwortung und der Rechts- und Verwaltungsvorschriften eigenverant- wortlich in Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts, in der Erziehung sowie in ihrer Leitung, Organisation und Verwaltung.“ Die Bestimmung lässt auch Kooperationen auf der Grund- lage von Sponsoringverträgen zu. Dabei sind jedoch bestimmte rechtliche Regelungen zu beach- ten, wie etwa die Antikorruptionsrichtlinie des Landes Niedersachsen (Richtlinie zur Korruptions- prävention und Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung - Antikorruptionsrichtlinie - vom 01.04.2014, Nds. MBl. S. 330). Nach Ziffer 8.1.1 der Antikorruptionsrichtlinie ist Sponsoring u. a. nur zulässig, „wenn der Anschein einer möglichen Beeinflussung bei der Wahrnehmung des Verwaltungshandelns nicht zu erwarten ist.“ Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen, die den von der Anfrage in Bezug genommenen Kooperationen niedersächsischer Schulen mit Energieunternehmen zugrunde lagen, bestand in diesen Fällen jedoch ein solcher An- schein. Zu beanstanden waren insoweit insbesondere bestimmte den Schulen auferlegte Verpflich- tungen und an die Sponsoringleistung der Unternehmen geknüpfte Bedingungen. Dass es sich bei den Kooperationspartnern um Wirtschaftsunternehmen handelte, war dabei ebenso wenig aus- schlaggebend für das Ergebnis der rechtlichen Überprüfung wie die Frage, welche Themen im Zu- sammenhang mit den Kooperationen im Unterricht behandelt wurden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3686 2 1. Wie rechtfertigt die Landesregierung ihre Einflussnahme auf die Durchführung des Un- terrichts der Lehrkräfte bei der Kooperation mit Energieunternehmen vor dem Hinter- grund, dass sie die Eigenverantwortung in Bezug auf die Verwendung des Fleischat- lasses bekräftigt hat? Die Beendigung der in Rede stehenden Kooperationen war aufgrund der konkreten Ausgestaltung der zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen unabhängig von der Durchführung des Unter- richts im jeweiligen Einzelfall rechtlich geboten. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Müssen Lehrkräfte künftig beim Einsatz von Informationsmaterial im Unterricht bei der Landesregierung um Erlaubnis fragen? Über die Verwendung von Schulbüchern entscheiden die Schulen in Eigenverantwortung. Schulbü- cher unterliegen in Niedersachsen der Genehmigungspflicht. Das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) genehmigt Schulbücher, sofern sie dem Bildungsauftrag entsprechen und sie mit den jeweils gültigen Rahmenrichtlinien und Kerncurricula übereinstimmen. Im Übrigen unterliegen in Niedersachsen - anders als Schulbücher - unterrichtsbegleitende Mate- rialien, wie Arbeitsblätter und Arbeitshefte, die nicht über einen längeren Zeitraum als Hauptar- beitsmittel benutzt werden, keiner Genehmigungspflicht. Arbeitsmaterialien sind häufig aktueller, aber auch kurzlebiger als Schulbücher. Eine Genehmigungspflicht würde z. B. wegen der zeitlichen Abläufe auch zulasten der Aktualität gehen. Daher treffen die Lehrkräfte die Entscheidung, ob und wie sie Arbeitsmaterialien in ihrem Unterricht einsetzen wollen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 NSchG er- ziehen und unterrichten Lehrkräfte in eigener pädagogischer Verantwortung; sie sind dabei selbst- verständlich auch an Rechts- und Verwaltungsvorschriften gebunden. Insbesondere haben sie auch den Bildungsauftrag der Schule, der in § 2 NSchG gesetzlich festgelegt ist, zu berücksichti- gen. Dieser sieht eine einseitige Information von Schülerinnen und Schülern nicht vor bzw. steht ei- ner solchen deutlich entgegen. 3. Existieren im Kultusministerium oder in anderen staatlichen Stellen in Niedersachsen Positiv- oder Negativlisten darüber, mit welchen Unternehmen und Verbänden Lehrkräf- te kooperieren dürfen, oder werden derartige Listen geplant? Weder führen das Kultusministerium oder seine nachgeordneten Behörden „Positiv- oder Negativ- listen“ über potenzielle Kooperationspartner von Schulen, noch ist geplant, derartige Listen zu erstellen . (Ausgegeben am 19.06.2015) Drucksache 17/3686 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3473 - Eigenverantwortung der Lehrkräfte oder ideologische Steuerung der Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 07.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums