Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3713 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3501 - Versorgung von Schlaganfallpatienten im Raum Braunschweig - Stehen ausreichend Neuro- logen zur Verfügung? Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Heidemarie Mundlos und Rudolf Götz (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 13.05.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 22.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 22.06.2015, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Am 13. Februar 2015 wurde gegen 20 Uhr ein Schlaganfallpatient aus Schöppenstedt im Landkreis Wolfenbüttel von einem Krankentransport abgeholt und nach Braunschweig gebracht. In der dorti- gen Stroke Unit der Neurologischen Klinik im Städtischen Klinikum Braunschweig gGmbH, wo er gegen 21.15 Uhr eintraf, sollte er qualifiziert behandelt werden. Die sogenannten Stroke Units sind „mit einer gültigen Zertifizierung nach dem gemeinsamen Verfahren der Deutschen SchlaganfallGesellschaft und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ausgezeichnet“, wie auf deren Internet- seite erläutert wird. Jedoch konnte der betreffende Patient in Braunschweig nicht behandelt werden, da mitgeteilt wur- de, dass kein zuständiger Neurologe zur Verfügung stehe. Man solle vielmehr den Patienten nach Magdeburg bringen, was dann auch geschehen ist. Nicht nur Angehörige und Fachpersonal waren irritiert, auch die Mediziner in Magdeburg seien über diese Vorgehensweise „verwundert“ gewesen. Vorbemerkung der Landesregierung Für die Landesregierung hat die qualitativ hochwertige und gut erreichbare Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürger des Landes einen hohen Stellenwert. Im Rahmen ihrer kranken- hausplanerischen und krankenhausfinanzierungsrechtlichen Aufgaben nach dem Gesetz zur wirt- schaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Kran- kenhausfinanzierungsgesetz - KHG) und dem Niedersächsischen Krankenhausgesetz (NKHG) schafft sie die Voraussetzungen dafür. Die Landesregierung ist nicht aufsichtführende Stelle über die fachliche Tätigkeit der niedersächsi- schen Krankenhäuser. Sie kann über die Qualität der Leistungserbringung mit den Kliniken in einen grundsätzlichen Dialog treten. Sie kann diese aber nicht zur Vorlage von Daten über singuläre me- dizinische Therapieverläufe veranlassen. Diese Daten unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Deswegen wird zur Schlaganfallbehandlung allgemein und zur Schlaganfallbehandlung im Klinikum Braunschweig im Besonderen Folgendes ausgeführt: Ursache in der Mehrzahl der Schlaganfälle ist die Verstopfung eines Hirngefäßes durch ein Blutgerinnsel. Die Standardbehandlung besteht in der intravenösen Thrombolysetherapie, die das Gerinsel auflösen soll. Ist der Thrombus zu groß, kann er auf diesem Weg allerdings nicht zeitgerecht beseitigt werden. Seit einigen Jahren wird zur weite- ren Behandlung dieser Fälle das neurovaskuläre mikrochirurgische Verfahren der Thrombektomie eingesetzt. Die Thrombektomie setzt ein technisches und fachliches Wissen voraus, das auch in einer Zentralklinik nicht in einem 24-Stunden-Betrieb vorgehalten werden kann. Aufgrund eines Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3713 2 eingeübten und abgestimmten Verfahrens überweist das Klinikum Braunschweig deswegen in Ein- zelfällen Patientinnen und Patienten an das Institut für Neuroradiologie der Universität in Magde- burg. Dem gehen im Klinikum Braunschweig immer eine neurologisch-fachärztliche Untersuchung einschließlich CT und Angio-CT sowie eine Thrombolysetherapie voraus; so auch in einem Einzel- fall am Abend des 13. Februar 2015. 1. Wie ist die Versorgung mit Neurologen im Braunschweiger Land allgemein und in Braunschweig speziell geregelt, ist die Regelung bedarfsgerecht? Maßstab für die Sicherstellung der Krankenhausversorgung in Niedersachsen ist der von der Lan- desregierung gemäß § 6 KHG und § 4 NKHG beschlossene Krankenhausplan. Die Landesregierung versteht das „Braunschweiger Land“ im Sinne der Fragestellung als die Ge- samtheit der Versorgungsbezirke der Stadt Salzgitter, der Stadt Wolfsburg, des Landkreises Gif- horn, des Landkreises Goslar, des Landkreises Helmstedt, des Landkreises Peine und des Land- kreises Wolfenbüttel. Der Niedersächsische Krankenhausplan weist für die Stadt Braunschweig 91 neurologische (NEU) und 52 neurochirurgische (NCH) Krankenhausbetten (sämtlich im Klinikum Braunschweig) aus. Für das „Braunschweiger Land“ werden 122 neurologische und 53 neurochirurgische Betten (sämtlich in den Asklepios Kliniken Schildautal) ausgewiesen. Im Jahr 2013 waren diese Krankenhausbetten wie folgt ausgelastet: – Klinikum Braunschweig NEU: 89,7 %, NCH: 84,7 %, – Asklepios Kliniken Schildautal NEU: 80,8 , NCH: 80,5 %. Nach den Vorgaben der Krankenhausbedarfsplanung sind damit die o. g. Planungsbereiche be- darfsgerecht versorgt. Maßstab für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in Niedersachsen ist der soge- nannte Bedarfsplan gemäß § 99 SGB V, den die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) im Einvernehmen mit den Krankenkassen nach den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richt- linie (BP-Rtl) des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 91 SGB V) aufzustellen und anzupassen hat. In diesem Rahmen gehören die Neurologen (neben Nervenärzten, Psychiatern und Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie) zur Arztgruppe der Nervenärzte. Planungsbereich ist insoweit die kreisfreie Stadt, der Landkreis oder die Kreisregion In der aktuellen Fortschreibung (1/2015) der Dokumentation der vertragsärztlichen Versorgung (Planungsblätter entsprechend Anlage 2.2. zur BP-Rtl) sind in der Arztgruppe der Nervenärzte fol- gende Versorgungsgrade in den Planungsbereichen ausgewiesen: Braunschweig Stadt: 133,3 %, Salzgitter Stadt: 137,0 %, Wolfsburg Stadt: 114,2 %, Gifhorn: 97,7 %, Goslar: 133,6 %, Helmstedt: 108,1 %, Peine: 152,2 %, Wolfenbüttel: 136,0 %. Nach den Vorgaben der Bedarfsplanung gelten damit die o. g. Planungsbereiche - bis auf Gifhorn - als überversorgt und sind für weitere Niederlassungen gesperrt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3713 3 2. Ist der beschriebene Fall eine Ausnahme, oder gibt bzw. gab es in den vergangenen beiden Jahren weitere Fälle dieser Art (bitte separat auflisten)? Das Klinikum Braunschweig überwies im Jahr 2013 17 Patientinnen und Patienten und im Jahr 2014 elf Patientinnen und Patienten zur Vornahme einer Thrombektomie nach Magdeburg. Bezüg- lich der erbetenen Liste wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3. Wie stellt sich die Situation hinsichtlich weiterer fachärztlicher Notfallversorgung im Raum Braunschweig dar, beispielsweise im augenärztlichen Bereich? Die ambulante vertragsärztliche Versorgung wird von der KVN sichergestellt. In den sprechstundenfreien Zeiten erfolgt die ambulante vertragsärztliche Versorgung durch den Bereitschaftsdienst. Bis zum Einsetzen der haus- und fachärztlichen Regelversorgung durch die Sprechstunden der niedergelassenen Vertragsärzte, stellt der Bereitschaftsdienst die Versorgung der Patienten bei nicht lebensbedrohlichen Verletzungen und Erkrankungen sicher. Zur vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten im Raum Braunschweig hat die KVN folgende Angaben gemacht: Entsprechend den Vorgaben der von der Vertreterversammlung der KVN beschlossenen Bereit- schaftsdienstordnung hält die KVN im Bereich der Bezirksstelle Braunschweig ein umfassendes Netz von ärztlichen Bereitschaftsdiensten vor. So sind während der Bereitschaftsdienstzeiten in sieben Bereitschaftsdienstbereichen in der Regel Fachärzte für Allgemeinmedizin oder Fachärzte für Innere Medizin im allgemeinen Bereitschaftsdienst tätig, die aufgrund ihrer Qualifikation die nicht lebensbedrohlichen Verletzungen und Erkrankungen im erforderlichen Umfang versorgen können. Hierfür werden neben einem flächendeckenden Fahrdienst für die Versorgung bettlägeriger Patien- ten zusätzlich acht Bereitschaftsdienstpraxen vorgehalten, von denen derzeit sieben an Kranken- häusern eigerichtet sind. Zusätzlich werden für die fachärztliche Versorgung während der sprechstundenfreien Zeiten meh- rere kinderärztliche Bereitschaftsdienste und ein augenärztlicher Bereitschaftsdienst vorgehalten. Kinderärztliche Bereitschaftsdienste werden derzeit mit unterschiedlichen Dienstzeiten in den kreis- freien Städten Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie im Landkreis Goslar vorgehalten. Spätestens ab 2018 wird ein flächendeckender kinderärztlicher Bereitschaftsdienst für den Bereich der Bezirksstelle Braunschweig (die neben den genannten Gebietskörperschaften auch für die Landkreise Gifhorn, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel zuständig ist) angestrebt, wobei eine An- gliederung an Krankenhäuser vorgesehen ist, die auch über eine kinderärztliche Abteilung verfü- gen. Bereits seit 2008 wird für den Bereich der Bezirksstelle Braunschweig der KVN ein zentraler au- genärztlicher Bereitschaftsdienst an einer Augenklinik in der Stadt Braunschweig vorgehalten. Die dort angebotenen Bereitschaftsdienst-Sprechstunden entsprechen dem Umfang, wie er für die flä- chendeckende ambulante Versorgung in den sprechstundenfreien Zeiten durch die Bereitschafts- dienstordnung der KVN festgelegt worden ist. Die Standorte der Bereitschaftsdienstpraxen können jederzeit in der Arztauskunft Niedersachsen abgerufen werden (www.arztauskunft-niedersachsen.de). Unabhängig davon ist aber sowohl in Braunschweig als auch bundesweit ein kontinuierlich steigen- der Trend zur Inanspruchnahme der Notfallaufnahmen der Krankenhäuser erkennbar, der nicht al- lein durch die Zunahme von Notfallbehandlungsnotwendigkeiten erklärlich ist. (Ausgegeben am 01.07.2015) Drucksache 17/3713 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3501 - Versorgung von Schlaganfallpatienten im Raum Braunschweig - Stehen ausreichend Neuro-logen zur Verfügung? 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