Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3214 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Gabriela König und Gero Hocker (FDP), einge- gangen am 12.03.2015 Bekommen die chemischen Substanzen des Erdöl- und Erdgas-Fracking Eingang in das eu- ropäische REACH-Register? Die Landesregierung hat in der Drucksache 17/2620, Seite 65, nachfolgendes Selbstverständnis mit Bezug auf den Grund- und Trinkwasserschutz formuliert: „Als einer der bedeutendsten Aufga- ben der Umweltpolitik fühlt sich die Landesregierung dem Gewässerschutz im Allgemeinen und dem Grund- und Trinkwasserschutz im Besonderen stark verpflichtet.“ Derzeit arbeiten sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung, z. B. im Rahmen einer Bundesratsinitiative, an einer Neuregulierung von Fracking-Vorhaben. Demnach soll jegliches Fra- cking, auch das für die Gewinnung von Erdwärme, ausnahmslos in und unter Wasser- und Heil- quellenschutzgebieten untersagt werden können. Es werden bewusst keine Tiefenbeschränkungen gemacht, sodass Lagerstätten weder durch vertikale noch durch horizontale Bohrungen in mehre- ren Kilometer Tiefe erschlossen werden können. Die Landesregierung hebt deutlich hervor, dass sie keinesfalls Ausnahmetatbestände oder Regulie- rungslücken, die die Durchführung von Fracking-Maßnahmen in und unter wasserrechtlichen Schutzgebieten ermöglichen, zulassen wird. Auf Veranstaltungen, z. B. Parlamentarischer Abend der WEG vom 19. Januar 2015, und u. a. in der Drucksache 17/1695 hebt die Landesregierung aber auch die Bedeutung der heimischen Erd- gasproduktion hervor. Sie weist ebenfalls auf die zunehmende Bedeutung des Energieträgers Erd- gas und auf die wachsende Abhängigkeit von Importen, z. B. aus Russland, hin. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche chemischen Substanzen können bei Fracking-Vorhaben zur Anwendung kommen? 2. Welches prozentuale Mengenverhältnis ergibt sich für Frack-Fluide mit Bezug auf Wasser, Stützmittel, Reibungsminderer, Stabilisatoren und Sonstiges in Prozenten? 3. Welche dieser Substanzen sind toxisch? 4. Welche chemischen oder physikalischen Funktionen haben die chemischen Substanzen für das Fracking? 5. Welche Unterschiede in der Zusammensetzung von Frack-Fluiden ergeben sich mit Bezug auf Fracking in herkömmliche Lagerstätten und Schiefergaslagerstätten? 6. Welche Unterschiede sieht die Landesregierung zwischen Fracking bei herkömmlichen La- gerstätten und Schiefergaslagerstätten? 7. Welche Verpflichtungen ergeben sich bereits heute für Bohrunternehmen, die Frack-Fluids einsetzen, aus Artikel 37 Abs. 4 REACH? 8. Wie viele im Trinkwasser detektierte Stoffe gibt es? 9. Welche Stoffe sind das? 10. Welche dieser Substanzen sind toxisch? 11. Sind die detektierten Stoffe sämtlich in REACH registriert? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 2 12. Inwieweit sind diese detektierten Stoffe deckungsgleich mit den chemischen Substanzen, die bei Fracking-Vorhaben zur Anwendung kommen? 13. Welche Gefahren gehen von den chemischen Substanzen, die bei Fracking-Vorhaben zur Anwendung kommen, in der zur Anwendung kommenden Konzentration auf die naturschutz- fachlichen Schutzgüter aus? 14. Welche Gefahren gehen von diesen Substanzen in der Anlieferungskonzentration und vor der Anwendung für einen Frack auf die naturschutzfachlichen Schutzgüter aus? 15. Vor dem Hintergrund, dass 95 bis 99 % von Frack-Fluiden aus Wasser, Sand und Keramik bestehen: Was spricht aus Sicht der Landesregierung gegen das Einbringen von Wasser, Sand und Keramik in geologische Schichten, um eine wirtschaftliche Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme zu ermöglichen? 16. Vor dem Hintergrund der Informationsarbeit des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasge- winnung e. V., z. B. http://www.erdoel-erdgas.de/Themen/Technik-Standards/Hydraulic-Fractu ring/Info-Plattform-zu-Frackinghttp://www.erdoel-erdgas.de/Themen/Technik-Standards/Hy draulic-Fracturing/Info-Plattform-zu-Frackings: Was fehlt nach Meinung der Landesregierung noch, um ein umfassendes Signal der Transparenz an die Bürgerinnen und Bürger zu sen- den? 17. Ist es richtig, dass Betriebsführer (Auftraggeber) und durchführende Firmen bei hydraulischen Bohrlochbehandlungen die Einzelkomponenten des jeweiligen Frack-Fluid nahezu auf das Gramm genau veröffentlichen? 18. Wie beurteilt die Landesregierung dieses Vorgehen mit Bezug auf Transparenz, Kontrolle und Dialog? 19. Stellt Fracking aus Sicht der Landesregierung eine Risikotechnologie dar? Wenn ja, weshalb? 20. Wie setzt die Landesregierung die „bedingungslose Transparenz bei Risikotechnologien“ (Ko- alitionsvereinbarung Seite 41) bei der Erdgasförderung in Niedersachsen um? 21. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in der Koalitionsvereinbarung: Ist die Landesregie- rung der Meinung, dass auch im Bereich der Erdgasförderung in Niedersachsen viel zu lange ein obrigkeitsstaatlicher Politikstil betrieben wurde? 22. Vor dem Hintergrund der 7-prozentigen Absenkung des Förderzins bei der Erdgasgewinnung durch die rot-grüne Landesregierung: Was hat der Rohölpreis am Weltmarkt mit dem Wert des in Niedersachsen gewonnen Erdgases zu tun? 23. Wieso sieht sich die Landesregierung in der Pflicht, auf Rohölpreisveränderungen politisch zugunsten der heimischen Erdgasförderung zu reagieren? 24. Was hat die Verschärfung der Förderbedingungen mit der Absenkung der Förderabgabe zu tun? 25. Vor dem Hintergrund, dass Umweltminister Wenzel und Wirtschaftsminister Lies die Zukunft der Erdgasförderung in Niedersachsen sichern wollen (PI des MW vom 10.02.2015): Sind mit dem „niedersächsischen Weg“, die weltweit schärfsten Umweltauflagen für die Frack- Technologie am Markt zu schaffen, die Einschränkungen der heimischen Erdgasförderung beendet? 26. Welche Verschärfungen der Auflagen bei der Erdgasförderung kann sich die Landesregierung über die derzeit gültigen hinaus noch vorstellen? 27. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, dass in Niedersachsen Szenen wie im Film „Gasland“ (http://www.gruene.de/themen/energiewende/gasland-dokumentiert-die-gefahren- des-frackings.html) ein- bzw. auftreten? 28. Stimmt die Behauptung: „In vielen Fällen konnten diese Chemikalien auch unmittelbar in der Wasserversorgung nachgewiesen werden. Dazu kommt noch, dass aus dem einmal verlegten Röhrensystem Gas austritt, auch wenn es eigentlich fest mit Zement verschlossen sein sollte. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 3 Das Gas entweicht horizontal in die Luft oder vertikal direkt in das Grundwasser. Die Betreiber wissen darüber seit Jahren Bescheid und verheimlichen es vor der Öffentlichkeit.“ (http://www.gruene.de/themen/energiewende/gasland-dokumentiert-die-gefahren-des- frackings.html)? 29. Wie beurteilt die Landesregierung solche Darstellungen, insbesondere vor dem Hintergrund von Erfahrungen mit der hiesigen Erdgasförderung und den Betreibern in Niedersachsen? 30. Was unternimmt das Umweltministerium gegen vertikal austretende Gase aus Erdgasbohrun- gen, die in die Grundwasserleiter in Niedersachsen eindringen? 31. Nimmt Umweltminister Wenzel mit seinem Wissen über die reale Erdgasförderung in Nieder- sachsen Einfluss auf negative Darstellungen, wie sie z. B. die Partei Bündnis 90/Die Grünen verbreitet? Wenn ja, wie? Wenn nicht, warum nicht? 32. Wird eine Forderung wie „Ein Verbot des Frackings muss dabei mit der positiven Botschaft ei- ner Welt frei von Öl und Gas verbunden werden. Der Übergang zu erneuerbaren Energien ist eine evolutionäre Herausforderung, mit der sich die ganze Welt beschäftigen muss.“ (http://www.gruene.de/themen/energiewende/gasland-dokumentiert-die-gefahren-des- frackings.html) Eingang in das Regierungshandeln der rot-grünen Landesregierung, z. B. durch Umsetzung der „Eine-Welt-Politik“, „Eine zukunftsfähige Eine-Welt-Politik muss eine ressourcenschonende, klimaverträgliche Wirtschafts- und Lebensweises … verfolgen“ (Sei- te 7 der Koalitionsvereinbarung) finden? 33. Wenn ja, wann ist im Sinne der „Eine-Welt-Politik“ in der laufenden Legislaturperiode mit dem Ende der Erdgasförderung in Niedersachsen zu rechnen? 34. Wie passt die Fortsetzung der Erdgasförderung in Verbindung mit der Absenkung des Förder- zins durch die rot-grüne Landesregierung mit der „geringen energiepolitischen Bedeutung“ und den zahlreichen rechtlichen und technischen Unwägbarkeiten der Erdgasförderung, wie sie in der Drucksache 17/2896 zum Ausdruck kommen, zusammen? 35. Vor dem Hintergrund der Drucksache 17/2896: Kann die Landesregierung nach derzeitigem Kenntnisstand eine Gefährdung des Grundwassers durch freiverkäufliche wassergefährdende Chemikalien, Gemische oder Additive, wie sie z. B. im Gartenmarkt (z. B. Pflanzenschutzmit- tel, Düngemittel), Baumarkt (z. B. Lacke oder Farben), Kfz-Zubehörhandel (z. B. Batteriesäu- re, Felgenreiniger) oder durch Reinigungs-, Wasch- oder Färbemittel etc. (siehe u. a. Liste „Wassergefährdende Stoffe, Stoffgruppen und Gemische gemäß Nummer 2.1.1“ des Umweltbundesamtes , http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/dokumente/an hang2.pdf) ausschließen? 36. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung namhafte Umweltexperten, die auch noch vor ei- ner konventionellen Erdgasförderung in Verbindung mit einer UVP und Bürgerbeteiligung au- ßerhalb von gesetzlichen Schutzgebieten warnen? 37. Sind in Niedersachsen die dem Fracking in unkonventionellen Gesteinsformationen zuge- schriebenen potenziellen Befürchtungen, Gefahren oder Umweltschäden bereits aufgetreten? 38. Wo und in welcher Form sind die der gesamten Erdgasförderung im Allgemeinen zugeschrie- benen Befürchtungen, Gefahren und Umweltschäden bereits in Niedersachsen aufgetreten? 39. Zu 38.: Wenn zutreffend: Weshalb konnte die rot-grüne Landesregierung in Kenntnis von Ge- fahren und faktischen Umweltschäden der weiteren Erdgasförderung in Niedersachsen in Verbindung mit der Absenkung des Förderzins auf ein historisches Tief zustimmen? 40. Vor dem Hintergrund des UBA-Gutachtens „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Auf- suchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten“: Teilt die Landes- regierung die Ausführung, dass viele und grundlegende Informationen zu einer fundierten Be- urteilung der Risiken fehlen und man deshalb die Technologie weiter untersuchen sollte? 41. Wenn ja, wie gewährleistet oder unterstützt die Landesregierung diese Forderung des UBA? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 4 42. Unter welchen Voraussetzungen kann die Erdgasförderindustrie mit der Gewinnung von Erd- gas aus unkonventionellen Quellen in Niedersachsen beginnen? 43. Welche Wissens- und Forschungsdefizite sind hierfür noch abzubauen, und wie viele Jahre sind hierfür voraussichtlich noch erforderlich? 44. Wie beurteilt die Landesregierung die dem UBA-Gutachten zu entnehmenden Handlungs- und Verfahrensempfehlungen? 45. Welchen dem UBA-Gutachten zu entnehmenden Handlungs- und Verfahrensempfehlungen wird bereits Rechnung getragen? 46. Welche dem UBA-Gutachten zu entnehmenden Handlungs- und Verfahrensempfehlungen sind aus Sicht der Landesregierung gegebenenfalls vernachlässigbar, und welche sind noch umzusetzen? 47. Wird es nach erfolgter umfänglicher Umsetzung aller dem UBA-Gutachten zu entnehmenden sinnvollen Handlungs- und Verfahrensempfehlungen zu einer Erdgasförderung aus unkonven- tionellen Quellen in Niedersachsen unter einer rot-grünen Landesregierung kommen? (An die Staatskanzlei übersandt am 24.03.2015) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 26.06.2015 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/3214/ Fracking - Die Erdöl- und Erdgasförderung in Niedersachsen hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte zu ei- nem Garanten der heimischen Energieversorgung und einem wichtigen Arbeitgeber in struktur- schwachen Regionen entwickelt. Einschließlich aller Dienstleistungen und Zulieferungen stehen deutschlandweit mehr als 20 000 Arbeitsplätze mit diesem Industriezweig in Verbindung, die über- wiegende Anzahl davon in strukturschwachen Regionen in Niedersachsen. Mit einem jährlichen Produktionswert von rund 5 Milliarden Euro leistet die heimische E&P-Industrie nach wie vor einen erheblichen Beitrag zur Entlastung der Energieimporte nach Deutschland. Mit einem Anteil von rund 10 % im Jahr 2014 trägt die heimische Erdgasproduktion zur Deckung des bundesweiten Erdgasbedarfes aktuell bei. Dieser Anteil ist seit Jahren stark rückläufig, da die produzierenden Lagerstätten einem natürlichen Förderrückgang unterliegen. Noch vor 20 Jahren lag der Versorgungsanteil aus heimischer Erdgasproduktion bei 25 %. Erschwerend kommt hinzu, dass die Weiterentwicklung bestehender Erdgasfelder u. a. aufgrund des seit fast drei Jahren be- stehenden Investitionsstillstandes bei Frac-Vorhaben nicht in dem erforderlichen Maße stattfinden konnte, um den Förderrückgang zu kompensieren. Folglich ist ein Anstieg der Importabhängigkeiten unvermeidbar, zumal der jährliche Erdgasver- brauch in Deutschland weiter zunimmt. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Aus- fuhrkontrolle (BAFA) wurden im Jahr 2014 rund 37 % des in Deutschland verbrauchten Erdgases aus Russland importiert. Damit ist Russland der wichtigste Erdgaslieferant Deutschlands,, gefolgt von den Niederlanden (26 %), Norwegen (22 %) und sonstigen Lieferländern wie Dänemark und Großbritannien mit einem Anteil von rund 4 %. Zukünftig ist damit zu rechnen, dass der russische Importanteil weiter anwachsen wird, da Russland über große Erdgasreserven verfügt und dadurch die Förderung substanziell steigern kann. Diese Entwicklung birgt jedoch Risiken, die sich auf die Versorgungssicherheit und Preisstabilität in Deutschland auswirken können. Insbesondere die geo- politischen Entwicklungen im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine verdeutlichen, dass ei- ne Diversifizierung der Erdgasversorgung auf verlässliche Bezugsquellen notwendig ist. Die um- weltverträgliche Nutzung heimischer Ressourcen kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 5 Nach Angaben des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) betragen die nach- weislich bekannten Erdgasreserven in Deutschland derzeit rund 103,6 Milliarden m 3 (davon 102,0 Milliarden m 3 in Niedersachsen). Diese Menge ergibt im Vergleich mit der Jahresfördermen- ge eine statische Reichweite der Reserven von 9,7 Jahren. Ergänzend dazu werden im Bereich von konventionellen Lagerstätten weitere Förderpotenziale von rund 110 Milliarden m 3 für Deutsch- land prognostiziert (allein 90 Milliarden m 3 im Tight-Gas). Sofern diese Potenziale zu Reserven entwickelt werden könnten, würde sich die statische Reichweite der Erdgasförderung (bei gleich- bleibender Fördermenge) mehr als verdoppeln. Um in Niedersachsen vorhandene Tight-Gas-Lagerstätten, sehr dichte und vor allem tief im geolo- gischen Untergrund liegende Sandsteinlagerstätten, technisch und wirtschaftlich erschließen zu können, wird der Einsatz der Frac-Technologie bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Dahingegen lehnt die Landesregierung die Anwendung der Frac-Technologie in unkonventionellen Lagerstätten ab. Ausschlaggebend für diese Entscheidung sind vor allem die Aussagen unter- schiedlicher wissenschaftlicher Gutachten zum Thema Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (Schiefer- bzw. Tongestein). Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Bei den in Niedersachsen bisher eingesetzten Frac-Flüssigkeiten handelt es sich überwiegend um ein Gemisch aus Wasser und mineralischen Stützmitteln, dem Additive (verschiedene Chemikalien) nur soweit zugesetzt werden, wie dies den Umständen entsprechend erforderlich ist. Die Anzahl und Mengen der beim Fracking eingesetzten Additive variieren dabei in Abhängigkeit von den geo- logischen Gegebenheiten (z. B. Gesteinstemperaturen) sowie den Eigenschaften der Gesteine und der Tiefe der Lagerstätte. Jedes Additiv erfüllt dabei einen bestimmten oder mehrere Zwecke, so- dass die Zusammensetzung der Frac-Fluide für jedes Vorhaben individuell abgestimmt wird. In der Vergangenheit wurde eine große Vielfalt an chemischen Zusatzstoffen verwendet. Die fol- gende Tabelle gibt hierzu einen Überblick. Stoffklasse Anwendungszweck Beispiele Biozid Verhindert Bakterienwuchs Terpene, Isothiazolinone (z. B. 1,2-benzisothiazol-3-(2H)-one oder 2-methyl-4-isothiazolin-3-one) Puffer pH-Kontrolle Anorganische Säuren und Basen (z. B. Flusssäure, Ammoniumbisulfit) Kettenbrecher Verringerung der Viskosität, verbesserte Rückholung der Fluide Sulfate, Peroxide (z. B. Ammoniumpersulfat , Kalziumperoxid) Korrosionsschutz Schutz der Anlage, Ausrüstung und des Bohrrohres Säuren, Alkohole, Sulfite, (z. B. 2-Butoxyethanol, Aminbisulfit) Quervernetzer Unterstützende Gelausbildung, Erhöhung der Viskosität zum leichteren Sandtransport Borate, Übergangsmetalle in Kombination mit Komplexbildnern (z. B. Zirkoniumoxide , -sulfate) Reibungsminderer Verringerung der Reibung beim Einpumpen des Fracturing -Fluids Polyacrylamid, Petroleumdestillate, z. B. Aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol) Gelbildner Unterstützende Gelausbildung, Erhöhung der Viskosität zum leichteren Sandtransport, idealer Stützmitteltransport Guarkernmehl, Hydroxyethylzellulose, Polymere (z. B. Acrylamidcopolymer, Vinylsulfonat) Ablagerungshemmer Verhinderung von mineralischen Ablagerungen in der Bohrung Säuren, Phosphonate, (z. B. Dodecylbenzol , Sulfonsäure, Kalziumphosphonat ) Tenside Emulsionsbildung und Salinitätstoleranz Amine, Glykolether, Nonylphenolethoxylate Quelle: SHIP - Shale Gas Information Platform Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 6 Eine dezidierte Auflistung sämtlicher Einzelsubstanzen, die bei insgesamt 326 einzelnen Frac-Maß- nahmen in Niedersachsen in rund fünf Jahrzehnten verwendet wurden, war angesichts der zur Ver- fügung stehenden Bearbeitungszeit und des lückenhaften Informationsgehaltes älterer Aktenbe- stände bisher nicht möglich. Das im laufenden Bundesratsverfahren zur Anpassung des Wasser- haushaltsgesetzes für Frac-Maßnahmen vorgesehene Stoffregister, das von Niedersachsen unter- stützt wird, wird zukünftig eine detailscharfe standortabhängige Auflistung aller Inhaltsstoffe von Frac-Flüssigkeiten gewährleisten. Im Bereich des Erdgasfeldes Söhlingen hat die Landesregierung die konkrete Zusammensetzung der eingesetzten Frac-Fluide bekannt gegeben (Drs. 16/3591 vom 19.04.2011). Zu 2: Zunächst ist festzustellen, dass im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte hinsichtlich der Frac-Techno- logie in Niedersachsen eine kontinuierliche Weiterentwicklung stattfand, was u. a. zu einer erhebli- chen Reduzierung der eingesetzten Additive führte. So wurden bei den letzten drei Frac-Maßnahmen in Niedersachsen im Juni/Juli 2011 (Buchhorst T12, Höhnsmoor Z1, Völkersen Nord Z5a) Stoffgemische eingesetzt, die einen Chemikalienanteil von 2,57 bis 3,8 % aufgewiesen haben. Im Vergleich dazu lag der Chemikalienanteil bei einem Frac in der Bohrung Söhlingen Ost Z4 im Mai 1991 noch bei 19,7 %. Wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, hängt die Zusammensetzung der Frac-Flüssigkeiten pri- mär von den spezifischen Bedingungen am Einsatzort ab. Prinzipiell ist hierbei zwischen den soge- nannten Gel-Fracs und den sogenannten Slickwater-Fracs unterschieden. Der maßgebende Unter- schied zwischen Gel-Fracs und Slickwater-Fracs liegt in dem deutlich niedrigeren Stützmittelbedarf, der aufgrund der Gesteinseigenschaften und Tiefenlage von unkonventionellen Lagerstätten in der Regel benötigt wird. In Niedersachsen wurden bisher zumeist Gel-Fracs durchgeführt, um die sehr komplexen techni- schen Anforderungen (u. a. Transport des Stützmittels im Bohrloch, Temperaturstabilität des was- serbasierten Stoffgemisches) bei der Erschließung sehr tiefliegender Tight-Gas-Lagerstätten (mehr als 3 000 m tief) realisieren zu können. Bei der letzten in Niedersachsen durchgeführten Frac-Maß- nahme (Buchhorst T12 im Juli 2011) wurden beispielsweise 96,1 % Wasser und 3,9 % Additive (bezogen auf den Flüssigkeitsanteil) eingesetzt. Bezogen auf das Gesamtfluid betrug der Anteil des benötigten Stützmittels dabei 28,4 %. Die Erdgasindustrie geht davon aus, dass bei zukünftigen Frac-Behandlungen die Zusammenset- zungen von Frac-Flüssigkeiten in der Größenordnung von 97 bis 99,8 % Wasser, 0,2 bis 3 % Addi- tive (bezogen auf den Flüssigkeitsanteil) und 5 bis 30 % Stützmittel (bezogen auf das Gesamtfluid) liegen werden. Im Gegensatz dazu werden Slickwater-Fracs bei der Erschließung unkonventioneller Erdgaslager- stätten durchgeführt und haben sich in den USA zur Standardtechnologie entwickelt. Die Frac- Flüssigkeiten enthalten gewöhnlich 98 bis 99 % Wasser, 1 bis 2 % Stützmittel und weniger als 1 % Additive. In Niedersachsen wurde bisher eine einzige Bohrung zur Erschließung unkonventioneller Schiefer- gashorizonte abgeteuft und hydraulisch behandelt (Damme 3 im November 2008). Bei diesem Vor- haben wurde ein Stoffgemisch verpumpt, welches rund 98 % Wasser, rund 2 % Stützmittel und 0,2 % Additive enthielt (Plenarprotokoll 16/102 vom 17.03.2011). Zu 3: Grundsätzlich ist anzumerken, dass die in Niedersachsen beim Fracking zuletzt eingesetzten Stoff- gemische als nicht giftig, nicht umweltgefährdend und lediglich schwach wassergefährdend einge- stuft wurden. Jedoch wurden Einzelstoffe, die im Sinne der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung) als giftig, gesundheitsgefährdend, stark wassergefährdend und hinsichtlich weiterer gefährlichen Ei- genschaften einzustufen und zu kennzeichnen sind, eingesetzt. Die