Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3750 1 Antwort auf eine Große Anfrage - Drucksache 17/3341 - Wortlaut der Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 15.04.2015 Wie viele Straftaten konnten bislang ohne die Vorratsdatenspeicherung von Verbindungs- daten in Niedersachsen nicht aufgeklärt werden? Auf die Frage des Abgeordneten Lutz Winkelmann (CDU) nach einer Statistik von Straftaten, für deren Aufklärung die Vorratsdatenspeicherung notwendig gewesen wäre, antwortete der Innenmi- nister am 12. Dezember 2013 dem Landtag: „In der Tat gibt es eine Statistik, die seit dem 1. Juli 2010 geführt wird. Stand 15. Oktober 2013 er- geben sich aus dem Straftatenkatalog nach § 100 a StPO insgesamt 185 Fälle, bei denen eine Aufklärung nicht möglich war. In 26 Fällen war eine Aufklärung nur unvollständig möglich. Und in 37 Fällen führten die Ermittlungen erst verspätet bzw. unter größeren Schwierigkeiten zum Erfolg. Im Bereich der sonstigen Straftaten war eine Aufklärung in 1 152 Fällen nicht möglich. In 193 Fällen erfolgte sie unvollständig und in 69 Fällen erst verspätet. Somit konnten 1 337 Fälle nicht aufgeklärt werden, weil erforderliche Verbindungsdaten nicht verfügbar waren. In der Summe der Fälle, die zusätzlich noch sieben Fälle der Gefahrenabwehr enthielt, die ich ein- mal weglasse, wären in 656 Fällen Verkehrsdaten der einzige Ermittlungsansatz gewesen. Die Sta- tistik geht deutlich darüber hinaus. Wenn wir alle Fälle herausrechnen, die sonstige Straftaten um- fassen - was ich empfehle, weil ich schon der Auffassung bin, dass ein solches Instrument nicht für einen beliebig großen Katalog von Straftaten zur Anwendung kommen darf -, bleiben mit den Straf- taten nach § 100 a StPO die von mir gerade genannten 185 Fälle übrig.“ Der SPD-Bundesvorsitzende, Bundeswirtschaftsminister und ehemalige Niedersächsische Minis- terpräsident Sigmar Gabriel erklärte in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk am 15. März 2015: „Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, die wird uns nicht bei jeder Gelegenheit helfen, alle Straftaten zu verhindern, aber sie kann uns durch eine schnellere Aufdeckung von Straftaten helfen, die nächste Straftat zu verhindern.“ Das Bundesverfassungsgericht führte in seinem Urteil zu den bundesrechtlichen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 u. a. aus, damit würden „Aufklärungsmöglichkeiten ge- schaffen, die sonst nicht bestünden und angesichts der zunehmenden Bedeutung der Telekommu- nikation auch für die Vorbereitung und Begehung von Straftaten in vielen Fällen Erfolg verspre- chend sind (…) Eine Rekonstruktion gerade der Telekommunikationsverbindungen ist (…) für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung.“ Auch der Europäische Gerichtshof hielt in seinem Urteil vom 8. April 2014 zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten fest, dass diese ein Ziel habe, das dem Gemeinwohl diene und dass diese nicht geeignet sei, den Wesensgehalt der Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz der personenbezogenen Daten anzutasten. Innenminister Pistorius erklärte am 12. Dezember 2013 im Landtag: „Von daher sage ich: Ja, es gibt aufgrund der Sicherheitserfordernisse ein dringendes Bedürfnis, auch auf Telekommunikationsdaten zuzugreifen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das In- ternet weder ein straf- oder rechtsfreier Raum noch ein verfolgungsfreier Raum ist. Wenn sich ge- rade bei bestimmten Deliktsbereichen die Kriminalität vor allem im Internet bewegt und über das In- ternet abgewickelt wird, dann ist es für mich naheliegend, auf solche Daten zuzugreifen.“ Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3750 2 Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welchen Stand hat die vom Innenminister genannte Statistik hinsichtlich fehlender Verbin- dungsdaten über unaufgeklärte Straftaten? 2. Wie viele der insgesamt gezählten Fälle betreffen jeweils die Bereiche der Kinderpornografie, der Betrugsdelikte, der Internetkriminalität und der Gewaltdelikte? 3. Stimmt die Landesregierung zu, dass die Einführung von Mindestspeicherfristen für die Ge- währleistung der Sicherheit der Menschen und als Instrument der Strafverfolgung notwendig ist? 4. Unterstützt die Landesregierung das Vorhaben der Bundesregierung zur Einführung von Min- destspeicherfristen für Telekommunikationsdaten als Mittel der Strafverfolgung, wenn diese in verfassungs- und unionsrechtskonformer Fassung gestaltet werden? 5. Waren die vom Deutschen Bundestag gespeicherten Verbindungsdaten im Fall Edathy für das Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes von Kinderpornografie gegen Sebastian Edathy von Bedeutung? