Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3559 - Ausstattung und Auslastung der Studienseminare im berufsbildenden Bereich Anfrage des Abgeordneten Heiner Scholing (GRÜNE) an die Landesregierung, eingegangen am 21.05.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 23.06.2015, gezeichnet In Vertretung des Staatssekretärs Heiner Hoffmeister Vorbemerkung des Abgeordneten Die Versorgung der berufsbildenden Schulen in Niedersachsen mit qualifizierten Lehrkräften ist vor dem Hintergrund des Mangels an ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen eine Herausforderung der kommenden Jahre. Hinzu kommen einerseits sehr unterschiedlich verlaufende demografische Entwicklungen in Niedersachsen sowie andererseits unterschiedlich stark ausgeprägte Pensionie- rungswellen an einzelnen Standorten bzw. Regionen. Damit die pädagogische Arbeit an den be- rufsbildenden Schulen auch in Zukunft auf hohem inhaltlichem Niveau sichergestellt werden kann, bedarf es einer entsprechenden Personalplanung einschließlich der bedarfsgerechten Qualifizie- rung von Lehrkräften. Vorbemerkung der Landesregierung Durch Beschluss der Niedersächsischen Landesregierung „Standorte und Aufgaben der Studien- seminare für die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen, für Sonderpädagogik, an Gymna- sien und an berufsbildenden Schulen“ (Beschl. d. LReg v. 04.11.2008, Nds.MBl. S. 1157, zuletzt geändert durch RdErl. d. MK v. 15.1.2015, Nds. MBl. S. 91) wurden für die zweite Phase der Leh- rerausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen die Studienseminar-Standorte Göttin- gen und Braunschweig im Süden, Osnabrück und Oldenburg im Westen, Stade im Norden sowie Hannover und Hildesheim in der Mitte des Landes festgelegt. Neben den Standorten sind im o. g. Beschluss auch die Aufgaben der Studienseminare - die sich aus den Rechtsvorschriften für die Lehrerausbildung ableiten - und die zu qualifizierenden Fallgruppen bestimmt. Auszubilden bzw. zu qualifizieren sind Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiVD) sowie die Gruppe der berufsbegleitend zu qualifizierenden sogenannten Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger (QE), Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen (BA) sowie Lehrkräfte für Fachpraxis (LFpr). Die für die Ausbildung erforderliche personelle Ausstattung der Studienseminare wird bestimmt durch die Haushaltsplanvorgaben für das Kultusministerium. Die Ausbildungskapazität der sieben Seminare ist auf 630 Stellen ausgelegt. Dafür sind 138 Stellen (Bes.-Gr. A 15) für Fachleiterinnen und Fachleiter (FL) der didaktischen (F) und pädagogischen Seminare (FA) sowie 84 Stellen für bei zusätzlichem Bedarf zu bestellende Mitwirkerinnen und Mitwirker in der Lehrerausbildung (M) aus- gewiesen, die für die Ausübung dieser Funktion eine Stellenzulage erhalten (siehe Anlage 1). Unter diesen Rahmenvorgaben führen die Studienseminare ihren Ausbildungsauftrag aus. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 2 1. In welcher Zahl werden Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger (einschließlich der BA/FH-Absolventen) und Lehrkräfte im Bereich der Fachpraxis an den einzelnen Studienseminaren im BBS-Bereich qualifiziert (Stichtag: 1. Mai 2015; bitte aufschlüsseln nach Art der Ausbildung)? Für die einzelnen Studienseminare ergeben sich folgende Fallzahlen: LiVD u. zu Qualifizierende an Studienseminaren f. d. Lehramt an berufsbildenden Schulen Stand 01.05.2015 Braunschweig Göttingen Hannover Hildesheim Oldenburg Osnabrück Stade LiVD 37 60 65 60 118 84 77 QE 8 13 30 8 32 9 11 LFpr 15 - 33 - 31 - 15 BA 3 0 9 1 2 3 3 2. Wie viele Fachleiterinnen/Fachleiter (A 15) und Mitwirkerinnen/Mitwirker sind an den einzelnen Studienseminaren im berufsbildenden Bereich tätig, und wie viele Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst müssen die Fachleiterinnen/Fachleiter und Mitwirkerin- nen/Mitwirker an den einzelnen Studienseminaren betreuen (aufgeschlüsselt nach der originären Ausbildungsfunktion und Zusatzqualifikationen)? Zur Ausweitung des Ausbildungsangebots im Bedarfsfall besteht zum einen die Möglichkeit der Be- stellung von Mitwirkerinnen und Mitwirkern, zum anderen können Ausbildende - neben der Wahr- nehmung der originären Ausbildungsaufgabe - in Doppelfunktion mit der Qualifizierung in einem weiteren Fach/einer Zusatzqualifikation beauftragt werden. Die nachstehende