CLP-Verordnung löst schritt- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 7 weise die bisherige Stoffrichtlinie 67/548/EWG und die Zubereitungsrichtlinie 1999/45/EG zum 01.06.2015 ab. Die Kriterien für die Gefährlichkeitsmerkmale und die Gefahrenklassen ähneln sich im Allgemeinen. Strengere Einstufungen gibt es für die Gefahrenklassen „Akute Toxizität“ und „As- pirationsgefahr“ in der CLP-Verordnung. Auch die allgemeinen Konzentrationsgrenzwerte für die Einstufung von Gemischen hinsichtlich der Reiz-/Ätzwirkung und der Reproduktionstoxizität liegen für diese Gefahrenklassen niedriger. Beispielhaft sind die im Erdgasfeld Söhlingen eingesetzten Frac-Chemikalien (s. o. Drs. 16/3591) genauer betrachtet worden. Von den darin aufgeführten 78 Stoffen konnten einige nicht bewertet werden, da deren zu allge- mein bezeichnete Stoffnamen keinen ausreichenden Rückschluss auf die chemische Zusammen- setzung erlauben, weswegen die Einstufung für diese Inhaltsstoffe so nicht möglich ist. Insgesamt 32 Stoffe waren als gefährlich im Sinne der CLP-Verordnung einzustufen, wobei hier nur die Ge- sundheitsgefährdung sowie die Wassergefährdung berücksichtigt wurden. Im Detail gehen von die- sen Stoffen folgende Gefährdungen (zum Teil Mehrfachnennungen) aus: – 44 Stoffe - akute gesundheitliche Toxizität, – 15 Stoffe - spezifische Zielorgantoxizität, – 3 Stoffe - kanzerogen, – 1 Stoff - reproduktionstoxisch, – 2 Stoffe - mutagen, – 51 Stoffe - reizend für Augen und Haut, – 3 Stoffe - akute Wassertoxizität, – 7 Stoffe - chronische Wassertoxizität. Eine umfassende Auflistung sämtlicher giftiger Substanzen, die in den letzten Jahrzehnten beim Fracking eingesetzt wurden, ist im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage sowie unter Be- rücksichtigung der bestehenden Aktenlage nicht möglich. Zu 4: Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Zu 5: Die fortlaufende Weiterentwicklung der Frac-Technologie zeigt, dass sich tendenziell die Zusam- mensetzung bei Frac-Fluiden für Schiefergaslagerstätten hin zu „mehr Wasser und weniger Additiven “ verschiebt. Aufgund der geringeren Tiefen bei Frac-Behandlungen in Schiefergaslagerstätten sind z. B. die Anforderungen an die Temperaturbeständigkeit der eingesetzten Fluide oder das Pumpvermögen der Stützmittel wesentlich geringer. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. Zu 6: Nach Einschätzung der Landesregierung ist eine Differenzierung zwischen konventionellen und un- konventionellen Kohlenwasserstoffvorkommen erforderlich, zumal unterschiedliche Lagerstättenty- pen, deren Lage und das darauf aufbauende spezifische Frac-Konzept (Drücke, Zusammenset- zung der Frac-Flüssigkeiten) einen großen Einfluss auf die Risikobeurteilung und die damit verbun- dene Gefährdungsabschätzung für die zu beurteilenden Umweltschutzgüter (Menschen, menschli- che Gesundheit, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kul- turgüter, sonstige Sachgüter) nehmen. So ist allgemein festzustellen, dass im Vergleich zu den konventionellen Erdgaslagerstätten die in Niedersachsen vorhandenen unkonventionellen Erdgas- lagerstätten deutlich näher an der Erdoberfläche anzutreffen sind und dadurch der Abstand zu den nutzbaren Trinkwasserhorizonten deutlich geringer ist. Vor diesem Hintergrund unterscheiden auch die staatlichen geologischen Dienste der Länder und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in ihrer „Stellungnahme zu den geowis- senschaftlichen Aussagen des UBA-Gutachten, der Studie NRW und der Risikostudie des Exxon- Mobil InfoDialogprozesses zum Thema Fracking“ (März 2013) zwischen konventionellen und un- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 8 konventionellen Lagerstätten. Demnach sind Erdgasvorkommen aus dichten Gesteinen (Tightgas) als konventionell zu bezeichnen, während Schiefergas- oder Kohleflözgaslagerstätten als unkon- ventionelle Lagerstätten definiert werden. Die Erfahrungen aus den USA zeigen, dass aufgrund der dortigen geologischen Verhältnisse für eine wirtschaftlich erfolgreiche Förderung von Erdgas aus Schiefergestein eine Vielzahl von Boh- rungen und damit an Frac-Maßnahmen erforderlich ist. Ebenfalls ist der Wasserverbrauch bei der- artigen Maßnahmen deutlich größer als bei Frac-Maßnahmen in konventionellen Lagerstätten. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. Zu 7: Gemäß der REACH-Verordnung (REACH-VO) müssen vom jeweiligen Registranten nicht nur die einzelnen chemischen Stoffe registriert, sondern auch der jeweilige Verwendungszweck definiert angegeben werden. Für den Einsatz in Frac-Fluiden wird zz. auf EU-Ebene eine eigene Kategorie für Inhaltsstoffe geprüft. Die ECHA hat am 13.03.2015 die Registranten entsprechender Stoffe auf- gefordert, ihre jeweiligen Registrierungsdossiers anzupassen. Derzeit kann von einem REACH-gemäßen Verwendungszweck ausgegangen werden, wenn expli- zit der sogenannte sector of end use die Nummern SU 2a „Mining“ oder SU 2b „Offshore industries“ aufweist. Ist dies nicht der Fall, ist vom Verwender (in diesem Fall dem Frac-Unternehmen) gemäß Artikel 37.4 der REACH-VO ein gesonderter Stoffsicherheitsbericht vorzulegen. Darüber hinaus ist die zuständige Überwachungsbehörde gefordert, in den Sicherheitsdatenblättern von Frac-Fluids den Namen des jeweiligen Stoffregistranten, die jeweilige Registrierungsnummer sowie den zulässigen Verwendungszweck zu überprüfen. Zu 8 und 9: Die Fragen 8 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, existiert in Niedersachsen keine umfassende Auf- listung sämtlicher Einzelsubstanzen, die bei Frac-Maßnahmen zum Einsatz gekommen sind. Inso- fern beschränkt sich die Beantwortung der Fragen 8 bis 11 exemplarisch auf die im Erdgasfeld Söhlingen eingesetzten Frac-Fluide, die im Rahmen der Beantwortung der Drs. 16/3591 aufgeführt wurden. Die Abfrage beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als der für Rohwasser zuständigen Dienststelle hat ergeben, dass nicht alle der in der Drs. 16/3591 aufgelisteten Parameter im Untersuchungsumfang an Rohwassermessstellen (Anla- ge 1 zur Ausführungsbestimmung Rohwasseruntersuchungen und Untersuchungen an Vorfeld- messstellen (RdErl. d. MU v. 12.12.2012 - 23-62003/11) aufgeführt sind. Für lediglich fünf Stoffe liegen Untersuchungsergebnisse vor (s. nachstehenden Tabelle), davon vier unterhalb des jeweili- gen Bestimmungsgrenze. Der Parameter Diethylenglycoldinitrat wurde 13-mal an verschiedenen Messstellen untersucht, jedoch nur einmal (2008) im Rohwasser dokumentiert. Insoweit liegt dem NLWKN zu den infrage stehenden Parametern keine ausreichend belastbare Datenbasis vor. Stoff/Parameter Anzahl Untersuchun - gen Einheit Min Messwert Max Messwert (eingeschränkter ) Bezug zu den Stoffen gemäß Frage 3 Methanol 4 mg/l < 10 < 10 Methanol Propanol 9 mg/l < 0,00005 < 0,00005 Propanol-1 Propanol-2 Ethylenglycoldinitrat 13 mg/l < 0,0001 < 0,0005 Diethylenglykol Diethylenglycoldinitrat (DEGN), Präkursor für Diethylenglykol 13 mg/l < 0,0001 0,00091 Diethylenglykol Nitroglycerin, Präkursor für Glycerin 80 mg/l < 0,0001 < 0,0005 Glycerin Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 9 Die Auswertung der Trinkwasserdatenbank beim Niedersächsischen Landesgesundheitsamt, der für Trinkwasser