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.04.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 03.07.2015 - 4103 - 404.436- Das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermitt- lungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung trat am 1. Januar 2008 in Kraft. Es führte durch die §§ 113 a, 113 b des Telekommunikationsgeset- zes (TKG) sowie § 100 g der Strafprozessordnung (StPO) die sogenannte Vorratsdatenspeiche- rung ein. Telekommunikationsdiensteanbieter wurden verpflichtet, für einen Zeitraum von sechs Monaten bestimmte anfallende Verkehrsdaten zu speichern, die auf Anordnung z. B. den Strafver- folgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden sollten. Verkehrsdaten sind im Gegensatz zu den Kommunikationsinhalten die Nutzungsdaten, wie die Rufnummern, Zeit und Dauer der Verbindung, Art des genutzten Dienstes, die Bezeichnung der bei Beginn der Verbindung genutzten Funkzellen (Standorte), Internetprotokolladressen (IP-Adressen), Kennung der beteiligten Anschlüsse sowie Zeit und Dauer der Internetverbindung. Nicht gespeichert wurden die Inhalte von Telefonaten, E- Mails oder Internetseiten, sondern nur die Nutzungsdaten, die Aufschluss darüber geben, wann, wo, wie oft und wie lange ein bestimmter Verbindungsweg genutzt wurde. Diese Daten wurden bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 2. März 2010 durch Speicherung vorrätig gehalten. Das BVerfG erklärte mit Urteil vom 2. März 2010 die §§ 113 a, b TKG sowie die Verwendung der danach gespeicherten Daten zur Strafverfolgung in § 100 g StPO wegen Verstoßes gegen Arti- kel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für verfassungswidrig und nichtig. Es stellte hierbei klar, dass eine sechsmonatige, vorsorgliche anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten mit Artikel 10 GG zwar nicht schlechthin unvereinbar sei. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange je- doch, dass die gesetzliche Ausgestaltung einer solchen Datenspeicherung dem besonderen Ge- wicht des mit der Speicherung verbundenen Grundrechtseingriffs angemessen Rechnung trage. Über die anlasslosen gespeicherten Daten ließen sich nämlich tiefe Einblicke in das soziale Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen. Die anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten sei deshalb geeignet, ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzu- rufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen könne. Erforderlich seien deshalb hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen hin- sichtlich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3750 3 Das BVerfG wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die verhältnismäßige Ausgestaltung der Verwendungsregeln nicht nur über die Verfassungsmäßigkeit dieser einen eigenen Eingriff be- gründenden Bestimmungen selbst entscheide, sondern schon auf die Verfassungsmäßigkeit der Speicherung als solcher zurückwirke (BVerfG, Urteil vom 2. März 2010, 1 BvR 256, 263, 586/08 Rz. 226). Durch die Nichtigerklärung durch das BVerfG fielen die als Vorratsdaten gespeicherten Verkehrs- daten u. a. für den Bereich der Strafverfolgung ersatzlos weg. Die Strafverfolgungsbehörden sind seitdem bis heute auf diejenigen Verkehrsdaten angewiesen, die die Unternehmen (Telekommuni- kationsdiensteanbieter) gemäß § 96 TKG zu geschäftlichen Zwecken, also beispielsweise für die Abrechnung, speichern. Diese Speicherpraxis ist bei den einzelnen Unternehmen unterschiedlich und reicht von einzelnen Tagen bis zu mehreren Monaten. Falls die TK-Unternehmen keine ab- rechnungsrelevanten Daten speichern, weil sie diese wie z. B. bei Flatrate-Verträgen gar nicht be- nötigen, stehen diese den Strafverfolgungsbehörden nicht zur Verfügung. Es kann damit vom Zufall abhängen, ob Verkehrsdaten zum Zeitpunkt der Anfrage noch vorhanden sind oder nicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte mit Urteil vom 8. April 2014 die EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung mit sofortiger Wirkung für ungültig. Die Richtlinie sah u. a. vor, dass die Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste und die Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes die Verkehrs- und Standortdaten sowie aller damit in Zusammenhang stehenden Daten, die zur Feststellung des Teilnehmers oder Benutzers erforderlich sind, speichern mussten. In seiner Entscheidung führte der EuGH aus, dass er die Ver- pflichtung zur Vorratsdatenspeicherung für einen „besonders schwerwiegenden Eingriff“ in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten hält. Der