Übersicht zeigt, dass von diesen Möglichkeiten an allen Studienseminaren Gebrauch gemacht wird. Braunschweig: 18 FL und 9 M, davon 4 FL und 1 MW in Doppelfunktion, Göttingen: 11 FL und 5 M, davon 4 FL und 2 MW in Doppelfunktion, Hannover: 22 FL und 10 M, davon 11 FL und 1 MW in Doppelfunktion, Hildesheim: 17 FL und 3 M, davon 8 FL in Doppelfunktion, Oldenburg: 20 FL und 23 M, davon 7 FL und 6 MW in Doppelfunktion, Osnabrück: 19 FL und 11 M, davon 7 FL und 3 MW in Doppelfunktion, Stade: 16 FL und 19 M, davon 7 FL und 4 MW in Doppelfunktion. Nicht alle an den Studienseminaren geführten Mitwirkerinnen und Mitwirker werden derzeit auch in der Ausbildung benötigt. Diese Gruppe stünde aber im Bedarfsfall wieder zur Verfügung. So sind z. B. am Studienseminar Stade in der als Anlage 1 beigefügten Tabelle sieben Mitwirkerinnen und Mitwirker derzeit ohne Auszubildende - und dementsprechend auch ohne Zulagenzahlung - aus- gewiesen. Die weitere Aufschlüsselung der Zahlen sowie die Anzahl der Auszubildenden pro Ausbilde- rin/Ausbilder sind der Anlage 1 zu entnehmen. 3. Zur personellen Ausstattung der Seminare: a) Inwieweit entsprechen die Kapazität der einzelnen Studienseminare und ihre personelle Ausstattung dem zukünftigen Bedarf an Lehrkräften in ihrem Einzugsgebiet? Auf wel- cher Datenbasis beruht die aktuelle personelle Ausstattung, und wie soll der zukünfti- gen Bedarfssituation Rechnung getragen werden? Die personelle Ausstattung der Studienseminare für das Lehramt an berufsbildenden Schulen wird bestimmt durch den Ausbildungsauftrag für die in der Vorbemerkung der Landesregierung genann- ten Fallgruppen, die - mit Ausnahme der Fachpraxislehrkräfte - in den allgemeinbildenden Unter- richtsfächern, in Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie in den beruflichen Fachrichtungen auszu- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 3 bilden sind. Dadurch entsteht eine Vielzahl an Fächerkombinationsmöglichkeiten, die sich im Aus- bildungsangebot der Seminare abbildet und die eine hohe Flexibilität in der Personalplanung und im Personaleinsatz erfordert. Aus ökonomischen und haushalterischen Gründen ist es nicht vertretbar, an jedem Studienseminar das gesamte Ausbildungsspektrum vorzuhalten und dafür eine entsprechende Anzahl Fachleiterin- nen und Fachleiter zu bestellen. Um dennoch dem schulischen Ausbildungsbedarf regional gerecht werden zu können, kann das Ausbildungsangebot durch die Beauftragung/Entpflichtung von Mit- wirkerinnen und Mitwirkern erweitert/eingeschränkt oder eingestellt werden. Die Bestellung von Mitwirkerinnen und Mitwirkern erfolgt auch, wenn die Kapazitäten der Fachleiterinnen und Fachlei- ter gemäß Verordnung über die beschränkte Zulassung zum Vorbereitungsdienst für Lehrämter (ZulassVO-Lehr) ausgeschöpft sind. Dies ist der Fall, wenn die Ausbildungsgruppe pro Ausbilderin oder Ausbilder maximal zwölf Referendarinnen und Referendare umfasst. Die Personalausstattung der Studienseminare wird weniger bestimmt durch den sich aus dem Schüler-Lehrerverhältnis ergebenden Lehrkräftebedarf der Schulen im jeweiligen Einzugsbereich der Seminare als vielmehr durch den Ausbildungsbedarf, der sich aus dem Ausbildungsanspruch der Bewerberinnen und Bewerber mit Lehramtsabschluss (Master of Education) um Einstellung in den Vorbereitungsdienst ergibt. Bei der Zuweisung dieser Bewerberinnen und Bewerber an die Studienseminare wird i. d. R. der „Wunsch-Seminarstandort“ berücksichtigt, um die Lehrkräfte im Land zu halten. Außerdem ist der Personalbedarf der Studienseminare fortlaufend anzupassen aufgrund der von den Schulen vorgenommenen Direkteinstellungen. Im Übrigen wird auf die Aus- führungen in der Vorbemerkung verwiesen. b) Wie viele Ausbildungsschulen gehören jeweils zu welchem Studienseminar, in welchen Ausbildungsschulen und welchen Regionen kommt es jeweils zu Überschneidungen der Zuständigkeit der Studienseminare? Die Übersicht über die Ausbildungsschulen ist der Anlage 2 zu entnehmen. Dass Auszubildende aus zwei Studienseminaren der gleichen Schule zugewiesen werden, ist nicht unüblich und auch bei den Studienseminaren der anderen Lehrämter festzustellen. Negative Auswirkungen in diesem Zusammenhang sind nicht bekannt. c) Spiegeln die Ausbildungskapazitäten das Schülerin/Schüler-Lehrerin/Lehrer-Verhältnis (Grundlage BBS-Planung) in der jeweiligen Bildungsregion wider? Falls nicht, wie soll der zukünftigen Bedarfssituation Rechnung getragen werden? Auf die Antwort zu 3 a) wird verwiesen. 