zuständigen Dienststelle, gibt nachfolgendes Ergebnis, wobei darauf hinzuweisen ist, dass - bis auf Benzol - die in der Drs. 16/3591 aufgeführten Stoffe/Stoffgemische keine Parame- ter der Trinkwasserverordnung sind und somit üblicherweise nicht im Rahmen der Trinkwas- serüberwachung gemessen werden. Dementsprechend liegen für diese Stoffe keine Daten vor. Stoff/Parameter Anzahl Untersuchun - gen Einheit Min Messwert Max Messwert (eingeschränkter) Bezug zu den Stoffen gemäß Frage 3 Ethylenglykoldinitrat 6 mg/l < 0,0001 < 0,0005 Diethylenglykol Diethylenglykoldinitrat (DEGN), Präkursor für Diethylenglykol 6 mg/l < <0,0001 < 0,0005 Diethylenglykol Nitroglycerin (NG), Präkursor für Glycerin 6 mg/l < 0,0001 < 0,0005 Glycerin Benzol 7433 mg/l < n.n. (<0,00001) 0,001 Diesel Ethylbenzol 263 mg/l < n.n. (<0,0001) < 0,001 Diesel Toluol 269 mg/l < n.n. (<0,00025) < 0,001 Diesel o-Xylol 290 mg/l < n.n. (<0,0001) 0,05 Diesel m-Xylol 21 mg/l < 0,001 < 0,001 Diesel p-Xylol 21 mg/l < 0,001 < 0,001 Diesel Zu Diesel: Nach IARC-Monographie DIESEL FUELS ( http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/ vol45/mono45-10.pdf) sind folgende Spurenbestandteile bekannt: „Diesel fuels may also contain minor amount of constituents such as n-hexane (below 0.1 %), benzene (below 0.02 %), toluene, xylenes and ethyl benzene (0.25-0.5 %)“. Der Explosivstoff Diethylenglykoldinitrat kann unter Umweltbedingungen zu dem entsprechenden Alkohol (Nr. 20) metabolisiert werden wie auch Nitroglycerin zu Glycerin (Nr. 28). Dass die Explo- sivstoffe Ethylenglykoldinitrat, Diethylenglykoldinitrat und Nitroglycerin in Roh- und Trinkwasser un- tersucht worden sind, dürfte auf Anlass bezogene Untersuchungen zu Rüstungsaltlasten zurückge- hen. Der Landesregierung sind keine Hinweise oder Anhaltspunkte bekannt, die einen Eintrag von Be- standteilen der beim Fracking eingesetzten Stoffe ins Trinkwasser vermuten lassen. Zu 10: Bezugnehmend auf die Liste der detektierten Stoffe (siehe Antwort zu den Frage 8 und 9) sind nachfolgende Stoffe als gefährlich gemäß der CLP-Verordnung eingestuft: Stoff/Parameter Einstufung gemäß CLP-Verordnung Methanol Akute Toxizität 3 (oral, inhalativ, dermal) Propanol Akute Toxizität 4 (reizend) Ethylenglykoldinitrat Akute Toxizität 1 (dermal) Akute Toxizität 2 (oral, inhalativ) Spezifische Zielorgan-Toxizität Diethylenglykoldinitrat (DEGN), Präkursor für Diethylenglykol Akute Toxizität 1 (dermal) Akute Toxizität 2 (oral, inhalativ) Spezifische Zielorgan-Toxizität Nitroglycerin (NG), Präkursor für Glycerin Akute Toxizität 2 (dermal, oral, inhalativ) Spezifische Zielorgan-Toxizität Aquatische Toxizität 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 10 Stoff/Parameter Einstufung gemäß CLP-Verordnung Benzol Aspirations-Toxizität 1 Mutagen 1B Carcinogen 1 A Ethylbenzol Akute Toxizität 4 (inhalativ) Spezifische Zielorgan-Toxizität Aspirations-Toxizität 3 Aquatische Toxizität 3 Toluol Aspirations-Toxizität 1 Reproduktions-Toxizität 2 Spezifische Zielorgan-Toxizität o-Xylol Akute Toxizität 4 (inhalativ, dermal) m-Xylol Akute Toxizität 4 (inhalativ, dermal) p-Xylol Akute Toxizität 4 (inhalativ, dermal) Zu 11: Für alle aufgeführten Stoffe liegen bei der Europäischen Chemikalienbehörde ECHA Registrierun- gen vor. Da jedoch von der ECHA für alle Hersteller in Europa/ Importeure nach Europa jeweils Registrierungen erforderlich sind (> 1t/a), kann nur aus den Sicherheitsdatenblättern der Frac- Fluids nachgeprüft werden, ob die jeweiligen Stoffe registriert worden sind - siehe dazu auch Ant- wort zu Frage 3. Zu 12: Auf die Antwort zu den Fragen 8 und 9 wird verwiesen. Zu 13 und 14: Die Fragen 13 und 14 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. In der Vergangenheit kamen unterschiedliche Stoffe bei Frac-Behandlungen zur Anwendung, die als Einzelstoff nach aktuellem Chemikalienrecht kennzeichnungspflichtig sind. Hingegen sind die Frac-Flüssigkeiten in ihrer Verwendungszusammensetzung zum Teil nicht kennzeichnungspflichtig nach Chemikalienrecht. Die kennzeichnungspflichtigen Einzelstoffe weisen ein Gefahrenpotenzial für die jeweiligen Schutz- güter auf (u. a. reizend, toxisch, wassergefährdend, kanzerogen). An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass seit 2011 keine Frac-Maßnahme in Niedersachsen mehr genehmigt und durchgeführt wurde. Aufgrund der Weiterentwicklung der Frac-Flüssigkeiten in dieser Zeit liegen der Landesregierung bisher keine Informationen vor, welche konkreten Einzel- stoffe bei künftigen hydraulischen Behandlungen zum Einsatz kommen sollen. Die Beurteilung technischer Maßnahmen zur Verhinderung eines unkontrollierten Austritts von Stof- fen beim Fracking ist zentraler Gegenstand des Genehmigungsverfahrens. Aufgrund der standort- abhängig eingesetzten Konzentrationen einzelner Stoffe in den Frac-Fluiden ist hinsichtlich der Auswirkungen auf Umweltschutzgüter eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich. Insofern sind pauschale Aussagen zum Gefahrenpotenzial einzelner Substanzen wenig Ziel führend. Zu 15: Die Durchführung einer Frac-Maßnahme wird individuell geplant und bedarf stets einer einzelfallbe- zogenen detaillierten Prüfung. Im Rahmen der Genehmigungsentscheidung sind insbesondere technische und geologische Aspekte sowie sämtliche Belange des Umweltschutzes maßgebend zu berücksichtigen. Eine Reduzierung der Prüfung auf die Zusammensetzung der Frac-Flüssigkeiten kommt der Kom- plexität dieses Sachverhaltes nicht nach, weswegen pauschale Aussagen zur rechtlichen und tat- sächlichen Durchführbarkeit von Frac-Maßnahmen nicht getroffen werden können. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 11 Zu 16: Ziel der Landesregierung ist es, die Bürgerinnen und Bürger möglichst umfassend und frühzeitig in die Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit Vorhaben zur Anwendung der Frac-Techno- logie einzubinden. Hierzu sind die mit diesen Vorhaben verbundenen Planungs- und Verfahrens- prozesse so zu gestalten, dass eine größtmögliche Transparenz hergestellt und die Möglichkeiten der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und Konfliktlösung ausgeschöpft werden. Obwohl viele Unternehmen der Erdöl- und Erdgasindustrie inzwischen auf freiwilliger Basis eine verstärkte Öf- fentlichkeitsarbeit durchführen, hält die Landesregierung eine Änderung des zugrundliegenden Rechtsrahmens für unabdingbar, um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Während für den Planungsprozess die geforderte frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bereits rechtlich geregelt ist, fehlt diese für den Prozess zur Genehmigung von Frac-Vorhaben. Daher hat sich die Landesre- gierung erfolgreich dafür eingesetzt, dass in den nunmehr vorliegenden Entwürfen zur Änderung der UVP-V-Bergbau für derartige Vorhaben in konventionellen Lagerstätten ein Planfeststellungs- verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist. Die damit verbundene Öffentlichkeits- beteiligung trägt nicht nur zur Erhöhung der Transparenz bei, sondern entspricht dem nachvollzieh- baren verstärkten Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit. Zu 17: Es ist zutreffend, dass viele Unternehmen der in Niedersachen tätigen Erdöl- und Erdgasindustrie inzwischen die Inhaltstoffe von Frac-Flüssigkeiten veröffentlicht haben. Diese Veröffentlichung er- folgte auf freiwilliger Basis, umfasst jedoch nicht alle in Niedersachsen durchgeführten Frac-Vorha- ben. Insofern hält die Landesregierung eine rechtlich verbindliche Vorgabe zur Veröffentlichung al- ler der bei zukünftigen Frac-Vorhaben in den Frac-Flüssigkeiten enthaltenen Inhaltsstoffe für erfor- derlich. Dieser Kernforderung der Landesregierung ist die Bundesregierung in den aktuellen Vor- schlägen zur Anpassung des Wasserrechts gefolgt, sodass zukünftig zwei Wochen nach Antrag- stellung die Inhaltstoffe von der Genehmigungsbehörde im Internet veröffentlicht werden sollen. Zu 18: Die Landesregierung begrüßt grundsätzlich die Veröffentlichungen der Industrie zu der Zusammen- setzung von Frac-Flüssigkeiten von bisher durchgeführten Frac-Vorhaben. Dies erhöht nicht nur die Transparenz, sondern beantwortet viele Fragen zur bisherigen Anwendung dieser Technologie. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 17 verwiesen. Zu 19: Der Begriff „Risikotechnologie“ bezüglich Fracking basiert auf der Tatsache, dass die Anwendung jeder Technologie mit Risiken verbunden ist. Dabei definiert sich „Risiko“ als das Produkt aus der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses und der Höhe des Schadens. Nach über 30-jähriger Anwendung dieser Technologie in konventionellen Erdgaslagerstätten Niedersachsens ist festzu- stellen, dass bei dieser Technologie sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit als auch die Höhe des Schadens auf einem eher niedrigen Niveau liegen. Dennoch ist die Anwendung der Frac-Techno- logie selbstverständlich mit Risiken verbunden. In den Medien wird der Begriff „Risikotechnologie“ sowohl im Zusammenhang mit der Anwendung der Kernenergie als auch der Anwendung der Frac-Technologie verwendet. Insbesondere mit Blick auf die potenzielle Höhe des Schadens aus der Anwendung dieser beiden Technologien hält die Landesregierung an dieser Stelle eine differenzierte Betrachtungsweise für erforderlich. Zu 20: Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die aus der Anwendung der Frac-Technologie resul- tierenden Risiken eindeutig identifiziert und soweit wie möglich minimiert werden. Hierzu unterstützt die Landesregierung die Entwicklung eines bundesweit gültigen Rechtsrahmens, der die Anforde- rungen an die Anwendung dieser Technologie deutlich verschärft. Darüber hinaus haben das Nie- dersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und das Niedersächsische Ministeri- um für Umwelt, Energie und Klimaschutz im Dialog mit Bürgerinitiativen, Umweltschutzverbänden, der Wasserversorgungswirtschaft, den zuständigen Fachbehörden und der Industrie einen Erlas- sentwurf erarbeitet, der die Rahmenbedingungen für mögliche zukünftige Genehmigungen von Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 12 Frac-Vorhaben in konventionellen Sandsteinlagerstätten definiert. Dieser Erlass soll in Verbindung mit den angestrebten Rechtsänderungen auf Bundesebene nicht nur zur Erhöhung der Transpa- renz beitragen, sondern auch der weiteren Minimierung der Restrisiken dienen. Zu 21: Der Landesregierung steht es grundsätzlich nicht zu, den Politikstil anderer Landesregierungen oder die Firmenpolitik von Unternehmen der Privatwirtschaft zu bewerten. Hinsichtlich der rohstoffpolitischen Rahmenbedingungen hat die Landesregierung in den vergange- nen zwei Jahren den Dialog mit den Unternehmen der Erdgasindustrie sowie interessierten Bürge- rinnen und Bürgern und Umwelt- und Naturschutzverbänden intensiviert, damit deren Belange ver- stärkt in politische Entscheidungsprozesse einfließen können. Insofern unterscheidet sich die Lan- despolitik, auch an dieser Stelle, von der einen Obrigkeitsstaat prägenden politischen Ordnung, die nach allgemeinem Verständnis den Herrscher und den autoritären Staat über das Volk und dessen Beteiligungsmöglichkeiten stellt. Zu 22 und 23: Die Fragen 22 und 23 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Grundlage für die Erhebung der Förderabgabe ist der durch das Bundesberggesetz vorgegebene rechtliche Rahmen. Danach haben die Inhaber von bergrechtlichen Bewilligungen und Bergwerks- eigentümer für die innerhalb des jeweiligen Jahres gewonnenen Bodenschätze eine Förderabgabe zu entrichten. Diese beträgt grundsätzlich 10 % (Regelabgabesatz) des Marktwerts oder Bemes- sungsmaßstabs, d. h. des Wertes, der für im Geltungsbereich des Bundesberggesetzes gewonne- ne Bodenschätze dieser Art innerhalb des Erhebungszeitraums (Kalenderjahr) durchschnittlich er- zielt wird. Die Förderabgabe knüpft somit an den Wert des Bodenschatzes und nicht an Gewin- ne/Verluste der Förderunternehmen an. Unter bestimmten im Bundesberggesetz abschließend normierten Voraussetzungen (u. a. Abwehr einer Gefährdung der Wettbewerbslage der gewinnenden Unternehmen, Sicherung der Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, Verbesserung der Ausnutzung von Lagerstätten, Schutz sonstiger volkswirtschaftlicher Belange) können die Länder einen vom Regelabgabesatz abweichenden, d. h. höheren (maximal 40 %) oder niedrigeren Abgabesatz festsetzen oder die Abgabepflichtigen auch gänzlich von der Förderabgabe befreien. Die Förderabgabe stellt sich damit als ein flexibles In- strument der Wirtschaftspolitik dar, mit dem staatlicherseits in angemessener Weise auf Markt- schwankungen bei den Bodenschätzen reagiert werden kann. Entsprechend den rechtlichen Vorgaben des Bundesberggesetzes hat die Landesregierung im De- zember 2014 u. a. entschieden, den Abgabesatz für das in Niedersachsen gewonnene Erdgas von 37 auf 30 % und für das in Niedersachsen gewonnene Erdöl von 19 auf 18 % zu senken. Grundla- ge für diese Entscheidung waren eine Abschätzung der Öl- und Gaspreisentwicklungen auf den Weltmärkten im kommenden Jahr und eine Bewertung möglicher Auswirkungen dieser Preisent- wicklungen auf den Wert des in Niedersachsen geförderten Erdgases und Erdöls. Weiterhin flossen neben dem gesamtstaatlichen Interesse an der Sicherheit der Rohstoffversorgung Deutschlands, der Verbesserung der Ausnutzung der heimischen Felder und volkswirtschaftlichen Belangen (Er- halt von Arbeitsplätzen und Infrastruktur in Niedersachsen) auch die wirtschaftliche Situation der Förderindustrie und deren Interesse an einer rentablen Ausförderung der hiesigen Felder in die Entscheidung ein. Die Landesregierung hat damit den vom Bundesberggesetz vorgegebenen rechtlichen Rahmen bei der Festsetzung der Abgabesätze auf die Bodenschätze Erdgas und Erdöl für den Erhebungszeit- raum 2015 in angemessener Weise umgesetzt. Zu 24 und 25: Die Fragen 24 und 25 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die in Niedersachsen tätigen Unternehmen der Erdöl- und Erdgasförderindustrie haben seit 2011 aufgrund der Diskussionen im öffentlichen und politischen Raum freiwillig auf die zuvor seit rund fünf Jahrzehnten erfolgreich angewendete Frac-Technologie verzichtet. Da über ein Drittel der nie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 13 dersächsischen Erdgasförderung aus gefracten Bohrungen stammt, führte dies zu Einschränkun- gen bei der Erdgasförderung. Die Landesregierung hat die Entscheidung der Unternehmen mit Respekt zur Kenntnis genommen und sich gleichzeitig um die von der Öffentlichkeit wiederholt ge- forderte und aus Sicht der Landesregierung notwendige Anpassung des Rechtsrahmens einge- setzt. Wann die Beratungen in Bundestag und Bundesrat zur Anpassung des Rechtsrahmens en- den, lässt sich derzeit nicht zuverlässig vorhersagen. Die Bundesregierung geht derzeit von einem Ende der Beratungen im Sommer 2015 aus. Ergänzend bleibt festzustellen, dass mit der Senkung des Abgabesatzes für das in Niedersachsen geförderte Erdgas keine Verschärfung der Rahmenbedingungen für die Erdgasförderung verbun- den war. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 23 verwiesen. Zu 26: Die Rahmenbedingungen für die Erdgasförderung werden kontinuierlich entsprechend der Fortent- wicklung des Standes der Technik sowie neuerer Erkenntnisse weiterentwickelt. Welche konkreten Weiterentwicklungen in der Zukunft zu erwarten sind, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Im Übrigen bleibt das Ergebnis des bereits angesprochenen Rechtssetzungsverfahrens abzuwar- ten (siehe Antwort zu den Fragen 24 und 25). Zu 27: Zunächst ist daraufhin zu weisen, dass Presseberichten zufolge die im Dokumentarfilm „Gasland“ aufgestellten Behauptungen weitestgehend widerlegt bzw. vom verantwortlichen Dokumentarfilmer Josh Fox selbst zurückgenommen wurden. Gleichwohl wurden im Rahmen der unterschiedlichen Untersuchungen und Gutachten zu den Aus- wirkungen der Frac-Technologie (Exxon 1 , UBA 2 , NRW 3 , SRU 4 ) Risiken identifiziert, die bei Miss- achtung der in Niedersachsen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen z. B. zu einem Eintrag von Frac-Chemikalien ins Grundwasser durch unsachgemäßen Umgang auf dem Betriebs- platz führen könnten. Zu 28: In Niedersachsen muss die Zementation und Verrohrung einer Tiefbohrung spezielle gesetzliche Anforderungen erfüllen (§ 19 der Tiefbohrverordnung), um das Bohrloch dauerhaft und sicher ge- genüber den umgebenden Gesteinsschichten abzudichten. Die Verrohrung einer Bohrung setzt sich aus unterschiedlichen Rohrtouren zusammen, die tele- skopartig ineinander greifen. Durch die überlappenden Rohrtouren wird ein multifunktionales Barri- erensystem geschaffen, welches das umgebende Gestein von der Erdgaslagerstätte trennt. Sämtli- che Rohrtouren werden dabei entsprechend bewährten technischen Regelwerken auf die zu erwar- tenden Beanspruchungen ausgelegt (u. a. Druck- und Zugfestigkeiten, Rohrmaterial). Nach Einbau der Rohrtouren werden diese zementiert und somit dauerhaft im Gebirge verankert. Im Bereich nutzbarer Grundwasserhorizonte, nicht genutzter Erdöl- und Erdgaslagerstätten und salzwasserführender Gebirgsschichten sind entsprechend lange Zementationsstrecken vorge- schrieben, um Wechselwirkungen zwischen diesen Schichten zu vermeiden. Darüber hinaus ist die Durchführung der Zementation permanent zu überwachen. Anschließend sind die Lage und die Qualität der Zementationsstrecken messtechnisch nachzuweisen. Dadurch ist sichergestellt, das fehlerhafte Zementationen erkannt und ausgebessert werden können. 1 http://dialog-erdgasundfrac.de/sites/dialog-erdgasundfrac.de/files/Ex_Risikostudie_Fracking_ 120518_webansicht.pdf 2 http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4346.pdf 3 http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/gutachten_fracking_nrw_2012.pdf 4 http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2012_2016/2013_05_AS_18 _Fracking.pdf?__blob=publicationFile Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 14 Ob und in welchem Umfang in den USA ähnliche Anforderungen an die Ausführung der Zementati- on und Verrohrung einer Bohrung gestellt werden bzw. wie sorgfältig und gewissenhaft diese im Einzelfall berücksichtigt werden, kann von der Landesregierung nicht beurteilt werden. Vor diesem Hintergrund ist eine fachlich fundierte Bewertung der o. g. Behauptung nicht möglich. Zu 29 und 30: Die Fragen 29 und 30 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung sind keine Hinweise oder Tatsachen bekannt, dass in Niedersachsen auf- grund mangelhafter Zementationen unkontrolliert aufsteigendes Erdgas geogenen Ursprunges oder beim Fracking eingesetzte Chemikalien nutzbare Grund- und Trinkwasserleiter kontaminiert haben. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 28 verwiesen. Zu 31: Das von den Fragstellern in der Frage 28 vorgelegte Zitat, zu dem eine Einflussnahme des nieder- sächsischen Umweltministers vom Fragesteller erwartet wird, steht seit dem 12.09.2013 auf der In- ternetseite des Bundesverbandes von Bündnis 90/Die Grünen. Es handelt sich um ein Zitat aus ei- nem Interview des amerikanischen Filmemachers Josh Fox, der die auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland mehrfach gesendete amerikanische Dokumentation „Gasland“ erstellt hat. Umweltminister Wenzel kommentiert die Aussagen von Herrn Fox nicht fachlich und nimmt auf dessen Darstellung in Internetforen keinen Einfluss, weil er weder einen differenzierten Einblick in die dokumentierten amerikanischen Verhältnisse der Gasförderung hat noch einen Anlass zu einer Kommentierung einer Darstellung derselben sieht. Zu 32: Deutschland und die Europäische Union haben sich dem Ziel, eine Erderwärmung um mehr als 2 Grad Celsius zu verhindern, schon früh verpflichtet. Diesem Ziel fühlt sich auch die Landesregie- rung verpflichtet. Die Landesregierung verfolgt das Ziel, die Treibhausgase bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 % zu verringern. Voraussetzung dafür ist eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewen- de: Durch den Verzicht auf Atomkraft und schrittweise auch auf fossile Energieträger kann Nieder- sachsen langfristig auf eine Energieversorgung aus 100 % erneuerbarer Energien umsteigen. Da- bei setzt die Landesregierung nicht auf eine reine „Stromwende“, sondern auch auf den gezielten Einsatz der Erneuerbaren in den Bereichen Wärme und Verkehr. Zu 33: Die Landesregierung geht davon aus, dass effiziente Gaskraftwerke noch für einen längeren Zeit- raum benötigt werden, weil deren CO2-Emissionen deutlich geringer sind als bei der Verbrennung von Braunkohle oder Kohle in Kraftwerken. Der Umfang der Erdgasförderung in Niedersachsen hängt von den Entscheidungen der Förderunternehmen und deren Wettbewerbssituation ab, die wiederum vom regulatorischen Rahmen beeinflusst wird. Zu 34: Nach dem Verständnis der Landesregierung bezieht sich der Entschließungsantrag (Drs. 17/2896 vom 10.02.2015) auf die Anwendung einer Technologie und nicht auf die Erdgasförderung in ihrer Gesamtheit. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 22 und 23 verwiesen. Zu 35: Wie bereits zu Frage 34 ausgeführt, bezieht sich der Entschließungsantrag (Drs. 17/2896 vom 10.02.2015) nach dem Verständnis der Landesregierung auf die Anwendung einer Technologie und damit nicht auf mögliche Gefahren der Gewässer durch wassergefährdende Stoffe im Allgemeinen. Der Umgang mit diesen unterliegt strengen Regeln nach dem Wasserrecht, dem landwirtschaftli- chen Fachrecht und anderen Rechtsvorschriften. Darüber hinaus ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes jede Person verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwen- den, um eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden. Bei sorgsamer Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 15 Beachtung der Gebrauchsweisungen und Sicherheitshinweise durch die Anwender sollte das Risi- ko einer Gewässerverunreinigung durch frei verkäufliche wassergefährdende Flüssigkeiten mini- miert sein. Davon abgesehen lassen sich Gewässerverunreinigungen durch unsachgemäße An- wendung derartiger Stoffe nicht ausschließen. Zu 36: Die Gutachter der maßgeblichen deutschen Fracking-Studien (Exxon 5 , UBA 6 , NRW 7 , SRU 8 ) weisen eindeutig auf Risiken im Umgang mit der Frac-Technologie hin, wobei allerdings kein striktes Ver- bot der Technologie vorgeschlagen wird. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Gutachten die Nut- zung sogenannter konventioneller Lagerstätten nur nachrangig betrachten. Zu 37: In Niedersachsen wurde bisher nur die Explorationsbohrung Damme 3 im Bereich einer unkonven- tionellen Schiefergaslagerstätte hydraulisch behandelt (November 2008). Umweltschäden oder sonstige Schadensfälle sind dabei nicht aufgetreten. Zu 38: Seit mehr als 100 Jahren wird in großen Teilen Niedersachsens Erdgas wirtschaftlich gefördert. In dieser Zeit wurden hunderte Tiefbohrungen zur Erschließung von Erdgaslagerstätten abgebohrt, die anschließend mit dem Feldleitungsnetz des jeweiligen Förderbetriebes verbunden wurden. So- wohl im Bereich der Förder- und Aufbereitungsanlagen als auch beim Transport des Erdgas und der Begleitstoffen (Lagerstättenwasser) haben sich auch Schadensfälle und Unfälle ereignet, die zum Teil auch Auswirkungen auf die Umwelt oder Menschen (vorrangig betriebliches Personal) verursachen konnten. Branchenspezifische Unfallstatistiken, die einen historischen Überblick zum Unfallgeschehen bei der Erdgasgewinnung ermöglichen könnten, werden nicht erhoben. Jedoch fließen sämtliche Unfäl- le und Schadensfälle in die statistischen Erhebungen des Bundes ein (z. B. Jahresbericht des BMWi: „Der Bergbau in der Bundesrepublik Deutschland - Bergwirtschaft und Statistik“; Statistische Bundesamt: „Unfälle mit wassergefährdende Stoffen“ - Fachserie 19 Reihe 2.3). Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Förderung und der Transport von Erdgas und dessen Begleitstoffe keine massiv erhöhten Risiken gegenüber anderen Industriezweigen zur Folge haben. Im Bereich der Erdgasförderung gilt - wie in allen anderen Industriezweigen auch -, dass überall dort, wo der Mensch Technik einsetzt, eine 100-prozentige Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Aus Sicht des Arbeitsschutzes liegen die Unfallzahlen deutlich unterhalb vergleichbarer Branchen im Bergbau- und Energiesektor. Ebenfalls zählt der Leitungsbetrieb zu den effizientesten Um- schließungen für den Transport von flüssigen und gasförmigen Energieträgern in großen Mengen und über große Entfernungen. Statistisch betrachtet passieren mehr als doppelt so viele Schadens- fälle beim Transport dieser Medien mit einem Lkw. Zu 39: Auf die Antwort zu den Fragen 22 und 23 wird verwiesen. Zu 40 bis 43: Die Fragen 40 bis 43 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Solange die Risiken und die Auswirkungen auf den tiefen Untergrund, auf das Grundwasser, auf Böden sowie allgemein auf Umwelt und Natur nicht zweifelfrei kalkuliert werden können, ist für die Landesregierung ein Einstieg in die Förderung von unkonventionellem Erdgas durch den Einsatz der Frac-Technologie nicht akzeptabel. 5 http://dialog-erdgasundfrac.de/sites/dialog-erdgasundfrac.de/files/Ex_Risikostudie_Fracking_ 120518_webansicht.pdf 6 http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4346.pdf 7 http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/gutachten_fracking_nrw_2012.pdf 8 http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2012_2016/2013_05_AS_ 18_Fracking.pdf?__blob=publicationFile Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3791 16 Beispielsweise gilt es zu klären, wie das Verhalten und die langfristige Wirkung der eingesetzten Chemikalien im Untergrund zu bewerten sind, welche wirksamen Monitoringstrategien zur Überwa- chung der Technologie einzusetzen sind und wie die Aufbereitung und Entsorgung der zurückge- förderten Flüssigkeiten (Flowback und Lagerstättenwasser) umweltgerecht erfolgen kann. Bevor diese und weitere in den aktuellen unabhängigen Studien zu den Umweltauswirkungen der Frac-Technologie aufgezeigten Fragestellungen nicht beantwortet sind, ist eine abschließende Be- urteilung der umweltverträglichen Nutzung dieser Energieressource nicht möglich. Angesichts dieser Ausgangslage hält die Landesregierung für Niedersachsen auch Erprobungs- maßnahmen mit dem Zweck, die Technologie wissenschaftlich zu untersuchen, weder für erforder- lich noch für vertretbar. Zu 44 bis 46: Die Fragen 44 bis 46 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die Handlungs- und Verfahrensempfehlungen aus dem UBA-Gutachten gelten für die Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen mittels Fracking. Die Nutzung dieser Energieressource wird von der Landesregierung - wie bereits beschrieben - als nicht vertretbar angesehen. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung die Verfahrens- und Handlungsempfehlungen des UBA-Gut- achtens zur Kenntnis genommen, obwohl die Erschließung von unkonventionellen Erdgasvorkom- men in Niedersachsen keine Rolle spielt. Dessen ungeachtet enthalten das UBA-Gutachten sowie die o. g. vergleichbaren Studien zu die- sem Thema auch Aspekte, die im Bereich der konventionellen Erdgasförderung von Bedeutung sind. Angesichts der jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Förderung von Erdgas aus sehr tiefliegenden Sandsteinlagerstätten (Tightgas) verbunden mit der Anwendung der Frac-Technologie hält die Landesregierung eine Nutzung dieser Energieressource für sinnvoll und beabsichtigt daher, die Tightgas-Förderung auch unter Einsatz der Frac-Technologie unter sehr strengen Umweltauflagen fortzusetzen. Um die Umweltauflagen und Rahmenbedingungen für mögliche zukünftige Genehmigungen von Frac-Vorhaben in konventionellen Sandsteinlagerstätten zu definieren, wird zurzeit vom Nieder- sächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz und vom Niedersächsischen Minis- terium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Dialog mit Bürgerinitiativen, Umweltschutzverbänden, der Wasserversorgungswirtschaft, den zuständigen Fachbehörden und der Industrie ein entspre- chender Erlass erarbeitet. Soweit übertragbar, werden hierbei auch die Verfahrens- und Hand- lungsempfehlungen der o. g. Studien berücksichtigt. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, weswegen zurzeit konkrete Aussagen zur künftigen Anwendbarkeit einzelner Empfehlungen nicht getroffen werden können. Zu 47: Auf die Antwort zur Frage 42 wird verwiesen. Olaf Lies (Ausgegeben am 07.07.2015) Drucksache 17/3791 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/3214 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Gabriela König und Gero Hocker (FDP), einge-gangen am 12.03.2015 Bekommen die chemischen Substanzen des Erdöl- und Erdgas-Fracking Eingang in das eu-ropäische REACH-Register? Antwort der Landesregierung