Unionsgesetzgeber habe beim Erlass der Richtlinie die Grenzen überschritten, die er zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hätte einhalten müssen. Insbesondere fehle es an Be- stimmungen, die den Eingriff in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf das „absolut Notwendige beschränken“. Bei einer Richtlinie, die sich generell auf sämtliche Personen, Kommunikations- mittel und Verkehrsdaten beziehe, ohne irgendeine Differenzierung, Einschränkung oder Ausnah- me anhand des Ziels der Bekämpfung schwerer Straftaten vorzusehen, sei dies evident. Der EuGH betonte die besondere Bedeutung des Datenschutzes für den Schutz der Privatsphäre, weshalb klare und präzise Regeln und ausreichende Garantien gegen Missbrauchsrisiken erforderlich seien. Nach der Entscheidung des EuGH besteht mangels gültiger Richtlinie aktuell keine rechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten, eine Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Die Bundesregierung hat am 28. Mai 2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Spei- cherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten dem Bundesrat vorgelegt (BR-Drs. 249/15). Der Gesetzesentwurf sieht die anlasslose Speicherung genau bezeichneter Ver- kehrsdaten von grundsätzlich allen Bürgerinnen und Bürgern für zehn Wochen und der Standortda- ten für vier Wochen vor. Inhalte der Telekommunikation sollen nicht gespeichert werden. Zu den verpflichtend zu speichernden Verkehrsdaten sollen insbesondere die Rufnummer des anrufenden und des angerufenen Anschlusses, Datum und Uhrzeit der Verbindung, Angaben zum genutzten Dienst und im Fall von Internet-Telefondiensten auch die Internetprotokoll-Adressen gespeichert werden. Zu den zu speichernden Standortdaten (im Bereich der Nutzung mobiler Telefondienste) zählen insbesondere die Bezeichnung der Funkzellen bei Beginn der Verbindung, einschließlich der geografischen Lage und der Hauptstrahlrichtung der die jeweiligen Funkzelle versorgenden Funkantennen. Ausgenommen von der Speicherpflicht sollen Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen sein, die grund- sätzlich anonym bleibenden Anrufern ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten und die selbst oder deren Mitarbeiter insoweit besonderen Ver- schwiegenheitsverpflichtungen unterliegen. Nicht ausgenommen von der Speicherpflicht sind nach § 53 StPO zeugnisverweigerungsberechtigte Personen (z. B. Rechtsanwälte, Ärzte, Abgeordnete, Presse). Eine Übermittlung der gespeicherten Daten an Strafverfolgungsbehörden soll nur zur Ver- folgung in einem speziellen Katalog benannter schwerer Straftaten möglich sein und einem stren- gen Richtervorbehalt unterliegen. Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3750 4 Seit 2010 wird beim Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA NI) eine Statistik zur „Zentralen Erfassung von nicht gestellten bzw. erfolglosen Anfragen gemäß § 100 g Strafprozessordnung (StPO), § 96 TKG bzw. § 33 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)“ geführt. Ziel dieser Statistik ist die quantitative Erfassung sämtlicher Fälle, in denen die Abfrage von Telekommunikationsverbindungsdaten nicht zum Erfolg führte bzw. aufgrund der aktuell geltenden Bestimmungen gar nicht erst durchgeführt wurde. Die Mitteilung an das LKA NI, in wel- chen Fällen dies der Fall war, und die Bewertung, welche Auswirkungen dies auf die Aufklärung der jeweiligen Straftat hatte, erfolgen durch die jeweils zuständigen polizeilichen Sachbearbeiter. Mit Stand 12. Mai 2015 sind der Statistik die nachfolgenden Fallzahlen zu entnehmen: 1 671 Straf- taten konnten nicht aufgeklärt werden. Bei 471 Straftaten war die Aufklärung unvollständig, erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt oder war wesentlich erschwert. Im Einzelnen ergeben sich nach Straftaten differenziert die nachfolgenden Zahlen: Straftaten nach dem Straftatenkatalog des § 100 a StPO keine Aufklärung 241 unvollständige Aufklärung 70 Aufklärung zu einem späteren Zeitpunkt bzw. wesentlich erschwert 53 Sonstige Straftaten keine Aufklärung 1 430 unvollständige Aufklärung 267 Aufklärung zu einem späteren Zeitpunkt bzw. wesentlich erschwert 81 Zu 2: keine Aufklärung unvollständige Aufklärung Aufklärung zu einem späteren Zeitpunkt bzw. wesentlich er- schwert Kinderpornografie 25 0 0 Betrugsdelikte 212 42 6 Internetkriminalität 40 9 0 Gewaltdelikte 6 12 6 Zu 3: Die Landesregierung setzt sich für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr unter Beach- tung der Rechtsprechung des BVerfG ein, die das Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung insbesondere schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens statuiert. Eine zeitlich befristete Speicherung von Verkehrsdaten zur späteren Übermittlung an die für die Strafver- folgung oder Gefahrenabwehr zuständigen Behörden kann grundsätzlich geeignet sein, einer Effek- tivierung der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr zu dienen. Der Rechtsprechung des BVerfG in seiner Entscheidung vom 2. März 2010 folgend, können durch die Einführung einer Mindestspei- cherpflicht Aufklärungsmöglichkeiten geschaffen werden, die sonst nicht bestünden und angesichts der zunehmenden Bedeutung der Telekommunikation auch für die Vorbereitung und Begehung von Straftaten in vielen Fällen Erfolg versprechend sind. Auch der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 8. April 2014 festgestellt, dass eine Vorratsdatenspeicherung von Daten zu dem Zweck, sie gegebenenfalls den zuständigen nationalen Behörden zugänglich zu machen, eine dem Gemein- wohl dienende Zielsetzung darstellt. Der EuGH betonte in diesem Zusammenhang besonders, dass nach Artikel 6 der Grundrechte der Charta der Europäischen Union jeder Mensch nicht nur das Recht auf Freiheit, sondern auch auf Sicherheit hat. Dies gelte insbesondere für die Bekämpfung schwerer Kriminalität zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit. Obwohl die in der Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 aufgeführten Fallzahlen auf einer individu- ellen und damit schwer vergleichbaren Einschätzung der jeweiligen polizeilichen Sachbearbeiter Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3750 5 beruhen und zudem mit den Unsicherheiten belastet sind, die jeder Prognoseentscheidung inne wohnen, können sie gleichwohl ein Indiz dafür sein, dass 1 671 Straftaten nicht und weitere 471 Straftaten nur mit Einschränkungen oder unter Inkaufnahme von Erschwernissen oder Verfah- rensverzögerungen aufgeklärt werden konnten, weil es an geeigneten Regelungen zur Speiche- rung von Verkehrsdaten fehlte. Es erscheint vor diesem Hintergrund möglich, dass die fehlende Vorratsdatenspeicherung zum Wegfall entsprechender Ermittlungsansätze und damit zu Lücken in der Strafverfolgung geführt hat. Eine Regelung zu Mindestspeicherfristen kann einen Beitrag für die Sicherheit der Menschen leis- ten, sofern sie verfassungs- und europarechtskonform ausgestaltet wird. Hierbei muss in besonde- ren Maße der bereits aufgezeigten Grundrechtsrelevanz Rechnung getragen werden: Eine Min- destspeicherpflicht muss den Anforderungen gerecht werden, wie sie vom Bundesverfassungsge- richt und vom Europäischen Gerichtshof vorgegeben wurden. Hierzu muss sie insbesondere die berechtigten Interessen der Menschen am Schutz ihrer privaten Daten und Bürgerrechte mit den Interessen der Sicherheit und der Strafverfolgung in Einklang bringen. Zu 4: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Juni 2015 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten (BR-Drs. 249/15) kei- ne Stellung genommen. Von den Empfehlungen der Ausschüsse konnte keine eine Mehrheit im Plenum des Bundesrates erreichen. Niedersachsen hat jeweils nicht zugestimmt. Der Entwurf wird damit nun - ohne Stellungnahme des Bundesrates - im Deutschen Bundestag beraten werden. Zu 5: Im Rahmen der Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ordnete das Amtsgericht Hannover mit Beschluss vom 17. Februar 2014 die Durchsuchung der früheren Büroräume des Beschuldigten im Deutschen Bundestag sowie die Beschlagnahme dorti- ger Computer, Speichermedien und sonstigen digitalen Datenträger an. Mit Erlaubnis des Bundes- tagspräsidenten wurde der Staatsanwaltschaft Hannover daraufhin u. a. eine CD mit Logdateien von Internetzugriffen übergeben, die zwischen November 2013 und Februar 2014 vom dienstlichen Laptop des Beschuldigten ausgingen. Bei diesen Logdateien handelt es sich um Protokolldaten, die von IT-Mitarbeitern sicherheitshalber für einen möglichen Systemausfall oder einen anderweitigen Datenverlust erhoben werden. Allerdings hat die IT-Sicherung des Deutschen Bundestages nichts mit der Frage der sogenannten Vorratsdatenspeicherung zu tun, weil sie nur behördeninterne Ab- läufe betrifft und sich nicht auf das Leistungsangebot von gewerblichen Telekommunikationsunter- nehmen oder Mindestspeicherfristen für private Kundendaten bezieht. Antje Niewisch-Lennartz (Ausgegeben am 07.07.2015) Drucksache 17/3750 Antwort auf eine Große Anfrage - Drucksache 17/3341 - Wortlaut der Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 15.04.2015 Wie viele Straftaten konnten bislang ohne die Vorratsdatenspeicherung von Verbindungs-daten in Niedersachsen nicht aufgeklärt werden? Antwort der Landesregierung