4. Wie stellt sich der zukünftige Bedarf an Lehrkräften unter Berücksichtigung der demo- grafischen Entwicklung (Zahl der Schülerinnen und Schüler) und der unterschiedlich verlaufenden Pensionierungswelle bei den Lehrkräften jeweils für die Bildungsregionen Braunschweig/Göttingen, Hannover/Hildesheim, Oldenburg/Osnabrück und Stade dar? Seit dem 01.01.2011 entscheiden die berufsbildenden Schulen eigenverantwortlich unter Beach- tung haushaltsrechtlicher Vorgaben über die zur Deckung des fachrichtungs- und fächerspezifi- schen Bedarfs notwendigen Stellenausschreibungen, um für die Qualitätsentwicklung der Schulen Sorge zu tragen. Aktuell wird davon ausgegangen, dass in den nächsten fünf Jahren in Niedersachsen durchschnitt- lich jährlich 430 Lehrkräfte über alle Fachrichtungen hinweg (Theorie- und Fachpraxis) aus dem ak- tiven Dienst ausscheiden (z. B. aufgrund des Erreichens der Altersgrenze), für die ein entspre- chender Wiederbesetzungsbedarf besteht. Der Eintritt in den Ruhestand ist mit den Regelungen in den §§ 35 und 36 Niedersächsisches Beamtengesetz variabel gestaltet, insofern stellt die genannte Zahl eine Orientierungsgröße dar, die zum Teil jedoch noch stark variieren kann. Eine Differenzie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 4 rung in Bezug auf die genannten Bildungsregionen erfolgt vor diesem Hintergrund in diesem Zu- sammenhang nicht. 5. Wird der Entwicklung zu einer ungleichen Auslastung durch Bereitstellung entspre- chender Ausbildungskapazitäten bzw. den Abbau nicht ausgelasteter Ausbildungska- pazitäten in den Bildungsregionen Rechnung getragen? Falls nicht: Wie soll dieser Entwicklung zukünftig Rechnung getragen werden? Zur Optimierung der Auslastung der vorhandenen Fachleiterkapazität wurde für die Studiensemina- re für das Lehramt an berufsbildenden Schulen ein „Regionalisierungskonzept“ erstellt, das die Ko- operation zweier Seminare in einer Region vorsieht. Die dadurch entstehenden Systeme ermögli- chen eine gemeinsame Nutzung der Ausbildungskapazität und somit die bessere Auslastung ein- zelner Fachleiterinnen und Fachleiter. Ziel ist es, so den Bedarf an Mitwirkerinnen und Mitwirkern zu verringern. Dass diese derzeit weiterhin bestellt werden müssen, ist hauptsächlich auf die ver- mehrte Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern sowie von Absolventinnen und Absolventen von Bachelor-Studiengängen im Rahmen der Sondermaßnahme zur Gewinnung von Lehrkräften in Fachrichtungen des besonderen Bedarfs zurückzuführen. Die Qualifizierung dieser für die Unterrichtsversorgung z. B. in den Bereichen Metalltechnik oder Fahrzeugtechnik - aber auch im Pflegebereich - dringend benötigten Lehrkräfte, die über die reguläre Lehrerausbildung nicht zu gewinnen sind, erfordert in den Studienseminaren in Bezug auf Personalplanung und Per- sonaleinsatz hohe Flexibilität, die über das Mitwirker-System gegeben ist. 6. Ist vor dem Hintergrund der aktuellen Auslastung sowie der zukünftigen Bedarfslage (Zahl der Schülerinnen und Schüler und damit verbundener Bedarf an Lehrkräften) die regionale Verteilung der Seminarstandorte (Konzentration von Seminarstandorten in Süd-Niedersachsen) im Vergleich zur Bedarfslage in den anderen Regionen zukünftig noch zu rechtfertigen? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Es ist nicht auszuschließen, dass es aufgrund der demogra- fischen Entwicklung zur Stärkung einzelner Regionen des Landes erforderlich sein wird, Änderun- gen durch die Verlagerung von Seminarstandorten vorzunehmen. Zunächst bleibt jedoch abzuwar- ten, wie sich die Sondermaßnahme zur Gewinnung von Lehrkräften, die seit Frühjahr dieses Jahres unter von der Landesregierung geschaffenen attraktiven Rahmenbedingungen läuft, auf die Zahl der zu Qualifizierenden an den einzelnen Seminarstandorten auswirkt. Erste Rückmeldungen las- sen eine positive Entwicklung erwarten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 5 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3733 6 (Ausgegeben am 06.07.2015) Drucksache 17/3733 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3559 - Ausstattung und Auslastung der Studienseminare im berufsbildenden Bereich Anfrage des Abgeordneten Heiner Scholing (GRÜNE), eingegangen am 21.05.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums